Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.357/2007
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5A_357/2007 /bnm

Urteil vom 10. Oktober 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Hohl, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.

X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Jacob Heitz,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Kuhn,

Abänderung eines Unterhaltsvertrags,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, vom 8. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1986 geborene X.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) ist der Sohn
von Y.________. Dessen Ehe mit der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit
Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 28. Oktober 1993 geschieden; die
elterliche Sorge über den Beschwerdeführer wurde dem Vater zugewiesen, und
die Mutter wurde zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen für den Sohn an den
Vater verpflichtet. Am 30. April 2002 wurde die elterliche Sorge über den
Beschwerdeführer auf Antrag seiner Eltern vom 2. März/18. April 2002 von der
Sozial- und Vormundschaftsbehörde auf die Mutter übertragen. Ein von der
Jugend- und Familienberatung des Jugendsekretariats A.________, formulierter
Unterhaltsvertrag wurde von der Mutter des Beschwerdeführers am 20. Juni 2002
und vom Vater am 2. August 2002 bzw. 25. Oktober 2002 unterzeichnet. Die
Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde B.________ erfolgte am 19.
November 2002. Im Unterhaltsvertrag verpflichtete sich der Vater, der
gesetzlichen Vertreterin des Beschwerdeführers, nach der Mündigkeit des
Beschwerdeführers an ihn selber, bis zur Vollendung einer angemessenen
Ausbildung, mindestens aber bis zur Mündigkeit, einen monatlichen
Unterhaltsbeitrag von Fr. 650.-- zu bezahlen. Gemäss Lehrvertrag schliesst
der Beschwerdeführer seine dreijährige Lehre als Gebäudereiniger Ende Juli
2007 ab.

A.b Die von Y.________ am 2. August 2005 beim Bezirksgericht Laufenburg
eingereichte Klage auf Aufhebung, ev. Herabsetzung der Unterhaltspflicht
wurde mit Urteil vom 24. August 2006 abgewiesen. Die Widerklage des Sohnes
wurde gutgeheissen und der Vater verpflichtet, seinem Sohn gemäss
Unterhaltsvertrag den Betrag von Fr. 1'603.35 zuzüglich Zins zu 5 % seit 5.
Juli 2004 für Fr. 563.35, seit 2. August 2004 für Fr. 650.-- und seit 2.
September 2004 für Fr. 390.-- zu bezahlen.

Die von Y.________ dagegen beim Obergericht des Kantons Aargau erhobene
Appellation wurde mit Urteil vom 8. Mai 2007 gutgeheissen, und seine
Verpflichtung zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen an seinen Sohn wurde mit
Wirkung ab dem 2. August 2005 aufgehoben.

B.
X. ________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen, eventuell mit
Verfassungsbeschwerde vom 2. Juli 2007 an das Bundesgericht gelangt. Er
verlangt, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und das Urteil des
Bezirksgerichts Laufenburg vom 24. August 2006 zu schützen. Eventuell sei die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sodann stellt er das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über
das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das
neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Anlass zum vorliegenden Verfahren bildet die vom Vater des
Beschwerdeführers angestrengte Abänderung des Unterhaltsvertrags. Dabei
handelt es sich um eine Zivilsache mit Vermögenswert (Art. 72 Abs. 1 BGG).
Die Streitsache erreicht nach Angaben des Obergerichts die gesetzliche
Streitwertgrenze nicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), und der Beschwerdeführer
teilt diese Ansicht. Die Beschwerde in Zivilsachen ist demnach nur gegeben,
wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs.
2 lit. a BGG; dazu BGE 133 III 493).

1.3
1.3.1 Der Beschwerdeführer hat darzulegen, inwiefern sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt. Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts
sein, selber nach solchen Gründen zu suchen. Es wird sich hier im
Wesentlichen auf die Argumentation des Beschwerdeführers abstützen können.
Hingegen muss dieser nicht nachweisen, dass eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung auch tatsächlich gegeben ist (Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, S. 4295).

1.3.2 Im vorliegenden Fall sieht der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung gegeben, indem das Obergericht die
Unterhaltspflicht des Vaters entgegen Art. 13c SchlT ZGB nicht bis zum 20.
Altersjahr festgesetzt habe.

Die Vorinstanz hat dazu in der Hauptsache ausgeführt, die Unterhaltspflicht
der Eltern ergebe sich bereits aus dem Gesetz (Art. 276 ff. ZGB). Art. 13c
SchIT ZGB spreche denn auch klar vom Festlegen von Unterhaltsbeiträgen.
Gemeint sein könne damit nur deren konkrete Festsetzung. Die vorliegend
streitigen Unterhaltsbeiträge seien konkret, bezüglich Höhe und
Schuldnerschaft aber erst mit dem Unterhaltsvertrag im Jahr 2002, und damit
nach Inkrafttreten der Senkung des Mündigkeitsalters festgelegt worden. Es
könnten hinsichtlich der Auslegung dieses Unterhaltsvertrages auch keine
Unklarheiten der Art auftauchen, wie sie durch Art. 13c SchIT ZGB ausgeräumt
werden sollen. Im Jahr 2002 habe bereits das Mündigkeitsalter von 18 Jahren
gegolten, was den Beteiligten bekannt gewesen sei oder hätte bekannt gewesen
sein müssen. Auch für einen Dritten sei klar, dass der Begriff "Mündigkeit"
in einem im Jahr 2002 verfassten Dokument Mündigkeit im Sinne der bei
Abfassung gegebenen Rechtslage bedeute. Aus diesem Grund dürfte auch die
insbesondere nach Senkung des Mündigkeitsalters in der Praxis übliche
Formulierung in den Unterhaltsvertrag aufgenommen worden sein, wonach die
Unterhaltsbeiträge "bis zur Vollendung einer angemessenen Ausbildung,
mindestens aber bis zur Mündigkeit" zu bezahlen seien.

Der Beschwerdeführer trägt dagegen im Wesentlichen vor, es sei eine blosse
Vermutung der Vorinstanz, dass das Mündigkeitsalter den Parteien bewusst
gewesen sei, und die Vormundschaftsbehörde habe ihre Aufklärungspflicht
verletzt. Hiermit stellt der Beschwerdeführer die Gültigkeit des
Unterhaltsvertrags in Frage; und im Weiteren wirft er Einzelfragen des
Unterhaltsrechts auf, namentlich zur Berechnung des Existenzminimums. Damit
ist gerade keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan, sondern
wird dem Bundesgericht lediglich ein Einzelfall zur Beurteilung vorgelegt
(vgl. dazu: BGE 133 III 493 E. 1.2). Nach dem Gesagten kann auf die
Beschwerde in Zivilsachen nicht eingetreten werden, da keine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird.

1.4 Somit bleibt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die
Verfassungsbeschwerde gegeben sind. Diese wurde in der gleichen Rechtsschrift
mit der ordentlichen Beschwerde erhoben (Art. 119 Abs. 1 BGG). Das
angefochtene Urteil erweist sich als letztinstanzlich (Art. 113 BGG). Der
Beschwerdeführer macht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend
(Art. 9 BV, Art. 29 BV). Die Verfassungsbeschwerde steht demnach im konkreten
Fall zur Verfügung. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten
indes nicht von Amtes wegen, sondern nur, soweit eine solche gerügt und
begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründungspflicht lehnt sich bei
der Verfassungsbeschwerde an die für die staatsrechtliche Beschwerde
geltenden Anforderungen an (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; Botschaft, a.a.O., S.
4294). Demnach prüft das Bundesgericht auch weiterhin nur klar und
einlässlich erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Hingegen tritt es
auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht ein. Macht
der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbotes geltend, muss er
anhand des angefochtenen Entscheides im Einzelnen darlegen, inwiefern dieser
im Ergebnis an einem qualifizierten Mangel leidet (BGE 133 III 393 E. 6 S.
397; 130 I 258 E. 1.3).

2.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz verschiedene
Verfassungsverletzungen vor.

2.1 Er rügt vorerst einen Verstoss gegen Art. 9 BV, indem das Obergericht
ohne aktenkundigen Nachweis schlicht festgestellt habe, es sei den
Unterzeichnern der Unterhaltsvereinbarung bewusst gewesen, dass das
Mündigkeitsalter nach Art. 13c SchlT ZGB nicht mehr gültig sei. Zum Beweis
wurde dem Bundesgericht eine Erklärung der Mutter des Beschwerdeführers vom
28. Juni 2007 eingereicht.

Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur soweit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(im gleichen Sinne schon die Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde: BGE 128
I 354 E. 6c S. 357 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern
die erwähnte Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von
Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3). Der Beschwerdeführer
legt nicht dar, weshalb hierzu erst jetzt Anlass besteht. Das Dokument kann
deshalb nicht berücksichtigt werden.

2.2 In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer ferner, Art. 29 Abs. 2
BV sei verletzt worden, weil weder er noch seine Mutter zum Begriff der
Mündigkeit nach altem und neuem Recht befragt worden sei.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gegenüber
seiner Mutter geltend macht, ist er dazu nicht befugt. Soweit er die Rüge auf
sich bezieht, tut er nicht dar, einen entsprechenden Beweisantrag im
kantonalen Verfahren gestellt zu haben. Darauf ist nicht einzutreten (E. 1.4
hiervor). Eine Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes in Kinderbelangen
würde nur bis zur Mündigkeit in Frage kommen.

2.3 Schliesslich bemängelt der Beschwerdeführer, dass er dem Beschwerdegegner
eine Parteientschädigung habe bezahlen müssen, obwohl beiden Parteien die
unentgeltliche Rechtspflege gewährt worden sei.

Die Frage, ob die Zahlung einer Parteientschädigung von der unentgeltlichen
Prozessführung ausgeschlossen werden kann, richtet sich nach kantonalem
Recht. Das Obergericht hat dabei auf § 131 Abs. 1 ZPO/AG hingewiesen. Mit dem
blossen Einwand, gemessen am Verhalten seines Vaters sei dies unbillig und
höchst störend, kann eine willkürliche Gesetzesanwendung nicht hinreichend
begründet werden. Auch darauf ist nicht einzutreten (E. 1.4 hiervor). Das
Gleiche gilt auch für den sinngemässen Vorwurf der ungenügenden Begründung
(Art. 29 Abs. 2 BV), welche im Übrigen mit dem Verweis des Obergerichts auf
die massgebliche Gesetzesbestimmung ohnehin nicht gegeben sein kann (dazu:
BGE 126 I 97 E. 2b S. 102/103).

3.
Nach dem Gesagten ist weder der Beschwerde in Zivilsachen noch der
Verfassungsbeschwerde Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerden
von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben konnten (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Weil der Beschwerdegegner nicht zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, ist
ihm kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Oktober 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: