Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.482/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_482/2007 /len

Urteil vom 29. Februar 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Catherine Berger,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Auflösung eines Konkubinats,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
vom 20. September 2007.

Sachverhalt:
A.
Im Januar 2003 ist B.________ (Beschwerdegegner) in das von A.________
(Beschwerdeführerin) nach der Trennung von ihrem Ehemann allein bewohnte
Einfamilienhaus eingezogen, und es kam zu sexuellen Kontakten. Im April 2005
zog er wieder aus.
B.
Mit Klage vom 13. Januar 2006 stellte die Beschwerdeführerin dem Bezirksgericht
Rheinfelden das Rechtsbegehren, den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr Fr.
23'000.-- nebst Zins und Kosten zu bezahlen, und es sei ihr in der von ihr
angehobenen Betreibung Rechtsöffnung zu erteilen. Das Bezirksgericht wies die
Klage am 16. August 2006 ab. Die gegen dieses Urteil eingereichte Appellation
wies das Obergericht des Kantons Aargau am 20. September 2007 ab.
C.
Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre
Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des
Obergerichts aufzuheben, und hält an den vor Bezirksgericht gestellten
Rechtsbegehren fest. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner stellt in seiner Vernehmlassung
keinen eigentlichen Antrag, bestreitet aber im Wesentlichen die Vorbringen der
Beschwerdeführerin und legt seine eigene Sicht der Dinge dar.

Erwägungen:
1.
Da der Streitwert mit Fr. 23'000.-- die massgebliche Streitwertgrenze von Fr.
30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) unterschreitet, steht die zivilrechtliche
Beschwerde grundsätzlich nicht zur Verfügung. Die Beschwerdeführerin macht aber
geltend, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb
die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig sei (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG).
1.1 Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdeschrift darzutun, dass und
inwiefern die Voraussetzung des Vorliegens einer Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung erfüllt ist, widrigenfalls auf das Rechtsmittel nicht
eingetreten wird (BGE 133 III 439 E. 2.2.2.1 S. 442). Dabei ist zu beachten,
dass der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG sehr restriktiv auszulegen ist, wobei auf die in der
Botschaft enthaltene Umschreibung nicht abgestellt werden kann, da diese die
Möglichkeit, subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu ergreifen, nicht
berücksichtigte. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für
die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer
höchstrichterlichen Klärung ruft. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage
lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen
konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung (BGE 133 III 493 E. 1 S. 494 ff. mit Hinweisen). Die
Abweichung von einem höchstrichterlichen Präjudiz allein macht noch keine
grundsätzliche Bedeutung aus (Rudin, Basler Kommentar, N. 44 zu Art. 74 BGG).
1.2 Die Vorinstanz hielt die von der Beschwerdeführerin erhobene Behauptung,
sie habe mit dem Beschwerdegegner vereinbart, dass er ihr für Kost, Logis und
die Mitbenützung des Mercedes monatlich Fr. 1'000.-- zahle, für unbewiesen. Ob
unter den Parteien ein Konkubinat im Rechtssinne bestanden habe, liess die
Vorinstanz letztlich offen, weil entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
die im Recht der einfachen Gesellschaft geltende Beitragsleistung zu gleichen
Teilen (Art. 531 Abs. 2 OR) ohnehin keine Anwendung finde.
1.3 Um zu begründen, weshalb ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt,
führt die Beschwerdeführerin an, entscheidend sei, ob Art. 531 Abs. 2 OR
(direkt oder analog) auf das Verhältnis, wie es zwischen den Parteien bestand,
angewandt werde. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz könne nicht zutreffen,
dass die Vermutung der Beitragspflicht, wie sie bei der einfachen Gesellschaft
nach Art. 531 Abs. 2 OR gelte, auf Konkubinatsverhältnisse nie anzuwenden sei,
zumal dies auch nicht aus BGE 108 II 204 hervorgehe. Mit einer differenzierten
Anwendungsmöglichkeit dieser Bestimmung auf Konkubinatsverhältnisse müsse und
könne dem Bedürfnis nach einzelfallgerechter Regelung einer weit verbreiteten
Lebensform Nachachtung verschafft werden.
1.4 Beim Zusammenleben von zwei Personen muss in jedem einzelnen Fall näher
geprüft werden, ob und inwieweit die konkreten Umstände die Anwendung der
Regeln über die einfache Gesellschaft erlauben. Es sind Konkubinatsverhältnisse
denkbar, in denen die Partner sich in jeder Beziehung eine derart starke
Selbständigkeit bewahren, dass für die Annahme einer einfachen Gesellschaft
kein Raum bleibt. Von der Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen
Kräften oder Mitteln kann nur dort gesprochen werden, wo ein Wille besteht, die
eigene Rechtsstellung einem gemeinsamen Zweck unterzuordnen, um auf diese Weise
einen Beitrag an die Gemeinschaft zu leisten. Auf die wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Konkubinatspartnern ist Gesellschaftsrecht stets nur
insoweit anwendbar, als ein Bezug zur Gemeinschaft gegeben ist. Daher ist nicht
ausgeschlossen, dass zwischen den Partnern nebst der einfachen Gesellschaft
noch besondere Auftrags- oder sonstige Vertragsverhältnisse bestehen (BGE 108
II 204 E. 4a S. 208 f.).
1.5 Nach dem Gesagten wurde in der Rechtsprechung bereits hinreichend
klargestellt, dass mit Bezug auf den konkreten Einzelfall zu entscheiden ist,
inwieweit die Regeln der einfachen Gesellschaft auf Konkubinatspartner
Anwendung finden. Dass die Vorinstanz diese Rechtsprechung hätte ändern wollen,
kann dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden. Ob die Vorinstanz die
zitierte Rechtsprechung im Einzelfall korrekt angewendet hat, wirft keine Frage
von grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. E. 1.1 hiervor). Von einer
unerträglichen rechtlichen Unklarheit, die es zu beseitigen gilt, kann nicht
die Rede sein. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt sich
nicht. Die Beschwerde in Zivilsachen steht daher nicht offen.
2.
2.1 Die Beschwerdeführerin erhebt für den Fall, dass die Beschwerde in
Zivilsachen nicht gegeben sein sollte, subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach
Art. 113 BGG. Mit dieser kann indessen einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Nach dem hierfür
geltenden Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG) muss in der
Beschwerdeschrift dargetan werden, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen. Eine
Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) findet nicht statt. Das
Bundesgericht untersucht daher nicht von sich aus, ob der angefochtene
kantonale Entscheid verfassungsmässig ist, sondern es prüft, wie bisher im
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, nur rechtsgenüglich vorgebrachte,
klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 133 III 439 E. 3.2 S. 444 mit
Hinweis; vgl. auch BGE 133 II 249 E. 1.4.2. S. 254).
2.2 Den Anforderungen des Art. 106 Abs. 2 BGG entsprechende Rügen der
Verletzung verfassungsmässiger Rechte lassen sich der Beschwerde nicht
entnehmen. Vielmehr schildert die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht den
Sachverhalt aus ihrer Sicht, und sie übt appellatorische Kritik am
angefochtenen Urteil. Somit kann auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
nicht eingetreten werden.
3.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in Zivilsachen als unzulässig und
die subsidiäre Verfassungsbeschwerde als nicht hinreichend begründet. Insgesamt
kann daher auf beide Rechtsmittel nicht eingetreten werden. Die
Beschwerdeführerin wird als unterliegende Partei kostenpflichtig. Dem nicht
anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit
Hinweis).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in Zivilsachen und auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde
wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 29. Februar 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak