Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.373/2007
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4A_373/2007 /len

Urteil vom 8. Januar 2008

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiber Mazan.

A. ________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Sidler,

gegen

X.________ Versicherung,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Walter Fellmann.

Haftung des Motorfahrzeughalters;
Bemessung der Genugtuung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Zivilrechtliche
Abteilung, vom 3. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die damals 19-jährige A.________ (Beschwerdeführerin) erlitt als
Motorradfahrerin am 3. Juni 1990 einen schweren Verkehrsunfall. Der
vortrittsbelastete B.________ missachtete ihr Vortrittsrecht, worauf es zu
einem heftigen Zusammenstoss kam. Dieser Unfall verursachte bei der
Beschwerdeführerin schwere Kopf- und Hirnverletzungen, die bleibende Schäden
hinterliessen.
In der Folge verlangte die Beschwerdeführerin von der X.________ Versicherung
(nachfolgend Beschwerdegegnerin) - der Haftpflichtversicherung des fehlbaren
Automobilisten - den Ersatz des unfallbedingten Schadens, der ihr nach
Durchführung verschiedener Prozessverfahren von der Beschwerdegegnerin
vergütet wurde. Im Einzelnen wurde der Beschwerdeführerin vom Handelsgericht
des Kantons Zürich mit Urteil vom 12. Juni 2001
a)für den bisherigen Pflege- und Betreuungsschaden und den bisherigen und
künftigen Haushaltschaden ein Betrag von insgesamt Fr. 699'677.--,
b)für den Monat Juni 2001 eine Pflege- und Betreuungsschadensrente von Fr.
3'087.--,
c)ab dem 1. Juli 2001 bis 31. August 2017 eine indexierte monatliche Pflege-
und Betreuungsschadensrente von Fr. 5'145.--,
d)und ab dem 1. September 2017 bis an ihr Lebensende jeweils eine indexierte
monatliche Pflege- und Betreuungsschadensrente von Fr. 5'928.--
zugesprochen. Dieses Urteil wurde vom Bundesgericht bestätigt (Urteil
4C.276/2001 vom 26. März 2002, publiziert in Pra 2002 Nr. 212 S. 1127).
Ferner vereinbarten die Parteien am 3. September 2003, dass die
Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin zusätzlich eine Gesamtsumme von Fr.
300'000.-- bezahle und die Parteien damit per Saldo aller Ansprüche für die
Forderungen aus dem Verkehrsunfall vom 3. Juni 1990 mit Ausnahme der
Genugtuung auseinandergesetzt sind.

B.
Umstritten blieben damit nur noch die Genugtuungsansprüche. Bereits am 26.
September 2001 liess die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin eine
Integritätsentschädigung von Fr. 81'600.-- zukommen. Zusätzlich zu diesem
Betrag überwies sie der Beschwerdeführerin am 9. Dezember 2003 unter Einbezug
des Zinsenlaufes seit dem Unfallereignis am 3. Juni 1990 eine Genugtuung von
Fr. 150'000.--. Nach den Feststellungen des Obergerichts des Kantons Zug
setzt sich die effektiv ausbezahlte Summe von Fr. 231'600.-- zusammen aus
einer Genugtuungssumme von Fr. 140'000.-- (dieser Betrag umfasst auch die
vorab bezahlte Integritätsentschädigung) und einer Verzinsung von 5 % für 13
Jahre seit dem Unfallereignis.
Am 11. April 2005 beantragte die Beschwerdeführerin dem Kantonsgericht Zug,
die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, eine Genugtuungssumme sowie eine
monatliche Genugtuungsrente nach richterlichem Ermessen zu bezahlen. In der
Folge konkretisierte sie diesen Antrag in dem Sinne, dass die
Beschwerdegegnerin zu verpflichten sei, der Beschwerdeführerin eine
Genugtuung von Fr. 100.-- pro Tag ab dem 3. Juni 1990 zu bezahlen, zahlbar in
einer Kapitalsumme für die Genugtuung vom 3. Juni 1990 bis zum Urteilsdatum
zuzüglich 5 % Zins seit mittlerem Verfall und in einer lebenslänglichen Rente
von Fr. 3'000.-- pro Monat, zahlbar je auf den 1. eines Monats, erstmals auf
den dem Datum des Urteils folgenden Monat. Die Beschwerdegegnerin beantragte
die Abweisung der Klage.

C.
Mit Urteil vom 24. Juli 2006 wies das Kantonsgericht Zug die Klage ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Zug
Berufung mit dem gleichen Rechtsbegehren wie im erstinstanzlichen Verfahren.
Mit Urteil vom 3. Juli 2007 wies das Kantonsgericht Zug die Berufung ab und
bestätigte das Urteil des Kantonsgerichts vom 24. Juli 2006.

D.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 14. September 2007 gelangte die
Beschwerdeführerin mit folgendem Antrag ans Bundesgericht:
"1.Das angefochtene Urteil sei aufzuheben.

2. Es sei der [...] Beschwerdeführerin eine Genugtuung in gerichtlich zu
bestimmender Höhe von mindestens Fr. 50.-- bis maximal Fr. 100.-- pro Tag ab
dem 3. Juni 1990 zu bezahlen,
zahlbar:
in einer Kapitalsumme (im Verhältnis Kapital - Rente von 1/3 zu 2/3)
zuzüglich Zins von 5 % seit mittlerem Verfall, abzüglich der von der
[Beschwerdegegnerin] bereits geleisteten Kapitalsumme von Fr. 140'000.-- und
der bereits geleisteten Zinszahlung von Fr. 91'000.--
sowie
in einer lebenslänglichen Genugtuungsrente (im Verhältnis Kapital - Rente von
1/3 zu 2/3) in gerichtlich zu bestimmenden Monatsraten, zahlbar je auf den 1.
eines Monats, erstmals auf den dem Datum des Urteils folgenden Monat,
eventualiter
sei der [Beschwerdeführerin] eine Genugtuung in gerichtlich zu bestimmender
Höhe, mindestens aber in der Höhe von Fr. 310'000.-- zuzüglich Zins von 5 %
seit dem Unfalltag, abzüglich der bereits geleisteten Kapitalsumme von Fr.
140'000.-- und der bereits geleisteten Zinszahlung von Fr. 91'000.-- zu
bezahlen,
unter Kosten und Entschädigungsfolge."
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Das Kantonsgericht hat unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Urteil auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin verlangt mit der zivilrechtlichen Beschwerde erstmals
die Summe von mindestens Fr. 310'000.-- als Genugtuung. Da dieser Betrag
indessen gegenüber der im kantonalen Verfahren geforderten kapitalisierten
Rente ein Minus darstellt, ist er nicht als neues Begehren gemäss Art. 99
Abs. 2 BGG zu qualifizieren. Das Begehren ist somit zulässig.

2.
2.1 Die Vorinstanz führte im angefochtenen Urteil aus, die Beschwerdeführerin
habe beim Unfall ein Schädelhirntrauma und weitere schwere Verletzungen
erlitten, die aufwändige ärztliche Behandlungen und länger dauernde
Spitalaufenthalte erforderten. Sie werde zeitlebens pflegebedürftig sein. Sie
habe sich indessen eine gewisse Eigenständigkeit bewahren können, indem sie
sich z.B. selber ankleiden und die Zähne putzen könne. Kurze Distanzen
vermöge sie alleine zurückzulegen. Sie könne sodann lesen und sprechen. Trotz
ihrer Behinderungen werde sie im Grossen und Ganzen als fröhlicher Mensch
ohne ausgesprochene Depressivität beschrieben. Sodann verwies die Vorinstanz
auf die ausführliche Schilderung der Krankengeschichte und des
Heilungsverlaufs im erstinstanzlichen Urteil des Kantonsgerichts.

2.2 An diese Sachverhaltsfeststellung ist das Bundesgericht grundsätzlich
gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruhen (Art.
105 Abs. 2 BGG). Wer sich auf eine Ausnahme der Bindung des Bundesgerichts an
die tatsächlichen Feststellungen der letzten kantonalen Instanz beruft und
den Sachverhalt gestützt darauf berichtigt oder ergänzt wissen will, hat mit
Aktenhinweisen darzulegen, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im
kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt, aber zu Unrecht für
unerheblich gehalten oder übersehen worden sind (BGE 133 III 350 E. 1.3 [für
BGG]; BGE 115 II 484 E. 2a S. 486 und 111 II 471 E. 1c S. 473 [für OG]).

2.3 Im vorliegenden Fall wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz zu
Unrecht eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung vor, weil nicht auf das
grobfahrlässige Verhalten des fehlbaren Automobilisten hingewiesen worden
sei. Effektiv wurde im angefochtenen Urteil ausgeführt, der
"vortrittsbelastete" Automobilist habe den Unfall verursacht; zudem hat das
Obergericht durch den Verweis auf das erstinstanzliche Urteil die
Feststellung des Kantonsgerichts übernommen, "dass der Unfall einzig auf eine
Sorgfaltspflichtverletzung von B.________ zurückzuführen sei und die
[Beschwerdeführerin] kein Mitverschulden" treffe. Ebenso unbegründet ist der
Vorwurf, das Obergericht habe die vollumfänglich ausgewiesene und von der
Beschwerdegegnerin anerkannte Integritätseinbusse von 100 % nicht
festgestellt. Effektiv hat das Kantonsgericht - auf dessen Begründung im
angefochtenen Urteil verwiesen wird - festgehalten, dass die
Beschwerdegegnerin eine Integritätsentschädigung von Fr. 81'600.-- geleistet
habe. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich geltend macht, die
Krankheitsgeschichte werde in verschiedener Hinsicht unvollständig
dargestellt, ist ihr entgegen zu halten, dass das Kantonsgericht - auf dessen
Begründung das Obergericht auch in diesem Punkt verwies - die
Krankheitsgeschichte detailliert beschrieb und dabei insbesondere auch auf
die Darstellung der Beschwerdeführerin abstellte. Ergänzungen bezüglich
dieser Feststellungen hätten im kantonalen Verfahren verlangt werden müssen.
Nachdem die Beschwerdeführerin im kantonalen Berufungsverfahren keine
Beanstandungen erhoben hatte, kann sie damit im Beschwerdeverfahren vor
Bundesgericht nicht mehr gehört werden.

2.4 Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die Sachverhaltsfeststellungen des
Obergerichtes seien unvollständig und offensichtlich lückenhaft, ist somit
unbegründet.

3.
Weiter wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht vor, bei der
betragsmässigen Festsetzung der Genugtuung das richterliche Ermessen
qualifiziert falsch ausgeübt zu haben. In diesem Zusammenhang nennt sie
verschiedene Umstände, die nicht berücksichtigt worden seien, bzw. Kriterien,
die für die Festsetzung der Genugtuung hätten ausser Betracht bleiben müssen.

3.1 Vorweg ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin der
Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem Unfallereignis eine
Genugtuungssumme von Fr. 140'000.-- bezahlte. Einerseits wurde der
Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 26. September 2001 eine
Integritätsentschädigung von Fr. 81'600.-- zugesprochen. Andrerseits erhielt
die Beschwerdeführerin am 9. Dezember 2003 Fr. 150'000.--, wobei dieser
Betrag auch die Verzinsung der Genugtuung seit dem Unfallereignis am 3. Juni
1990 umfasst. Nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts
beinhaltet die effektiv ausbezahlte Summe von Fr. 231'600.-- (Fr. 81'600.--
und Fr. 150'000.--) eine Genugtuungssumme von Fr. 140'000.--; der
Differenzbetrag betrifft die Verzinsung von 5 % seit dem Unfallereignis am 3.
Juni 1990. Im Folgenden ist die Frage zu prüfen, ob eine Genugtuung in der
Höhe von Fr. 140'000.-- unter Berücksichtigung aller Umstände
bundesrechtskonform ist.

3.2 Art. 47 OR bestimmt, dass der Richter bei Tötung eines Menschen oder
Körperverletzung dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten unter
Würdigung der besonderen Umstände eine angemessene Geldsumme als Genugtuung
zusprechen kann. Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene Unbill,
indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder die Beeinträchtigung
erträglicher gemacht wird. Bemessungskriterien sind vor allem die Art und
Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die
Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen
sowie ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten (BGE 132 II 117 E.
2.2.2 S. 119, 127 IV 215 E. 2a S. 216, 125 III 412 E. 2a S. 417, je mit
Hinweisen).
Die Festsetzung der Höhe der Genugtuung beruht auf richterlichem Ermessen
(Art. 4 ZGB). Ob der kantonale Richter sein Ermessen richtig ausgeübt hat,
ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüft. Da dem kantonalen
Richter ein weiter Ermessensspielraum zusteht, auferlegt sich das
Bundesgericht bei der Überprüfung jedoch Zurückhaltung. Es schreitet nur ein,
wenn der Sachrichter grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung ermittelten
Bemessungsgrundsätzen abgewichen ist, wenn er Tatsachen berücksichtigt hat,
die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen, oder wenn er
andererseits Umstände ausser Betracht gelassen hat, die er in seinen
Entscheid hätte mit einbeziehen müssen. Es greift ausserdem in
Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig bzw. als
in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 127 IV 215 E. 2a S. 216 f. mit
Hinweisen).

3.3 Wie bereits das Kantonsgericht - auf dessen Begründung das Obergericht
verwies - ausführlich und zutreffend erwog, liegt die im vorliegenden Fall
zugesprochene Genugtuung im Rahmen der Genugtuungssummen, die in der jüngeren
Rechtsprechung für vergleichbar schwere Schädigungen zugesprochen wurden. So
wurde beispielsweise in BGE 123 III 306 ff. einem im Unfallzeitpunkt
17-jährigen Verletzten, der aufgrund einer unvollständigen, dauerhaften
Tetraplegie für die einfachsten Handlungen auf die Hilfe Dritter angewiesen
ist, eine Genugtuung von Fr. 120'000.-- zugesprochen (ohne Berücksichtigung
einer Reduktion wegen Selbstverschulden von 20 %); dabei hielt das
Bundesgericht fest, "que cette somme représente assurément la limite
supérieure de la réparation pouvant être accordée en pareilles circonstances"
(E. 9 S. 314 f.). Weiter wurde in einem Urteil vom 21. August 1995 einer
21-jährigen Frau, die bei einem Verkehrsunfall äusserst schwere
Kopfverletzungen erlitt, die einen Spitalaufenthalt,
Rehabilitationsmassnahmen und mehrere medizinische Nachbehandlungen
erforderten, welche jedoch an der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit der
Verletzten nichts mehr änderten, eine Genugtuung von Fr. 100'000.--
zugesprochen (Urteil 4C.379/1994, E. 7). Die im vorliegenden Fall zuerkannte
Genugtuungssumme von Fr. 140'000.-- liegt somit etwa im Rahmen der von der
Rechtsprechung für vergleichbare Sachverhalte zugesprochenen Geldbeträge. Es
kann daher keine Rede davon sein, dass das Obergericht von den relevanten
Bemessungsgrundsätzen abgewichen wäre oder offensichtlich unbillig bzw.
ungerecht entschieden hätte.

3.4 Im Gegenteil hat das Obergericht - zum Teil unter Hinweis auf die
ausführlichen Erwägungen des Kantonsgerichtes - alle massgebenden Umstände
berücksichtigt und keine irrelevanten Kriterien mit einbezogen. Entgegen der
Darstellung der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz in Bezug auf den Grad
des Verschuldens des Haftpflichtigen die grobe Fahrlässigkeit des fehlbaren
Automobilisten berücksichtigt. Auch der Schwere der Verletzungen, welche die
Beschwerdeführerin erlitt, hat das Obergericht - insbesondere unter Hinweis
auf die im Urteil des Kantonsgerichtes ausführlich wiedergegebene
Krankengeschichte - angemessen Rechnung getragen. Schliesslich hat das
Obergericht mit dem Hinweis auf die Dauer der Auswirkungen auf die
Persönlichkeit des Betroffenen die lange Leidensdauer der im Unfallzeitpunkt
erst 19-jährigen Geschädigten berücksichtigt. Unbegründet ist des Weiteren
die Meinung der Beschwerdeführerin, dass irrelevante Kriterien in die
Bemessung der Genugtuung eingeflossen seien. Im Zusammenhang mit der Schwere
der Verletzung ist nicht zu beanstanden, dass das Obergericht davon ausging,
dass sich die Beschwerdeführerin trotz vollständiger und dauernder
Pflegebedürftigkeit eine gewisse Eigenständigkeit habe bewahren können, indem
sie sich selbständig kleiden und die Körperpflege weitgehend selbst besorgen
könne. Und unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen des Unfalls auf die
Persönlichkeit des Betroffenen durfte das Obergericht festhalten, dass die
Beschwerdeführerin im Grossen und Ganzen ein fröhlicher Mensch ohne
ausgesprochene Depressivität sei.

3.5 Insgesamt vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen und ist nicht
ersichtlich, welche Kriterien die Vorinstanz bei der Bemessung der Genugtuung
auf Fr. 140'000.-- unzulässigerweise be- oder missachtet und damit ihr
Ermessen pflichtwidrig ausgeübt hätte. Die im Eventualantrag geforderte
Genugtuung von mindestens Fr. 310'000.-- erweist sich keineswegs als
bundesrechtlich geboten.

4.
Im Hauptantrag verlangt die Beschwerdeführerin, es sei ihr eine
Genugtuungsrente in der Höhe von mindestens Fr. 50.-- und maximal Fr. 100.--
pro Tag zuzusprechen. Bereits im kantonalen Verfahren verlangte die
Beschwerdeführerin eine Genugtuungsrente von Fr. 100.-- pro Tag, und zwar
zahlbar ab Unfallereignis vom 3. Juni 1990 bis zum Urteilsdatum in Form einer
Kapitalsumme zuzüglich Zins und ab dem Urteilsdatum als Rente von Fr.
3'000.-- pro Monat.

4.1 Das Obergericht führte dazu aus, dass eine Genugtuung nicht nur als
Kapital, sondern auch als Rente ausgerichtet werden könne. Allerdings sei in
der Schweiz die Genugtuungsrente praktisch unbekannt. Zudem müsste die
kapitalisierte Genugtuungsrente ungefähr der in vergleichbaren Fällen
ausgesprochenen Genugtuungssumme entsprechen. Die von der Beschwerdeführerin
geforderte Rente von Fr. 100.-- pro Tag ergebe nach der Darstellung der
Beschwerdegegnerin einen kapitalisierten Betrag von ca. Fr. 1,4 Mio. (vom
Unfalltag am 3. Juni 1990 bis zum Datum des Rechtsbegehrens am 2. Juni 2005
eine kapitalisierte Summe von Fr. 547'500.-- und von da an - massgebliches
Alter der Beschwerdeführerin in diesem Zeitpunkt 34 Jahre - lebenslänglich
monatlich Fr. 3'000.--, was kapitalisiert Fr. 868'680.--, insgesamt also Fr.
1'416'180.-- ergebe). Da im vorliegenden Fall eine Genugtuungssumme von Fr.
140'000.-- angemessen sei und eine Genugtuung in Rentenform wertmässig
ungefähr der Genugtuung in Kapitalform entsprechen müsse, könne dahin
gestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine Genugtuungsleistung in
Rentenform erfüllt wären, weil die Beschwerdegegnerin die angemessene
Genugtuungssumme bereits bezahlt habe. Dagegen wendet die Beschwerdeführerin
im Wesentlichen ein, dass nur eine lebenslange Genugtuungsrente der
lebenslänglichen Leidensdauer der Beschwerdeführerin gerecht werde.

4.2 Nach dem Wortlaut von Art. 47 OR kann der Richter dem Geschädigten eine
angemessene "Geldsumme" als Genugtuung zusprechen. Während der deutsche
Gesetzeswortlaut darauf schliessen lassen könnte, dass eine Genugtuung
zwingend als Kapital abgegolten wird, verwenden der französische und
italienische Gesetzestext den Begriff "Entschädigung" ("indemnité",
"indennità"), die gemäss Art. 43 OR nicht nur als Kapital, sondern auch als
Rente ausgerichtet werden kann. Die Lehre geht denn auch überwiegend davon
aus, dass nicht nur beim materiellen Schaden (Schadenersatz), sondern auch
beim immateriellen Schaden (Genugtuung) die Rente eine zulässige
Abgeltungsform ist (Hardy Landolt, Zürcher Kommentar, Zürich 2007, N. 283
Vorbemerkung zu Art. 47/49; Heinz Rey, Ausservertragliches Haftpflichtrecht,
3. Auflage, Zürich 2003, S. 116, Rz. 507; Pierre Tercier, Contribution à
l'étude du tort moral et de sa réparation en droit civil suisse, Freiburg
1971, S. 222; Matthias Leemann, Die Rente als Art des Schadenersatzes im
Haftpflichtrecht, Diss. Zürich 2002, S. 62 ff.; Volker Pribnow, Einzelfragen
zur Anwendung der Barwerttafeln von Stauffer/Schätzle, Collezione Assista,
Genf 1998, S. 511; aus praktischer Sicht kritisch Franz Werro, Commentaire
romand, Code des obligations I, Genf 2003, N. 19 zu Art. 47 OR; Roland Brehm,
Berner Kommentar, 3. Auflage, Bern 2006, N. 8 und 8a zu Art. 47; ablehnend
Oftinger/Stark, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, Band I,
Zürich 1995, S. 463, Rz. 103). Auf jeden Fall muss eine Genugtuungsrente
jedoch in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Genugtuungsbeträgen in
Kapitalform stehen, die in vergleichbaren Fällen zugesprochen werden. Ob die
Genugtuung in Form eines Kapitals oder einer Rente ausgerichtet wird, ist nur
eine Frage der Abgeltungsform, hat aber keinen Einfluss auf die
Genugtuungsbemessung (Leemann, a.a.O., S. 65; sinngemäss auch Brehm, a.a.O.,
N. 8a zu Art. 47 OR).

4.3 Im vorliegenden Fall erweist sich eine Genugtuungssumme von Fr.
140'000.-- wie ausführlich erläutert als angemessen (vgl. E. 3). Die von der
Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren geforderte Genugtuungsrente von
100.-- pro Tag ergäbe nach der Darstellung im angefochtenen Urteil einen
kapitalisierten Betrag von ca. Fr. 1,4 Mio. (vgl. E. 4.1). Wenn im
vorliegenden Fall eine Genugtuungsrente überhaupt in Frage käme, wäre sie auf
jeden Fall auf der Basis eines Genugtuungskapitals von Fr. 140'000.-- zu
berechnen. Die Beschwerdeführerin macht jedoch auch im Verfahren vor
Bundesgericht eine Genugtuungsrente von mindestens Fr. 50.-- und maximal Fr.
100.-- pro Tag geltend, die kapitalisiert den Betrag von Fr. 140'000.-- bei
weitem übersteigt. Daraus erhellt, dass es der Beschwerdeführerin mit ihrem
Antrag auf Zusprechung einer Genugtuungsrente in erster Linie darum geht,
insgesamt eine höhere als die angemessene Genugtuungssumme von Fr. 140'000.--
zu erwirken. Damit scheint die Beschwerdeführerin aber zu übersehen, dass die
Frage, ob die Genugtuung in Form eines Kapitals oder einer Rente ausgerichtet
wird, keinen Einfluss auf die Genugtuungsbemessung haben darf, sondern nur
die Abgeltungsform betrifft. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
ist das jugendliche Alter der Geschädigten im Unfallzeitpunkt - und damit die
längere Leidensdauer - nicht ausschlaggebend für die Frage, ob ein
Genugtuungskapital oder eine Genugtuungsrente zugesprochen wird. Vielmehr ist
das Alter des Verletzten bzw. die Leidensdauer eines von mehreren Kriterien
(Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen), das bei der
Genugtuungsbemessung in Betracht fällt und von der Vorinstanz auch
berücksichtigt worden ist (vgl. E. 3.3). Demgegenüber hat das Alter des
Geschädigten auf die Abgeltungsform (Kapital oder Rente) keinen Einfluss.

4.4 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist auch der Umstand, dass
das Militärversicherungsgesetz eine Integritätsschadenrente vorsieht (Art. 48
ff. MVG [SR 833.1]), für den hier zu beurteilenden Fall nicht
ausschlaggebend. Eine im Sozialversicherungsrecht vorgesehene Spezialregelung
für den Bereich der Militärversicherung ist nicht massgebend für die Frage,
wie eine dem Privatrecht unterstehende Genugtuung zu bemessen und abzugelten
ist, zumal nicht einmal in allen Sozialversicherungsbereichen gleiche
Berechnungsgrundlagen und Leistungsansätze gelten. Die kapitalisierten
Leistungen in der Militärversicherung liegen in der Regel deutlich über dem,
was der Versicherte bei gleichartiger Schädigung seitens der
Unfallversicherer erhält. Dies wird allgemein damit begründet, dass der
Versicherte im Rahmen der Wehrpflicht besonderen Risiken ausgesetzt ist, die
im Versicherungsfall eine grosszügige Entschädigung rechtfertigen (Jürg
Maeschi, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG]) vom
19. Juni 1992, Bern 2000, N 8 Vorbemerkungen zu Art. 48-50, mit Hinweisen).
Eine generelle Anwendung dieser Sonderregeln ist nicht angebracht.

4.5
Aus diesen Gründen erweist sich der Antrag der Beschwerdeführerin, es sei ihr
eine Genugtuungsrente von mindestens Fr. 50.-- bzw. maximal Fr. 100.-- pro
Tag zuzusprechen, als unbegründet. Eine Rente berechnet auf einem
Genugtuungskapital von Fr. 140'000.-- verlangt die Beschwerdeführerin nicht.

5.
Da die von der Vorinstanz berechnete Genugtuungssumme von Fr. 140'000.--
angemessen ist (E. 3) und eine Genugtuungsrente in der beantragten Höhe von
mindestens Fr. 50.-- und maximal Fr. 100.-- pro Tag ausser Betracht fällt (E.
4), ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die
Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und
Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 12'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Januar 2008

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Mazan