Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.101/2007
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5A_101/2007/aka

Urteil vom 25. Oktober 2007
II. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Raselli, Präsident,
Bundesrichter Meyer, Marazzi,
Gerichtsschreiber Schett.

A. X.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Rolf G. Rätz,

gegen

B. X.________,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer L. Fringeli.

Mündigenunterhalt,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des
Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof,

2. Zivilkammer, vom 30. Januar 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a A. X.________ (im Folgenden: Beschwerdeführer) ist der Vater der 1982
geborenen B. X.________ (im Folgenden: Beschwerdegegnerin). Anlässlich der
Scheidung von der Kindsmutter im Jahre 1999 verpflichtete er sich, für seine
beiden Kinder bis zu deren Mündigkeit bzw. bis zum Abschluss ihrer Ausbildung
oder Studien einen indexierten monatlichen Unterhaltsbeitrag von je Fr.
720.-- zuzüglich Kinderzulagen zu entrichten. Nach Beendigung ihrer
ordentlichen Schulpflicht 1998 nahm die Beschwerdegegnerin zahlreiche
Ausbildungsgänge in Angriff und beendete sie auch zum Teil. Ihre
Wunschausbildung, eine Lehre als Kleinkindererzieherin, nahm sie erst im
August 2004 auf; sie sollte diese im Sommer 2007 abschliessen bzw.
abgeschlossen haben.

A.b Mit Klage vom 8. Dezember 2004 hat der Beschwerdeführer das Begehren
gestellt, die gemäss Scheidungskonvention festgesetzten Unterhaltsbeiträge an
die Tochter seien aufzuheben: Einerseits habe die Ausbildung der Tochter viel
zu lange gedauert, als dass sie noch als "ordentlich" bezeichnet werden
könne, andererseits sei es der Tochter anzulasten, dass die Parteien eine so
schlechte Beziehung zueinander hätten, weshalb ihm nicht zuzumuten sei,
weiterhin die Unterhaltsbeiträge zu erbringen.

A.c Der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises II Biel-Nidau hat die Klage
mit Urteil vom 5. Juli 2006 abgewiesen.

B.
In Abweisung der Appellation des Beschwerdeführers - und teilweiser
Gutheissung der Anschlussappellation der Beschwerdegegnerin - hat das
Obergericht des Kantons Bern mit dem angefochtenen Urteil vom 30. Januar 2007
die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers bestätigt und ihn auch noch
verpflichtet, einen teuerungsbedingten Zuschlag von Fr. 1'076.-- für den
Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 29. Februar 2004 zu bezahlen.

C.
Gegen das obergerichtliche Urteil erhebt der Beschwerdeführer in derselben
Eingabe Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde.
Es ist keine Stellungnahme eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR
173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Der angefochtene Entscheid
ist nachher ergangen, so dass das neue Recht anzuwenden ist (Art. 132 Abs. 1
BGG).

1.2 Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition die
Zulässigkeit der ihm unterbreiteten Beschwerden (BGE 132 III 747 E. 4 S.
748).

2.
2.1 Die Abänderung von Kindesunterhaltsbeiträgen stellt eine Zivilsache im
Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG dar, entsprechend der Rechtsprechung zu Art. 46
OG (BGE 116 II 493 E. 2b S. 495; 127 III 503, nicht veröffentlichte E. 1).
Sie ist allerdings vermögensrechtlicher Natur (ibid.), weshalb die
Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erreicht werden muss. Bei
wiederkehrenden Leistungen sind dieselben in Anwendung von Art. 51 Abs. 4 BGG
zu kapitalisieren.

2.2 Vorliegend räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass die
Streitwertgrenze nicht erreicht ist, vertritt jedoch die Auffassung, dass es
sich hier um einen Rechtsfall von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art.
74 Abs. 2 lit. a BGG handle.

3.
3.1 Den unbestimmten Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hat
die Rechtsprechung zu konkretisieren. Auf Grund der Entstehungsgeschichte des
Bundesgerichtsgesetzes ist er restriktiv auszulegen und eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung nur mit äusserster Zurückhaltung zu bejahen (BGE
133 III 493 E. 1.1, mit Hinweisen auf die Lehre).

3.2 Es obliegt dem Beschwerdeführer, in der Beschwerdeschrift darzulegen,
warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E.
2.2.2.1).
3.3 Gemäss dem Beschwerdeführer lautet die Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung vorliegend, ob einem Vater zugemutet werden könne, für eine
Tochter, welche die Kontakte zu ihm abgebrochen habe, während neun Jahren
Ausbildungsunterhalt zu bezahlen, obschon die Ausbildung ordentlicherweise
nach drei Jahren abgeschlossen werden könne. Eine eingehende Begründung für
seine Annahme einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist jedoch
seiner Rechtsschrift nicht zu entnehmen, was bereits gegen die Zulässigkeit
der Beschwerde in Zivilsachen spricht (vorne, E. 3.2).
3.4 Zudem sind die Grundsätze des Mündigenunterhalts durch die
bundesgerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt (siehe z.B. BGE 129 III
375, passim; Urteil vom 27. Januar 2006 [5C.231/2005], E. 2, in FamPra.ch
2006 S. 488; Urteil vom 9. November 2005 [5C.237/2005] E. 2.1, 4.2 und 4.3,
in FamPra.ch 2006 S. 482). Die vorliegend vom Beschwerdeführer aufgeworfene
Frage stellt nichts anderes als die Anwendung der gefestigten Grundsätze auf
einen konkreten Sachverhalt dar (BGE 133 III 493 E. 1.2). Auf die Beschwerde
in Zivilsachen ist somit nicht einzutreten.

4.
Der Beschwerdeführer erhebt auch subsidiäre Verfassungsbeschwerde.

4.1 Diese ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit
keine Beschwerde nach den Artikeln 72 - 89 zulässig ist (Art. 113 BGG; BGE
133 III 439 E. 3.1). Nachdem vorliegend die Beschwerde in Zivilsachen
unzulässig ist (vorne, E. 3), erweist sich die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde als grundsätzlich zulässig.

4.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Der
Beschwerdeführer muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt
wurde, und substantiiert darlegen, worin die Verletzung besteht (vgl. der zu
Art. 90 OG ergangene BGE 130 I 26 E. 2.1 S. 31, 258 E. 1.3). Das
Bundesgericht kann die Verletzung eines Grundrechtes nur insofern prüfen, als
eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden
ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2).
4.3 Zur Zulässigkeit seiner subsidiären Verfassungsbeschwerde äussert sich
der Beschwerdeführer nur am Ende seiner Ausführungen über die Dauer der
Ausbildung der Beschwerdegegnerin. Zur Begründung führt er aus, der vom
Obergericht vertretene Standpunkt stelle auch eine Ermessensüberschreitung
bei der Interpretation von Art. 277 ZGB dar, weshalb sich die vorliegende
Eingabe auch unter dem Titel einer subsidiären Verfassungsbeschwerde
rechtfertige.
Die Feststellungen im angefochtenen Urteil zu den übrigen Kriterien
betreffend die Zumutbarkeit des Mündigenunterhalts werden nicht bemängelt,
sondern das Rechtsmittel wird auf die Frage der Ausbildungsdauer beschränkt.

4.4 So oder anders kann auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht
eingetreten werden, denn der Beschwerdeführer setzt sich über die
Begründungsvoraussetzungen hinweg. Zunächst einmal nennt er kein
verfassungsmässiges Recht, welches das Obergericht verletzt haben soll. Und
selbst wenn man bei einer weniger strengen formellen Prüfung seiner
Rechtsschrift ihm zugute halten wollte, er habe dem Obergericht eine
willkürliche Auslegung von Art. 277 ZGB vorwerfen wollen, bleibt
festzustellen, dass seine Ausführungen gesamthaft über eine unzulässige
appellatorische Kritik nicht hinausgehen (dazu: BGE 133 III 393 E. 6 S. 397
mit Hinweis auf BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.), zumal die Schwelle für die
Annahme von Willkür noch deutlich höher liegt, wenn der Richter - wie
vorliegend (BGE 111 II 410 E. 2a S. 411; Urteil vom 27. Januar 2006
[5C.231/2005], E. 1.3, in FamPra.ch 2006 S. 488) - in der Anwendung der
einschlägigen Gesetzesnorm über einen erheblichen Ermessenspielraum verfügt
und das Bundesgericht in seiner Überprüfung dementsprechend Zurückhaltung übt
(BGE 131 III 12 E. 4.2 S. 15; 130 III 571 E. 4.3 S. 576; 125 II 86 E. 6 S.
98).

4.5 Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann nicht eingetreten werden.

5.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass auf die beiden in der Beschwerdeschrift
erhobenen Rechtsmittel nicht eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss sind die
Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 erster Satz
BGG). Eine Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin schuldet er jedoch
nicht, da sie nicht aufgefordert wurde, zur Beschwerdeschrift Stellung zu
nehmen, weshalb ihr keine entschädigungspflichtigen Aufwendungen vor
Bundesgericht entstanden sind (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten.

2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Oktober 2007

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Raselli Schett