Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.527/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_527/2007 /len

Urteil vom 25. Februar 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Sidler,

gegen

X.________ Versicherungsgesellschaft,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Ineichen.

Gegenstand
Haftung des Motorfahrzeughalters,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung,
vom 20. November 2007.

Sachverhalt:
A.
Am 18. Juli 1992 fuhr A.________ (Beschwerdeführerin) als Beifahrerin in einem
Personenwagen auf der Lidostrasse in Unterägeri vom Dorf herkommend in Richtung
Strandbad. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem Personenwagen, der aus der
Seehofmattstrasse von rechts kommend nach links in die Lidostrasse Richtung
Dorf einbiegen wollte, und die Beschwerdeführerin wurde verletzt. Der Lenker
des Personenwagens, in welchem sich die Beschwerdeführerin befand, wurde mit
rechtskräftigem Strafbefehl vom 12. November 1992 wegen Missachtung des
Rechtsvortritts gebüsst. Am 30. September 2005 liess die Beschwerdeführerin
gegen die X.________ Versicherungsgesellschaft (Beschwerdegegnerin) als
Haftpflichtversicherer des Halters dieses Fahrzeuges beim Kantonsgericht Zug
Klage erheben und verlangte rund Fr. 2'500'000.-- Schadenersatz. Das
Kantonsgericht beschränkte das Verfahren zunächst auf die Frage der Haftung
beziehungsweise der Haftungsquoten und wies die Klage am 11. Dezember 2006 ab.
Die gegen dieses Urteil erhobene kantonale Berufung wies das Obergericht des
Kantons Zug am 20. November 2007 ab.
B.
Gegen dieses Urteil führt die Beschwerdeführerin Beschwerde in Zivilsachen und
beantragt im Wesentlichen, es sei festzustellen, dass die vollumfängliche
Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 18. Juli 1992 gegeben und
keine Verjährung der Schadenersatzforderung der Klägerin aus diesem
Unfallereignis eingetreten sei. Im Übrigen sei die Sache an das Obergericht zur
Festsetzung von Schaden und Genugtuung zurückzuweisen, eventuell, das
angefochtene Urteil wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Die
Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei, und auch das Obergericht schliesst auf Abweisung der
Beschwerde.

Erwägungen:
1.
Nach Art. 99 Abs. 2 BGG sind neue Begehren im Beschwerdeverfahren unzulässig.
Unter diesem Gesichtspunkt sind die von der Beschwerdeführerin erstmals vor
Bundesgericht erhobenen Feststellungsbegehren problematisch. Es ist indessen
davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Begehren lediglich die
Vorgaben umschreibt, nach welchen die Vorinstanz nach der ebenfalls beantragten
Rückweisung vorzugehen hätte. Da diese bei Gutheissung der Beschwerde ohnehin
notwendig würde, um den Schaden festzustellen, genügt der Rückweisungsantrag
den vom Bundesgericht gestellten Anforderungen (BGE 133 III 489 E. 3.1 mit
Hinweisen).
2.
Die kantonalen Gerichte kamen entgegen der Auffassung der Strafbehörden zum
Schluss, den Lenker des Fahrzeugs, in welchem sich die Beschwerdeführerin
befand, treffe am Unfall keinerlei Schuld. Das einbiegende Fahrzeug habe ein
klar markiertes Trottoir überqueren müssen und sei daher nach Art. 15 Abs. 3
VRV vortrittsbelastet gewesen. Die Vorinstanz beanstandete nicht, dass das
Kantonsgericht das Verschulden des einbiegenden Lenkers als schwer
qualifizierte. Sie führte aber aus, letztlich könne die Frage, ob dem
einbiegenden Lenker ein grobes Verschulden vorzuwerfen sei, offen bleiben, weil
die Klage infolge Eintritts der absoluten Verjährung ohnehin abgewiesen werden
müsse. Die absolute Verjährung sei am 18. Juli 2002 eingetreten. Daran ändert
nach Auffassung der Vorinstanz der von der Beschwerdegegnerin am 20. Juli 1999
bis zum 18. Juli 2001 unter dem Vorbehalt, dass die Verjährung nicht bereits
eingetreten sei, erklärte Verjährungsverzicht nichts. Die von der
Beschwerdeführerin erst im kantonalen Berufungsverfahren eingereichten
Dokumente, wonach die Beschwerdegegnerin auch später gleichlautende
Verjährungsverzichtserklärungen abgegeben habe, letztmals bis 18. Juli 2006,
liess die Vorinstanz zufolge des nach kantonalem Prozessrecht geltenden
Novenverbots unbeachtet, da die Beschwerdeführerin nicht darlege, aus welchen
Gründen ihr die Einreichung dieser Dokumente im vorinstanzlichen Verfahren
verwehrt gewesen sei. Selbst wenn man davon ausgehe, die Verjährungsfrist sei
durch den im Jahre 1999 erklärten befristeten Verjährungsverzicht um zwei Jahre
verlängert worden, wäre die absolute Verjährung Mitte 2004 und damit vor der
ersten durch die Beschwerdeführerin initiierten verjährungsunterbrechenden
Handlung, der Ladung zum Friedensrichtervorstand vom 6. Juli 2005, eingetreten.
3.
Mit Bezug auf die Verjährung verletzt der angefochtene Entscheid nach
Auffassung der Beschwerdeführerin Art. 142 OR, eine materielle
Entscheidungsnorm, deren Inhalt sich wegen der Notwendigkeit der ausdrücklichen
Erhebung an die zivilprozessualen Prinzipien der Verhandlungsmaxime anlehnen
müsse. Es sei mit Art. 142 OR nicht vereinbar, dass der Richter von sich aus
den Eintritt der absoluten Verjährung auf das Datum des 18. Juli 2002 prüfe,
wenn sich der Schuldner ausdrücklich nur auf die relative Verjährung berufe.
Denn Art. 142 OR sei nur Genüge getan, wenn sich nicht nur der Schuldner auf
die Verjährung berufen hat, sondern auch dem Gläubiger daraufhin noch
Gelegenheit gegeben werde, allfällige Hemmungs- oder Unterbrechungsgründe
vorzubringen. Eventuell macht die Beschwerdeführerin diesbezüglich eine
Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.
3.1 Gemäss Art. 142 OR darf der Richter die Verjährung nicht von Amtes wegen
berücksichtigen. Schon von Tuhr/Escher führen aus, die Verjährung wirke nicht
als rechtsaufhebende Tatsache, sondern als eine vom Schuldner vor oder im
Prozess abzugebende Willenserklärung, welche vom Richter nicht ergänzt werden
kann. Es soll dem Schuldner überlassen sein, ob er seine Freisprechung dem
moralisch nicht immer unbedenklichen Mittel der Verjährung verdanken will (von
Tuhr/Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II,
S. 231; ebenso BGE 99 II 185 E. 2b S. 189 f.). Erhebt der Schuldner aber
prozesskonform die Verjährungseinrede, prüft der Richter die Einrede
grundsätzlich im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen unter allen
Rechtstiteln auf ihre Begründetheit (Däppen, Basler Kommentar, 4. Aufl., N. 5
zu Art. 142 OR). Massgebend für die Berücksichtigung der Verjährung ist, dass
sich der Schuldner auf das Institut der Verjährung als solches beruft. Art. 142
OR schreibt ihm insbesondere nicht vor, ausdrücklich zwischen der absoluten und
der relativen Verjährung zu unterscheiden (vgl. auch Berti, Zürcher Kommentar,
N. 13 zu Art. 142 OR, wonach eine Äusserung genügt, welcher nach Treu und
Glauben der Wille der Erklärenden zur Leistungsverweigerung infolge Zeitablaufs
entnommen werden kann). Keine Rolle spielt demgegenüber, ob nach dem kantonalen
Prozessrecht die Verhandlungs- oder die Untersuchungsmaxime gilt (vgl.
Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 159 f. und S. 169).
3.2 Ob sich die Beschwerdegegnerin auf den Ablauf der absoluten Verjährung
berufen hat, ist aber massgebend für die von der Beschwerdeführerin
aufgeworfene Frage der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung besteht zwar kein verfassungsrechtlicher
Anspruch der Parteien, zur rechtlichen Würdigung der durch sie in den Prozess
eingeführten Tatsachen noch besonders angehört zu werden. Ebenso wenig folgt
aus dem Gehörsanspruch, dass die Parteien vorgängig auf den für den Entscheid
wesentlichen Sachverhalt hinzuweisen wären. Eine Ausnahme besteht aber
namentlich dann, wenn ein Gericht seinen Entscheid mit einem Rechtsgrund zu
begründen beabsichtigt, auf den sich die beteiligten Parteien nicht berufen
haben und mit dessen Erheblichkeit sie vernünftigerweise nicht rechnen mussten
(BGE 130 III 35 E. 5 S. 39; 124 I 49 E. 3c S. 52; 123 I 63 E. 2d S. 69, je mit
Hinweisen). Im Prozess kommt unabhängig davon, ob im kantonalen Verfahren die
Verhandlungs- oder die Untersuchungsmaxime gilt, den Vorbringen der Parteien
massgebende Bedeutung zu. Die Ausführungen einer Prozesspartei würden geradezu
ins Uferlose gehen, wenn von ihr verlangt würde, dass sie sich über alle
möglichen rechtlichen Hindernisse ihres Anspruches (oder ihrer Einrede) äussere
(vgl. Guldener, a.a.O., S. 176 f.).
3.2.1 Nun hielt das Kantonsgericht zwar fest, die Beschwerdegegnerin habe sich
sinngemäss auf den Eintritt der absoluten Verjährung berufen. In den
entsprechenden Aktenstellen wird die 10-jährige Verjährungsfrist aber nirgends
ausdrücklich thematisiert, so dass die Beschwerdeführerin sich hätte veranlasst
sehen müssen, diesbezüglich nähere Behauptungen aufzustellen und Beweismittel
anzuführen. Dies um so mehr, als die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme
zur Beschränkung des Verfahrens bereits vor Einreichung der Klageantwort
ausgeführt hatte:
"Die in Art. 83 Abs. 1 SVG verankerte 10-jährige Verjährung ist auch nicht
eingetreten, nachdem die Beklagte auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede
rechtsgültig verzichtet hat. Die Beklagte macht auch nicht geltend, dass die
10-jährige Verjährung eingetreten sei."
3.2.2 Wenn die Beschwerdegegnerin sich trotz dieser klaren Aussage nicht
ausdrücklich mit dem Eintritt der 10-jährigen Verjährung auseinandersetzte,
bestand für die Beschwerdeführerin kein Anlass, weitere Beweismittel zu nennen,
denn sie durfte davon ausgehen, die Beschwerdegegnerin akzeptiere ihre
Behauptung des erfolgten Verjährungsverzichts. Sofern das Kantonsgericht die
Klage unter diesem Aspekt hätte prüfen wollen, hätte es der Beschwerdeführerin
zur Wahrung ihres Gehörsanspruchs Gelegenheit geben müssen, sich zur Frage, ob
die 10-jährige absolute Verjährung eingetreten sei, zu äussern. Jedenfalls
konnte die Vorinstanz unter diesen Umständen die von der Beschwerdeführerin
eingereichten Urkunden nicht aus dem Recht weisen, da nicht die Ausführungen
der Beschwerdegegnerin im kantonalen Verfahren, sondern erst das Urteil des
Kantonsgerichts zu deren Einreichung Anlass gab. Unter der Voraussetzung, dass
erst das angefochtene Urteil dazu Anlass gibt, sind selbst vor Bundesgericht
Noven zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG). Eine andere Regelung liesse sich mit dem
Gehörsanspruch der Parteien nicht vereinbaren.
3.3 Die auf den Eintritt der absoluten Verjährung gestützte Begründung verletzt
die verfassungsmässigen Rechte der Beschwerdeführerin, so dass darauf nicht
abgestellt werden kann. Ob die Verjährung eingetreten ist, kann allerdings
offen bleiben, sofern die Klage aus einem anderen Grund abzuweisen ist.
4.
Die Vorinstanz lässt in ihrer Vernehmlassung ausführen, entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin habe sie in ihrem Entscheid die Frage der
Haftungsbefreiung des Halters infolge groben Verschuldens des Lenkers des
einbiegenden Fahrzeuges nicht offen gelassen, sondern die Klage mit einer
Doppelbegründung abgewiesen. Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Auffassung,
die Vorinstanz habe die Haftungsbefreiung wegen angeblichen groben Verschuldens
des einbiegenden Lenkers ausdrücklich offen gelassen, weshalb die Sache
diesbezüglich wohl an die Vorinstanz zurückzuweisen wäre, sofern der
Befreiungsbeweis des belangten Halters nicht schon aus anderen Gründen
scheitere.
4.1 Der angefochtene Entscheid ist in diesem Punkt in der Tat unklar
formuliert. Die Vorinstanz ging davon aus, den Lenker des Fahrzeugs, in welchem
sich die Beschwerdeführerin befand, treffe kein Verschulden. Sie hielt fest, es
sei nicht zu beanstanden, wenn das Kantonsgericht das Verschulden des
einbiegenden Lenkers als schwer bezeichne. Sie fährt aber fort, die Frage, ob
dem einbiegenden Lenker ein grobes Verschulden vorgeworfen werden müsse, könne
letztlich offen bleiben. Eine derartige Formulierung weist darauf hin, dass die
entsprechende Frage nicht abschliessend entschieden werden soll, und steht im
Widerspruch zu den vorangegangenen Ausführungen.
4.2 Die Frage braucht indessen nicht vertieft behandelt zu werden. Massgebend
ist, dass die Vorinstanz die tatsächlichen Grundlagen für die Beurteilung des
Verschuldens des einbiegenden Lenkers festgestellt hat. Soweit die
Beschwerdeführerin nicht ohnehin aus dem Gesamtzusammenhang erkennen musste,
dass es sich um eine selbständige Zusatzbegründung handelte, lässt die
Vorinstanz lediglich die Frage offen, ob dem einbiegenden Lenker aufgrund der
festgestellten Umstände ein grobes Verschulden vorzuwerfen ist. Dabei handelt
es sich um eine Rechtsfrage. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen
an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden und kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(BGE 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254, je mit Hinweis).
Diesbezüglich ist keine Rückweisung notwendig.
5.
Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausging, dem Halter sei nach
Art. 59 SVG der Nachweis gelungen, dass der Unfall ohne Verschulden des Lenkers
seines Fahrzeugs durch das grobe Verschulden des einbiegenden Lenkers
verursacht worden sei.
5.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet vor Bundesgericht nicht, dass die vom
Fahrzeug des einbiegenden Lenkers befahrene Seehofmattstrasse über ein optisch
klar erkennbares Trottoir, das die Lidostrasse säumt, in diese Strasse
einmündet. Sie anerkennt überdies, dass gestützt auf Art. 36 Abs. 2 SVG sowie
Art. 15 Abs. 3 VRV das Fahrzeug vortrittsbelastet ist, welches über das
Trottoir fahren muss. Sie beruft sich aber darauf, der Gemeinderat Unterägeri
habe aufgrund der ihm gemäss Art. 3. Abs. 2 SVG zustehenden Kompetenz zur
(abweichenden) Verkehrsregelung den Rechtsvortritt auf der Seehofmattstrasse
verfügt und durch eine entsprechende Führungs- oder Randlinie auf dem Trottoir
der Lidostrasse markiert. Die Beschwerdeführerin verweist auf eine Auskunft der
Gemeinde Unterägeri und einen Bericht vom 23. September 1992, aus denen sich
ergeben soll, dass an der Unfallstelle am Unfallstag Rechtsvortritt gegolten
habe. Bundesrechtswidrig sei auch die Annahme der Vorinstanz, diese Anordnung
sei nicht hinreichend markiert. Art. 72 SSV halte fest, dass Markierungen nicht
nur aufgemalt, sondern auch auf der Fahrbahn befestigt oder darin eingelassen
werden könnten, wobei sie praxisgemäss auch durch andere Mittel wie
Pflastersteine ausgeführt werden könnten. Mit der von der Vorinstanz als
Steinmarkierung bezeichneten, auf dem Fotobericht klar erkennbaren
eingelassenen Pflastersteinmarkierung auf dem Trottoir der Lidostrasse sei der
Rechtsvortritt auf der Seemattstrasse gesetzeskonform markiert. Die sich gegen
die Lidostrasse ausweitende Markierung sei damit klarerweise eine Randlinie im
Sinne von Art. 76 Abs. 1 SSV oder dann eine Führungslinie im Sinne von Art. 76
Abs. 2 lit. c SSV.
5.2 Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind kaum nachvollziehbar.
5.2.1 Es ist nicht massgebend, wie der Gemeinderat den Vortritt an der
Unfallstelle regeln wollte oder geregelt hat. Ausschlaggebend für die
Beurteilung des Verschuldens ist, wie die Vortrittsregelung an der Unfallstelle
tatsächlich markiert war, was primär eine Tatfrage ist. An den Sachverhalt, wie
ihn die Vorinstanz festgestellt hat, ist das Bundesgericht aber grundsätzlich
gebunden, und die Ausführungen der Beschwerdeführerin genügen nicht, um die
Feststellungen als offensichtlich unzutreffend auszuweisen (Art. 105 Abs. 2
BGG).
5.2.2 Davon abgesehen überzeugen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht.
Nach Art. 15 Abs. 3 VRV muss, wer aus Fabrik-, Hof- oder Garageausfahrten, aus
Feldwegen, Radwegen, Parkplätzen, Tankstellen und dergleichen oder über ein
Trottoir auf eine Haupt- oder Nebenstrasse fährt, den Benützern dieser Strassen
den Vortritt gewähren. Ist die Stelle unübersichtlich, so muss der
Fahrzeugführer anhalten; wenn nötig, muss er eine Hilfsperson beiziehen, die
das Fahrmanöver überwacht. Randlinien (weiss, ununterbrochen) zeigen den Rand
der Fahrbahn an, während Führungslinien (weiss, unterbrochen) der optischen
Führung des Verkehrs dienen, indem sie unter anderem die Fahrbahn von
Nebenverkehrsflächen abgrenzen, die mit der Fahrbahn keine Verzweigung bilden
(Art. 76 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c SSV). Bereits die Tatsache, dass sich die
Beschwerdeführerin selbst nicht sicher zu sein scheint, ob in den
Pflastersteinen eine ununterbrochene Randlinie oder eine unterbrochene
Führungslinie zu erkennen sein soll, belegt, dass die Pflastersteine in der
konkreten Situation den Anforderungen an eine klare Markierung nicht genügen.
Der Vortritt bedarf indessen einer klaren Regelung. Wenn beispielsweise
Benutzern von Radwegen entgegen Art. 15 Abs. 3 VRV der Vortritt gewährt werden
soll, wird den Benutzern der Nebenstrasse durch entsprechende Signale klar
aufgezeigt, dass ihnen der Vortritt entzogen ist. Zusätzlich erfolgt eine
Anzeige durch gelbe, unterbrochene Linien (vgl. Art. 74 Abs. 9 SSV).
5.2.3 Was die Beschwerdeführerin aus den Führungs- oder Randlinien, welche sie
in den Pflastersteinen erkennen zu können glaubt, zu ihren Gunsten ableiten
möchte, bleibt zudem unklar, zumal sie anerkennt, die Vorinstanz habe in
sachverhaltlicher Hinsicht richtig festgestellt, dass die vom Fahrzeuglenker
des einbiegenden Fahrzeugs befahrene Seehofmattstrasse über ein optisch klar
erkennbares Trottoir, das die Lidostrasse säumt, in diese Strasse einmündet.
Zwar ist Art. 15 Abs. 3 VRV als Ausnahmebestimmung restriktiv auszulegen. Bei
unklaren Verhältnissen gilt die normale Vortrittsregelung (BGE 123 IV 218 E. 3a
S. 221 mit Hinweis). Damit Art. 15 Abs. 3 VRV zum Zuge kommt, muss daher die
Trottoireigenschaft den Verkehrsteilnehmern vom äusseren Eindruck her (optisch)
unmittelbar erkennbar sein (BGE 123 IV 218 E. 3b S. 222). Dies ist nach den
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz der Fall. Erkennt der einbiegende
Lenker, dass er ein Trottoir zu überqueren hat, muss er dem Verkehr auf der
Haupt- oder Nebenstrasse, in die er einbiegen will, nach Massgabe von Art. 15
Abs. 3 VRV den Vortritt gewähren. Ist optisch klar erkennbar, dass die
Seehofmattstrasse über ein Trottoir in die Lidostrasse mündet, müssen Lenker,
welche die Lidostrasse befahren, nicht damit rechnen, Fahrzeuge auf der
Seehofmattstrasse könnten vortrittsberechtigt sein. Ob diese Vortrittsregelung
der vom Gemeinderat beabsichtigten entspricht, spielt keine Rolle, weshalb auf
die entsprechenden Vorbringen und Beweismittel der Beschwerdeführerin nicht
näher einzugehen ist.
5.3 Damit ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz davon ausging, der
einbiegende Personenwagen sei vortrittsbelastet. Bezüglich der Umstände, welche
für die Beurteilung des Verschuldens des Lenkers des einbiegendes Wagens
massgeblich sind, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit dem angefochtenen
Entscheid auseinander, so dass es dabei bleibt, dass der ortskundige Lenker
trotz verdeckter Sicht mit einer Geschwindigkeit von mindestens 8 km/h den
Vortritt missachtete. Die Vorinstanz hebt mit Recht hervor, dass der Lenker mit
Fussgängern auf dem überquerenden Trottoir rechnen musste und angesichts der
schlechten Sichtverhältnisse zu erhöhter Vorsicht verpflichtet gewesen wäre.
Diese der Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer dienende Pflicht hat der Lenker
des einbiegenden Fahrzeugs verletzt, wobei seine Verletzung als grob
einzustufen ist. Damit gelingt dem Halter der Nachweis, dass der Unfall durch
grobes Verschulden eines Dritten verursacht wurde, ohne dass ihn selbst oder
Personen, für die er verantwortlich ist, ein Verschulden trifft und ohne dass
fehlerhafte Beschaffenheit des Fahrzeuges zum Unfall beigetragen hat.
Entsprechend kann er sich nach Massgabe von Art. 59 Abs. 1 SVG von seiner
Haftung befreien.

6.
Damit ist der angefochtene Entscheid im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die
Beschwerde ist insgesamt abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang
des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 15'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 17'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. Februar 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak