Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.35/2007
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4D_35/2007 /zga

Urteil vom 12. Oktober 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Gelzer.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Dr. Pietro Riniker,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz,
Postfach, 6002 Luzern.

Art. 9, 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 BV (Arbeitsvertrag; Kündigung),

subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des
Kantons Luzern, I. Kammer als Beschwerdeinstanz, vom 6. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (Arbeitnehmer) arbeitete seit dem 4. September 2006 bei der
Y.________ AG (Arbeitgeberin). Diese kündigte das Arbeitsverhältnis mit
Schreiben vom 26. Oktober 2006 auf den 3. November 2006, bezahlte aber den
Lohn bis zum 6. November 2006.

B.
Mit Klage vom 30. Januar 2007 belangte der Arbeitnehmer die Arbeitgeberin
beim Arbeitsgericht des Kantons Luzern auf Zahlung von Fr. 3'367.--. Zur
Begründung führte der Kläger aus, er sei unbegründet fristlos entlassen
worden, weshalb er Anspruch auf Lohnersatz für die Zeit vom 7. bis zum 30.
November 2007 habe. Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, die Kündigung
sei innerhalb der vertraglich vereinbarten dreimonatigen Probezeit unter
Einhaltung der siebentägigen Frist erfolgt. Da der Arbeitnehmer das
Kündigungsschreiben erst am 27. Oktober 2007 gegengezeichnet habe, sei die
Frist bis zum 6. November 2006 verlängert worden.

Das Arbeitsgericht wies die Klage am 30. Mai 2007 ab, im Wesentlichen mit der
Begründung, die Kündigung sei während der Probezeit erfolgt, auch wenn die
Arbeitgeberin die vereinbarte Kündigungsfrist erstreckt habe.

Die gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers wies das
Obergericht des Kantons Luzern am 6. Juli 2007 ab.

C.
Der Kläger erhebt subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG mit
den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zu
neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventuell sei die Klage
gutzuheissen.

Das Obergericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Die Beklagte stellt in ihrer Vernehmlassung keinen
bestimmten Antrag, hält aber daran fest, dass die Kündigung in der Probezeit
unter Einhaltung der dafür geltenden Frist erfolgte.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid danach ergangen ist, richtet sich das Verfahren nach
dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
In der vorliegenden arbeitsrechtlichen Streitigkeit liegt der Streitwert
unter Fr. 15'000.--. Die Beschwerde in Zivilsachen steht daher nicht offen
(Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Gegen den angefochtenen letztinstanzlichen
kantonalen Entscheid ist daher die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegeben
(Art. 113 OG). Der Beschwerdeführer, der vor der Vorinstanz am Verfahren
teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung
oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat, ist zur Ergreifung diese
Rechtsmittels berechtigt (Art. 115 BGG).

3.
Mit der Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger
Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Dies wirkt sich auf die Anforderungen
aus, denen die Beschwerdeschrift genügen muss. Das Bundesgericht prüft die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht nur insofern, als eine
solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG). Die Begründungsanforderungen entsprechen denjenigen des Art. 90
Abs. 1 lit. b des des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die
Organisation der Bundesrechtspflege (BGE 133 II 249 E. 1.4.2), so dass nur
klar und detailliert erhobene und belegte Rügen geprüft werden und auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eingetreten wird (BGE
130 I 258 E. 1.3).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn
die Sachverhaltsfeststellung unter Verletzung eines verfassungsmässigen
Rechts zustande kam (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was der
Beschwerdeführer präzise geltend zu machen hat (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs.
2 BGG; BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 445 mit Hinweis).

4.
Das Obergericht ging davon aus, die Beschwerdegegnerin habe das Enddatum
ihrer Kündigung vom 26. Oktober 2006 nachträglich vom 3. November 2006 auf
den 6. November abgeändert.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die effektive Situation sei eine andere
gewesen. Die Beschwerdegegnerin habe den von ihr gesetzten Kündigungstermin
unbeachtet verstreichen und den Beschwerdeführer danach weiter arbeiten
lassen. Damit hätten sich beide Parteien so verhalten, wie wenn die Kündigung
auf den 3. November 2006 gar nie ausgesprochen worden wäre. Diese Kündigung
sei damit von den Parteien konkludent aufgehoben worden, weshalb der
weiterbestehende Arbeitsvertrag mittels einer erneuten ordentlichen Kündigung
hätte beendet werden sollen.
Mit diesen Ausführungen unterbreitet der Beschwerdeführer eine
Sachverhaltsdarstellung, die von den vorinstanzlichen Feststellungen
abweicht, ohne darzulegen, inwiefern diese willkürlich sein sollen. Der
Beschwerdeführer übt damit am vorinstanzlichen Urteil appellatorische Kritik,
auf welche nicht einzutreten ist.

5.
Das Obergericht erachtete die mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde
erhobene Rüge der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als ungenügend
begründet, denn der Beschwerdeführer bringe nicht vor, über welche von ihm
behaupteten Ereignisse das Arbeitsgericht weitere Abklärungen hätte treffen
müssen.

Inwiefern das Obergericht damit Verfassungsrecht verletzt haben soll, zeigt
der Beschwerdeführer nicht auf. Vielmehr beschränkt er sich darauf,
Ausführungen in der Klageschrift oder Aussagen der Gegenpartei an der
erstinstanzlichen Verhandlung wiederzugeben ohne anzuführen, dass er sich
bereits zur Begründung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde darauf berufen
hat. Damit erfüllt er die dargelegten Begründungsanforderungen nicht, weshalb
auch diesbezüglich auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten
ist.

6.
6.1 Nach dem angefochtenen Entscheid führte der Beschwerdeführer vor
Obergericht aus, er habe während der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht
zeitweise eine leise Kommunikation zwischen dem für die Gegenpartei
erschienenen Herrn Z.________ sen. und dem rechts neben dem Präsidenten
platzierten Richter festgestellt. Darin erblickte das Obergericht den Vorwurf
der Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften infolge mangelnder
richterlicher Unabhängigkeit. Es kam aber zum Ergebnis, die richterliche
Unabhängigkeit sei nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass sich der Richter
mit der Gegenpartei unterhalten habe, zumal der Beschwerdeführer nicht
geltend mache, dass diese Unterhaltung irgend einen Einfluss auf das Urteil
der drei Richter gehabt habe.

6.2 Der Beschwerdeführer rügt, diese Argumentation verstosse gegen Art. 9,
Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Durch das Flüstern
mit einer Partei an der Verhandlung zeige der Richter eine Vertrautheit, die
nach objektiven Gesichtspunkten geeignet sei, bei der Gegenpartei den
Anschein der Befangenheit zu erwecken, was für eine Verletzung des
verfassungsmässigen Gebots des fairen und unparteiischen Verfahrens genüge.

6.3 Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des
Rechtsmissbrauchs, welche beide auch im Verfahrensrecht Geltung haben, ist es
nicht zulässig, formelle Rügen, welche in einem frühen Stadium hätten geltend
gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang noch später vorzubringen (BGE
119 Ia 221 E. 5a S. 228 mit Hinweisen). Entsprechend ist ein Richter, der auf
Grund seines Verhaltens als voreingenommen erscheint, so früh wie möglich
abzulehnen. Lässt sich eine Partei nach Kenntnis eines Ablehnungsgrunds
stillschweigend auf den Prozess ein, ohne unverzüglich die Ablehnung des
betroffenen Richters zu verlangen, so verwirkt sie den Anspruch auf eine
spätere Anrufung des Ablehnungsgrunds (BGE 118 Ia 282 E. 3a mit Hinweisen).
Diese Rechtsprechung verstösst nicht gegen die Garantie eines fairen
Verfahrens gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK (vgl. BGE 119 Ia 221 E. 5a und b S. 228
ff.).
6.4 Nach dem Gesagten wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, sich an
der Verhandlung selbst über das Flüstern eines Richters zu beschweren und
gegebenenfalls dessen Befangenheit zu rügen. Dass er dies getan hätte, geht
aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor und wird nicht behauptet. Mit
seinem Zuwarten bis nach Erhalt des erstinstanzlichen Entscheides hat er
demnach sein Recht verwirkt, das beanstandete Verhalten als Ausstandsgrund
anzurufen. Somit ist eine Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs auf
ein unparteiisches Gericht zu verneinen, wobei offen bleiben kann, ob
ursprünglich ein Ausstandsgrund vorlag.

7.
Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet
und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtsgebühr zu bezahlen
(Art. 66 Abs. 1 BGG), deren Höhe sich nach Art. 65 Abs. 4 lit. c BGG bemisst.
Der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 300.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Beschwerdeinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Oktober 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: