Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.201/2007
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5A_201/2007 /blb

Urteil vom 4. Juli 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer,
Gerichtsschreiber Schett.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs, Promenadenstrasse 12A, 8500 Frauenfeld.

Pfändung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs,
vom 13. April 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Im März 2006 betrieb das Obergericht des Kantons Zürich X.________ für
eine Forderung von Fr. 2'708.-- nebst Kosten (Betreibung Nr. xxxx). Nach
Eingang des Fortsetzungsbegehrens wurde X.________ zum Pfändungsvollzug auf
den 18. Mai 2006 vorgeladen. Die Pfändung konnte jedoch nicht vollzogen
werden, da der Schuldner die Auskunft verweigerte.
Nachdem das Fortsetzungsbegehren am 22. Mai 2006 zurückgezogen worden war,
wurde das Gesuch am 15. August 2006 beim Betreibungsamt erneut gestellt. Die
auf den 4. September 2006 anberaumte Pfändung konnte wiederum nicht
durchgeführt werden. Der Betreibungsbeamte musste die Einvernahme wegen
Auskunftsverweigerung abbrechen. Das Amt forderte X.________ aber mit
Verfügung vom 8. Januar (recte wohl: September) 2006 auf, bis spätestens
11. September 2006 dem Amt die Lohnabrechnungen des Ehepartners seit
1. Januar 2006, den Mietvertrag inkl. Quittungen der letzten drei Monate
sowie die Police der Krankenkasse inkl. Quittungen der letzten drei Monate
zukommen zu lassen.

A.b X.________ erhob mit Eingabe vom 5. September 2006 beim Gerichtspräsidium
Münchwilen als unterer Aufsichtsbehörde Beschwerde gegen die Amtsführung und
die Massnahmen des Betreibungsamtes Münchwilen beim Pfändungsvollzug. Mit
Entscheid vom 24. Oktober 2006 wurde die Beschwerde gegen die Amtsführung und
die Massnahmen des Betreibungsamtes Münchwilen sowie gegen die Verfügung vom
8. Januar 2006 bzw. 4. September 2006 abgewiesen, soweit darauf einzutreten
war.
Der Weiterzug an das Obergericht des Kantons Thurgau als kantonale
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs hatte keinen Erfolg. Mit
Beschluss vom 13. April 2007 wurde das Rechtsmittel abgewiesen, soweit darauf
einzutreten war.

B.
Mit Eingabe vom 4. Mai 2007 hat X.________ die Sache an das Bundesgericht
weitergezogen. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, und
es sei festzustellen, dass wegen Parteilichkeit der Thurgauer Justiz das
Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei. Sodann sei dem
Beschwerdeführer als Selbständigerwerbender eine angemessene Entschädigung
für alle Verfahren zuzusprechen.
Mit Verfügung vom 6. Juni 2007 hat der Präsident der II. zivilrechtlichen
Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Beschluss ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über
das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das
neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der
Beschwerde in Zivilsachen, welche in diesem Bereich an die Stelle der
Beschwerde in Betreibungssachen tritt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG in
Verbindung mit Art. 19 SchKG). Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen (Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der
kantonalen Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss
Art. 17 SchKG sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, zumal diese
Verfügungen im laufenden Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr in
Frage gestellt werden können. Sie sind unabhängig von einer gesetzlichen
Streitwertgrenze anfechtbar (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Auf die fristgerecht
erhobene Beschwerde ist damit grundsätzlich einzutreten (Art. 100 Abs. 2
lit. a BGG; zur Publikation bestimmtes Urteil 5A_16/2007 vom 11. April 2007,
E. 1).

1.3 Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht,
Völkerrecht und kantonaler verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 95
BGG). Tatbeständliche Feststellungen können nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG).
Auf die Vorbringen des Beschwerdeführers ist nur soweit einzutreten, als sie
den Begründungsanforderungen genügen. Die Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG hat
nebst einem Antrag eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter
Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Auch Verfassungsrügen sind in der
Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
Auf das selbständige Feststellungsbegehren gemäss Ziffer 3 kann nicht
eingetreten werden, weil Feststellungsbegehren unzulässig sind, wenn
Gestaltungsurteile möglich sind und weil nicht die gesamte "Thurgauer Justiz"
abgelehnt werden kann, sondern sich Ablehnungsgründe stets gegen konkrete
Amtspersonen zu richten haben.

3.
Ebenfalls nicht eingetreten werden kann auf den Einwand, das Urteil sei schon
deswegen aufzuheben, weil das Obergericht sich nicht als obere
Aufsichtsbehörde, sondern nur als kantonale Aufsichtsbehörde bezeichne. Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern der Mangel für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein könnte.

4.
Der Beschwerdeführer rügt, dass das Obergericht die Vorakten nicht beigezogen
habe. Dass die Akten des Betreibungsverfahrens xxxx nicht vollständig seien,
behauptet und belegt er nicht. Insofern ist davon auszugehen, dass die
Vorakten des Verfahrens xxxx sowohl des Betreibungsamtes, als auch des
Bezirksgerichts Münchwilen und des Obergerichts beiliegen. Er meint wohl
Akten aus früheren Verfahren. Nach der verbindlichen Sachverhaltsfeststellung
des Obergerichts (S. 5) fand die letzte Amtshandlung dem Beschwerdeführer
gegenüber im Jahre 2001 statt. Diese Feststellung wird vom Beschwerdeführer
nicht begründet als willkürlich gerügt. Bei dieser Sachlage ist nicht
ersichtlich, inwiefern es willkürlich sein könnte, "Vorakten" aus dem Jahre
2001 zur Bestimmung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse von heute nicht
beizuziehen. Der Beschwerdeführer meint, das Betreibungsamt sei im Besitze
seiner Jahresabschlüsse und aller Informationen, welche für die Bestimmung
des Existenzminimums nötig seien. Er legt indessen nicht dar, in welchen
Verfahren diese Akten erhoben worden sind. Selbst wenn dies zutreffen sollte,
legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb er die Jahresabschlüsse und die
weiteren nötigen Informationen nicht selber in das vorliegende Verfahren
einbringen konnte. Der wiederholt erhobene Vorwurf der Verletzung von
Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG geht fehl, denn trotz des darin verankerten
Untersuchungsgrundsatzes sind die Parteien zur Mitwirkung verpflichtet (BGE
123 III 328).

5.
Der Beschwerdeführer rügt den Satz des Obergerichts im Zusammenhang mit der
Kostenerwägung, wonach die Beschwerde an der Grenze zur Mutwilligkeit liege,
als willkürlich. Er legt indessen nicht dar, inwiefern er ein rechtlich
geschütztes Interesse an der Korrektur dieser Auffassung hat, wurde er doch
deswegen nicht zu Kosten verurteilt. Soweit er eine Verletzung der
Unschuldsvermutung geltend macht, ist er darauf hinzuweisen, dass dieser
strafrechtliche Grundsatz im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht nicht gilt.

6.
6.1 Der Beschwerdeführer hält das Obergericht für parteiisch und sieht das
Willkürverbot und seinen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention sich
ergebenden Anspruch auf ein faires Verfahren im Sinne von Art. 6 EMRK
verletzt. Sinngemäss rügt er auch eine Verletzung von Art. 30 BV. Das
Obergericht hat indessen lediglich von Amtes wegen die vom Beschwerdeführer
erhobenen Vorwürfe geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass diese
unbegründet sind. Der Umstand allein, dass das Obergericht die Auffassung des
Beschwerdeführers zu den verschiedenen Vorwürfen nicht teilt, belegt nicht
seine Parteilichkeit. Der Beschwerdeführer stösst sich insbesondere daran,
dass die Vorinstanz den Bericht von F.________ vom 18. Mai 2006 nicht von
Amtes wegen beigezogen hat. Inwiefern das Obergericht dadurch Bundesrecht
verletzt haben könnte, legt der Beschwerdeführer nicht dar. In diesem
Kurzbericht hat der Gefreite des Polizeipostens S.________ festgestellt, dass
zwischen den Mitarbeitern des Betreibungsamtes und dem Beschwerdeführer
offensichtlich unterschiedliche Meinungen über das weitere Vorgehen bestanden
hätten, sich aber nach Auffassung sämtlicher Beteiligter nichts
Strafrechtliches zugetragen habe und daher auch keine polizeilichen
Massnahmen angebracht gewesen seien. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern
dieses Dokument für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens von Bedeutung
sein könnte. Weiter hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer die ihr selber
zur Verfügung stehenden Unterlagen, einschliesslich das Pfändungsprotokoll
von G.________ vom 18. Mai 2006 zur Stellungnahme zugestellt, was keine
verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers verletzt. Insgesamt belegt
der Beschwerdeführer die Befangenheit des Obergerichts nicht.

6.2 Der Inhalt dieses Berichts, der den erfolglosen Vollzugsversuch der
Pfändung vom 18. Mai 2006 schildert, und die angebliche Befangenheit,
Unzuständigkeit und Ungeeignetheit der Sachbearbeiterin belegen soll, ist
nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sind doch die Fristen zur
Anfechtung damaliger Vorgänge und allenfalls damals erlassener Verfügungen
längst abgelaufen. Insbesondere ist wegen Fristablaufs nicht zu prüfen, ob
die Sachbearbeiterin G.________ für den Pfändungsvollzug geeignet, zuständig
und unbefangen gewesen sei. Zudem war jener Vollzugsversuch vom 18. Mai 2006
- wie ausgeführt - erfolglos und musste später durch den Betreibungsbeamten
am 4. September 2006 wiederholt werden.

6.3 Der Beschwerdeführer verlangt auch den Ausstand des Betreibungsbeamten
H.________ gestützt auf Art. 10 Ziff. 4 SchKG. Er begründet die Befangenheit
des Betreibungsbeamten vorab damit, dass er die angeblich unbedarfte und
unzuständige G.________ eingesetzt habe. Diese hat der Betreibungsbeamte
indessen generell als Mitarbeiterin eingestellt und nicht nur dem
Beschwerdeführer gegenüber eingesetzt, so dass damit keine Befangenheit des
Betreibungsbeamten dem Beschwerdeführer gegenüber begründet werden kann. Die
übrigen Überlegungen des Beschwerdeführers zu den möglichen Motiven des
Betreibungsbeamten für seine im Vergleich zu dessen Vorgänger angeblich
härtere Amtsführung (er lasse sich nicht sagen, was er zu tun habe und er
wolle gegenüber seinem Vorgänger eine eigene kompetentere Prägung einführen)
sind ebenso wenig geeignet, seine Befangenheit zu belegen, macht der
Beschwerdeführer doch nicht geltend, dass der Betreibungsbeamte diese neue
Linie nur ihm gegenüber anwende.

7.
Der Beschwerdeführer beklagt sich schliesslich darüber, dass er die
monatlichen Lohnabrechnungen seiner Ehefrau beizubringen habe.
Das Obergericht hat dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe einerseits den
Nachweis, dass seine Ehefrau nicht mit ihm im selben Haushalt wohne, nicht
erbracht und andererseits habe der Güterstand keinerlei Einfluss auf die
Pflicht zum gemeinsamen Unterhalt der Familie nach Art. 163 ZGB. Mit Blick
auf die Vereinbarung der Ehegatten, wonach der Beschwerdeführer die Kosten
beider Haushalte trage, sei die genaue Abklärung des Einkommens der Ehefrau
unentbehrlich. Es müsse nämlich davon ausgegangen werden, das
Vereinbarungskonstrukt diene einzig dazu, die Gläubiger des Beschwerdeführers
ins Leere laufen zu lassen, indem - trotz Einkommens der Ehefrau und damit
verbunden deren Pflicht zur Leistung von Unterhalt in Geld - der gesamte
Familienunterhalt aus dem Verdienst des Beschwerdeführers bestritten werde,
während das Einkommen der Ehefrau für Bedürfnisse auch des Beschwerdeführers
verwendet werde, die über das Existenzminimum hinausgingen. Deshalb habe das
Betreibungsamt zu Recht darauf bestanden, dass Lohnausweise der Ehefrau
beizubringen seien.
Der Beschwerdeführer wendet gegen diese Überlegungen lediglich ein, er müsse
gestützt auf den vor der Eheschliessung vereinbarten Gütertrennungsvertrag
das Vermögen seiner Gattin vollumfänglich respektieren. Er habe auch ihren
Entscheid auf eine eigene Wohnung und insbesondere den uneingeschränkten
Schutz ihrer Korrespondenz zu respektieren. Die Lohnabrechnung stelle ein
Element der persönlichen Korrespondenz dar. Das Obergericht verlange von ihm
das Unmögliche, weshalb seine verfassungsmässigen Rechte verletzt seien.
Mit dieser Rüge vermag er keine Verfassungswidrigkeit, insbesondere keine
Willkür, aber auch keine Verletzung von Art. 93 SchKG zu belegen. Wie es sich
verhielte, wenn seine Ehefrau getrennt von ihm lebte und selber für ihren
Unterhalt aufkäme, kann dahingestellt bleiben. Wenn er aber vollumfänglich
für den Unterhalt seiner Ehefrau aufkommen und diesen in seinem
Existenzminimum berücksichtigt haben will, verstösst es gegen keine
verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers und auch keine Bestimmungen
des SchKG, wenn sich das Betreibungsamt nach dem Einkommen seiner Ehefrau
erkundigt um zu prüfen, ob der Beitrag an die Ehefrau zur Gewährleistung
ihres Existenzminimums erforderlich ist.

8.
Die Beschwerde ist unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat jedoch nur für den Fall, dass die
Beschwerdeschrift mangels hinreichender Begründung zur Nachbesserung
zurückgeschickt werden sollte, die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung beantragt; da die Ausarbeitung der Eingabe zehn Tage in
Anspruch genommen habe, ersucht er um Zusprechung einer angemessenen
Entschädigung. Sollte diesen Vorbringen sinngemäss ein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege zugrunde liegen, so müsste es abgewiesen werden,
da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Obergericht des Kantons Thurgau,
als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, und dem
Betreibungsamt Münchwilen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juli 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: