Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.92/2007
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4A_92/2007 /len

Urteil vom 8. Juni 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Mazan.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alois Kessler,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
handelnd durch B.________ und C.________,
und diese vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Aschwanden-Lichti.

Haftpflicht, Kindsvertretung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Kantonsgerichts des Kantons
Schwyz, 1. Rekurskammer, vom 26. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Am 3. September 1993 erlitt der damals fünfjährige A.________
(Beschwerdegegner) im Einkaufszentrum X.________ einen Unfall und erlitt
dabei Verletzungen. Für deren Folgen belangte er, gesetzlich vertreten durch
seine Eltern, diese wiederum anwaltlich vertreten, die X.________ AG
(Beschwerdeführerin) am 7. November 2005 vor dem Bezirksgericht Schwyz auf
Zahlung von Schadenersatz und Genugtuung "nach richterlichem Ermessen
(Teilklage, Fr. 8'000.-- übersteigend)". Die Beschwerdeführerin stellte die
Prozessfähigkeit des Beschwerdegegners in Abrede und beantragte, auf die
Klage nicht einzutreten. Am 2. Juli 2006 beschloss das Bezirksgericht, auf
die Klage einzutreten. Diesen Beschluss bestätigte das Kantonsgericht Schwyz
am 26. Februar 2007 in Abweisung des von der Beschwerdeführerin eingereichten
Rekurses. Es kam in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Gericht zum
Ergebnis, eine Kollision der Interessen des Beschwerdegegners zu jenen seiner
Eltern im Sinne von Art. 306 Abs. 2 ZGB liege nicht vor, so dass die
Vertretungsmacht der Eltern des Beschwerdeführers für die Prozessführung bzw.
die Instruktion des Prozessvertreters gegeben sei. Wenn davon auszugehen
wäre, dass der Beschwerdegegner als Unmündiger ohne Mitwirkung seiner Eltern
die Klage eingereicht hätte und wenn daher anzunehmen wäre, dass er nicht
prozessfähig sei, müsste das Gericht nach § 97 ZPO/SZ das zur Verbesserung
des Mangels Geeignete anordnen, weshalb auch diesfalls für ein Nichteintreten
auf die Klage entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin kein Raum
bliebe.

B.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem
Bundesgericht, den Entscheid des Kantonsgerichts Schwyz vom 26. Februar 2007
aufzuheben und auf die Klage nicht einzutreten. Eventuell sei die
Angelegenheit zur Bestellung eines Prozessbeistandes an das Bezirksgericht
zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner schliesst auf Nichteintreten auf die Beschwerde,
eventuell auf deren Abweisung und Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Am 25. April 2007 wurde der Beschwerde gemäss dem Antrag der
Beschwerdeführerin aufschiebende Wirkung gewährt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Da der angefochtene Entscheid nach dem 1. Januar 2007 erging, richtet sich
das Verfahren nach dem Bundesgesetz über das Bundesgericht (SR 173.110; Art.
132 Abs. 1 BGG).

2.
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend erkennt, handelt es sich beim
angefochtenen Beschluss um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid
(Art. 93 Abs. 1 BGB). Da er weder die Zuständigkeit noch ein
Ausstandsbegehren zum Gegenstand hat (Art. 92 BGG), ist die Beschwerde nur
zulässig, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG) und deshalb
die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts rechtfertigen würde (vgl. BGE 122
III 254 E. 2a S. 255 f. mit Hinweisen) oder wenn der Zwischenentscheid einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a
BGG), wobei der mögliche Nachteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes
rechtlicher Natur sein muss, also auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen Endentscheid des Bundesgerichts nicht mehr behoben werden könnte
(vgl. BGE 126 I 97 E. 1b S. 100 f. mit Hinweisen). Da sich das BGG nach
Wortlaut und Sinn an das bisherige Recht anlehnt (Art. 87 Abs. 2 OG
betreffend nicht wieder gutzumachenden Nachteil [staatsrechtliche
Beschwerde]; Art. 50 OG betreffend bedeutende Ersparnis an Zeit- oder
Kostenaufwand [Berufung]; Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege,
BBl 2001 S. 4334), ist wie nach der Rechtsprechung zum OG in der Beschwerde
darzutun, weshalb ein Ausnahmefall vorliegt (BGE 118 II 91 E. 1a S. 92; 116
II 738 E. 1b/aa S. 741 f.; Poudret/Sandoz-Monod, Commentaire de la loi
fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, Bern 1990, N 2.6 zu Art. 50 OG
und die Ergänzung in Bd. V, S. 244 f.). Auf eine Beschwerde kann von
vornherein nicht eingetreten werden, wenn sie sich zu diesen
Rechtsmittelvoraussetzungen ausschweigt, die Eintretensfrage mithin
schlechthin übersehen worden ist. Wird dagegen ausdrücklich geltend gemacht,
die Voraussetzungen seien erfüllt, ist zu differenzieren. Liegt nach dem
angefochtenen Urteil oder der Natur der Streitsache klar auf der Hand, dass
für ein weitläufiges Beweisverfahren ein bedeutender Zeit- oder Kostenaufwand
erforderlich sein wird, darf auf lange Ausführungen verzichtet werden.
Andernfalls hat die Beschwerdeführerin im Einzelnen darzutun, welche
Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem
zeitlichen und kostenmässigen Umfang erforderlich sein werden (BGE 118 II 91
E. 1a S. 92 mit Hinweis; Urteil 4A.35/2007 vom 2. Mai 2007 E. 2).

3.
Die Beschwerdeführerin spricht sich zwar zu den übrigen
Eintretensvoraussetzungen aus, verliert aber kein Wort, um zu begründen,
inwiefern eine Ausnahme gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG vorliegen
soll. Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66
Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG), wobei gemäss der Angabe der
Beschwerdeführerin von einem Streitwert von Fr. 115'000.-- auszugehen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht des Kantons Schwyz, 1.
Rekurskammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Juni 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: