Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.352/2007
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5A_352/2007 /bnm

Urteil vom 7. September 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Lisa Zaugg,

Lisa Zaugg,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, Obere Vorstadt 38,
5000 Aarau,

Unentgeltliche Verbeiständung im Verfahren betreffend Kindesrückführung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, vom 30. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
In dem von Y.________ gegen Z.________ angestrengten Verfahren betreffend
Rückführung ihres gemeinsamen Kindes X.________ nach Brasilien erhob
Rechtsanwältin Zaugg im Namen des unmündigen Kindes gegen das die Rückführung
anordnende Urteil der Gerichtspräsidentin von Rheinfelden vom 20. März 2007
Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Darin stellte sie den Antrag,
es sei X.________ für das erstinstanzliche Verfahren und für das
Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und dem
Kind Rechtsanwältin Zaugg als unentgeltliche Rechtsvertreterin beizugeben.

B.
Mit Beschluss vom 30. Mai 2007 wies das Obergericht des Kantons Aargau das
Gesuch des Kindes ab (Ziff. 1). Diesen Beschluss ergänzte es am 31. Mai 2007
mit der unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen den Beschluss vom
30. Mai 2007 innert 30 Tagen beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen im
Sinn von Art. 72 ff. und 90 ff. BGG an das Bundesgericht erhoben werden kann.

C.
Mit einer am 29. Juni 2007 der Post übergebenen Eingabe erheben X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Zaugg, und Rechtsanwältin Zaugg persönlich
beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen mit den Begehren, den Beschluss
des Obergerichts des Kantons Aargau vom 30. Mai 2007 aufzuheben und
Rechtsanwältin Zaugg sowohl für das bezirksgerichtliche als auch das
obergerichtliche Verfahren zur unentgeltlichen Rechtsvertreterin von
X.________ zu ernennen. Ferner sei X.________ für das bundesgerichtliche
Verfahren eine unentgeltliche Rechtsbeiständin in der Person von
Rechtsanwältin Zaugg beizugeben. Es ist keine Vernehmlassung eingeholt
worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG),
mit dem die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung verweigert
worden ist. Dabei handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE
129 I 129 E. 1.1), dessen ungeachtet, ob er während des Hauptverfahrens,
zusammen mit dessen Endentscheid oder nach diesem ergangen ist (Urteil
5A_108/2007 vom 11. Mai 2007, E. 1.2).

1.2 Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache. Diese
betrifft die Rückführung der Beschwerdeführerin gestützt auf das
Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte
internationaler Kindesentführung (HEntfÜ; SR 0.211.230.02). Gestützt auf
dieses Übereinkommen ergangene Entscheide stellen keine Zivilsachen dar. Es
geht dabei vielmehr um die Regelung der Rechtshilfe zwischen den
Vertragsstaaten (BGE 120 II 222 E. 2b), mithin um eine Angelegenheit
öffentlich-rechtlicher Natur, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Respektierung und Durchsetzung ausländischen Zivilrechts steht (Art. 72 Abs.
2 lit. b Ziff. 1 BGG; zur Publikation in der amtlichen Sammlung bestimmtes
Urteil 5A_285/2007 vom 16. August 2007, E. 2). Die Beschwerde in Zivilsachen
ist daher gegeben.

2.
2.1 Laut der obergerichtlichen Rechtsmittelbelehrung kann der angefochtene
Beschluss innert 30 Tagen ab der schriftlichen Mitteilung der vollständigen
Ausfertigung des Entscheides angefochten werden. Nach Art. 100 Abs. 2 lit. c
BGG beträgt die Beschwerdefrist bei Entscheiden über die Rückgabe eines
Kindes nach dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen
Aspekte internationaler Kindesentführung zehn Tage. Die Beschwerdeführerinnen
sind der Auffassung, die Rechtsmittelfrist betrage - wie vom Obergericht
angegeben - 30 Tage. Im Gegensatz zum Bundesrechtspflegegesetz (OG), welches
bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde für Zwischen- und Endentscheide
unterschiedliche Beschwerdefristen vorsah (Art. 106 Abs. 1 OG), wurde die
besondere Beschwerdefrist für Zwischenentscheide bei der Revision der
Bundesrechtspflege ausdrücklich aufgegeben (Botschaft zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, 4.1.4.4 S. 4341); damit gelten die
im Bundesgerichtsgesetz für die Anfechtung von Endentscheiden vorgesehenen
Fristen auch für die Anfechtung von Zwischenentscheiden.

2.2 Der angefochtene Beschluss vom 30. Mai 2007 ist am 31. Mai 2007 und der
ergänzende Beschluss vom 31. Mai 2007 am 4. Juni 2007 zugestellt worden. Die
zehntägige Beschwerdefrist nach Art. 100 Abs. 2 lit. c BGG lief damit unter
Berücksichtigung der Ergänzung vom 31. Mai 2007 spätestens am Donnerstag, 14.
Juni 2007 ab. Die am 29. Juni 2007 der Post übergebene Beschwerde erweist
sich damit als verspätet. Dass die Rechtsmittelbelehrung fälschlicherweise
eine dreissigtägige Beschwerdefrist angab, hilft den Beschwerdeführerinnen
trotz Art. 49 BGG nicht, zumal die geltende Frist dem Gesetz entnommen werden
kann (zur Publikation in der amtlichen Sammlung bestimmtes Urteil 5A_401/2007
vom 29. August 2007, E. 4.2).

Auf die Beschwerde ist damit nicht einzutreten. Damit kann offen bleiben, ob
die Beschwerdeführerinnen überhaupt zur Beschwerde legitimiert sind (Art. 76
BGG).

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführerinnen die Kosten
zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftbarkeit zu tragen (Art. 66 Abs. 1
und 5 BGG).

4.
Die Beschwerde hat sich von Anfang an als aussichtslos erwiesen, womit dem
Gesuch der Beschwerdeführerin 1 um unentgeltliche Verbeiständung für das
bundesgerichtliche Verfahren nicht entsprochen werden kann (Art. 64 Abs. 1
und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführerinnen zu
gleichen Teilen unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen und dem Obergericht des Kantons
Aargau, Zivilgericht, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. September 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: