Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.104/2007
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5A_104/2007 /blb

Urteil vom 9. August 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Möckli.

X. ________ (Ehemann),
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Pellegrini,

gegen

Y.________ (Ehefrau),
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Kathrin Teuscher.

Rechtsöffnung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 6. März 2007.

Sachverhalt:

A.
Gestützt auf den rechtskräftigen Eheschutzentscheid vom 19. Februar 1988
verlangte Y.________ mit Eingabe vom 15. September 2006 in der gegen ihren
Ehemann eingeleiteten Betreibung Nr. xxxx des Betreibungsamtes B.________ für
Unterhaltsbeiträge von Fr. 29'250.-- nebst 5 % Zins seit 15. April 1998 und
von Fr. 72'600.-- nebst 5 % Zins seit 1. September 2006 definitive
Rechtsöffnung.
Mit Entscheid vom 7. Dezember 2006 gewährte das Bezirksgericht Uster
definitive Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 63'800.-- nebst Zins zu 5 %
seit 16. Januar 2004. Mit Entscheid vom 6. März 2007 wies das Obergericht des
Kantons Zürich die hiergegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab.

B.
Dagegen hat X.________ am 26. März 2007 Beschwerde eingereicht mit dem
Begehren um Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs. Mit Präsidialverfügung vom
11. April 2007 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung
erteilt. Am 16. April 2007 reichte der Beschwerdeführer eine Ergänzung ein.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Entscheid über das Rechtsöffnungsbegehren ist ein Endentscheid im Sinn
von Art. 72 Abs. 1 BGG, da er losgelöst von einem Hauptverfahren erfolgt und
unter prozessrechtlichen Gesichtspunkten verfahrensabschliessend ist (vgl.
Art. 90 BGG), indem er in exklusiver Weise das Rechtsöffnungsverfahren
regelt. Sodann ist er kantonal letztinstanzlich (Art. 75 Abs. 1 BGG) und die
notwendige Streitwertgrenze ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).
Rechtsöffnungsentscheide stellen im Übrigen keine vorsorglichen Massnahmen im
Sinn von Art. 98 BGG, sondern materielle Entscheide dar (zur Publikation
bestimmter Entscheid 5A_44/2007, E. 1.5), weshalb alle Rügen im Sinn von
Art. 95 BGG zulässig und frei überprüfbar sind (Art. 106 Abs. 1 BGG).

2.
Wie bereits vor den kantonalen Instanzen macht der Beschwerdeführer geltend,
der Eheschutzentscheid stelle keinen gültigen Rechtsöffnungstitel mehr dar,
weil er durch anderweitige einvernehmliche Parteivereinbarungen derogiert
worden sei. Die Vorinstanzen hätten verkannt, dass es dabei nicht um eine
Frage der Tilgung im Sinn von Art. 81 Abs. 1 SchKG, sondern um die Qualität
des Eheschutzentscheides als Rechtsöffnungstitel gehe, wofür nicht nur der
Urkundenbeweis, sondern sämtliche Beweismittel zulässig seien. Im Übrigen
habe nicht er den Untergang der Schuld zu beweisen; vielmehr liege es an
demjenigen, der sich auf den Rechtsöffnungstitel stütze, zu beweisen, dass er
hieraus immer noch forderungsberechtigt sei. Die jeweilige
Unterhaltsforderung setzte somit stets den Nachweis des Stammrechtes voraus,
wenn dieses in Zweifel gezogen werde.

2.1 Was die Beweislastverteilung anbelangt, verkennt der Beschwerdeführer in
grundsätzlicher Weise, dass vorbehaltlos Rechtsöffnung zu gewähren ist,
sobald der Gläubiger einen Rechtsöffnungstitel vorlegt, der die betriebene
Forderung ausweist; dies folgt bereits aus dem Wortlaut von Art. 80 Abs. 1
SchKG. Es ist am Schuldner, dagegen Einwände zu erheben, nicht am Gläubiger,
zusätzlichen Beweis zu erbringen. Insbesondere stellen auch
Eheschutzentscheide und vorsorgliche Massnahmen definitive
Rechtsöffnungstitel für die darin festgesetzten Unterhaltsbeiträge dar
(Panchaud/Caprez, Die Rechtsöffnung, Zürich 1980, § 100; Staehelin, Basler
Kommentar, N. 10 zu Art. 80 SchKG) und ist eine richterlich genehmigte
Parteivereinbarung über Unterhaltsbeiträge dem Urteil gleichgestellt (Art. 80
Abs. 2 Ziff. 1 SchKG; Staehelin, a.a.O., N. 24 zu Art. 80 SchKG).

2.2 Was die möglichen Einwände des Schuldners anbelangt, so kann dieser
zunächst den Rechtsöffnungstitel als solchen bestreiten. Bei einem
definitiven Titel kann er beispielsweise geltend machen, das Urteil sei
gefälscht, nichtig oder nicht rechtskräftig. Diesfalls macht der Schuldner
geltend, es liege gar kein definitiver Rechtsöffnungstitel im Sinn von
Art. 80 Abs. 1 SchKG vor. Für solche formellen Einwände gegen die Qualität
bzw. die Rechtmässigkeit des Titels stehen dem Schuldner alle Beweismittel
offen, welche die kantonale Zivilprozessordnung im Rechtsöffnungsverfahren
zulässt.
Sodann kann der Schuldner Einwände erheben, die sich direkt aus dem
Rechtsöffnungstitel ergeben. Entsprechend wird der Nachweis anhand des Titels
selbst geführt. So verliert ein Urteil bei befristetem nachehelichem
Unterhalt mit Ablauf der Befristung seine Qualität als definitiver
Rechtsöffnungstitel. Ebenso kann der Schuldner etwa beim Unmündigenunterhalt
geltend machen, das Kind sei volljährig geworden.
Schliesslich kann sich der Schuldner gegen den Inhalt des Titels wenden. Weil
darüber beim definitiven Rechtsöffnungstitel ein Gericht mit materieller
Rechtskraft befunden hat, limitiert das Gesetz sowohl die Vorbringen als auch
die Beweismittel: Der Schuldner kann anhand von Urkunden beweisen, dass die
Schuld seit Erlass des Urteils getilgt oder gestundet worden ist, oder er
kann die Verjährung anrufen (Art. 81 Abs. 1 SchKG).

2.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Eheschutzentscheid sei uralt und
inzwischen durch gegenseitige Übereinkunft aufgehoben. Namentlich hätten die
Ehegatten die Obhut über ihre Kinder neu geregelt und diesbezüglich gänzlich
andere Unterhaltsvereinbarungen getroffen, die über Jahre unangefochten
beachtet worden seien. Mithin müsse von einer neuen Vereinbarung ausgegangen
werden, welche den Eheschutzentscheid ausser Kraft gesetzt habe.
Der Beschwerdeführer erhebt somit weder formelle Einwände gegen den
Rechtsöffnungstitel noch solche, die aus ihm ersichtlich wären; vielmehr
wendet er sich gegen den Inhalt des Titels und behauptet, die darin
ausgewiesene Forderung sei durch anderweitige Parteivereinbarung
zivilrechtlich untergegangen. Für solche Vorbringen ist nach dem Gesagten ein
Urkundenbeweis erforderlich, der vom Schuldner zu führen ist (Art. 81 Abs. 1
SchKG). Was die Tilgung anbelangt, gelten diese Beweisvorschriften nicht nur
für den Fall, dass der Schuldner behauptet, die Forderung bereits bezahlt zu
haben, sondern auch dann, wenn er vorbringt, die Forderung sei aus einem
anderen zivilrechtlichen Grund untergegangen (BGE 124 III 501 E. 3b S. 503),
bei Unterhaltsforderungen beispielsweise durch Wiederverheiratung (vgl.
Art. 130 Abs. 2 ZGB) oder durch Wiederaufnahme des Zusammenlebens (vgl.
Art. 179 Abs. 2 ZGB). Bei der Wiederverheiratung kann er den Urkundenbeweis
mit einem Auszug aus dem Zivilstandsregister führen. Bei anderen
Veränderungen muss der Schuldner eine schriftliche Vereinbarung bzw. eine
schriftliche Verzichtserklärung des Gläubigers vorlegen (Staehelin, a.a.O.,
N. 15 zu Art. 81 SchKG) oder anderweitig mit Urkunden die (teilweise) Tilgung
aufgrund veränderter Verhältnisse nachweisen (vgl. BGE 124 III 501 E. 3c
S. 504, wo ebenfalls ein Globalbetrag für Frau und Kind gesprochen war und
der Studienabschluss eines Kindes behauptet wurde; vgl. auch Staehelin,
a.a.O., N. 47 zu Art. 80 SchKG). Gegebenenfalls kommt der Schuldner nicht
umhin, diesbezüglich ein gerichtliches Verfahren anzustrengen (vgl.
Staehelin, a.a.O., N. 17 zu Art. 81 SchKG).
Vorliegend ruft der Beschwerdeführer mündliche Vereinbarungen mit der
Beschwerdegegnerin an, die während Jahren beachtet worden seien. Erforderlich
wäre nach dem Gesagten aber ein Urkundenbeweis (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Es ist
daher nicht zu sehen, inwiefern die kantonalen Instanzen Bundesrecht verletzt
haben sollen.

2.4 Nicht nachvollziehbar ist die unter Verweis auf die hängige
Scheidungsklage vorgebrachte Einrede der Litispendenz, wird doch im
Scheidungsverfahren der Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung geregelt,
der in keinem Zusammenhang mit den rückständigen Unterhaltszahlungen steht,
für die vorliegend Rechtsöffnung verlangt wird.

2.5 Verfügt die Beschwerdegegnerin nach dem Gesagten über einen definitiven
Rechtsöffnungstitel von Fr. 2'700.-- pro Monat (Art. 80 Abs. 1 SchKG; vgl.
auch BGE 124 III 501 E. 3d S. 504), und verlangt das Gesetz für den Nachweis
des Tilgungsvorbringens den Urkundenbeweis (Art. 81 Abs. 1 SchKG), stossen
die Sachverhaltsrügen bzw. die geforderte Sachverhaltsergänzung nach Massgabe
von Art. 105 Abs. 2 BGG zu den behaupteten mündlichen Vereinbarungen ebenso
ins Leere wie die Ausführungen, welche Anteile des im definitiven
Rechtsöffnungstitel aufgeführten Betrages nach bisheriger Handhabung auf die
Ehefrau bzw. die Kinder entfallen müssten; das letztere Vorbringen wäre
ohnehin insofern unzulässig, als dem Rechtsöffnungsrichter eine materielle
Interpretation des zu vollstreckenden Gerichtsurteils verwehrt ist (BGE 113
III 6 E. 1b S. 9 f.; 124 III 501 E. 3a S. 503).
An der Sache vorbei geht schliesslich das Vorbringen, der in Betreibung
gesetzte Betrag stimme nicht mit dem im Eheschutzentscheid genannten überein,
liegt doch das Auflaufen eines höheren Betrages bei Urteilen über periodische
Leistungen in der Natur der Sache.

3.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen und folglich die
Gerichtsgebühr dem Beschwerdeführer aufzuerlegen ist (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Für die Vernehmlassung zum Gesuch um aufschiebende Wirkung schuldet er der
Gegenpartei keine Entschädigung, weil diesbezüglich nicht in deren Sinn
entschieden worden ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: