Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.7/2007
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{T 0/2}
4D_7/2007 /len

Urteil vom 24. April 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Huguenin.

A. B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Spital X.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
Bezirksgericht Kreuzlingen, Gerichtspräsident.

Art. 9 und 29 BV (Zivilprozess),

subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Ent-scheid des Bezirksgerichts
Kreuzlingen, Einzelrichter,
vom 20. Februar 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 26. Juni 2005 wurde die Feuerwehr wegen eines Brandes im Haus an der
Strasse C.________ in D.________ aufgeboten. A.B.________, der sich im Haus
aufhielt, wurde von der Feuerwehr ins Freie begleitet und veranlasst, in ein
Fahrzeug des Rettungsdienstes einzusteigen. Er wurde anschliessend zum
Kantonsspital Münsterlingen gefahren, wo er wegen des Verdachtes einer
Rauchvergiftung untersucht wurde. Nachdem sich der Verdacht als unbegründet
erwies, wurde A.B.________ aus dem Spital entlassen.

Das Spital stellte A.B.________ für den Transport im Rettungswagen Rechnung
über Fr. 720.--, deren Zahlung er verweigerte. Auf Klage des Spitals
verpflichtete der Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Kreuzlingen
A.B.________ mit Urteil vom 20. Februar 2007 zur Zahlung von Fr. 720.-- nebst
5 % Zins seit 20. Oktober 2005 sowie Fr. 50.-- Mahnkosten und Fr. 50.--
Betreibungskosten.

A. B.________ hat den Entscheid des Gerichtspräsidenten vom 20. Februar 2007
mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde angefochten. Er stellt den Antrag,
diesen Entscheid aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 9 und 29 BV. Er
stellt zudem das Gesuch, es sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die
unentgeltliche Rechtspflege samt Rechtsbeistand zu gewähren.
Vernehmlassungen zur Beschwerde wurden nicht eingeholt.

2.
2.1 Der Bezirksgerichtspräsident hat kantonal letztinstanzlich geurteilt (§ 45
Abs. 1 ZPO TG). Die Beschwerde in Zivilsachen im Sinne der Art. 72 ff. BGG
scheidet als Rechtsmittel namentlich aus, weil der gemäss Art. 74 Abs. 1 lit.
b BGG erforderliche Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-- nicht erreicht ist
und sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74
Abs. 2 lit. a BGG stellt. Unter diesen Aspekten ist die vom Beschwerdeführer
erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde als zulässig zu betrachten.

2.2 Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kann nur wegen Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten angerufen werden (Art. 116 BGG). Der
Beschwerdeführer muss angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt
wurde, und substantiiert darlegen, worin die Verletzung besteht (Art. 106
Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 BGG). Da in der vom Beschwerdeführer
eingereichten Beschwerdeschrift nicht dargelegt wird, inwiefern die
Beurteilung des Falles durch den Gerichtspräsidenten in materiellrechtlicher
Hinsicht gegen verfassungsmässige Rechte verstossen soll, sondern sich die
Kritik des Beschwerdeführers auf den vom Gerichtspräsidenten festgestellten
Sachverhalt beschränkt, kann dessen Entscheid hinsichtlich der Anwendung des
materiellen Rechts vom Bundesgericht nicht überprüft werden.

2.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann davon nur
abweichen, wenn die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines
verfassungsmässigen Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und 116 BGG), was
der Beschwerdeführer präzise geltend zu machen hat. Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

3.
Gemäss dem angefochtenen Entscheid hat der Gerichtspräsident am 25. September
2006 in einem Beweisbeschluss verfügt, dass der Beklagte zu beweisen habe,
dass er sich gegen die Mitnahme ins Spital mit dem Rettungsfahrzeug der
Klägerin zur Wehr gesetzt habe, dass ihn Personen des Rettungsdienstes aber
zum Einsteigen ins Fahrzeug genötigt oder zumindest trotz seinem klaren
Protest überredet haben. Im angefochtenen Entscheid wird sodann festgehalten
(S. 4 f.), dass die Klägerin zum Beweisbeschluss Stellung genommen und
Beweismittel eingereicht habe. Der Beklagte habe dagegen keine Stellung zum
Beweisbeschluss genommen und damit auf die Anmeldung von Beweismitteln
verzichtet. Soweit darin eine rechtliche Schlussfolgerung aufgrund des
kantonalen Verfahrensrechts liegt, wird mit der Beschwerde keine ausreichend
begründete Rüge erhoben, weshalb diese Schlussfolgerung vom Bundesgericht
nicht zu überprüfen ist.
Der Beschwerdeführer macht indessen geltend, es sei ihm das rechtliche Gehör
verweigert worden, weil die von ihm angebotenen Zeugen (seine Ehefrau, sein
Sohn A.________ und der Fahrer des Rettungsfahrzeugs) nicht befragt worden
seien. Zudem sei die "Spitalmessung" nicht vorgelegt worden. Diese Rügen sind
offensichtlich unbegründet. Der verfassungsrechtliche Beweisanspruch setzt
voraus, dass die Beweismittel in der vom kantonalen Verfahrensrecht
vorgeschriebenen Form und Frist in das Verfahren eingeführt worden sind (BGE
106 II 170 E 6a S. 171; 119 II 386 E. 1b S. 389). Der Beschwerdeführer hat
jedoch zum Beweisbeschluss des Gerichtspräsidenten nicht Stellung genommen
und keine Beweisofferten gestellt, womit er den kantonalen
Verfahrensvorschriften nicht Folge geleistet hat. Der Verzicht des
Gerichtspräsidenten auf die Zeugenbefragung der vom Beschwerdeführer
genannten Personen stellt damit keine Verweigerung des verfassungsrechtlichen
Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Der Beschwerdeführer kann sich auch
nicht auf Art. 99 Abs. 1 BGG berufen, um die genannten Beweismittel vor dem
Bundesgericht in das Verfahren einzuführen. Hat er die Möglichkeit gehabt,
diese Beweismittel nach den Vorschriften des kantonalen Prozessrechts
ordnungsgemäss in das kantonale Verfahren einzuführen, dies aber nicht getan,
ist er damit im bundesgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen.

4.
Im angefochtenen Urteil wird dargelegt, dass ein Auftrag zum
Patiententransport grundsätzlich bereits dann angenommen werde, wenn einer
Person, welche die Alarmzentrale benachrichtigt, zugesichert wird, dass ein
Rettungswagen zum Patienten unterwegs ist. Es wird sodann festgehalten, aus
dem Ursachenbericht von "WmmbA" E.________ vom 9. September 2005 gehe hervor,
dass es der Beschwerdeführer gewesen sei, der nach Entdeckung des Brandes
telefonisch die Polizei und Feuerwehr alarmiert habe. Anschliessend wird
jedoch festgehalten, es könne - wie in der Folge erläutert werde - offen
gelassen werden, ob damit bereits ein Auftragsverhältnis zwischen der
Beschwerdegegnerin und dem Beschwerdeführer entstanden sei.
Letzteres übersieht der Beschwerdeführer, wenn er in der Beschwerdeschrift
vorbringt, es sei dem Gerichtspräsidenten eine klare Verwechslung mit seinem
Sohn unterlaufen, der ebenfalls den Vornamen A.________ trage. Selbst wenn
sich der Gerichtspräsident geirrt haben sollte, hätte der Irrtum keinen
Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens gehabt. Der Gerichtspräsident hat die
Frage, ob der Telefonanruf zum Abschluss eines Auftrages geführt habe,
ausdrücklich offen gelassen. Er hat dagegen einen Vertragsschluss daraus
abgeleitet, dass dem Beschwerdeführer vom Sanitäter die Offerte gestellt
worden sei, sich ins Spital transportieren und dort die nötigen Checks
durchführen zu lassen. Der Beschwerdeführer habe diese Offerte angenommen,
wie sich aus dem Umstand ergebe, dass er freiwillig in das Fahrzeug
eingestiegen sei. Zu diesem Schluss kam der Gerichtspräsident, weil der
Beschwerdeführer einerseits den ihm gemäss Beweisbeschluss auferlegten Beweis
für die Unfreiwilligkeit des Einsteigens in das Fahrzeug nicht angetreten
hatte und er andererseits an der Hauptverhandlung eingestanden hatte, dass es
im Nachhinein ein Fehler gewesen sei, in den Rettungswagen einzusteigen.
Der Beschwerdeführer widerspricht den Erwägungen des Gerichtspräsidenten auch
in diesem Punkt, indem er ihm eine willkürliche Beweiswürdigung vorwirft. Er
geht aber auf die Argumente unterlassener Beweisantretung und seiner Aussage
an der Hauptverhandlung mit keinem Wort ein. Er gibt bloss eine - und im
Übrigen in sich teilweise widersprüchliche - Sachdarstellung aus seiner
Sicht. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht, um
eine willkürliche Beweiswürdigung oder eine sonstige Verfassungsverletzung
durch das kantonale Gericht wirksam zu rügen (BGE 120 Ia 369 E. 3a S. 373).
In diesem Punkt ist deshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten.

5.
In einer zusätzlichen Erwägung wird im angefochtenen Entscheid die Frage
geprüft, ob die Mitnahme des Beschwerdeführers auch gegen seinen Protest
sachlich gerechtfertigt gewesen wäre. Diese Frage wird gestützt auf eine von
der Beschwerdegegnerin eingereichte ärztliche Bestätigung von Chefarzt Dr.
F.________ und aufgrund von Ausführungen betreffend die mit dem Brand
verbundene Rauch- und Russbildung bejaht. Der Beschwerdeführer kritisiert die
Begründung des angefochtenen Entscheides auch in diesem Punkt. Darauf ist
nicht weiter einzugehen. Die Kritik richtet sich gegen eine
Eventualbegründung, der keine erhebliche Bedeutung mehr zukommt, nachdem sich
die Hauptbegründung des Gerichtspräsidenten als verfassungskonform erwiesen
hat, soweit sie vom Bundesgericht überprüft werden konnte (vgl. vorangehende
E. 4).

6.
Aus diesen Gründen ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde abzuweisen,
soweit auf sie eingetreten werden kann.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege samt Rechtsbeistand ist wegen Aussichtslosigkeit des erhobenen
Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Unter den gegebenen Umständen ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu
verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege
samt Rechtsbeistand wird abgewiesen.

2.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie
eingetreten werden kann.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Kreuzlingen,
Gerichtspräsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. April 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: