Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.212/2007
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007


5A_212/2007 /bnm

Urteil vom 20. Juli 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Schett.

X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Patrik A. Häberlin,

gegen

1.Y.________,
2.Z.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Urban N. Friedrich,

Dienstbarkeit,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 16. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1 in A.________. Er erwarb
diese Liegenschaft in zwei Schritten. Im Jahre 1954 parzellierten die
Geschwister G.________ von ihrem Grundstück Nr. 2 eine Teilfläche von 2033 m²
ab, bildeten das neue Grundstück Nr. 1 und verkauften es X.________. Zugleich
wurde zu Lasten des Grundstückes Nr. 2 verlaufend an dessen östlicher Grenze
ein Fusswegrecht in der Breite von 1.5 m zu Gunsten des Grundstückes Nr. 1
von und zur Strasse V.________ begründet. Dem Eigentümer des begünstigten
Grundstückes wurde das Recht eingeräumt, den Fussweg auf seine Kosten
auszubauen. Im Jahre 1955 kaufte X.________ im Hinblick auf den Zugang zur
Strasse V.________ von den Geschwistern G.________ eine weitere Teilfläche
von 208 m² vom Grundstück Nr. 2, welche seinem Grundstück Nr. 1 zugeschlagen
wurde. Er verpflichtete sich, auf der erworbenen Fläche, welche das
Grundstück Nr. 2 vom neu gebildeten Grundstück Nr. 3 trennt, eine
Zufahrtsstrasse zu bauen. Gleichzeitig wurde zu Lasten des Grundstückes Nr. 1
und zu Gunsten des Grundstückes Nr. 2 sowie des Grundstückes Nr. 3 ein Fuss-
und Fahrwegrecht begründet. Zur Erstellung des Fahrwegs war der Eigentümer
des Grundstückes Nr. 1 allein verpflichtet, währenddem die Zufahrten zu den
berechtigten Grundstücken Sache der jeweiligen Eigentümer war. An den
Unterhalt des Fahrwegs sollten die berechtigten Grundeigentümer im Verhältnis
der Nutzung beitragen.

A.b Y.________ und Z.________ erwarben im Jahre 2002 von W.________ das
Grundstück Nr. 4, welches - wie das Grundstück Nr. 5 - im Jahre 1963 aus der
Aufteilung des Grundstückes Nr. 2 entstanden war, zu hälftigem Miteigentum.
Zu Gunsten dieses Grundstückes war ein Fuss- und Fahrwegrecht zu Lasten des
Grundstückes Nr. 1 aus dem Jahre 1955 im Grundbuch eingetragen. In der Folge
kam es zu Differenzen zwischen den Miteigentümern des Grundstückes Nr. 4 und
dem Eigentümer des Grundstückes Nr. 1 über den Umfang des Fuss- und
Fahrwegrechts aus dem Jahre 1955.

B.
Am 15. Dezember 2005 gelangten Y.________ und Z.________ an das
Bezirksgericht Kreuzlingen. Sie verlangten von X.________ die Beseitigung des
entlang der Zufahrtsstrasse auf seinem Grundstück Nr. 1 erstellten
Drahtmaschenzaunes zwecks freier und unbehinderter Ausübung des zu Gunsten
des Grundstückes Nr. 4 bestehenden Fuss- und Fahrwegrechts von und zur
Strasse V.________. Ferner habe X.________ die von ihm auf dem Grundstück Nr.
4 montierte Strassenlampe und den von ihm auf seinem Grundstück aufgestellten
und in das Grundstück Nr. 4 hineinragenden Briefkasten zu entfernen. Mit
Urteil vom 15. Mai 2006 hiess das Bezirksgericht die Klage teilweise gut und
legte fest, auf welcher Länge der Drahtmaschenzaun entfernt werden müsse. Das
Begehren auf Entfernung der Strassenlampe und des Briefkastens wurde
gutgeheissen. X.________ wandte sich gegen die erstinstanzlich auferlegte
Verpflichtung zur Entfernung des Drahtmaschenzaunes an das Obergericht des
Kantons Thurgau, welches seine Berufung am 16. Januar 2007 abwies. Die
Entfernung der Stassenlampe und des Briefkastens war in diesem Verfahren
nicht mehr strittig.

C.
X. ________ ist mit Beschwerde in Zivilsachen, eventuell mit
Verfassungsbeschwerde vom 9. Mai 2007 an das Bundesgericht gelangt. Er
verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils, soweit er dadurch zur
Entfernung des Drahtmaschenzaunes verpflichtet wird.

Der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der
Beschwerde, eventuell Verfassungsbeschwerde am 4. Juni 2007 die aufschiebende
Wirkung im Sinne der Erwägungen zuerkannt.

In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über
das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das
neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Anlass zum vorliegenden Verfahren bildet die Auslegung einer
Dienstbarkeit. Dabei handelt es sich um eine Zivilsache mit Vermögenswert
(Art. 72 Abs. 1 BGG). Die Beeinträchtigung des Fuss- und Fahrwegrechts durch
den strittigen Drahtmaschenzaun erreicht nach Angaben des Obergerichts die
gesetzliche Streitwertgrenze nicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Davon
abzuweichen besteht kein Anlass, zumal der Beschwerdeführer selber den
Streitwert nicht in Frage stellt. Die Beschwerde in Zivilsachen ist demnach
nur gegeben, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt
(Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).

1.3 Der Beschwerdeführer hat darzulegen, inwiefern sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt. Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts
sein, selber nach solchen Gründen zu suchen. Es wird sich hier im
Wesentlichen auf die Argumentation des Beschwerdeführers abstützen können.
Hingegen muss dieser nicht nachweisen, dass eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung auch tatsächlich gegeben ist (Botschaft vom 28.
Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001, S. 4295).

Im vorliegenden Fall sieht der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung gegeben, da das Obergericht von der
Bundesgerichtspraxis zur Ermittlung von Inhalt und Umfang einer Dienstbarkeit
klar abgewichen sei. Seinen Ausführungen lässt sich indes entnehmen, dass er
sich nicht gegen die vom Bundesgericht anhand von Art. 738 ZGB entwickelten
Auslegungsgrundsätze richtet (vgl. BGE 132 III 651 E. 8 mit Hinweisen).
Vielmehr ficht er die Auslegung des in Frage stehenden Fuss- und
Fahrwegrechts als bundesrechtswidrig an und äussert sich in diesem
Zusammenhang zu dem von der Vorinstanz ermittelten Sachverhalt. Damit ist
gerade keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargetan, sondern wird
dem Bundesgericht lediglich ein Einzelfall zur Beurteilung vorgelegt. Nach
dem Gesagten kann auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht eingetreten werden,
da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird.

1.4 Damit bleibt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die
Verfassungsbeschwerde gegeben sind. Diese wurde in der gleichen Rechtsschrift
mit der ordentlichen Beschwerde erhoben (Art. 119 Abs. 1 BGG). Das
angefochtene Urteil erweist sich als letztinstanzlich (Art. 113 BGG). Der
Beschwerdeführer macht die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend
(Art. 9 BV, Art. 26 BV; Art. 116 BGG). Die Verfassungsbeschwerde steht
demnach im konkreten Fall zur Verfügung. Das Bundesgericht prüft die
Verletzung von Grundrechten indes nicht von Amtes wegen, sondern nur, soweit
eine solche gerügt und begründet wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die
Begründungspflicht lehnt sich bei der Verfassungsbeschwerde an die für die
staatsrechtliche Beschwerde geltenden Anforderungen an (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG; Botschaft, a.a.O., S. 4294). Demnach prüft das Bundesgericht auch
weiterhin nur klar und einlässlich erhobene und, soweit möglich, belegte
Rügen. Hingegen tritt es auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid nicht ein. Macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des
Willkürverbotes geltend, muss er anhand des angefochtenen Entscheides im
Einzelnen darlegen, inwiefern dieser im Ergebnis an einem qualifizierten
Mangel leidet (BGE 130 I 258 E. 1.3). Damit wird auf die allgemeine
Bestreitung der gegnerischen Vorbringen nicht eingegangen. Ebenso wenig
werden im vorliegenden Verfahren Beweise abgenommen.

2.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, den Sachverhalt in
verschiedener Hinsicht willkürlich gewürdigt zu haben (Art. 9 BV).

2.1 Soweit er die Begründung des angefochtenen Urteils als schwer
verständlich und sachfremd beurteilt, ohne indes aufzuzeigen, inwiefern diese
zu einem im Ergebnis unhaltbaren Entscheid führt, ist darauf nicht
einzugehen.

2.2 Die Vorinstanz kam aufgrund des Erwerbstitels zum Schluss, dass sich die
Geschwister G.________ bei der seinerzeitigen Einräumung der Dienstbarkeit
eine umfassende und uneingeschränkte Benützung der auf dem Grundstück Nr. 1
erstellten privaten Zufahrtsstrasse sichern wollten. Dies habe entlang der
ganzen Zufahrt und zudem diese querend geltend sollen. Demzufolge bestätigte
die Vorinstanz die Verpflichtung zur Entfernung des Drahtmaschenzaunes, wie
sie von der Erstinstanz angeordnet worden war.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers stellte die Vorinstanz den Willen der
Parteien bei der Begründung des Fusswegrechts im Jahre 1954 offensichtlich
unrichtig fest. Selbst die Ausdehnung des Fusswegrechts um ein Fahrwegrecht
im darauffolgenden Jahre habe einzig der genügenden Erschliessung des
Grundstückes Nr. 3 gedient, hingegen hätten die Parteien nicht die Absicht
gehabt, diese Dienstbarkeit entlang der ganzen Grenze des Grundstückes Nr. 1
einzuräumen. Mit diesen Ausführungen schildert der Beschwerdeführer einzig
seine Sicht der Dinge, ohne darzutun, weshalb die tatbeständliche
Feststellung der Vorinstanz über die Absicht der Parteien unhaltbar sein
sollte. Auf die Rüge ist daher mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht
einzutreten.

3.
Der Beschwerdeführer rügt zudem die Verletzung von Bundesrecht. Die
Vorinstanz soll entgegen der bundesgerichtlichen Praxis eine willentliche
Änderung der bisherigen Zweckbestimmung zugelassen haben. Dieser Vorwurf wird
nicht weiter begründet. Darauf ist nicht einzutreten.

4.
Schliesslich macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Eigentumsgarantie
geltend (Art. 26 BV). Seiner Ansicht nach führt das vorinstanzliche Urteil zu
einer erheblichen Rechtsunsicherheit, da jeder Rechtsnachfolger der
Beschwerdegegner  eine Zufahrt fordern könnte. Dazu müsste er den
zwischenzeitlich auf seinem Grundstück angelegten Grüngürtel und den davor
erstellten Zaun entfernen. Soweit dieses Vorbringen nicht ohnehin neu und
damit unzulässig ist (Art. 99 Abs. 2 BGG), ist der Beschwerdeführer daran zu
erinnern, dass es im vorliegenden Fall einzig um die von den
Beschwerdegegnern geforderten Entfernung des Drahtmaschenzaunes geht. Ob
diese Massnahme angebracht ist, ergibt sich ausschliesslich aus dem
Dienstbarkeitsrecht. Einer Berufung auf die Eigentumsgarantie kommt damit
keine eigenständige Bedeutung zu.

5.
Nach dem Gesagten ist weder der Beschwerde in Zivilsachen noch der
Verfassungsbeschwerde Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den
Beschwerdegegnern, die hinsichtlich dem Gesuch um aufschiebende Wirkung
unterlegen sind, werden keine Gerichtskosten angelastet. Hingegen tragen sie
ihre Parteikosten selber.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Auf die Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juli 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:   Der Gerichtsschreiber: