Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.338/2007
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5A_338/2007 /blb

Urteil vom 11. Juli 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Zbinden.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, Postfach 157, 4502 Solothurn.

Fürsorgerische Freiheitsentziehung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Solothurn vom

12. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Am 26. März 2007 ordnete das Departement des Innern des Kantons Solothurn
wegen eines psychotischen Zustandsbildes mit paranoiden Vorstellungen die
fürsorgerische Freiheitsentziehung des Beschwerdeführers an und wies ihn in
die Klinik K.________ ein, wobei diese Massnahme bis zum 7. Mai 2007
befristet war.

B.
Auf Ersuchen der ärztlichen Leitung der Anstalt verlängerte das Departement
am 9. Mai 2007 die Massnahme bis zum 31. Oktober 2007. Das Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn wies das Begehren des Beschwerdeführers um Entlassung
aus der Anstalt mit Urteil vom 12. Juni 2007 ab.

C.
Mit Eingabe vom 25. Juni 2007 beantragt der Beschwerdeführer sinngemäss die
Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Entscheids und die Entlassung aus der
Anstalt. Das Verwaltungsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht in Kraft
getreten (BGG; SR 173.110; AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid
ist nach Inkrafttreten des Gesetzes ergangen, weshalb dieses Gesetz
anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (Art. 75
Abs. 1 BGG) betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung, gegen den die
Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG).

1.3 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann eine Verletzung von Bundesrecht
gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht hat seinem
Beschwerdeentscheid den von der letzten kantonalen Instanz festgestellten
Sachverhalt zu Grunde zu legen, es sei denn, die für den Verfahrensausgang
entscheidenden Feststellungen seien offensichtlich unrichtig, d.h. unhaltbar
und damit willkürlich im Sinne von Art. 9 BV. (Botschaft vom 28. Februar 2001
zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4207 ff., S. 4338) oder
beruhten auf einer anderweitigen Rechtsverletzung (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, weder das psychotische Krankheitsbild
noch die Wahnvorstellungen seien vorhanden. Er kenne die Ärzte nicht und man
unternehme faktisch nichts.

2.1 Eine mündige oder entmündigte Person darf wegen Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, anderen Suchterkrankungen oder schwerer
Verwahrlosung in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zurückbehalten
werden, wenn ihr die nötige persönliche Fürsorge nicht anders erwiesen werden
kann (Art. 397a Abs. 1 ZGB). Die Zurückbehaltung in einer Anstalt kann nur
unter den in Art. 397a Abs. 1 ZGB aufgeführten Voraussetzungen erfolgen (vgl.
Botschaft des Bundesrates über die Änderung des schweizerischen
Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des
Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten, BBl. 1977 III S. 27). Wie bei der Einweisung in eine Anstalt
(vgl. Schnyder, Die fürsorgerische Freiheitsentziehung, in Zeitschrift für
öffentliche Fürsorge, 1979, S. 119) ist somit auch bei der Zurückbehaltung
des oder der Betroffenen als der anderen Form des Freiheitsentzuges (BBl.
1977 III S. 27) das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen;
vorausgesetzt ist mit anderen Worten, dass der oder die Betroffene infolge
der im Gesetz umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf,
die ihm bzw. ihr nur in einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II 213
E. 5). Zu berücksichtigen ist ferner die Belastung, welche die Person für
ihre Umgebung bedeutet (Art. 397a Abs. 2 ZGB). Nach der ausdrücklichen
Vorschrift des Art. 397a Abs. 3 ZGB muss denn auch die von der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung betroffene Person entlassen werden,
sobald ihr Zustand es erlaubt.
Die Zurückbehaltung in einer Anstalt im Rahmen der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung ist namentlich gerechtfertigt, wenn im Fall der
Entlassung die professionelle Nachbetreuung der betroffenen Person nicht
sichergestellt ist, wenn diese über keine Wohngelegenheit verfügt, ihr
Verwahrlosung droht oder wenn sie sich selbst oder andere gefährdet.

2.2 Soweit der Beschwerdeführer das psychotische Krankheitsbild und die
Wahnvorstellungen bestreitet, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden. Bei der entsprechenden ärztlichen Diagnose handelt es sich um eine
tatsächliche Feststellung (BGE 81 II 263), welche für das Bundesgericht
verbindlich ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; E. 1.3), zumal der Beschwerdeführer
nicht substanziiert darlegt, inwiefern diese Feststellung geradezu
willkürlich sein soll. Im Übrigen erweist sich die diagnostizierte
Gesundheitsstörung als Geisteskrankheit im Sinne von Art. 397a Abs. 1 ZGB
(zum Begriff: BGE 118 II 254 E. 4a S. 261).

2.3 Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass der Beschwerdeführer
sich oder andere gefährdet bzw. bei der Entlassung zu gefährden droht bzw.
verwahrlosen wird. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr davon aus, dass der
Beschwerdeführer zu entlassen sein werde, sobald die Nachbetreuung
eingerichtet und die Wohnsituation des Beschwerdeführers geklärt sein wird.
Die Vorinstanz begründet die Verlängerung der Zurückbehaltung bis zum
31. Oktober 2007 damit, dass die Wohnsituation bis heute noch nicht habe
geklärt werden können und infolge eines Arztwechsels die Beziehung zwischen
dem neuen Arzt und dem Beschwerdeführer erst noch aufgebaut werden müsse.

2.4 Dass die Wohnsituation des zur Zeit obdachlosen Beschwerdeführers geklärt
und eine Nachbetreuung sichergestellt werden muss, versteht sich von selbst.
Dennoch hat die fürsorgerische Freiheitsentziehung verhältnismässig zu sein
und darf nicht länger dauern, als es ihr Zweck erfordert. Dies bedeutet, dass
die für eine Entlassung erforderlichen Schritte so zügig wie möglich in die
Wege zu leiten sind. Warum es für die Klärung der Wohnsituation und die
Organisation der Nachbetreuung eines halben Jahres bedarf, wird nicht
erörtert und lässt sich auch nicht nachvollziehen, zumal Dr. D.________ die
ärztliche Betreuung bereits einige Wochen vor dem Gerichtstermin übernommen
hatte; dieser erklärte zudem, es sei nicht so, dass man bis zum Herbst
abwarten wolle und nicht aktiv nach einer Lösung suche. Die Beschwerde ist
somit in dem Sinne teilweise gutzuheissen, als der angefochtene Entscheid
aufzuheben und die ärztliche Leitung der Anstalt anzuweisen ist, die für die
Entlassung des Beschwerdeführers erforderlichen Schritte umgehend in die Wege
zu leiten.

3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu
verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, soweit
darauf einzutreten ist, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons
Solothurn vom 12. Juni 2007 wird aufgehoben. Die ärztliche Leitung der Klinik
K.________ wird angewiesen, die für die Entlassung des Beschwerdeführers
erforderlichen Schritte (Klärung der Wohnsituation und professionelle
Nachbetreuung) umgehend einzuleiten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn sowie der ärztlichen Leitung der Klinik K.________ schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 11. Juli 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: