Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.494/2007
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4A_494/2007 /len

Urteil vom 26. Februar 2008

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Klett,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiberin Hürlimann.

Zentrale Paritätische Berufskommission Schreinergewerbe,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Braun.

Forderung aus Gesamtarbeitsvertrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Zivilkammer, vom 25. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Die in Vereinsform organisierte Zentrale Paritätische Berufskommission
Schreinergewerbe (Beschwerdeführerin) forderte A.________ (Beschwerdegegner)
gestützt auf Art. 49 Abs. 4 und 5 des für allgemein verbindlich erklärten
Gesamtarbeitsvertrags (GAV) für das Schreinergewerbe wiederholt auf, das
Arbeitnehmerverzeichnis für das Jahr 2004 einzureichen, am 13. März 2006
unter Androhung einer Konventionalstrafe. Am 5. Mai 2006 stellte die
Beschwerdeführerin dem Beschwerdegegner eine Rechnung im Betrag von Fr.
550.-- (Konventionalstrafe Fr. 500.--; Bearbeitungsgebühr Fr. 50.--) zu. Mit
Schreiben vom 5. September 2006 erhielt der Beschwerdegegner letztmals
Gelegenheit, das Arbeitnehmerverzeichnis 2004 einzureichen. Am 10. Oktober
2006 wurde ihm die Rechnung im Betrag von Fr. 550.-- erneut zugestellt.
Daraufhin leitete die Beschwerdeführerin die Betreibung ein. Gegen den
Zahlungsbefehl vom 2. November 2006 erhob der Beschwerdegegner
Rechtsvorschlag, worauf die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht Horgen
Klage auf Zahlung von Fr. 550.-- nebst 5 % Zins seit 2. November 2006 und Fr.
50.-- Betreibungskosten erhob und beantragte, der Rechtsvorschlag sei zu
beseitigen.

B.
Mit Urteil vom 3. April verpflichtete der Einzelrichter des Bezirks Horgen
den Beschwerdegegner, der Beschwerdeführerin Fr. 550.-- nebst Zins zu 5 %
seit 2. November 2006 sowie Fr. 50.-- Betreibungskosten zu zahlen;
gleichzeitig hob er den Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. 1.________ des
Betreibungsamts Wädenswil auf. Der Richter schloss, der Beschwerdegegner sei
auch als Einzelunternehmen auf Grund von Art. 49 Abs. 4 des GAV verpflichtet
gewesen, der Beschwerdeführerin mitzuteilen, ob er Arbeitnehmer beschäftige.
Da er diese Pflicht nicht erfüllt habe, sei die Beschwerdeführerin berechtigt
gewesen, ihm gemäss Art. 49 Abs. 5 des GAV eine Konventionalstrafe
aufzuerlegen.
Das Obergericht des Kantons Zürich hiess eine gegen dieses Urteil erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdegegners mit
Sitzungs-Erledigungsbeschluss und Urteil vom 25. Oktober 2007 gut und wies
die Klage der Beschwerdeführerin ab. Es kam in Auslegung von Art. 49 des GAV
zum Schluss, dass es an einer Rechtsgrundlage fehle, um Einzelunternehmen,
die nicht Arbeitgeber bzw. nicht Partei eines Einzelarbeitsvertrags seien,
die Sanktionen gemäss Art. 49 Abs. 5 GAV aufzuerlegen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 23.
November 2007 beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil
des Obergerichts Zürich vom 25. Oktober 2007 sei aufzuheben und das Urteil
des Bezirksgerichts Horgen vom 3. April 2007 zu bestätigen (Ziff. 1). Der
Beschwerdegegner sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Fr. 550.-- nebst
5 % Zins seit 2. November 2006 sowie Fr. 50.-- Betreibungskosten in der
Betreibung Nr. 1.________ des Betreibungsamtes Wädenswil zu bezahlen
(Ziff. 2). Weiter sei der Rechtsvorschlag zu beseitigen (Ziff. 3) und der
Beschwerdegegner sei zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Fr. 349.-- für
das erstinstanzliche Verfahren und Fr. 661.-- für das Kassationsverfahren zu
bezahlen (Ziff. 4). Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 9
BV.
Der Beschwerdegegner beantragt in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde in
Zivilsachen (bzw. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde) sei abzuweisen,
soweit überhaupt darauf eingetreten werden könne. Das Obergericht verzichtet
auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst Beschwerde in Zivilsachen.

1.1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen
grundsätzlich nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.--
beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Erreicht der Streitwert den massgebenden
Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a
BGG); in diesem Fall ist gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG in der Beschwerdeschrift
auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 133 III 439 E.
2.2.2.1 S. 442, 645 E. 2.4 S. 648). Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts
sein, selber nach den Gründen zu suchen (Botschaft zum BGG, BBl 2001 4295).
Soll eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben sein, weil eine
widersprüchliche Rechtsprechung der Vorinstanzen in einer vom Bundesgericht
noch nicht entschiedenen Rechtsfrage nicht hingenommen werden könne, sind
insbesondere Belege für die widersprüchliche Praxis kantonaler Gerichte
anzugeben sowie Argumente anzuführen, warum diese nicht hingenommen werden
könne; nicht ausreichend ist, wenn bloss im konkreten Verfahren die
verschiedenen Instanzen unterschiedlich entschieden haben (Rudin, Basler
Kommentar zum BGG, N. 41 und N. 54 zu Art. 74 BGG). Der Begriff der
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist sehr restriktiv auszulegen;
geht es lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf
einen bestimmten Fall, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung (BGE 133 III 493). Schliesslich muss die zu
beurteilende Frage von allgemeiner Tragweite sein; dass der Beschwerdeführer
in seinen persönlichen Interessen betroffen ist, genügt nicht (Urteil
5A_125/2007 vom 20. September 2007 E. 2.2.2).
1.2 Die Beschwerdeführerin beruft sich auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG und
bringt vor, das Bundesgericht habe noch nicht über die Frage entschieden, ob
Art. 49 Abs. 4 und 5 des allgemein verbindlich erklärten GAV für das
Schreinergewerbe eine genügende Rechtsgrundlage dafür sei, ein
Einzelunternehmen zum Einreichen eines Arbeitnehmerverzeichnisses zu
verpflichten und im Widerhandlungsfall mit einer Sanktion zu belegen. Da die
Vorinstanzen zu unterschiedlichen Schlüssen gekommen seien, müsse diese
Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt werden. Damit genügt die
Beschwerdeführerin den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht.
Schon aus diesem Grund kann auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht
eingetreten werden. Darüber hinaus rügt die Beschwerdeführerin, die
Vorinstanz habe sich auf eine rein wörtliche Auslegung von Art. 49 Abs. 4 des
GAV beschränkt, statt die Bestimmung im Sinn des auch vom Bundesgericht
praktizierten Methodenpluralismus systematisch, historisch und teleologisch
auszulegen. Normative Bestimmungen eines GAV sind nach den für Gesetze
geltenden Grundsätzen auszulegen (BGE 127 III 318 E. 2a S. 322). Zur Frage
der Auslegung von Gesetzen besteht eine reichhaltige bundesgerichtliche
Rechtsprechung, auf die sich im Übrigen auch die Beschwerdeführerin bezieht.
Vorliegend geht es lediglich um die Anwendung der Grundsätze dieser
Rechtsprechung auf den konkreten Fall. Dass der Entscheid des Obergerichts
die Tätigkeit der Beschwerdeführerin massiv erschwert, wie in der Beschwerde
geltend gemacht wird, betrifft ausschliesslich die persönlichen Interessen
der Beschwerdeführerin und macht die zu beurteilende Rechtsfrage nicht zu
einer solchen von allgemeiner Tragweite. Die Beschwerde in Zivilsachen ist
unzulässig.

2.
Die Beschwerdeführerin erhebt eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde.

2.1 Nach Art. 113 BGG beurteilt das Bundesgericht Verfassungsbeschwerden,
soweit keine Beschwerde nach den Art. 72-89 BGG zulässig ist. Mit der
Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten
gerügt werden (Art. 116 BGG). Der Beschwerdeführer muss angeben, welches
verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und substantiiert darlegen, worin
die Verletzung besteht. Das Bundesgericht kann die Verletzung eines
Grundrechtes gemäss Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG nur insofern prüfen,
als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet
worden ist (BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 444). Macht der Beschwerdeführer eine
Verletzung von Art. 9 BV geltend, muss er - wie schon im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde - dartun, dass und inwiefern der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397; 133 II 396 E. 3.2 S. 400).

2.2 In der Beschwerde wird zwar eine Verletzung von Art. 9 BV gerügt; die
Ausführungen der Beschwerdeführerin vermögen aber den qualifizierten
Begründungsanforderungen nicht zu genügen. Die vorliegende Beschwerdeschrift
erschöpft sich in appellatorischer Kritik am angefochtenen Entscheid, ohne
dass in klarer Weise dargelegt wird, worin die offensichtliche, in die Augen
springende Unhaltbarkeit des angefochtenen Entscheids bestehen soll. Dass
auch eine andere als die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung von Art.
49 Abs. 4 und 5 des GAV denkbar ist, vermag Willkür nicht zu begründen. Auf
die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten.

3.
Aus den genannten Gründen kann weder auf die Beschwerde in Zivilsachen noch
auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingetreten werden. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen und auf die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Februar 2008

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Corboz Hürlimann