Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.94/2007
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4A_94/2007 /wim

Urteil vom 10. Juli 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Leemann.

X._______,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y._______ SA,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Jacques Allet.

Haftung der Bergbahnunternehmen; Verletzung der Verkehrssicherungspflicht,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons
Wallis, Zivilgerichtshof I, vom 27. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Die am 18. Juni 1986 geborene X._______ (Beschwerdeführerin) verbrachte im
April 2002 ihre Skiferien in der Schweiz. Dazu kaufte sie ein für sechs Tage
gültiges Abonnement für das von der Y._______ SA (Beschwerdegegnerin)
betriebene Skigebiet von A._______. Zu diesem Skigebiet gehören unter anderem
die Pisten B._______ und C._______. Die Piste B._______ ist als schwarze
Piste eingestuft. Teilweise parallel dazu verläuft die als rot klassierte
Piste C._______. Die beiden Skipisten werden durch eine bewaldete Fläche
voneinander getrennt. Weniger als zweihundert Meter oberhalb der Stelle, an
der sich die beiden Skipisten treffen, führt eine Traverse durch das
Waldstück, über welche die Piste C._______ von der Piste B._______ her
erreicht werden kann.

Am 4. April 2002 war die Beschwerdeführerin bei guten Sichtverhältnissen mit
dem Snowboard zum ersten Mal in ihrem Leben auf der Piste B._______
unterwegs. Dabei bog sie in Begleitung ihrer Freundin etwa hundert Meter
oberhalb der Traverse nach links ab, um durch das Waldstück die Piste
C._______ zu erreichen. Über einen Buckel fahrend wurde die
Beschwerdeführerin gegen einen Baumstrunk geschleudert und brach sich dabei
den rechten Oberschenkel.

B.
Mit Datum vom 15. September 2003 reichte die Beschwerdeführerin beim
Bezirksgericht Sitten Klage auf Zahlung von Schadenersatz und Genugtuung
gegen die Beschwerdegegnerin ein. Gemäss dem nach Überweisung der Akten an
das Kantonsgericht Wallis erweiterten Klagebegehren beantragte die
Beschwerdeführerin die Zahlung von Fr. 12'647.10.-- plus Zins zu 5 % seit
4. April 2002 als Schadenersatz sowie von Fr. 20'000.-- plus Zins zu 5 % seit
4. April 2002 als Genugtuung.

Mit Urteil vom 27. Februar 2007 wies das Kantonsgericht Wallis die Klage ab.
Das Kantonsgericht begründete seinen Entscheid unter anderem damit, dass
aufgrund von zwei von den Parteien eingereichten Fotografien, die deutlich
eine Streckenmarkierung in Form eines Pfostens auf der linken Seite der Piste
erkennen lassen, erwiesen sei, dass die Piste B._______ am Unfalltag auch auf
der linken Seite markiert war.

C.
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis erhob die Beschwerdeführerin beim
Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen. Sie beantragt sinngemäss, den
Entscheid des Kantonsgerichts wegen Verletzung des Willkürverbots aufzuheben.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht (SR 173.110;
BGG) in Kraft getreten. Nach Art. 132 BGG ist dieses Gesetz auf die nach
seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar,
auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene
Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. Da das
angefochtene Urteil des Kantonsgerichts Wallis nach dem 1. Januar 2007
erging, finden die Bestimmungen des BGG Anwendung.

2.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Rechtsschrift in deutscher Sprache
eingereicht, was gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG zulässig ist. In ihrer Eingabe vom
25. April 2007 beantragt die Beschwerdeführerin sinngemäss, das Urteil des
Bundesgerichts sei in deutscher Sprache zu verfassen, da sie kein Französisch
verstehe. Gemäss Art. 54 Abs. 1 BGG wird das Verfahren in der Regel in der
Sprache des angefochtenen Entscheids geführt. Im vorliegenden Fall kann davon
ausnahmsweise abgewichen und das Urteil in deutscher Sprache verfasst werden,
da die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ihre Beschwerde auf
Deutsch verfasst hat und die Sprache des angefochtenen Entscheids nicht
versteht (Urteil des Bundesgerichts 6S.358/2005 vom 17. März 2006 E. 1.1; BGE
124 III 205 E. 2 S. 206).

3.
3.1
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz Willkür in der Beweiswürdigung
vor. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz habe aufgrund der von
der Beschwerdeführerin eingereichten Fotografie Nr. 24 den unzutreffenden
Schluss gezogen, die Piste B._______ sei auch auf der linken Seite markiert
gewesen. Zudem sei das Kantonsgericht in Willkür verfallen, soweit es der
Beschwerdeführerin aufgrund der Tatsache, dass ihr Vater am Unfalltag die
vorgesehene Traverse durch das Waldstück selbst befahren hat, vorwerfe,
diesen Weg nicht ebenfalls benutzt zu haben. Schliesslich habe die Vorinstanz
das Willkürverbot verletzt, indem es die Aussage des Zeugen Z._______, die
für die Beschwerdegegnerin sehr belastend sei, nicht berücksichtigt habe.

3.2 Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn
eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre.
Das Bundesgericht hebt einen Entscheid wegen materieller Rechtsverweigerung
nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; 131 I 57
E. 2 S. 61, 467 E. 3.1 S. 473 f.; 129 I 8 E. 2.1 S. 9; 128 I 177 E. 2.1 S.
182, je mit Hinweisen). Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann
willkürlich, wenn vom Gericht gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung des
Beschwerdeführers übereinstimmen, sondern bloss, wenn die Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar ist (BGE 116 Ia 85 E. 2b S. 88). Dabei steht dem
kantonalen Gericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkürlich ist
insbesondere eine Beweiswürdigung, die einseitig einzelne Beweise
berücksichtigt, oder die Abweisung einer Klage mangels Beweisen, obwohl die
nicht bewiesenen Tatsachen aufgrund der Vorbringen und des Verhaltens der
Parteien eindeutig zugestanden sind (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40; 118 Ia 28
E. 1b S. 30 mit Hinweisen).

3.3 Im vorliegenden Fall hat das Kantonsgericht die Beweise entgegen der Rüge
der Beschwerdeführerin nicht willkürlich gewürdigt, wenn sie aufgrund der von
den Parteien eingereichten Fotografien davon ausging, dass die Piste
B._______ am Unfalltag auch auf der linken Seite durch Pistenpfosten markiert
war. Die von der Beschwerdeführerin eingereichte Fotografie Nr. 24 lässt auf
der linken Seite deutlich eine Pistenmarkierung in Form eines Pfostens
erkennen. Gemäss der von der Beschwerdeführerin beigefügten Beschreibung
dieses Bildes wurde die Aufnahme hundert Meter oberhalb der Unfallstelle
gemacht, wobei die Pistenmarkierung deutlich unterhalb der Stelle liegt, an
der die Aufnahme gemäss Angaben der Beschwerdeführerin gemacht wurde. Die von
der Beschwerdegegnerin eingereichte Vergrösserung Nr. 3bis lässt zudem leicht
oberhalb der Abbiegung zur Unfallstelle eine Pistenmarkierung erkennen. Die
Würdigung der Beweislage durch das Kantonsgericht ist plausibel und
nachvollziehbar. Die abweichende Würdigung der Beschwerdeführerin überzeugt
nicht; was sie vorbringt, ist zum Nachweis willkürlicher Beweiswürdigung im
Sinne der zitierten Rechtsprechung nicht geeignet.

3.4 Ebenfalls keine willkürliche Beweiswürdigung kann der Vorinstanz im
Zusammenhang mit der Berücksichtigung der Tatsache vorgeworfen werden, dass
der Vater der Beschwerdeführerin am Unfalltag die für die Überfahrt zur Piste
C._______ vorgesehene Traverse unterhalb der Unfallstelle selbst befahren
hat. Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin hat das Kantonsgericht
aus dieser Tatsache lediglich den Schluss gezogen, dass die Traverse an jenem
Tag deutlich sichtbar gewesen sei. Die Rüge der Beschwerdeführerin, die
Vorinstanz habe das Willkürverbot verletzt, indem sie feststellte, ihr Vater
habe die Traverse an diesem Tag mehrmals benutzt, ist im Übrigen ebenfalls
unbegründet. Gemäss Protokoll der Zeugenaussage des Vaters vom 14. Februar
2005 hat dieser nämlich selbst ausgesagt, dass er am Unfalltag jedes Mal die
genannte Traverse benutzt habe.

3.5 Auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe das
Willkürverbot verletzt, indem es die Aussage des Zeugen Z._______, die für
die Beschwerdegegnerin sehr belastend sei, nicht berücksichtigt habe, ist
nicht begründet. Das Kantonsgericht hat die Zeugenaussage Z._______ durchaus
berücksichtigt, jedoch erwogen, dass dessen Aussage nicht ausschlaggebend
sei, da die Umstände, unter denen er vom Zustand der Piste B._______ Kenntnis
erhalten habe, unklar seien und zudem nicht belegt sei, dass er sich am
Unfalltag tatsächlich auf der fraglichen Skipiste aufgehalten hatte.
Angesichts des breiten Ermessensspielraums des Sachrichters bei der
Beweiswürdigung ist darin keine Willkür zu sehen.

4.
Damit ist die Beschwerde insgesamt abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend wird die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1987.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Wallis,
Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Juli 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: