Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.375/2007
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5A_375/2007 /blb

Urteil vom 4. Oktober 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Levante.

X. ________ AG in Liquidation,
Beschwerdeführerin,

gegen

Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Neuschätzung einer Liegenschaft,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 15. Juni 2007 (NR070032/U).

Sachverhalt:

A.
Am 5. Juli 2006 zeigte das Betreibungsamt Zürich 4 der X.________ AG in
Liquidation in der gegen sie laufenden Betreibung auf Grundpfandverwertung
Nr. xxxx die betreibungsamtliche Schätzung des Grundstücks GBBI. yyyy, Kat.
Nr. zzzz, Plan 10, Geschäftshaus an der Strasse S.________ in Zürich, an. Der
Wert wurde vom Experten auf Fr. 1'900'000.-- festgesetzt. Am 17. Juli 2006
verlangte die X.________ AG in Liquidation eine Neuschätzung ihres
Grundstückes, welchem Gesuch das Bezirksgericht nach Leistung des
Kostenvorschusses am 2. Oktober 2006 stattgab. Das Bezirksgericht schlug
V.________ als Sachverständigen vor, wogegen keine Einwendungen erhoben
wurden. In seinem Schätzungsbericht vom 6. Dezember 2006 setzte dieser den
Verkehrswert der Liegenschaft auf Fr. 1'666'000.-- fest. Dagegen erhob die
X.________ AG in Liquidation verschiedene Einwendungen und verlangte, den
Verkehrswert auf Fr. 2'998'500.-- festzulegen. Der Experte wurde vom
Bezirksgericht zur Stellungnahme und allfälligen Ergänzung seines Berichtes
aufgefordert, worauf er an seiner bisherigen Schätzung festhielt. Mit
Zirkulationsbeschluss vom 5. März 2007 wies das Bezirksgericht das
Betreibungsamt Zürich 4 an, die Verkehrswertschätzung vom 6. Dezember 2006 zu
übernehmen. Es erkannte keinen triftigen Grund, eine Ergänzung des Gutachtens
anzurodnen oder davon abzuweichen.

B.
Die X.________ AG in Liquidation gelangte daraufhin an das Obergericht des
Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen und verlangte, den Schätzungswert der Liegenschaft auf
Fr. 2'998'500.-- festzusetzen und ein Obergutachten zur Festlegung des
Verkehrswertes zu erstellen. Das Obergericht wies den Rekurs am 15. Juni 2007
ab und bestätigte den angefochtenen Beschluss.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 6. Juli 2007 beantragt die X.________ AG in
Liquidation dem Bundesgericht, den obergerichtlichen Beschluss aufzuheben und
eine Oberexpertise anzuordnen.
Die Y.________ Versicherungs-Gesellschaft als Gläubigerin und
Beschwerdegegnerin hat sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht
vernehmen lassen.
Mit Verfügung vom 22. August 2007 gewährte der Präsident der
II. zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der angefochtene Beschluss ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das
Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das neue
Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der
Beschwerde in Zivilsachen, welche in diesem Bereich an die Stelle der
Beschwerde in Betreibungssachen tritt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG in
Verbindung mit Art. 19 SchKG). Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen (Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der
kantonalen Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss
Art. 17 SchKG sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, zumal diese
Verfügungen im laufenden Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr in
Frage gestellt werden können (BGE 133 III 350 E. 1.2 S. 351). Sie sind
unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze anfechtbar (Art. 74 Abs. 2
lit. c BGG). Auf die fristgerecht erhobene Beschwerde ist demnach einzutreten
(Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).

2.2 Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht,
Völkerrecht und kantonaler verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden
(Art. 95 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auf die Vorbringen
der Beschwerdeführerin ist nur soweit einzutreten, als sie den
Begründungsanforderungen genügen. Die Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG hat
nebst einem Antrag eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter
Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 350 E. 1.3 S. 351). Auch
Verfassungsrügen sind in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen
(Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründung hat sich aus der Beschwerde selber zu
ergeben, womit die Verweise der Beschwerdeführerin auf ihre kantonalen
Eingaben nicht zulässig sind.

3.
Nach Eingang des Verwertungsbegehrens ordnet der Betreibungsbeamte die
Schätzung des grundpfandbelasteten Grundstückes an. Diese soll den
mutmasslichen Verkehrswert des Grundstückes und seiner Zugehör bestimmen,
unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung
(Art. 9 Abs. 1 VZG in Verbindung mit Art. 99 Abs. 1 VZG). Gegen Vorschuss der
Kosten kann jeder Beteiligte innert zehn Tagen bei der Aufsichtsbehörde eine
Neuschätzung durch einen Sachverständigen verlangen. Streitigkeiten über die
Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde
beurteilt (Art. 9 Abs. 2 VZG in Verbindung mit Art. 99 Abs. 2 VZG). Den
Beteiligten steht kein Anspruch auf Einholung einer Oberexpertise zu. Das
Bundesgericht kann lediglich prüfen, ob das massgebende Verfahren eingehalten
sei und ob die kantonale Aufsichtsbehörde das ihr zustehende Ermessen
überschritten oder missbraucht habe. Letzteres trifft dann zu, wenn Kriterien
mitberücksichtigt worden sind, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder
wenn umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht geblieben sind (BGE 110
III 69 E. 2 S. 71; 120 III 79 E. 1 S. 80 f., 135 E. 2 S. 136). Erfasst die
Schätzung ein Grundstück, welches im konkreten Fall nicht der
Zwangsverwertung unterliegt, so ist die Beschwerde auf jeden Fall gegeben
(BGE 133 III 537 E. 4.2 S. 538).

4.
Die Schätzung des zu verwertenden Grundstückes sagt nichts über den an der
Versteigerung tatsächlich erzielten Erlös aus, sondern gibt dem Interessenten
allenfalls einen Anhaltspunkt über das vertretbare Angebot. Deshalb soll die
Schätzung nicht "möglichst hoch" sein, sondern den mutmasslichen Verkehrswert
des Grundstücks bestimmen. Diesem Zweck dient das Recht der Beteiligten, ohne
nähere Begründung eine Neuschätzung zu verlangen (BGE 129 III 595 E. 3.1
S. 597). Wie bei der Schätzung des Verkehrswertes vorzugehen ist, legt das
Gesetz nicht fest. Aus dem angefochtenen Urteil und der in kantonalen Akten
liegenden Neuschätzung geht hervor, dass der Sachverständige den Verkehrswert
aus dem gewichteten Mittel aus Ertrags- und Realwert ermittelt hat, was als
Methode anerkannt und verbreitet ist (vgl. Naegeli/Wenger, Der
Liegenschaftenschätzer, 4. Aufl. Zürich 1997, S. 99 f.; Canonica, Schweiz.
Immobilienschätzer-Verband [Hrsg.], Die Immobilienschätzung, Bern 2000,
S. 119). Aus diesem Grunde kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden,
wenn sie dem Sachverständigen in allgemeiner Weise vorwirft, er gehe von
einer veralteten Schätzungsmethode aus. Zudem ist fraglich, ob die von ihr
als massgebend angeführte hedonische Methode im vorliegenden Fall überhaupt
sachgerecht wäre. Zur Verwertung steht hier ein Wohn- und Geschäftshaus im
Zentrum von Zürich. Die hedonische Methode, welche anhand von Datenbanken ein
Bündel von Eigenschaften berücksichtigt, wird indessen in der Praxis für die
Schätzung von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser angewendet (vgl.
Wipfli, Bemessung immissionsbedingter Minderwerte von Liegenschaften, Diss.
Zürich 2007, S. 44 f.; Fierz, Der Schweizer Immobilienwert, 5. Aufl. Zürich
2005, S. 264). Vor diesem Hintergrund kann der Vorinstanz weder ein
Verfahrensfehler noch eine Überschreitung oder ein Missbrauch des Ermessens
vorgeworfen werden, weil sie die der Neuschätzung zugrunde liegende Methode
geschützt hat. Was die von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf den
Ertragswert der Liegenschaft als einzig massgeblich erachteten Nettomieten
ihrer Liegenschaft betrifft, hat die Vorinstanz in einlässlicher Weise
dargelegt, dass diese nicht nachhaltig und nicht quartierüblich seien und
daher die vom Experten beigezogenen Vergleichswerte an der Strasse S.________
und in unmittelbarer Umgebung vorzuziehen sind. Mit diesen Ausführungen setzt
sich die Beschwerdeführerin nicht in rechtsgenüglicher Weise auseinander,
weshalb auf ihre diesbezügliche Kritik nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2
BGG). Schliesslich ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Anordnung eines
Obergutachtens unzulässig, da gemäss Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 99
Abs. 2 VZG nur Anspruch auf eine neue Schätzung durch Sachverständige besteht
(E. 3).

5.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem
Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht sprechen, da in der Sache keine
Vernehmlassung eingeholt worden ist und der Beschwerdegegnerin keine Kosten
entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin (Y.________
Versicherungs-Gesellschaft), dem Betreibungsamt Zürich 4 und dem Obergericht
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde
in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Oktober 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: