Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.374/2007
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4A_374/2007 /len

Urteil vom 7. November 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiberin Hürlimann.

August Storck KG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Herren Rechtsanwälte Dr. Roger Staub und/oder Marcel Bircher,

gegen

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum (IGE),
Beschwerdegegner.

Schutzverweigerung gegenüber einer Internationalen Registrierung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom
25. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Am 4. März 2004 notifizierte die Organisation Mondiale de la Propriété
Intellectuelle (OMPI) die Eintragung der Marke Nr. 809'523 "Pralinenform"
(3D) auf den Namen der August Storck KG (Gesuchstellerin, Beschwerdeführerin)
im Internationalen Markenregister mit Anspruch auch für die Schweiz. Die
Marke ist mit den Farben "Caramel, marron, beige" für "Confiseries, chocolat
et produits chocolatés, pâtisseries" in Klasse 30 eingetragen. Sie sieht wie
folgt aus:

Das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) erliess am 14. September 2004 eine
vorläufige Schutzverweigerung gemäss Art. 6quinquies lit. b Ziff. 2 der
Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in
Stockholm am 14. Juli 1967 (SR 0.232.04; im Folgenden: PVÜ ) sowie Art. 2
lit. a MSchG. Daran hielt das Institut auch nach einer Einschränkung der
beanspruchten Waren auf "Schokoladeprodukte, nämlich Pralinen" fest.
Mit Verfügung vom 8. August 2006 verweigerte das IGE der internationalen
Registrierung Nr. 809'523 "marque tridimensionnelle" (chocolats) für alle
beanspruchten Waren der Klasse 30, "Schokoladenprodukte, nämlich Pralinen"
unter Verweis auf Art. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG
den Schutz für die Schweiz.

B.
Mit Urteil vom 25. Juli 2007 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde
der Gesuchstellerin ab und bestätigte die angefochtene Verfügung. Das Gericht
kam mit dem IGE zum Schluss, die angemeldete dreidimensionale Form weiche
nicht genügend von den für Pralinen erwarteten und gewohnten Formen ab, um im
Gedächtnis der Abnehmer als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der
Produkte haften zu bleiben.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Gesuchstellerin die Anträge, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das IGE sei anzuweisen, der
internationalen Registrierung Nr. 809'523 (3D-Marke - Pralinenform) den
Schutz für die Schweiz für sämtliche beanspruchten Waren zu erteilen. Sie
rügt, der angefochtene Entscheid bejahe zu Unrecht den absoluten
Schutzverweigerungsgrund der Gemeinfreiheit im Sinne von Art. 6quinquies lit.
b Ziff. 2 PVÜ und Art. 30 Abs. 2 lit. c MSchG in Verbindung mit Art. 2 lit. a
MSchG.

D.
Das IGE stellt in der Vernehmlassung das Rechtsbegehren, die Beschwerde sei
abzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht beantragt unter Verweis auf die
Erwägungen im angefochtenen Urteil ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
In der vorliegenden Registersache ist nach Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG
die Beschwerde in Zivilsachen das massgebende Rechtsmittel. Als Vorinstanz
hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der
Entscheid ist nicht im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ergangen (Art. 73
BGG). Die Beschwerdeführerin ist mit ihren Begehren vor der Vorinstanz
unterlegen und damit formell zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 lit.
a BGG). Da sie den gewünschten Markenschutz für ihr Zeichen nicht erhalten
hat, ist sie auch materiell beschwert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Der
angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren über die Schutzverweigerung
der internationalen Registrierung Nr. 809'523 für die Schweiz ab (Art. 90
BGG). Er wurde der Beschwerdeführerin am 27. Juli 2007 zugestellt. Die
Beschwerdefrist von 30 Tagen (Art. 100 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 44 BGG)
ist unter Berücksichtigung des Fristenstillstands (Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG)
eingehalten. Der Streitwert ist erreicht (BGE 133 III 490 E. 3).

2.
Vom Markenschutz absolut ausgeschlossen sind nach Art. 2 lit. a MSchG
Zeichen, die Gemeingut sind, sofern sie sich nicht als Marke für die Waren
oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden.
Zeichen im Gemeingut kann gemäss Art. 6quinquies lit. b Ziff. 2 PVÜ der
Schutz für die Schweiz bei internationaler Registrierung verweigert werden.

2.1 Die Gemeinfreiheit von Formen ist insbesondere danach zu beurteilen, ob
im beanspruchten Waren- oder Dienstleistungsbereich ähnliche Formen bekannt
sind, von denen sich die beanspruchte Form (nicht) durch ihre Originalität
abhebt. Dabei ist nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung die
Originalität der Abweichungen im Vergleich zu den bisher im beanspruchten
Warensegment üblichen Formen zu bestimmen, wenn zu beurteilen ist, ob ein
bestimmtes Gestaltungsmittel als Herkunftshinweis im Sinne des Markenrechts
verstanden werde (BGE 133 III 342 E. 3.3 S. 346 mit Verweisen).

2.2 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil mit dem IGE erkannt, dass sich
die beanspruchte Form von den für Pralinen bekannten Formen nicht derart
unterscheidet, dass sie von den Endverbrauchern in der Schweiz als
Kennzeichen aufgefasst würde. Sie ist davon ausgegangen, dass kugelähnliche
und unregelmässig geformte, mundgerechte Schokoladeportionen, die auf einer
Seite flach sind, in Konditoreien und Auslagen von Süssigkeiten durchaus
häufig vorkommen und dass Schokolade-Pralinen in verschiedenen Brauntönen in
der Schweiz sehr verbreitet sind. Sie schloss, dass sich die beanspruchte
Pralinenform, wenn sie bei einer üblichen Präsentation in einer Konditorei
mit der flachen Seite unten (auf den Kopf) gestellt werde, kaum mehr von
einer gewöhnlichen Praline oder einem leicht gewölbten Mohrenkopf
unterscheide, zumal dann das ohnehin wenig originelle Sternmuster im
Japonaisboden ganz verschwinde.

2.3 Die Beschwerdeführerin verkennt die Argumentation der Vorinstanz, wenn
sie zunächst beanstandet, diese habe im angefochtenen Entscheid nicht auf den
Registereintrag abgestellt. Die Vorinstanz hat ihrem Entscheid keineswegs
eine Form zugrunde gelegt, welche die Beschwerdeführerin mit ihrer
Registrierung nicht beansprucht (sondern die sie allenfalls in Gebrauch
hätte). Sie hat vielmehr geprüft, wie die beanspruchte Form - genau so wie
sie hinterlegt ist - von den Konsumenten wahrgenommen wird. Sie hat dabei
angenommen, dass die derart geformte Schokolade häufig so präsentiert werden
dürfte, dass sie auf ihrer einzigen Fläche aufgestellt werde. Dass die
Vorinstanz eine naheliegende Präsentation der als Kennzeichen beanspruchten
Form für deren Schutz als Marke mitberücksichtigte, ist nicht zu beanstanden.

2.4 Die Beschwerdeführerin kritisiert sodann die Ansicht der Vorinstanz,
wonach die beanspruchte Form von den Adressaten nicht als Nachbildung einer
Mohnkapsel erkannt werde. Sie hält dafür, die Form wäre aufgrund ihrer
offensichtlichen Eigenart schutzfähig, wenn sie als Mohnkapsel erkannt würde,
denn solche seien als Form von Schokoladeprodukten absolut ungewöhnlich und
unerwartet. Wie das IGE in der Vernehmlassung zutreffend bemerkt, übergeht
die Beschwerdeführerin mit dieser Argumentation, dass Schokoladeprodukte mit
unterschiedlichen zusätzlichen Parfums versetzt oder mit Produkten anderer
Geschmacksrichtung vermengt werden, und dass daher eine Mohnkapsel
unmittelbar beschreibend wäre, wenn sie etwa Mohnsamen enthalten würde. Im
Übrigen kann der Beschwerdeführerin in ihrer Ansicht nicht gefolgt werden,
dass die Anlehnung der Form an die Gestalt einer Mohnkapsel für die
durchschnittlich aufmerksamen Abnehmer derart offensichtlich sein könnte,
dass die Form aufgrund ihres Sinngehaltes so in der Erinnerung haften bliebe,
dass sie als Kennzeichen erschiene.

2.5 Die Vorinstanz hat die Besonderheiten der Formmarken im Vergleich zu
anderen - insbesondere Wort- oder Bildmarken - hervorgehoben und daraus
abgeleitet, den Besonderheiten einer dreidimensionalen Form als Kennzeichen
müsse Rechnung getragen werden bei der Beurteilung, ob sie eine
Herkunftsfunktion zu erfüllen vermöge. Die Vorinstanz ist aus diesem Grund
der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt, es müssten dieselben
Kriterien zur Anwendung gelangen wie bei zweidimensionalen Schriftzeichen.
Die Beschwerdeführerin missversteht diese Erwägung, wenn sie unterstellt, die
Vorinstanz habe damit einen strengeren Massstab an die
Unterscheidungsfähigkeit von Formmarken angelegt als an diejenige
zweidimensionaler Zeichen. Im einen wie im anderen Fall geht es darum, die
Kennzeichnungskraft eines Zeichens in der Wahrnehmung der Adressaten zu
beurteilen. Es ist nicht zu beanstanden, sondern richtig, wenn für die
entsprechende Prüfung die Kriterien gewählt werden, die der Art des Zeichens
angemessen sind.

2.6 Die Beschwerdeführerin hält schliesslich dafür, die von ihr beanspruchte
Form für Schokolade-Pralinen sei mindestens als Zweifelsfall zu qualifizieren
und daher im Eintragungsverfahren unter Vorbehalt zivilrechtlicher Anfechtung
als gültig anzuerkennen. Die Vorinstanz hat die hinterlegte Form sinngemäss
beschrieben als leicht glänzende, wie mit Schokolade überzogen erscheinende
Eiform, die auf einer Schmalseite abgeschnitten und mit einer beigen Scheibe
belegt ist, in deren Oberfläche mit sechzehn zum Mittelpunkt führenden Kerben
ein Stern geritzt ist. Sie hat zutreffend dargelegt, dass ovale oder
Kugel-ähnliche Formen in vielfältigen Variationen für Pralinen gebräuchlich
sind. Weder die unregelmässig gewellte Oberfläche des schokoladefarbenen
Rundkörpers noch die Schnittfläche in hellerer Farbe mit sternförmigem Muster
wirken für Pralinen unerwartet oder prägen sich kennzeichnend im Gedächtnis
der Endabnehmer ein. Die Vorinstanz hat zutreffend geschlossen, dass die
beanspruchte Form auch nicht als Zweifelsfall in der Schweiz zu schützen ist.

2.7 Dass sich die Form als Kennzeichen für die Pralinen der
Beschwerdeführerin beim schweizerischen Publikum durchgesetzt hätte, wird im
Übrigen nicht behauptet.

3.
Aus den genannten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Die Gerichtsgebühr
ist bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zu sprechen (Art. 68 Abs. 3
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Eidgenössischen Institut für
Geistiges Eigentum (IGE) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. November 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: