Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.41/2007
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4A_41/2007 /len

Urteil vom 26. Juni 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss,
Gerichtsschreiber Mazan.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Hugo Waibel-Knaus,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey.

Art. 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess),

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss
des Kassationsgerichts des Kantons Zürich
vom 5. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Im Februar 2001 schlossen die X.________ AG (Beschwerdeführerin) und die
Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) einen Werkvertrag für die
Baumeisterarbeiten einer Einfamilienhausüberbauung in Männedorf. Gegenstand
des vorliegenden Verfahrens ist eine Forderung von Fr. 467'857.05 nebst Zins,
welche die Beschwerdeführerin gestützt auf diesen Werkvertrag von der
Beschwerdegegnerin geltend macht. Der Forderungsbetrag basiert auf dem Saldo
der Schlussrechnung, von welchem diverse Beträge in Abzug gebracht wurden.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Forderung im Wesentlichen aus zwei
Gründen. Einerseits macht sie geltend, die Forderung sei nicht substantiiert
und ausgewiesen. Andrerseits macht sie zusätzliche Abzüge in der Höhe des
Klagebetrages verrechnungsweise geltend, insbesondere Ansprüche aus positiver
Vertragsverletzung und Mängelhaftung.

B.
Mit Klage vom 12. Januar 2004 belangte die Beschwerdeführerin die
Beschwerdegegnerin beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf Bezahlung von
Fr. 467'857.05 nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Mai 2003. Mit Urteil vom 24.
April 2006 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich die Klage ab.
Gegen dieses Urteil erhob die Beschwerdegegnerin kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde ans Kassationsgericht des Kantons Zürich wie auch
eidgenössische Berufung nach OG. Mit Sitzungsbeschluss vom 5. Februar 2007
wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab, soweit
darauf eingetreten werden konnte.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdegegnerin, der
Sitzungsbeschluss des Kassationsgericht des Kantons Zürich vom 5. Februar
2007 sei aufzuheben, und die Beschwerdegegnerin sei zur Zahlung von Fr.
467'857.05 nebst Zins zu 5 % seit dem 1. Mai 2003 zu verurteilen;
eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung sowie zur
Durchführung eines Beweisverfahrens zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden könne.
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat auf eine Stellungnahme
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil der angefochtene Entscheid nach dem Datum des Inkrafttretens des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (SR 173.110; BGG), dem 1. Januar 2007
(AS 2006 1205, 1243) ergangen ist, untersteht die Beschwerde dem neuen Recht
(Art. 132 BGG).

1.1 Die Beschwerdeführerin beantragt lediglich die Aufhebung des
Sitzungsbeschlusses des Kassationsgerichtes. Die Frage, ob mit der Beschwerde
gestützt auf Art. 100 Abs. 6 BGG auch das Urteil des Handelsgerichts hätte
angefochten werden können, obwohl die Beschwerdeführerin gegen dieses Urteil
bereits Berufung nach OG erhoben hatte, muss daher nicht geprüft werden.

1.2 Wurde ein Entscheid unter der Geltung des OG sowohl mit staatsrechtlicher
Beschwerde als auch mit Berufung angefochten, wurde die Behandlung der
Letzteren in der Regel ausgesetzt, bis über die Erstere entschieden worden
war (Art. 57 Abs. 5 OG). Analog ist vorliegend zunächst die Beschwerde in
Zivilsachen zu behandeln.

2.
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit
freier Kognition (BGE 131 I 159 E. 1 S. 159).

2.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und Art. 96
BGG erhoben werden. Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend
zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit.
b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht
mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche
Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG). Weiter ist zu beachten, dass die Beschwerde nur gegen Entscheide
der letzten kantonalen Instanz zulässig ist (Art. 75 Abs. 1 BGG). Rügen gegen
das Urteil des Handelsgerichtes sind daher insoweit unzulässig, als sie dem
Kassationsgericht unterbreitet werden konnten.

2.2 Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, im kantonalen Verfahren sei
die richterliche Fragepflicht verletzt worden, ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten, weil mit dieser Beanstandung praktisch ausschliesslich das
Urteil des Handelsgerichts als Sachgericht in Bezug auf eine der kantonalen
Nichtigkeitsbeschwerde zugängliche Rüge, mithin nicht der Entscheid der
letzten kantonalen Instanz, kritisiert wird. Soweit sich die Beschwerde auf
den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts beziehen sollte, äussert sich
die Beschwerdeführerin mit keinem Wort zur Frage, inwieweit das
Kassationsgericht als Kassationsinstanz überhaupt eine Fragepflicht trifft.
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer zwar verschiedene Bestimmungen des
kantonalen Prozessrechts nennt, die angeblich verletzt worden sein sollen,
aber nicht ausführt, inwiefern diese Bestimmungen verfassungswidrig
angewendet worden sein sollen.

2.3 Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, ihre Stellungnahme zu den
Dupliknoven sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, erhebt sie ebenfalls
Einwände gegen das Urteil des Handelsgerichts, die im kantonalen
Beschwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden können. Insbesondere setzt
sich die Beschwerdeführerin nicht mit der Begründung des Kassationsgerichtes
auseinander, dass das Handelsgericht die unaufgefordert eingereichte
Stellungnahme zu den Dupliknoven aus dem Recht weisen durfte, ohne einen
Nichtigkeitsgrund zu setzen. Auch insofern genügt die Beschwerde den
formellen Anforderungen nicht.

2.4 Nicht einzutreten ist auf die Beschwerde auch insoweit, als die
Beschwerdeführerin die Erwägung des Kassationsgerichts kritisiert, die sich
mit der im kantonalen Beschwerdeverfahren erhobenen Aktenwidrigkeitsrüge
auseinandersetzt. Auch diese Beanstandung betrifft in erster Linie das Urteil
des Handelsgerichts - und nicht den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts
-, was wie erwähnt unzulässig ist. Soweit sich die Beschwerdeführerin
überhaupt mit dem Beschluss des Kassationsgerichts auseinander setzt, geht
sie überhaupt nicht auf dessen Begründung ein, dass die Aktenwidrigkeitsrüge
im Berufungsverfahren als offensichtliches Versehen im Sinn von Art. 55 Abs.
1 lit. d OG hätte gerügt werden müssen.

2.5 Weiter genügt die Beschwerdeführerin den formellen Anforderungen auch
dort nicht, wo sie den Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts im
Zusammenhang mit der Substantiierungspflicht und der richterlichen
Fragepflicht bei ungenügender Substantiierung kritisiert. Auch diesbezüglich
richtet sich die Beschwerde teilweise gegen das Urteil des Handelsgerichts.
Soweit sich die Beschwerde effektiv auf den Beschluss des Kassationsgericht
bezieht, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht mit der wesentlichen
Begründung des Kassationsgerichts auseinander.

2.6 Auch im Zusammenhang mit der Frage, ob die Regiearbeiten genügend
substantiiert worden sind, geht die Beschwerdeführerin wiederum in erster
Linie auf das Urteil des Handelsgerichts anstatt auf den Beschluss des
Kassationsgerichts ein. Soweit sie beiläufig auf den an sich angefochtenen
Sitzungsbeschluss Bezug nimmt, legt sie mit keinem Wort dar, inwieweit dieser
verfassungswidrig sein soll.

2.7 Schliesslich erfüllt die Beschwerdeführerin die Begründungsanforderungen
auch nicht, wo sie den angefochtenen Entscheid insoweit kritisiert, als er
sich auf die Ausmassarbeiten bezieht. Auch in diesem Zusammenhang wird
praktisch ausschliesslich das Urteil des Handelsgerichts anstatt der
Sitzungsbeschluss des Kassationsgerichts bemängelt. Wiederum wird nicht
dargetan, inwiefern der Sitzungsbeschluss verfassungswidrig sein soll.

3.
Aus diesen Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 7'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Juni 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: