Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Subsidiäre Verfassungsbeschwerde 4D.28/2007
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4D_28/2007 /len

Urteil vom 16. August 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Huguenin.

A. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner,

Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron und Goms.

Zivilprozess; Willkür,

subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Bezirksgerichts
Brig, Östlich-Raron und Goms,
vom 15. Mai 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Betriebsdirektor der Y.________ AG erteilte am 18. März 2003 der
X.________, einer Kollektivgesellschaft, den Auftrag, Lärmmessungen in Bezug
auf die Gondelbahn Riederalp-Moosfluh durchzuführen. Darauf teilte
B.________, ein Mitarbeiter der Kollektivgesellschaft, A.________ mit Brief
vom 21. März 2003 mit, dass vorgesehen sei, einen der Messpunkte im offenen
Fenster von dessen Wohnung im Chalet C.________ zu installieren. Am Morgen
des 12. April 2003 sollte die Messung in Anwesenheit von A.________
durchgeführt werden. Die Messung konnte indessen an diesem Tag nicht
vorgenommen werden, weil das Messgerät nicht richtig funktionierte.

A. ________, der Wohnsitz in Brugg im Kanton Aargau hat, stellte Rechnung
über Fr. 2'194.-- für den ihm im Zusammenhang mit der misslungenen
Lärmmessung entstandenen Aufwand. Nachdem er erfolglos gegen B.________
geklagt hatte, dessen Passivlegitimation von den Gerichten verneint wurde,
erhob er am 24. Oktober 2005 Klage gegen die Kollektivgesellschaft auf
Zahlung von Fr. 2'344.-- nebst 5 % Zins seit 1. Juni 2004. Mit Urteil vom 22.
März 2006 wies die Gemeinderichterin von Brig-Glis die Klage ab. Der Kläger
focht dieses Urteil mit Nichtigkeitsklage an, die vom Bezirksrichter I des
Bezirksgerichts Brig, Östlich-Raron und Goms mit Entscheid vom 15. Mai 2007
abgewiesen wurde.

A. ________ hat dem Bundesgericht am 19. Juni 2007 eine als "ordentliche
Beschwerde in Zivilsachen und/oder subsidiäre Verfassungsbeschwerde"
bezeichnete Eingabe eingereicht, mit welcher er die Aufhebung des Entscheides
des Bezirksgerichts Brig vom 15. Mai 2007 beantragt. Er stellt zudem das
Gesuch, es sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren ein unentgeltlicher
Rechtsbeistand beizugeben.
Es sind keine Vernehmlassungen zur Beschwerde eingeholt worden.

2.
2.1 Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR
173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid am 15. Mai 2007 ergangen ist, richtet sich das
Verfahren nach dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG). Entgegen der in der
Beschwerdeschrift (S. 2 dritter Absatz) geäusserten Annahme kann nicht auch
noch das "alte" Recht (gemeint offenbar das Bundesgesetz über die
Organisation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943) berücksichtigt
werden. Die Beschwerde ist vielmehr ausschliesslich aufgrund der Bestimmungen
des BGG zu beurteilen.

2.2 Die Beschwerde in Zivilsachen scheidet im vorliegenden Fall aus, weil der
erforderliche Streitwert von mindestens Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b
BGG) nicht erreicht wird und der Beschwerdeführer nicht darlegt und auch
nicht ersichtlich ist, inwiefern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stellt. Die Eingabe des
Beschwerdeführers ist damit als subsidiäre Verfassungsbeschwerde im Sinne von
Art. 113 ff. BGG zu behandeln, mit der lediglich die Verletzung von
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden kann (Art. 116 BGG).

2.3 Die Verbesserung der Beschwerdeschrift nach Ablauf der Beschwerdefrist
ist bloss unter den in den Absätzen 5 und 6 von Art. 42 BGG abschliessend
aufgezählten Voraussetzungen möglich, die hier nicht vorliegen. Das Gesuch
des Beschwerdeführers [Beschwerdeschrift S. 2 zweiter Absatz], ihm
Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, ist somit unbeachtlich.

3.
Die Beschwerdeschrift hat gemäss dem Gesetz bestimmten inhaltlichen
Anforderungen zu genügen. Darin muss namentlich unter Bezugnahme auf die
Erwägungen des angefochtenen Entscheides dargelegt werden, welche Rechte der
beschwerdeführenden Partei verletzt worden sind (Art. 42 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht prüft im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde eine
allfällige Verletzung der bundesrechtlichen Grundrechte nicht von Amtes
wegen, sondern nur dann, wenn entsprechende Rügen in der Beschwerdeschrift
ausdrücklich erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Was der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift vorbringt, wird den
erwähnten Begründungsanforderungen zum grössten Teil nicht gerecht. Insoweit
ist auf seine Beschwerde nicht einzutreten. Bloss in einem einzigen Punkt
erweisen sich seine Vorbringen als im Sinne von Art. 106 Abs. 2 BGG
ausreichend substanziiert. Die damit vorgebrachte Rüge der Willkür
(Beschwerdeschrift S. 8 zweite Hälfte und S. 9) ist in der folgenden Erwägung
zu behandeln.

4.
4.1 Im angefochtenen Entscheid wird festgehalten (S. 8 und 9), dass der
Zeitaufwand des Beschwerdeführers für die Anreise auf die Riederalp und die
Teilnahme an den Messungen sowie die (selbsternannte) Funktion des
Supervisors keinen Schaden darstellten, es sei denn der Beschwerdeführer
hätte nachgewiesen, dass sich wegen der Abwesenheit am fraglichen Wochenende
sein Berufseinkommen vermindert habe oder dass er an diesem Wochenende wegen
irgendeiner Tätigkeit zusätzlich etwas verdient hätte. Der beweisbelastete
Beschwerdeführer habe aber diesen Nachweis in keiner Weise erbracht. Anders
möge es sich bezüglich der Fahrkosten für die Bahnfahrt von Brugg nach Mörel
und auf die Riederalp sowie für die Rückfahrt verhalten. Dafür habe aber
nicht die Beschwerdegegnerin einzustehen. Mit Schreiben vom 18. März 2003
habe nämlich der Betriebsdirektor der Y.________ AG die Beschwerdegegnerin
ersucht, mit dem Beschwerdeführer einen Termin zu vereinbaren, und der
Rechnung der Beschwerdegegnerin vom 31. Januar 2004 sei zu entnehmen, dass
diese gemäss Vertrag für die aufgewendeten Stunden, nicht aber für solche
Auslagen zu entschädigen war. Es müsse deshalb angenommen werden, dass
B.________ bei der Verfassung des Schreibens vom 21. März 2003 als Vertreter
der Y.________ AG gehandelt habe. Nach Art. 32 Abs. 1 OR werde aber der
Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet, wenn jemand,
der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag
abschliesst.

4.2 Der Beschwerdeführer rügt, diese Erwägung sei widersprüchlich und
willkürlich, weil Bezirksrichter D.________ in seinem eigenen früheren
Entscheid vom 27. Mai 2005 festgehalten habe, dass aus dem Schreiben des
Betriebsdirektors der Y.________ AG vom 18. März 2003 abzuleiten sei, dass
B.________ in dieser Angelegenheit die Beschwerdegegnerin vertreten habe.

4.3 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen
Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Gemäss der Rechtsprechung des
Bundesgerichts ist ein Entscheid willkürlich, wenn er offensichtlich
unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider läuft. Es genügt nicht,
dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen
wäre. Eine Entscheidung ist nur dann aufzuheben, wenn sie nicht nur in der
Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 132 III 209 E. 2.1
S. 211; 132 I 13 E. 5.1 S. 17; 131 I 467 E. 3.1 S. 473, je mit Hinweisen).

4.4 Eine genauere Analyse der beiden Urteile des Bezirksrichters zeigt, dass
der vom Beschwerdeführer behauptete Widerspruch nicht besteht und auch sonst
keine Willkür ersichtlich ist. Im ersten Urteil vom 27. Mai 2005 [Kopie
beiliegend] stand im hier interessierenden Zusammenhang die Frage im
Vordergrund, ob B.________ nicht passivlegitimiert sei, weil er bei den
Lärmmessungen nicht für sich selbst, sondern als Vertreter der
Kollektivgesellschaft gehandelt hatte. In der massgebenden Passage des
Urteils (S. 12) wird dazu ausgeführt, ausschlaggebend sei das Schreiben des
Betriebsdirektors E.________ vom 18. März 2003 an die Kollektivgesellschaft,
worin der Betriebsdirektor festgehalten habe, dass er deren Offerte und den
Vertrag "für die oben erwähnten Beratungsleistungen erhalten" habe und dafür
bestens danke. In der Beilage sende er den unterzeichneten Vertrag zurück und
erteile hiermit den Auftrag "zur Ausführung dieser Arbeiten". Nach der
Kenntnisnahme dieses Briefes an der Gerichtssitzung vom 11. November 2004
hätte der Beschwerdeführer sich gemäss der Urteilsbegründung nochmals genau
überlegen müssen, ob er die gegen B.________ eingereichte Klage
aufrechterhalten wollte. Es sei dann nur folgerichtig, dass B.________ im
Schreiben vom 21. März 2003 ausgeführt habe: "die Y.________ AG haben unser
Büro beauftragt, den Betrieb der 12er Gondelbahn Riederalp-Moosfluh
lärmtechnisch zu erfassen und nach der Umweltschutzgesetzgebung zu
beurteilen". Ebenfalls anlässlich der Gerichtsverhandlungen habe der
Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt, von der Rechnung vom 31. Januar 2004 an
die Y.________ Kenntnis zu nehmen. Diese Rechnung sei nicht etwa von
B.________, sondern von der Kollektivgesellschaft gestellt worden.
Diese Urteilsbegründung kann nicht so verstanden werden, dass sich der
Bezirksrichter damit zur - damals nicht interessierenden - Frage äussern
wollte, ob zwischen dem Auftrag zur Vornahme einer Mehrzahl von Lärmmessungen
sowie deren Beurteilung nach der Umweltschutzgesetzgebung und der
Organisation der Teilnahme des Beschwerdeführers an der einen Messung, die im
offenen Fenster der Wohnung im Chalet C.________ vorgenommen werden sollte,
zu differenzieren sei. Der Wortlaut der Urteilsbegründung lässt vielmehr
erkennen, dass sich der Bezirksrichter ausschliesslich zur Frage äussern
wollte, ob B.________ persönlich oder aber die Kollektivgesellschaft vom
Betriebsdirektor beauftragt worden war, den Betrieb der Gondelbahn
lärmtechnisch zu erfassen und nach der Umweltschutzgesetzgebung zu
beurteilen. Der so umschriebene Gegenstand des Auftrags umfasste nicht
zwingend, dass einerseits eine einzelne Lärmmessung am erwähnten Ort
vorgenommen und andererseits diese Messung so organisiert werden musste, dass
der Beschwerdeführer daran teilnehmen konnte. Im Übrigen stand damals - wie
bereits erwähnt - die Frage der Passivlegitimation von B.________ im
Vordergrund. Um die Passivlegitimation zu verneinen, genügte indessen die
Feststellung, dass B.________ nicht für sich selbst, sondern als Vertreter
eines Dritten gehandelt hatte. Zur Frage, ob B.________ allenfalls nicht nur
als Vertreter der Kollektivgesellschaft, sondern im Kontakt mit dem
Beschwerdeführer auch als Vertreter der Y.________ AG aufgetreten war, musste
der Bezirksrichter damals nicht Stellung nehmen, weil diese Frage für den
Ausgang des Verfahrens unerheblich war.
Damit erweist sich die einzige Rüge, die in der Beschwerdeschrift formell
zulässig erhoben wird, als unbegründet.

5.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde in Anwendung von Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
Das Gesuch des Beschwerdeführers, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren
einen unentgeltlichen Rechtsbeistand beizugeben, ist wegen Aussichtslosigkeit
der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 BGG).
Unter den gegebenen Umständen ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu
verzichten (Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird
abgewiesen.

2.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Brig, Östlich-Raron
und Goms, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. August 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: