Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.16/2007
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{T 0/2}
5A_16/2007 /bnm

Urteil vom 11. April 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichterinnen Escher, Hohl,
Gerichtsschreiber Levante.

X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Y.________,
Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale
Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, Postfach, 8023
Zürich.

Pfändung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, II. Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 18. Januar 2007 (NR060085/U).

Sachverhalt:

A.
In der gegen X.________ für eine Forderung der Y.________ über Fr. 500.--
angehobenen Betreibung Nr. aaa pfändete das Betreibungsamt Zürich 1 am 21.
Juni 2006 den Liquidationsanteil des Schuldners am unverteilten väterlichen
Nachlass ein weiteres Mal. Die Pfändungsurkunde Nr. bbb wurde am 28. August
2006 ausgestellt. Sie führt als Nachlassvermögen ein Bauernhaus in B.________
an, welches von der Mutter des Schuldners bewohnt und verwaltet werde. Das
behördliche Erbteilungsverfahren über den am 22. Mai 2001 in der Betreibung
Nr. ccc bereits gepfändeten Liquidationsanteil ist noch hängig.

B.
X.________ gelangte gegen die erneute Pfändung seines Erbanteils an das
Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde über
Betreibungsämter. Er machte geltend, dass seine Mutter nach dem Tode des
Erblassers alle Aktiven und Passiven des Nachlasses übernommen habe und ihm
demzufolge kein Anteil daran mehr zustehe. Seine Beschwerde wurde am 10.
Oktober 2006 abgewiesen. Die untere Aufsichtsbehörde liess dabei offen, ob
die Beschwerde überhaupt rechtzeitig eingereicht worden war. Das Obergericht
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies die von X.________ dagegen erhobene
Beschwerde mit Beschluss vom 18. Januar 2007 ab, soweit darauf einzutreten
war.

C.
Mit Eingabe vom 8. Februar 2007 ist X.________ an das Bundesgericht gelangt.
Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses. Zudem stellt er
das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

Mit Verfügung vom 1. März 2007 erkannte das präsidierende Mitglied der II.
zivilrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung in dem
Sinne zu, dass während des bundesgerichtlichen Verfahrens keine Verwertung
erfolgen dürfe.

In der Sache sind keine Antworten eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Beschluss ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über
das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb das
neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der
Beschwerde in Zivilsachen, welche in diesem Bereich an die Stelle der
Beschwerde in Betreibungssachen tritt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art.
19 SchKG). Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler
Instanzen (Art. 75 Abs. 1 BGG). Beschwerdeentscheide der kantonalen
Aufsichtsbehörden über Verfügungen des Betreibungs- und Konkursamtes gemäss
Art. 17 SchKG sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG, zumal diese
Verfügungen im laufenden Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht mehr in
Frage gestellt werden können. Der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde
ist unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze anfechtbar (Art. 74
Abs. 2 lit. c OG). Der fristgerecht erhobene "Rekurs" ist demnach als
Beschwerde in Zivilsachen entgegen zu nehmen (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).

1.3 Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht,
Völkerrecht und kantonaler verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 95
BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

Auf die Vorbringen des Beschwerdeführers ist nur soweit einzutreten, als sie
den Begründungsanforderungen genügen. Die Beschwerde nach Art. 72 ff. BGG hat
nebst einem Antrag eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter
Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt
(Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Auch Verfassungsrügen sind in der
Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vorab die Verletzung seines
rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vor, da er sich zu dessen Abklärungen
im Hinblick auf die Fristwahrung der Beschwerde an das Bezirksgericht nicht
habe äussern können.

2.1 Das rechtliche Gehör dient einerseits der Klärung des Sachverhaltes,
anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim
Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen
eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor
Erlass eines ihn belastenden Entscheides zur Sache zu äussern und an der
Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum
Beweisergebnis äussern zu können, wenn dieses geeignet ist, den Ausgang des
Verfahrens zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56).

2.2 Die Vorinstanz prüfte die Einhaltung der Beschwerdefrist gegenüber der
ersten Instanz, welche diese Frage offen gelassen und sich in ihrem Beschluss
zur Pfändbarkeit des Liquidationsanteils geäussert hatte. Aufgrund ihrer
Nachforschungen (Track und Trace) stellte sie fest, dass die angefochtene
Pfändungsurkunde vom Beschwerdeführer am 5. September 2006 abgeholt worden
war. Die 10-tägige Beschwerdefrist (Art. 17 Abs. 2 SchKG) sei am 15.
September 2006 (Freitag) abgelaufen, womit die am 17. September 2006 erhobene
Beschwerde verspätet erfolgt sei, so dass darauf nicht einzutreten gewesen
wäre.

2.3 Der Beschwerdeführer stellt zu Recht nicht in Frage, dass die obere
Aufsichtsbehörde die Einhaltung der Beschwerdefrist prüfte. Hingegen hätte er
sich zum Ergebnis der Abklärungen äussern wollen. Gegenstand der Abklärungen
war, ob die Pfändungsurkunde am 5. September 2005 versandt oder vom
Beschwerdeführer entgegengenommen wurde. Das Ergebnis bestand ausschliesslich
darin, das Datum zu klären, an welchem der Beschwerdeführer die
Pfändungsurkunde abgeholt hatte. Dieser Umstand muss ihm allerdings bekannt
gewesen sein, so dass kein rechtlich geschütztes Interesse (vgl. BGE 123 III
285 E. 4a S. 287) erkennbar ist, weshalb er sich dazu hätte äussern müssen.

3.
Im Sinne eines Eventualstandpunktes macht der Beschwerdeführer geltend, das
Obergericht hätte prüfen müssen, ob die angefochtene Pfändung nichtig sei.
Entgegen seiner Behauptung prüfte das Obergericht diese Frage sehr wohl, so
dass von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht die Rede sein kann. Es
verwies im Wesentlichen auf die erstmals im Jahre 2001 erfolgte Pfändung des
Liquidationsanteils, welche bereits damals Gegenstand eines
Beschwerdeverfahrens bis vor Bundesgericht gewesen sei. Zwar werde eine
Pfändung immer nur für die laufende und nicht für spätere Betreibungen
rechtskräftig, indes könne das Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens,
insbesondere der Entscheid des Bundesgerichts, gleich wie ein Präjudiz mit
identischem Sachverhalt berücksichtigt werden.

3.1 Als nichtig gelten Verfügungen der Betreibungsbehörden, die Vorschriften
verletzen, welche im öffentlichen Interesse oder im Interesse von nicht am
Verfahren beteiligten Personen erlassen worden sind (Art. 22 Abs. 1 SchKG;
BGE 131 III 237 E. 2.1 S. 239). Ob eine Verfügung nichtig ist, kann und muss
von den kantonalen Aufsichtsbehörden jederzeit festgestellt werden (BGE 120
III 117 E. 2c S. 119; 121 III 142 E. 2 S. 144). Das Bundesgericht kann die
Nichtigkeit einer Verfügung einzig im Rahmen des bei ihm hängigen
Beschwerdefalles prüfen. Hingegen kommt ihm hier keine aufsichtsrechtliche
Kompetenz mehr zu (vgl. Botschaft zum BGG, Ziff. 4.1.8, 4. Abschnitt, BBl
2001 S. 4357). Vorliegend wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz vor, die
Nichtigkeit der Pfändung verkannt zu haben.

3.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Mutter sei Eigentümerin der
gepfändeten Liegenschaft, allenfalls stehe ihr ein Wohnrecht und eine
Nutzniessung daran zu. Eine Pfändung sei daher rechtlich unmöglich und die
Pfändungsurkunde vom 28. August 2006 infolgedessen nichtig. Hierzu ist vorab
zu bemerken, dass in der Betreibung Nr. aaa nicht eine bestimmte Liegenschaft
gepfändet worden ist, sondern der Liquidationsanteil des Beschwerdeführers am
Nachlass seines Vaters. Die Pfändung des Anteilsrechts kann sich nur auf den
ihm bei der Liquidation der Gemeinschaft zufallenden Liquidationsanteil
erstrecken, und zwar auch dann, wenn das gemeinschaftliche Vermögen aus einem
einzigen Gegenstand besteht (Art. 1 der Verordnung des Bundesgerichts über
die Pfändung und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen [VVAG, SR
281.41]; BGE 91 III 19 E. 4 S. 26; 124 III 505 E. 3b S. 508). Vorliegend hat
zwar das Betreibungsamt - entgegen Art. 5 Abs. 1 VVAG - in der
Pfändungsurkunde das Gemeinschaftsvermögen einzeln erwähnt ("Beschrieb des
Nachlassvermögens: Liquidationsanteil am EFH, Bauernhaus, [...]. Das Haus
wird zur Zeit von der Mutter und vom Schuldner bewohnt und verwaltet."). Ein
Eingreifen von Amtes wegen (BGE 91 III 19 E. 4 S. 26) ist nicht
gerechtfertigt, da im konkreten Fall über den Gegenstand der Pfändung - der
Liquidationsanteil - kein Zweifel besteht. Welche dinglichen Rechte oder
erbrechtlichen Ansprüche der Mutter und Miterbin des Beschwerdeführers
zustehen, bildet Gegenstand der Liquidation der Gemeinschaft (Art. 12 VVAG).
Damit ist auch die Frage, ob die sich in der Erbmasse befindende Liegenschaft
eine Familienwohnung darstellt und welche Rechtsfolgen sich daraus für die
Pfändung des Liquidationsanteils ergeben, vorliegend ohne Belang. Soweit der
Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend macht, dass er keine
Ansprüche an der Liegenschaft habe, blendet er nicht nur den erwähnten
Umstand aus, dass nicht eine bestimmte Liegenschaft, sondern sein
Liquidationsanteil gepfändet worden ist; er macht zudem Ausführungen zum
Sachverhalt, ohne darzutun, inwiefern das Obergericht offensichtlich
unrichtige Feststellungen getroffen haben sollte (E. 1.3).

4.
Schliesslich ersucht der Beschwerdeführer auch vor Bundesgericht um Erlass
seiner Schulden. Auf dieses Ansinnen kann nicht eingegangen werden, da einzig
die Pfändungsurkunde vom 28. August 2006 Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens bildet.

5.
Nach dem Gesagten ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Sie war von
vornherein aussichtslos, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt der
Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 600.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und
Konkurssachen und dem Betreibungsamt Zürich 1 schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. April 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:   Der Gerichtsschreiber: