Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.125/2007
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5A_125/2007 /bnm

Urteil vom 20. September 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl,
Gerichtsschreiber Gysel.

X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner.

provisorische Rechtsöffnung,

Beschwerde in Zivilsachen bzw. subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den
Entscheid des Obergerichts (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als
Beschwerdeinstanz) des Kantons Luzern vom 27. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Gestützt auf eine Schuldanerkennung vom 2. Juni 2006 und verschiedene
Honorarrechnungen für anwaltliche Bemühungen setzte X.________ mit
Zahlungsbefehl Nr. 1 des Betreibungsamtes Kreis A.________ gegen Y.________
eine Forderung von Fr. 6'634.10 samt Zins zu 5 % seit 7. August 2006 in
Betreibung. Y.________ schlug Recht vor.

Das hierauf von X.________ eingereichte Rechtsöffnungsbegehren hiess der
Amtsgerichtspräsident I von A.________ am 23. November 2006 nur teilweise gut
und erteilte für den Betrag von Fr. 3'732.80 nebst Zins zu 5 % seit
10. Oktober 2006 provisorische Rechtsöffnung.

Mit Entscheid vom 27. Februar 2007 wies das Obergericht (Schuldbetreibungs-
und Konkurskommission als Beschwerdeinstanz) des Kantons Luzern die von
X.________ erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit darauf einzutreten war.

B.
Mit einer als "Einheitsbeschwerde und subsidiäre Verfassungsbeschwerde"
bezeichneten Eingabe vom 2. April 2007 stellt X.________ das Rechtsbegehren,
den obergerichtlichen Entscheid vom 27. Februar 2007 aufzuheben.

Vernehmlassungen zur Beschwerde sind nicht eingeholt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR
173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid
ist nachher ergangen, so dass das neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1
BGG).

2.
2.1 Der Beschwerde in Zivilsachen unterliegen auch Entscheide in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG), mithin
grundsätzlich auch der angefochtene Entscheid. In vermögensrechtlichen
Angelegenheiten der vorliegenden Art ist die Beschwerde in Zivilsachen nur
zulässig, wenn der Streitwert mindestens 30'000 Franken beträgt (Art. 74
Abs. 1 lit. b BGG). Dieser Betrag ist hier nicht erreicht, doch beruft sich
die Beschwerdeführerin auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG, wonach die Beschwerde
in Zivilsachen unabhängig vom Streitwert zulässig ist, wenn sich eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.

2.2
2.2.1 Die teilweise Verweigerung der Rechtsöffnung hatte der
Amtsgerichtspräsident mit einer entsprechenden Nichtigkeit der von der
Beschwerdeführerin angerufenen Schuldanerkennung begründet, die von Amtes
wegen zu beachten sei. In der Schuldanerkennung sei ein Teilbetrag von
Fr. 2'901.30 enthalten, der aus der Rechnung vom 2. Juni 2006 für die
Mandatsführung betreffend "Wegweisung Verwaltungsbeschwerde" stamme. In jenem
Verfahren sei dem Beschwerdegegner die unentgeltliche Rechtspflege gewährt
und der Beschwerdeführerin eine Entschädigung aus der Staatskasse
ausgerichtet worden. Der unentgeltliche Rechtsbeistand sei in einem solchen
Fall nicht befugt, von der von ihm vertretenen Person eine zusätzliche
Entschädigung zu verlangen, auch wenn der ihm zugesprochene Betrag nicht
einem vollen Honorar entspreche. Der Beschwerdegegner habe angesichts der
dargelegten Umstände die Nichtigkeit des Forderungsbetrags von Fr. 2'901.30
glaubhaft zu machen bzw. die schriftliche Schuldanerkennung in diesem Umfang
zu entkräften vermocht.

Die von der Beschwerdeführerin mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde
erhobenen Rügen der willkürlichen Feststellung des Sachverhalts bzw. der
willkürlichen Beweiswürdigung erklärte das Obergericht insofern als
unzulässig, als sie mit neuen Urkunden untermauert worden seien, und wies sie
im Übrigen ab.

2.2.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin stellt sich insofern eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, als der Entscheid der kantonalen
Instanzen den Vorwurf der Standeswidrigkeit enthalte. Der Vorwurf der
beruflichen Ehrenrührigkeit habe eine Reflexwirkung auf die freie
Berufsausübung als Bestandteil der Wirtschaftsfreiheit. Zur Frage der
Standeswidrigkeit hätte sie, die Beschwerdeführerin, deshalb angehört werden
müssen.
Die Beschwerdeführerin verkennt den Sinn von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG: Die
ausnahmsweise Zulassung der Beschwerde in Zivilsachen setzt voraus, dass die
zu beurteilende Frage von allgemeiner Tragweite ist (dazu das zur amtlichen
Publikation bestimmte Urteil des Bundesgerichts vom 28. Juni 2007
[4A_133/2007], E. 1.2). Dass mit der von ihr eingereichten Beschwerde eine
grundsätzliche Frage zu den Standesregeln aufgeworfen werde, macht die
Beschwerdeführerin zu Recht selbst nicht geltend. Was sie vorträgt, betrifft
ausschliesslich ihre persönlichen Interessen. Insoweit mangelt es an einer
hinreichenden Begründung, so dass auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht
einzutreten ist. Zu beurteilen bleibt mithin die eventualiter erhobene
subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff.).

3.
Das Bundesgericht prüft (auch) im Verfahren der subsidiären
Verfassungsbeschwerde die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern,
als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist
(Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Botschaft vom
28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege wird ausdrücklich
auf die in BGE 125 I 71 (E. 1c S. 76) veröffentlichte Rechtsprechung zum
Rügeprinzip bei der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG)
hingewiesen (Bbl 2001 S. 4344 f.). Darnach prüfte das Bundesgericht nur klar
und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen, ob ein
kantonaler Entscheid verfassungswidrig ist; auf rein appellatorische Kritik
wurde nicht eingetreten (vgl. auch BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit
Hinweisen). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der kantonalen Instanz dazu Anlass gegeben hat
(Art. 117 in Verbindung mit Art. 99 Abs. 1 BGG).

4.
4.1 Im obergerichtlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin darauf
hingewiesen, dass die Verfahrenswege für Aufenthaltsgesuche, die von einem
mit einer Schweizerin verheirateten Ausländer gestellt würden, nicht die
gleichen seien wie für die von anderen Ausländern eingereichten Gesuche.
Während bei einem negativen Entscheid für den ersten Fall die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht offen
stehe, sei im zweiten Fall Verwaltungsbeschwerde an das kantonale Justiz- und
Sicherheitsdepartement zu erheben. Für im Ausländerrecht nicht kundige
Sachrichter liege dieser Dualismus nicht auf der Hand. Trotzdem wäre es
angemessen gewesen, wenn der Amtsgerichtspräsident sich bemüht hätte, mit ihr
Rücksprache zu nehmen. Bei näherem Hinsehen wäre aufgefallen, dass für das
Verwaltungsgerichtsverfahren keine Teilrechnung bei den Akten liege, wohl
aber für die Verwaltungsbeschwerde. Durch eine Kontaktnahme mit ihr hätte
eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung sofort verhindert werden können.
Willkür sei darin zu erblicken, dass ihr Gehörsanspruch verletzt worden sei.
Das Obergericht erklärt, die Beschwerdeführerin lege nicht dar, inwiefern der
Amtsgerichtspräsident ihren Anspruch auf rechtliches Gehör missachtet haben
soll; soweit sie geltend mache, der erstinstanzliche Richter hätte zum Zweck
der weiteren Sachverhaltsabklärung mit ihr Rücksprache nehmen müssen bzw.
eine solche Kontaktnahme wäre angemessen gewesen, könne in der beanstandeten
Unterlassung keine Gehörsverletzung erblickt werden.

4.2 Die Beschwerdeführerin begnügt sich damit, der obergerichtlichen
Feststellung, sie habe mit ihren Vorbringen eine Missachtung ihres
Gehörsanspruchs nicht dargetan, ohne nähere Substantiierung entgegenzuhalten,
sie verstosse gegen Bundesrecht. Ihre Hinweise auf die §§ 233 und 234 der
Luzerner Zivilprozessordnung (ZPO), wo namentlich bestimmt wird, der Richter
könne zur Klärung des Prozessstoffes die Parteien jederzeit zu einer
Verhandlung vorladen (§ 233 Abs. 1) bzw. erhebe Beweis, soweit der
Verfahrenszweck es erfordere und zulasse (§ 234 Abs. 1), sind neu und daher
unbeachtlich. Sollte geltend gemacht werden wollen, die kantonale
Beschwerdeinstanz habe die angerufenen Bestimmungen willkürlich angewendet,
wäre auf die Rüge mithin von vornherein nicht einzutreten. Dass die
kantonalen Instanzen gestützt auf die angerufenen Bestimmungen eine
Fragepflicht getroffen hätte, macht die Beschwerdeführerin übrigens selbst
nicht geltend.

5.
Ebenfalls erstmals vor Bundesgericht bringt die Beschwerdeführerin vor, die
Untersuchungsmaxime, die auf das vorliegende Verfahren anzuwenden gewesen
sei, hätte geboten, mit ihr Kontakt aufzunehmen bzw. einen zweiten
Schriftenwechsel anzuordnen. Auch auf dieses Vorbringen ist aus Gründen des
Novenrechts nicht einzutreten. Abgesehen davon, ergibt sich aus dem erwähnten
Prozessgrundsatz einzig, dass das Gericht seinem Entscheid nur Tatsachen
zugrunde legen darf, von deren Vorhandensein es sich überzeugt hat (Max
Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979,
S. 168).

6.
Das Obergericht ist der Ansicht, es sei nicht belegt, dass es sich bei der
Rechnung der Beschwerdeführerin vom 2. Juni 2003 über Fr. 2'901.30 nicht um
die Rechnung für das Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gehandelt habe.
Die Rechnung trage die Nummer des vor Verwaltungsgericht durchgeführten
Verfahrens, die sich auch auf dem Schreiben dieses Gerichts vom 4. Januar
2006 finde, mit dem dem Beschwerdegegner für das erwähnte Verfahren die
unentgeltliche Rechtspflege gewährt und die Beschwerdeführerin zu seiner
Rechtsvertreterin ernannt worden sei. Unter dem 19. Dezember 2005 finde sich
explizit das Stichwort "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" und die
Beschwerdeführerin sage selber, sie habe ihre dem Verwaltungsgericht zur
Festsetzung des UR-Honorars eingereichte Rechnung als Vorlage benutzt.

Was die Beschwerdeführerin diesen Ausführungen des Obergerichts entgegenhält,
erschöpft sich darin, in appellatorischer Form ihre eigene Sicht der Dinge
vorzutragen. Auch in diesem Punkt ist auf die Beschwerde deshalb nicht
einzutreten.

7.
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten in allen Teilen nicht einzutreten.
Die Gerichtsgebühr ist ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Da keine Vernehmlassungen eingeholt worden und dem
Beschwerdegegner somit keine Kosten erwachsen sind, entfällt die Zusprechung
einer Parteientschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'200.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht (Schuldbetreibungs- und
Konkurskommission als Beschwerdeinstanz) des Kantons Luzern schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 20. September 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: