Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.99/2007
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4A_99/2007 /len

Urteil vom 15. August 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Gelzer.

A. ________,
B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald,

gegen

C.E.________,
D.E.________,
Beschwerdegegner,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Jost A. Windlin.

Darlehensvertrag; Vollmacht,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons
Schwyz, Zivilkammer,
vom 27. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 15. Mai 2001 kauften A.________ und
B.________ (nachstehend: Beschwerdeführer) in der Gemeinde G.________ das
Grundstück KTN 1717. Am gleichen Tag stellten sie F.________ eine
schriftliche Generalvollmacht aus. Am 6. April 2002 schloss F.________ unter
Vorlegung einer Kopie dieser Vollmacht im Namen der Beschwerdeführer mit
C.E.________ und D.E.________ (nachstehend: Beschwerdegegner) je einen
"Auftrags- & Zusammenarbeitsvertrag" ab. Diese Verträge sahen insbesondere
vor, dass jeder der Beschwerdegegner Fr. 100'000.-- an die Beschwerdeführer
bezahle, welche diese Summen bzw. Darlehen nach einem Jahr als
Solidarschuldner zuzüglich Fr. 15'000.-- zurückzubezahlen hatten.
Nachdem die Beschwerdeführer die Darlehen nicht vereinbarungsgemäss
zurückbezahlt hatten, liess jeder der Beschwerdegegner sie betreiben, worauf
sie Rechtsvorschlag erhoben. Der Einzelrichter der March erteilte den
Beschwerdegegnern mit Verfügungen vom 3. Februar 2004 in den insgesamt vier
Betreibungen provisorische Rechtsöffnung für je Fr. 115'000.-- nebst 5 % Zins
seit 8. April 2002, Fr. 200.-- Zahlungsbefehlskosten, Fr. 600.--
Rechtsöffnungskosten und Fr. 1'000.-- Parteientschädigung.

B.
Mit Eingabe vom 17. März 2007 und verbesserter Rechtsschrift vom 29. April
2007 erhoben die Beschwerdeführer beim Bezirksgericht March je separat zwei
Aberkennungsklagen gegen die Beschwerdegegner. Das Bezirksgericht vereinigte
die Verfahren und wies die Klagen mit Urteil vom 13. Juli 2006 ab.
Auf Berufung der Beschwerdeführer hin bestätigte das Kantonsgericht Schwyz am
27. Februar 2007 das Urteil des Bezirksgerichts.

C.
Die Beschwerdeführer erheben Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das
Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 27. Februar 2007 sei aufzuheben und die
Aberkennungsklagen seien gutzuheissen.
Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das
Kantonsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Beschwerde untersteht dem Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG,
SR 173.110), da der angefochtene Entscheid nach dessen Inkraftreten am 1.
Januar 2007 ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Auf die Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden, da sie unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42
BGG) von der in ihren Anträgen unterliegenden Parteien (Art. 76 Abs. 1 BGG)
eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz
(Art. 75 BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in Zivilsachen (Art. 72
Abs. 1 BGG; BGE 128 III 44 E. 4a und b S. 46 f.) in einer
vermögensrechtlichen Angelegenheit mit einem Streitwert von mindestens
Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) richtet.

1.3 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben
werden. Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen. Es kann die Verletzung von Grundrechten nur insofern prüfen, als eine
solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist
(Art. 106 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Das Kantonsgericht führte aus, die Beschwerdeführer hätten in der
Klagebegründung vom 29. April 2005 (S. 9) F.________ einzig als Zeugen dafür
offeriert, dass die Vertragsschliessenden gar nie die Beschwerdeführer hätten
verpflichten wollen. Die erste Instanz habe daher durch die Unterlassung
einer Zeugeneinvernahme zur Frage des Widerrufs der Vollmacht das Recht der
Beschwerdeführer auf Beweis nicht verletzt.

2.2 Die Beschwerdeführer machen vor Bundesgericht geltend, das Kantonsgericht
habe zwar die Seite 9, nicht jedoch die Seite 6 Ziff. 10 der Klagebegründung
beachtet. Dort werde festgehalten, F.________ habe die Vollmacht
missbräuchlich "zur hier umstrittenen Darlehensaufnahme verwendet". Zu dieser
Behauptung sei F.________ als Zeuge angerufen worden. Im Rahmen der Berufung
sei nochmals der Antrag gestellt worden, F.________ sei zur Frage des
Zeitpunkts des Widerrufs der Vollmacht zu befragen. Demnach hätten die
kantonalen Gerichte den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör gemäss
Art. 29 Abs. 2 BV verletzt, indem sie F.________ zu dieser Frage nicht als
Zeugen einvernommen hätten.

2.3 Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistet den Anspruch auf rechtliches Gehör.
Daraus wird die Pflicht der Gerichte abgeleitet, rechtzeitig und formgültig
angebotene Beweise abzunehmen, soweit diese erhebliche Tatsachen betreffen
und nicht offensichtlich beweisuntauglich sind (BGE 106 Ia 161 E. 2b; 129 II
396 unveröffentlichte E. 2.1).
2.4 Auf Seite 6 Ziff. 10 der Klageschriften haben die Beschwerdeführer dem
Sinne nach angegeben, am 15. Mai 2001 sei F.________ eine Vollmacht übergeben
worden, welche sich jedoch auf den Erwerb der Baulandparzelle Kat. Nr. 1717
beschränkt habe und durch F.________ missbräuchlich zur hier umstrittenen
Darlehensaufnahme verwendet worden sei. Die Beschwerdeführer seien bis anhin
der Meinung gewesen, dass zumindest die Originalvollmacht nach Erwerb des in
der Vollmacht bezeichneten Grundstücks am 15. Mai 2001 vernichtet worden sei
und würden daher bestreiten, dass als Grundlage der Darlehensaufnahme eine
original unterzeichnete Vollmacht verwendet worden sei.
Diese Behauptungen betreffen alleine den Umfang der Vollmacht und die
Vernichtung der Vollmachtsurkunde, nicht jedoch eine Widerrufserklärung der
Beschwerdeführer. Das Kantonsgericht hat daher zutreffend angenommen, in den
Klageschriften sei F.________ nicht zur Frage des Zeitpunkts des Entzugs der
Vollmacht als Zeuge angerufen worden. Damit ist insoweit eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs zu verneinen.
Gemäss § 198 ZPO/SZ können im Berufungsverfahren neue Beweismittel nur
ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 104 Ziff. 2 bis 5 ZPO/SZ
bezeichnet werden. Dass im Berufungsverfahren diese Voraussetzungen bezüglich
eines neuen Antrags auf Befragung von F.________ als Zeugen vorgelegen haben,
ist nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern auch nicht geltend
gemacht. Demnach war ihr in der Beschwerde vorgebrachter Beweisantrag
verspätet, weshalb ihn das Kantonsgericht ohne Verletzung des rechtlichen
Gehörs ablehnen konnte. Die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV erweist
sich damit als unbegründet.

3.
3.1 Das Kantonsgericht ging davon aus, die Beschwerdeführer hätten den
Widerruf der von ihnen anerkanntermassen am 15. Mai 2001 erteilten
Generalvollmacht beweisen müssen. Nachdem die Beschwerdeführer den Widerruf
der erteilten Vollmacht vor Abschluss des umstrittenen Darlehensvertrags
weder rechtsgenüglich behauptet noch bewiesen hätten, sei davon auszugehen,
dass F.________ ermächtigt gewesen sei, diesen Vertrag im Namen der
Beschwerdeführer und mit Wirkung für sie abzuschliessen.

3.2 Die Beschwerdeführer wenden dem Sinne nach ein, die Beschwerdegegner
seien dafür beweispflichtig, dass im Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung vom
6. April 2002 die F.________ erteilte Generalvollmacht noch gültig gewesen
sei. Dazu hätten sie nachweisen müssen, dass ihnen bei der
Vertragsunterzeichnung das Original der ausgestellten Generalvollmacht
vorgelegt worden sei. Dieser Beweis sei ihnen nicht gelungen. Entgegen der
Annahme des Kantonsgerichts könne eine blosse Kopie einer Vollmacht zum
Nachweis der Bevollmächtigung des Vertreters nicht genügen.

3.3 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen
Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der
Vertreter berechtigt und verpflichtet (Art. 32 Abs. 1 OR). Eine durch
Rechtsgeschäft erteilte Ermächtigung kann jederzeit vom Vollmachtgeber
beschränkt oder widerrufen werden (Art. 34 Abs. 1 OR). Der Widerruf erfolgt
durch eine Erklärung des Vollmachtgebers, dass die erteilte Vollmacht beendet
sei (Zäch, Berner Kommentar, N. 1 zu Art. 34 OR). Beruft sich der
Vollmachtgeber auf eine Widerrufserklärung, so hat er sie gemäss Art. 8 ZGB
zu beweisen (Zäch, Berner Kommentar, N. 64 zu Art. 34 OR; vgl. auch
Watter/Schneller, Basler Kommentar, 4. Aufl., N. 14 zu Art. 34 OR). Hat der
Vertretene die Vollmacht ausdrücklich oder tatsächlich kundgegeben, so kann
er deren gänzlichen oder teilweisen Widerruf gutgläubigen Dritten nur dann
entgegensetzen, wenn er ihnen auch diesen Widerruf mitgeteilt hat (Art. 34
Abs. 3 OR). Die Kundgabe der Vollmacht kann namentlich dadurch erfolgen, dass
der Vertreter dem Dritten eine schriftliche Vollmacht vorlegt (BGE 131 III
511 E. 3.2.1 S. 518 mit Hinweisen).

3.4 Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer anerkanntermassen
F.________ am 15. Mai 2001 eine schriftliche Generalvollmacht ausgestellt.
Dass diese das umstrittene Darlehen nicht erfasse, machen die
Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr geltend. Unter diesen Umständen
waren die Beschwerdeführer für ihre Angabe, sie hätten die Vollmacht vor
Abschluss des Darlehensvertrags am 6. April 2002 widerrufen, beweispflichtig.
Da sie diesen Beweis nicht haben erbringen können, hat das Kantonsgericht
bundesrechtskonform angenommen, die Generalvollmacht sei im Zeitpunkt des
Abschlusses des Darlehensvertrages noch gültig und F.________ zur Vertretung
berechtigt gewesen. Damit kann offen bleiben, ob die Beschwerdegegner, wenn
die Vollmacht vor Abschluss des Darlehensvertrags gegenüber F.________
widerrufen worden wäre, auf Grund der ihnen vorgelegten Kopie der
Vollmachtsurkunde als gutgläubig im Sinne von Art. 34 Abs. 3 OR hätten gelten
können, oder ob dazu eine Original-Vollmacht erforderlich gewesen wäre.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang
werden die unterliegenden Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 65 Abs. 1 und 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 6'000.- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit insgesamt Fr. 7'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz,
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. August 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: