Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.424/2007
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4A_424/2007 /len

Urteil vom 21. Dezember 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

A. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Furrer und Rechtsanwalt Dr. Martin Neese,

gegen

C.B.________,
D.B.________,
E.B.________,
Beschwerdegegnerinnen,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Beat Keller.

Auftrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung,
vom 11. September 2007.

Sachverhalt:

A.
A. ________ (Beschwerdeführer) war seit Ende 1996/Anfang 1997 für die
inzwischen verstorbenen Eltern von C.B.________, D.B.________ und
E.B.________ (Beschwerdegegnerinnen) beratend tätig. Die Eltern der
Beschwerdegegnerinnen nahmen innert kurzer Zeit eine umfangreiche
Umschichtung ihres Vermögens vor, die mehrere Käufe bzw. Verkäufe von
Immobilien beinhaltete. Der Vater der Beschwerdegegnerinnen, F.B.________,
verkaufte insbesondere sein Mehrfamilienhaus in Zürich-Oerlikon mit Vertrag
vom 23. Februar 1998 an H.G.________ und I.G.________ zum Preis von Fr.
850'000.--. Das Ehepaar G.________ war F.B.________ vom Beschwerdeführer
vermittelt worden.

B.
Die Beschwerdegegnerinnen belangten den Beschwerdeführer am 16. November 2001
beim Kantonsgericht des Kantons Zug auf Bezahlung von Fr. 250'000.--
zuzüglich Zins seit 23. Februar 1998. Am 12. Juni 2006 verpflichtete das
Kantonsgericht den Beschwerdeführer in teilweiser Gutheissung der Klage, den
Beschwerdegegnerinnen Fr. 122'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 23. Februar 1998
zu bezahlen. Es kam zum Schluss, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang
mit dem Verkauf der Liegenschaft in Zürich-Oerlikon seine auftragsrechtlichen
Treue- und Aufklärungspflichten verletzt habe und den Beschwerdegegnerinnen
daher Schadenersatz in der Höhe von Fr. 112'000.-- schulde. Zusätzlichen
Schadenersatz im Betrag von Fr. 10'000.-- müsse der Beschwerdeführer aufgrund
nicht gehöriger Erfüllung des Kaufvertrags bezüglich der Liegenschaft Horgen
leisten.
Mit kantonaler Berufung gelangte der Beschwerdeführer an das Obergericht des
Kantons Zug. Er beantragte, das Urteil des Kantonsgerichts im Betrag von
Fr. 112'000.-- nebst Zins aufzuheben und die Klage in diesem Umfang
abzuweisen. Die Bezahlung des Schadenersatzes von Fr. 10'000.-- betreffend
die Liegenschaft Horgen akzeptierte er. Das Obergericht wies am 11. September
2007 die kantonale Berufung ab und bestätigte das Urteil des Kantonsgerichts.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen begehrt der Beschwerdeführer, das Urteil des
Obergerichts vom 11. September 2007 vollumfänglich aufzuheben. Die Klage sei
abzuweisen, eventuell zur Neubeurteilung an die kantonalen Vorinstanzen
zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das
Obergericht schliesst ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde.

D.
Der Beschwerde wurde mit Präsidialverfügung vom 14. November 2007 die
aufschiebende Wirkung gewährt.

Erwägungen:

1.
Mit Beschwerde in Zivilsachen, deren Sachurteilsvoraussetzungen nach Art. 72
ff. BGG vorliegend grundsätzlich erfüllt sind und zu keinen Bemerkungen
Anlass geben, können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG gerügt
werden. Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf
nicht eingetreten. In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2). Auf
ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik tritt das
Bundesgericht nicht ein.

2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 398 OR und Art. 97 ff. OR,
weil die Vorinstanz zu Unrecht das Vorliegen eines "genügenden bzw. adäquaten
Kausalzusammenhangs" bejaht habe.

2.1 Die Vorinstanz erwog, der Beschwerdeführer sei bezüglich des Verkaufs der
Liegenschaft in Zürich-Oerlikon für die Eheleute B.________ im
Auftragsverhältnis nach Art 394 ff. OR und gleichzeitig für das Ehepaar
G.________ als Mäkler nach Art. 412 ff. OR tätig gewesen. Gegenüber den
Eheleuten B.________ habe er nicht offen gelegt, dass er zugleich als Mäkler
für das Ehepaar G.________ tätig sei. Mit diesem Verhalten habe er gegen die
ihm obliegende Aufklärungspflicht verstossen und somit eine
Vertragsverletzung begangen. Die Vorinstanz schützte die Erwägungen des
Kantonsgerichts zum hypothetischen Kausalzusammenhang. Das Kantonsgericht
führte aus, dieser sei zu bejahen, da anzunehmen sei, F.B.________ hätte die
Liegenschaft am 23. Februar 1998 nicht zum Preis von Fr. 850'000.-- an das
Ehepaar G.________ verkauft, wenn er vom Beschwerdeführer darüber aufgeklärt
worden wäre, dass dieser gleichzeitig für das Ehepaar G.________ als Mäkler
tätig sei und von ihnen bereits ein Mäklerhonorar von Fr. 100'000.-- (d.h.
über 11 % des Kaufpreises) erhalten habe.

2.2 Ob ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem geltend gemachten
Schaden und dem haftungsbegründenden Verhalten gegeben ist, beschlägt die
tatsächlichen Verhältnisse (BGE 132 III 715 E. 2.2; 130 III 591 E. 5.3 S. 601
mit Hinweisen). Ebenso liegt eine Tatfrage vor, wenn zu entscheiden ist, ob
der Schaden nach dem hypothetischen Geschehensablauf auch bei Vornahme der
pflichtwidrig unterlassenen Handlung eingetreten wäre (sogenannter
hypothetischer Kausalzusammenhang), sofern die entsprechende Schlussfolgerung
auf dem Weg der Beweiswürdigung aus konkreten Anhaltspunkten getroffen wurde
und nicht ausschliesslich auf allgemeiner Lebenserfahrung beruht (BGE 127 III
453 E. 5d; 115 II 440 E. 5a/b, je mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist im
vorliegenden Fall erfüllt. Die Vorinstanz bestätigte nicht allein gestützt
auf die allgemeine Lebenserfahrung die Auffassung des Kantonsgerichts, wonach
eine Aufklärung über das Vorliegen des Mäklerverhältnisses dazu geführt
hätte, dass F.B.________ die Liegenschaft nicht für Fr. 850'000.--, sondern
zum höheren Marktpreis verkauft hätte. Sie zog diesen Schluss namentlich in
Würdigung der Vereinbarung "Regelungen per 20. Nov. 1997 der
Vermögensverhältnisse" sowie der Aussagen des Zeugen K.________ und des
Beschwerdeführers. Somit hat die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht das
Vorliegen des hypothetischen Kausalzusammenhangs bejaht.

2.3 Die Rüge des Beschwerdeführers, es liege eine Bundesrechtsverletzung vor,
weil die Vorinstanz zu Unrecht von einem "genügenden bzw. adäquaten
Kausalzusammenhang" ausgegangen sei, beruht auf einem unzutreffenden
Verständnis des angefochtenen Entscheids. Denn der Beschwerdeführer verkennt,
dass es sich bei vorliegender Problematik des Kausalzusammenhangs nicht um
eine Rechtsfrage handelt, sondern um eine Tatfrage (vgl. Erwägung 2.2). Die
Vorinstanz hat mit Bejahung des Vorliegens der hypothetischen Kausalität eine
tatsächliche Feststellung getroffen, an die das Bundesgericht unter Vorbehalt
der in Art. 97 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG genannten Ausnahmen gebunden ist
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer erhebt keine Sachverhaltsrüge
nach Art. 97 BGG. Eine solche kann auch nicht in seinen Ausführungen erblickt
werden, mit denen er in appellatorischer Weise aufzeigt, wie die Vereinbarung
"Regelungen per 20. Nov. 1997 der Vermögensverhältnisse" und seine Aussagen
anlässlich der Parteibefragung vom 26. März 2003 seines Erachtens zu würdigen
gewesen wären. Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern die Ausführungen der
Vorinstanz zum hypothetischen Kausalzusammenhang offensichtlich unrichtig
wären.

3.
Der Beschwerdeführer bringt weiter verschiedene Rügen dagegen vor, dass die
Vorinstanz das Vorliegen eines Schadens in der Höhe von Fr. 112'000.-- für
erwiesen hielt.

3.1 Die Feststellungen über Bestand und Umfang des Schadens sind
tatsächlicher Natur, an die das Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist
(Art. 105 BGG). Als Rechtsfragen werden indes frei geprüft, ob das kantonale
Sachgericht einen zutreffenden Rechtsbegriff des Schadens verwendet und den
Schaden nach zutreffenden Rechtsgrundsätzen berechnet hat (BGE 132 III 564 E.
6.2 S. 576; 128 III 22 E. 2e; 127 III 73 E. 3c, je mit Hinweisen).

3.2 Das Kantonsgericht führte aus, der Beschwerdeführer hafte für die
Differenz zwischen dem auf Fr. 990'000.-- geschätzten Verkehrswert im
Zeitpunkt des Verkaufs der Liegenschaft und dem Verkaufspreis von Fr.
850'000.--, abzüglich der Grundstückgewinnsteuer von 20 %, die auf der
Differenz von Fr. 140'000.-- angefallen wäre. Der so festgesetzte Schaden im
Betrag von Fr. 112'000.-- wurde von der Vorinstanz bestätigt.

3.3 Der Beschwerdeführer legt seiner ersten Rüge einen Verkehrswert der
Liegenschaft von Fr. 905'000.-- zugrunde, ohne eine entsprechende
Sachverhaltsrüge zu erheben. Er tut nicht dar, inwiefern die vorinstanzliche
Festsetzung des Verkehrswerts auf Fr. 990'000.-- offensichtlich unrichtig
sein sollte, sondern führt lediglich aus, der gerichtliche Experte L.________
habe den Verkehrswert der Liegenschaft auf Fr. 905'000.-- geschätzt. Auf
diese Rüge ist demnach nicht einzutreten.

3.4 Der Beschwerdeführer rügt weiter, der gerichtliche Experte habe in seinem
Ergänzungsgutachten vom 20. Januar 2006 ausgeführt, der Verkaufspreis von Fr.
850'000.-- liege 5 % bis 6 % unter dem von ihm ermittelten Schätzwert. Halte
man sich die "Regelungen per 20. Nov. 1997 der Vermögensverhältnisse" vor
Augen, wonach sich die Beschwerdegegnerinnen mit dem von F.B.________
fixierten, 10 % unter dem Schätzwert der Bank liegenden Verkaufspreis von
Fr. 850'000.-- einverstanden erklärten, könne nicht die Rede von einem
Vermögensschaden sein. Der Beschwerdeführer sieht darin - ohne nähere
Begründung - sowohl eine Bundesrechtsverletzung als auch eine offensichtlich
unrichtige Sachverhaltsfeststellung i.S.v. Art. 97 Abs. 1 BGG. Wie bereits
die Vorinstanz festhielt, beruht die Feststellung des Gutachters, wonach der
Verkaufspreis von Fr. 850'000.-- 5 % bis 6 % unter dem eigenen Schätzwert und
somit im normalen Streubereich liege, auf einem Schätzwert von Fr.
900'000.--. Demzufolge stützt sich der Beschwerdeführer wiederum nicht auf
den von der Vorinstanz festgestellten Verkehrswert von Fr. 990'000.--, ohne
aufzuzeigen, inwiefern dieser offensichtlich unrichtig wäre. Somit erweist
sich auch diese Rüge als unzulässig.

3.5 Schliesslich macht der Beschwerdeführer sinngemäss geltend, der Schaden
sei nach unzutreffenden Rechtsgrundsätzen berechnet worden. Von der Differenz
zwischen dem Verkehrswert und Verkaufspreis hätten nicht nur die im Kanton
Zürich anfallende Grundstückgewinnsteuer von 20 %, sondern auch der übliche
hälftige Anteil an den Kosten der Handänderung und die üblichen Kosten eines
Mäklers in der Höhe von 2 % der Verkaufssumme abgezogen werden müssen. Den
Einwand betreffend Abzug eines Anteils an den Handänderungskosten
berücksichtigte die Vorinstanz nicht, weil der Beschwerdeführer diese in
keiner Weise beziffert hatte. Der Beschwerdeführer zeigt keine
Bundesrechtsverletzung auf, wenn er dagegen vorbringt, er sei nicht
Vertragspartei jenes Immobiliengeschäfts gewesen, weshalb er keine Angaben zu
den Handänderungskosten machen könne. Um eine hinlängliche Substanziierung
vorzunehmen, war die Eigenschaft als Vertragspartei nicht erforderlich, zumal
er an jenem Immobiliengeschäft als Berater bzw. Vermittler beteiligt war.
Auch das Vorbringen zum Abzug der Mäklerprovision ist unbehelflich, da der
Beschwerdeführer nach Feststellung der Vorinstanz von den Eltern der
Beschwerdegegnerinnen für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf der
Liegenschaft bereits nach Aufwand entschädigt wurde.

4.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden kann. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten-
und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche
Verfahren mit insgesamt Fr. 6'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Corboz Sommer