Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.466/2007
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4A_466/2007 /len

Urteil vom 23. Januar 2008

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Widmer.

X. ________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Roger Staub
und Prof. Dr. Andreas Ziegler,

gegen

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE).

Markeneintragungsgesuch,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom
2. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Am 19. Juli 2005 beantragte die X.________ (Gesuchstellerin,
Beschwerdeführerin) beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum
(IGE) die Eintragung einer dreidimensionalen Marke für "Zuckerwaren,
Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren" (Klasse 30) im
Markenregister. Diese sieht wie folgt aus:

Die Gesuchstellerin hielt an ihrem Gesuch auch fest, nachdem das IGE dieses
beanstandet hatte. Mit Verfügung vom 30. November 2006 wies das IGE das
Markeneintragungsgesuch 01950/2005 "Milchmäuse (3D-Marke)" für sämtliche
beanspruchten Waren zurück mit der Begründung, dass dem Zeichen die konkrete
Unterscheidungskraft fehle. Es könne nicht zum Markenschutz zugelassen
werden, da es zum Gemeingut gehöre (Art. 2 lit. a MSchG).

B.
Mit Urteil vom 2. Oktober 2007 wies das Bundesverwaltungsgericht eine dagegen
erhobene Beschwerde der Gesuchstellerin ab und bestätigte die angefochtene
Verfügung. Das Gericht kam zum Schluss, die angemeldete dreidimensionale Form
weiche nicht genügend von den für das entsprechende Warensegment erwarteten
und gewohnten Formen ab, um im Gedächtnis der Abnehmer als Hinweis auf die
betriebliche Herkunft der Produkte haften zu bleiben. Dem Zeichen fehle
mithin die nötige Unterscheidungskraft, weshalb es zu Recht als dem Gemeingut
zugehörend im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG zurückgewiesen worden sei. Das
Gericht verwarf zudem einen Anspruch auf Gleichbehandlung, den die
Gesuchstellerin im Hinblick auf diverse Voreintragungen geltend gemacht
hatte. Auch konnte es keine Praxisänderung des IGE erkennen, weshalb es den
von der Gesuchstellerin in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumenten nicht
folgte.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin, das Urteil
vom 2. Oktober 2007 sei aufzuheben und das IGE anzuweisen, die mit dem
Markeneintragungsgesuch 01950/2005 "Milchmäuse (3D-Marke)" angemeldete Marke
in das Markenregister einzutragen.
Das IGE und das Bundesverwaltungsgericht beantragen in ihren Vernehmlassungen
die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
In der vorliegenden Registersache ist nach Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG
die Beschwerde in Zivilsachen das zulässige Rechtsmittel. Als Vorinstanz hat
das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der Entscheid
ist nicht im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ergangen (Art. 73 BGG). Die
Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren vor der Vorinstanz unterlegen und
damit formell zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Da sie
den gewünschten Markenschutz für ihr Zeichen nicht erhalten hat, ist sie auch
materiell beschwert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Der angefochtene Entscheid
schliesst das Verfahren über das Markeneintragungsgesuch 01950/2005 ab und
stellt demnach einen Endentscheid dar (Art. 90 BGG). Er wurde der
Beschwerdeführerin am 8. Oktober 2007 zugestellt. Die Beschwerdefrist von 30
Tagen (Art. 100 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 44 Abs. 1 BGG) ist demnach
eingehalten. Der für die Beschwerde in Zivilsachen erforderliche Streitwert
ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; BGE 133 III 490 E. 3). Auf die
Beschwerde ist demnach einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz bejahe zu Unrecht den absoluten
Schutzverweigerungsgrund der Gemeinfreiheit im Sinne von Art. 30 Abs. 2 lit.
c in Verbindung mit Art. 2 lit. a MSchG (SR 232.11).

2.1 Vom Markenschutz absolut ausgeschlossen sind nach Art. 2 lit. a MSchG
Zeichen, die Gemeingut sind, sofern sie sich nicht als Marke für die Waren
oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden.
Als Gemeingut gelten mit Bezug auf Formen insbesondere einfache geometrische
Grundelemente sowie Formen, die weder in ihren Elementen noch in ihrer
Kombination vom Erwarteten und Gewohnten abweichen und daher mangels
Originalität im Gedächtnis der Abnehmer nicht haften bleiben (BGE 133 III 342
E. 3.1 mit Hinweisen). Die Gemeinfreiheit von Formen ist insbesondere danach
zu beurteilen, ob im beanspruchten Waren- oder Dienstleistungsbereich
ähnliche Formen bekannt sind, von denen sich die beanspruchte Form (nicht)
durch ihre Originalität abhebt. Dabei ist nach konstanter bundesgerichtlicher
Rechtsprechung die Originalität der Abweichungen im Vergleich zu den bisher
im beanspruchten Warensegment üblichen Formen zu bestimmen, wenn zu
beurteilen ist, ob ein bestimmtes Gestaltungsmittel als Herkunftshinweis im
Sinne des Markenrechts verstanden werde (BGE 133 III 342 E. 3.3 mit
Hinweisen).

2.2 Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Urteil fest, in der beanspruchten
Warenart "Schokolade und Schokoladewaren" existierten die unterschiedlichsten
Formvarianten. So werde Schokolade in der Schweiz häufig in Form stilisierter
Tiere, wie z.B. in Form von Mäusen, Maikäfern, Hasen, Bären, Fröschen,
Schmetterlingen, Fischen usw. verkauft. Die angemeldete Form sei deshalb ohne
grossen Aufwand an Fantasie als Spielart dieser Gruppe von
Schokoladeprodukten leicht erkennbar. Die hier strittige Form werde vom
Konsumenten als Maus oder als Bären bzw. als karikaturhaft dargestellte
Mischform davon wahrgenommen. Allein der Umstand, dass die Form an ein Tier
erinnere, das sich weder eindeutig an die Form eines Bären noch an jene einer
Maus anlehne, sondern sich als ein zwischen diesen beiden Tierarten liegendes
Fantasietierchen zu erkennen gebe, mache diese noch nicht in einer Art und
Weise "unerwartet" oder originell, als dass sie beim Konsumenten als
betrieblicher Herkunftshinweis im Gedächtnis haften bleibe. Daran änderten
weder die eher an eine Maus erinnernden Schnurrbarthaare noch die eher an
einen Bären erinnernde runde Nase, halbtellerförmigen Ohren und grossen
Pfoten etwas. Auch der in der Natur nicht vorkommende halb(kreis)förmige
Lachmund vermöge dem "Phantasietier" bei der vorhandenen Formenvielfalt nicht
jene Originalität oder Unerwartetheit zu verleihen, die beim Konsumenten
bewirken würde, das Zeichen im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises
zu verstehen. Der Form fehle mithin die nötige Unterscheidungskraft.

2.3 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass der durchschnittliche Schweizer
Konsument für die beanspruchten Waren die Gestaltung in einer bestimmten
Form, namentlich in stilisierten Tierformen erwarte. Sie macht eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, weil die Vorinstanz sich bei ihrer
Annahme, dass in der beanspruchten Warenart die unterschiedlichsten
Formvarianten, namentlich auch häufig die Form stilisierter Tiere,
existierten, auf zwei Internetseiten stütze, ohne der Beschwerdeführerin
Gelegenheit zu geben, sich zu diesen zu äussern.
Schon das IGE hat in seiner Verfügung vom 30. November 2006 für die Tatsache,
dass es Schokoladewaren in den verschiedensten Formen, insbesondere auch in
Formen von Tieren gebe, wie Marienkäfern, Hasen, Bären, Fröschen,
Schmetterlingen oder Fischen, auf Auszüge aus dem Internet verwiesen. Die
Vorinstanz hat die nämliche Tatsache mit zwei weiteren Internetseiten
illustriert. Dass sie die Beschwerdeführerin nicht besonders zu diesen beiden
Internetseiten anhörte, bewirkt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die
eine Aufhebung des angefochtenen Entscheids erforderlich machte. Denn die
beiden Internetseiten stellen lediglich eine zusätzliche Illustration des
bestehenden Variantenreichtums von Schokoladewaren in Tierformen dar. Dieser
war, wie gesagt, bereits im erstinstanzlichen Verfahren vom IGE mit
Unterlagen aus dem Internet dokumentiert worden, die der Vorinstanz von der
Beschwerdeführerin selber vorgelegt wurden, und ist überdies ohnehin
notorisch. Der Hinweis auf die zwei weiteren Internetseiten war daher für den
Entscheid nicht ausschlaggebend.
Somit erweist sich auch der Vorwurf an die Vorinstanz ohne weiteres als
unbegründet, wonach ihre gestützt auf die Internetillustration getroffene
Annahme, dass eine Form wie die vorliegend umstrittene vom Publikum weder als
gewohnt noch als überraschend aufgenommen werde, willkürlich sei.

2.4 Weiter wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz eine willkürliche
Annahme vor, weil sie auf die vom IGE verfochtene Ansicht abgestellt habe,
wonach in einem Warensegment mit einer grossen Vielfalt an Warenformen höhere
Anforderungen an den Abstand vom bekannten Formenschatz zu stellen seien,
damit das entsprechende Zeichen nicht als banal qualifiziert werde.
Diese Kritik beruht auf einem unrichtigen Verständnis der Erwägungen der
Vorinstanz. Die Vorinstanz erwähnte lediglich, dass das IGE bei grosser
Formenvielfalt von "entsprechend höheren Anforderungen" gesprochen habe,
stellte dann aber in der konkreten Anwendung nicht höhere Anforderungen an
die Unterscheidungskraft des Zeichens an sich. Vielmehr geht es darum, dass
es bei einem grossen Reichtum an bekannten Formen, die zum Vergleich
heranzuziehen sind, schwieriger ist, eine nicht banale Form zu gestalten, die
derart vom Gewohnten und Erwarteten abweicht, dass sie durch ihre
Originalität im Gedächtnis des Abnehmers haften bleibt (vgl. BGE 133 III 342
E. 4.4 und 4.5). Die Anforderungen an die Unterscheidungskraft sind mithin
bei einer Vielzahl bekannter Formen schwieriger zu erreichen. Dies hat die
Vorinstanz zutreffend erkannt.

2.5 Zusammenfassend ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz dem
angemeldeten Zeichen die nötige Unterscheidungskraft absprach und die
Schutzfähigkeit im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG verweigerte.

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin hatte vor der Vorinstanz geltend gemacht, die
strittige Marke sei zwar erst am 19. Juli 2005 und damit nach Inkrafttreten
der revidierten Richtlinien in Markensachen des IGE vom 1. Juli 2005 beim IGE
hinterlegt worden. Gestützt auf Art. 7 MSchG und Art. 4 der Pariser
Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am
14. Juli 1967 (PVÜ; SR 0.232.04) beanspruche sie jedoch die Priorität der
Ersthinterlegung in Deutschland, welche am 8. Februar 2005 erfolgt sei. Sie
habe aufgrund von Staatsvertragsrecht einen Anspruch darauf, dass ihre Marke
nach der am 8. Februar 2005 geltenden Praxis des IGE beurteilt werde. Im
vorliegenden Verfahren wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz
Rechtsverweigerung vor, weil sie auf dieses Argument nicht eingegangen sei,
da sie fälschlicherweise angenommen habe, es liege gar keine Praxisänderung
des IGE vor.

3.2 Die Vorinstanz kam zum Schluss, es könne nicht von einer eigentlichen
Praxisänderung oder rechtlich relevanten Praxispräzisierung gesprochen
werden, sondern höchstens von einer gewissen Entwicklung einer noch relativ
jungen Praxis in Bezug auf die Zulassung von Formmarken. Die
Beschwerdeführerin könne aus dem Prioritätsrecht nach Art. 4 PVÜ nichts zu
ihren Gunsten ableiten, da sich die Beurteilung der fehlenden konkreten
Unterscheidungskraft entgegen der Ansicht des IGE auf eine vorbestehende
Praxis zu stützen vermöge.

Demnach hat die Vorinstanz das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte
Argument betreffend Art. 4 PVÜ nicht etwa übergangen. Sie setzte sich aber
nicht näher damit auseinander, weil sie keine rechtlich relevante
Praxisänderung bzw. Praxispräzisierung erkennen konnte, weshalb sich die von
der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage gar nicht stellte.

3.3 Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, worin die angebliche
Praxisänderung inhaltlich bestehen soll:
3.3.1 Sie beruft sich auf die revidierten Richtlinien des IGE im Markenbereich
vom 1. Juli 2005. In den diesbezüglichen Erläuterungen wird von einer
"Konsolidierung der Prüfungspraxis namentlich im Bereich der nicht
konventionellen Zeichen" berichtet (S. 1). Was konkret mit dieser
Konsolidierung gemeint ist, wird nicht ausgeführt und ist auch aus der
Richtlinie selber nicht erkennbar. In der Vernehmlassung an die Vorinstanz
schrieb das IGE, die Praxispräzisierung unter anderem in Bezug auf
dreidimensionale Marken werde in den revidierten Richtlinien "zeitlich und
sachlich spezifiziert". Indessen ist der Vorinstanz beizupflichten, dass in
den Erläuterungen Teil 4 Ziffer 3 zwar gewisse Ausführungen zur
Berücksichtigung von zweidimensionalen Elementen bei der Beurteilung des
Gemeingutcharakters von Waren- und Verpackungsformen gemacht werden, im
Übrigen aber nicht ersichtlich wird, worin diese Spezifizierung in zeitlicher
und sachlicher Hinsicht bestehen soll.

3.3.2 Das IGE vermerkte in der Vernehmlassung an die Vorinstanz sodann, das
Ziel der Praxispräzisierung, d.h. der konsequenten Prüfung der konkreten
Unterscheidungskraft, sei in erster Linie die Verhinderung von
ungerechtfertigten Monopolisierungen durch einen Einzelnen. Die Prüfung der
konkreten Unterscheidungskraft dreidimensionaler Zeichen ist nun aber nach
Art. 1 und 2 MSchG ohnehin geboten. Es ist daher der Vorinstanz nicht
vorzuwerfen, dass sie insoweit keine rechtlich relevante Praxisänderung oder
- präzisierung ausmachen konnte.
Die Vorinstanz legte darüber hinaus dar, dass sich eine strengere
Prüfungspraxis in Entscheiden der ehemaligen Eidgenössischen Rekurskommission
für Geistiges Eigentum wesentlich weiter zurück verfolgen lasse, wenn es auch
nicht auszuschliessen sei, dass es vor dem Erlass der neuen Richtlinien in
Markensachen 2005 zu "inkonsequenten" Eintragungen gekommen sei. Diesen
Erwägungen setzt die Beschwerdeführerin nichts entgegen.

3.3.3 Gelingt es der Beschwerdeführerin somit nicht, eine entgegen der
Beurteilung der Vorinstanz eingetretene rechtlich relevante
Praxisverschärfung darzutun, dringt sie mit ihrer sinngemässen Rüge nicht
durch, die Vorinstanz habe ihren Gehörsanspruch verletzt, indem sie sich
nicht mit dem Argument auseinandersetzte, es bestehe ein Anspruch darauf,
dass das Eintragungsgesuch nach der Praxis zur Zeit der Ersthinterlegung
beurteilt werde.

3.4 Nun legt das IGE in der Verfügung vom 30. November 2006 allerdings dar,
dass es seit den von der Beschwerdeführerin angerufenen Voreintragungen
(letzte Eintragung im Jahr 2003) eine wesentlich strengere Praxis
hinsichtlich dreidimensionaler Marken verfolge (S. 7 Ziffer 17). Soweit
gestützt darauf davon auszugehen wäre, dass das IGE die Prüfung der konkreten
Unterscheidungskraft dreidimensionaler Zeichen seither tatsächlich im Sinne
einer rechtlich relevanten Praxisänderung strenger handhabt, würde es der
Beschwerdeführerin auch nicht helfen, wenn für die Prüfung ihres Gesuchs auf
das Datum der Ersthinterlegung in Deutschland, den 8. Februar 2005,
abgestellt würde. Denn es ist nicht dargetan, dass dannzumal noch die weniger
strenge Praxis zum Zuge gekommen wäre. Vielmehr sind Praxisänderungen
grundsätzlich sofort und überall anzuwenden (BGE 122 I 57 E. 3c/bb S. 59; 111
V 161 5b S. 170 mit Hinweisen); gegen die Änderung der materiellrechtlichen
Praxis gibt es keinen allgemeinen Vertrauensschutz (BGE 103 Ib 197 E. 4 S.
202). Auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf denselben schlägt daher
fehl.

3.5 Ohnehin ist es schon angesichts der Wirkung des Prioritätsrechts mehr als
fraglich, ob sich aus dem aus einer Ersthinterlegung fliessenden
Prioritätsrecht nach Art. 4 PVÜ überhaupt grundsätzlich ein Anspruch ableiten
lässt, dass der Schutzanspruch für eine Marke nach einer früheren, zur Zeit
der Ersthinterlegung geltenden Praxis beurteilt wird, und nicht nach der zur
Zeit der nationalen Hinterlegung massgeblichen. Das IGE vertritt in der
Vernehmlassung im vorliegenden Verfahren zwar die Auffassung, der
Hinterleger, der für seine Hinterlegung die Unionspriorität in Anspruch
nehme, dürfe (generell) nicht schlechter gestellt werden, als wenn er mit dem
Prioritätsdatum bereits eine nationale Hinterlegung getätigt hätte. Indes
lässt der Wortlaut von Art. 4 lit. B PVÜ, wonach "die spätere, jedoch vor
Ablauf dieser Fristen in einem der anderen Verbandsländer bewirkte
Hinterlegung nicht unwirksam gemacht werden" kann "durch inzwischen
eingetretene Tatsachen (...)", eher darauf schliessen, dass alle im
sachlichen Recht begründeten Einwände, wie namentlich auch eine nach der
Ersthinterlegung eingetretene Änderung der Rechtspraxis bei der Beurteilung
der Gemeinfreiheit von Warenformen, einer Schutzverweigerung nicht
entgegenstehen dürften (so ausdrücklich Karl Heinz Fezer, Markenrecht, 3.
Aufl., München 2001, N. 4 zu Art. 4 PVÜ S. 1981 mit Hinweisen auf die
deutsche Rechtsprechung; ferner: G.H.C. Bodenhausen, Kommentar zur PVÜ, Art.
4 Abschnitt B/d S. 33 f. mit Beispielen für die Wirkung des Prioritätsrechts
in Bezug auf verschiedene, nach der Ersthinterlegung eingetretene Tatsachen;
David, Basler Kommentar, Markenschutzgesetz Muster- und Modellgesetz,
2. Aufl., N. 5 zu Art. 7 MSchG; Willi, Kommentar zum Markenschutzgesetz,
Zürich 2002, N. 12 zu Art. 7 MSchG; Marbach, Markenrecht, in: Schweizerisches
Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Band III, Kennzeichenrecht, Basel
1996, S. 124; von Büren/Marbach, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 2.
Aufl., Bern 2002, S. 121 Rz. 608). Die Frage braucht allerdings hier nach dem
vorstehend (Erwägungen 3.3 und 3.4) Gesagten mangels Entscheidwesentlichkeit
nicht abschliessend beurteilt zu werden.

4.
Schliesslich liegt auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
nach Art. 8 BV vor. Dieser verbietet nicht, eine Praxis zu ändern, wenn dafür
sachliche und ernsthafte Gründe bestehen (BGE 127 I 49 E. 3c S. 52; 125 II
152 E. 4c/aa S. 163). Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die
strengere Praxis hinsichtlich dreidimensionaler Marken, die das IGE nach
eigenen Angaben seit den von der Beschwerdeführerin angerufenen
Voreintragungen (letzte Eintragung im Jahr 2003) verfolgt, nicht
gerechtfertigt sei.

5.
Aus den genannten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Die Gerichtskosten
sind bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zu sprechen (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
II, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Januar 2008

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Widmer