Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.304/2007
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4A_304/2007 /zga

Urteil vom 7. November 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Mazan.

A. ________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Philipp Perren.

Mietvertrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Zivilgerichtshof I,
vom 13. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
A. ________ war Eigentümer eines Helikopters der Marke HB-XBA Bell 206 Jet
Ranger, den er an seine A.________ AG (Beschwerdeführerin) vermietet hatte.
Dieser Helikopter wurde von der Air Zermatt AG (Beschwerdegegnerin) vom 14.
Oktober 1996 bis zum 28. Februar 1997 sowie ab dem 19. April 1997 bis zum 20.
Juni 1999 gegen Entgelt benutzt. Das Vertragsverhältnis zwischen den
Prozessparteien sah vor, dass die Beschwerdegegnerin als Miete einen
Flugpreis pro Minute (zunächst Fr. 9.50 pro Minute, ab 1. Januar 1999 Fr.
12.50 pro Minute) zu bezahlen hatte. Von der geschuldeten Miete konnte die
Beschwerdegegnerin jedoch die Kosten für Unterhaltsarbeiten abziehen, welche
diese bei der Heliswiss in Auftrag gab und welche die Heliswiss der
Beschwerdegegnerin - teilweise unter Gewährung eines Kundenrabatts von 12 % -
in Rechnung stellte.
Im Zusammenhang mit der Helikoptermiete macht die Beschwerdeführerin
gegenüber der Beschwerdegegnerin eine Forderung im Gesamtbetrag von Fr.
69'149.70 geltend. Diese Forderung umfasst insbesondere einen Teilbetrag von
Fr. 11'233.15, welchen die Beschwerdeführerin damit begründet, dass die
Beschwerdegegnerin die Mehrwertsteuer auf den Abrechnungen der Heliswiss für
ausgeführte Unterhaltsarbeiten ungenügend deklariert habe, weshalb der Fiskus
ihre Vorsteuerabzüge von Fr. 11'233.15 nicht akzeptiert habe.

B.
Am 10. Oktober 2007 reichte die Beschwerdeführerin Klage beim Bezirksgericht
Visp ein und beantragte, die Beschwerdegegnerin sei zur Bezahlung von Fr.
69'149.70 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 15. Juni 1999 zu verpflichten. Mit
Urteil vom 13. Juli 2007 verpflichtete das Kantonsgericht des Kantons Wallis
die Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin Fr. 2'716.70 nebst Zins zu 5 %
seit dem 9. Februar 2000 und Fr. 7'940.-- nebst Zins zu 5 % seit dem 12. Juli
2003 zu bezahlen; alle anders lautenden oder weitergehenden Rechtsbegehren
wurden abgewiesen. Sodann regelte das Kantonsgericht die Kosten- und
Entschädigungsfolgen. Für unbegründet hielt das Kantonsgericht insbesondere
die Forderung von Fr. 11'233.15, welche die Beschwerdeführerin wegen nicht
mehrwertsteuerkonformer Abrechnung, welche die Geltendmachung des
Vorsteuerabzugs verunmöglicht haben soll, geltend macht.

C.
Mit Beschwerde vom 17. August 2007 (Postaufgabe am 21. August 2007) beantragt
die Beschwerdeführerin sinngemäss, dass die Beschwerdegegnerin zusätzlich zum
Betrag, der vom Kantonsgericht zugesprochen wurde, zu verpflichten sei, Fr.
11'233.15 nebst Zins zu 5 % seit dem 9. Februar 2000 zu bezahlen; ferner sei
die Kosten- und Entschädigungsregelung entsprechend anzupassen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten.
Eventuell sei die Beschwerde abzuweisen. Subeventuell sei das Urteil
bezüglich Erwägung 7 und 9 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung ans
Kantonsgericht zurückzuweisen.
Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

D.
Am 17. Oktober 2007 (Postaufgabe am 18. Oktober 2007) erstattete die
Beschwerdeführerin unaufgefordert eine Stellungnahme zur Vernehmlassung der
Beschwerdegegnerin.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss Art. 74 Abs. 1 BGG ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die
Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert in arbeits- und mietrechtlichen
Fällen mindestens Fr. 15'000.-- (lit. a) und in allen übrigen Fällen
mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (lit. b). Dabei bestimmt sich die Berechnung
des Streitwertes gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG bei Beschwerden gegen
Endentscheide nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben
sind. Im vorliegenden Fall war im Verfahren vor Bezirksgericht Visp bzw.
Kantonsgericht Wallis ein Betrag von Fr. 69'149.70 streitig. Der Umstand,
dass im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht nur noch der Teilbetrag von Fr.
11'233.15 umstritten ist, hat entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin
für die Bestimmung des relevanten Streitwerts keine Bedeutung. Die
gesetzliche Streitwertgrenze - gemessen am umstrittenen Betrag vor Vorinstanz
- ist damit erreicht, weshalb insoweit auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist einzig die Frage umstritten, ob die
Beschwerdegegnerin die Rechnungen, die ihr von der Heliswiss für
Unterhaltsarbeiten am gemieteten Hubschrauber gestellt wurden,
mehrwertsteuerkonform bei der Berechnung der Miete in Abzug brachte, so dass
die Beschwerdeführerin den entsprechenden Vorsteuerabzug geltend machen
konnte. Das Kantonsgericht führte dazu aus, die Abrechnungen der
Beschwerdegegnerin hätten in Bezug auf die Unterhaltsarbeiten der Heliswiss
den mehrwertsteuerkonformen Inhalt "bei weitem nicht" erfüllt. Allerdings
habe die Beschwerdeführerin trotz Kontrollpflicht die erhaltenen Belege nur
ungenügend auf deren Mehrwertsteuerkonformität überprüft und deren
augenscheinliche Unzulänglichkeiten ignoriert. Es wäre der Beschwerdeführerin
nach Erhalt der jeweiligen Abrechnungen ohne weiteres zuzumuten gewesen,
postwendend von der Beschwerdegegnerin mehrwertsteuerkonforme Rechungen für
die abgezogenen Unterhaltsleistungen einzufordern. Dies habe sie aber nicht
getan. Dieses Unterlassen müsse sich die Beschwerdeführerin als erhebliches
Selbstverschulden anrechnen lassen, welchem unter dem Gesichtspunkt der
adäquaten Kausalität ein derart grosses Gewicht zukomme, dass es die anderen
behaupteten Ursachen des Schadens verdränge. Es unterbreche den
Kausalzusammenhang zwischen der möglichen Sorgfaltspflichtverletzung der
Beschwerdegegnerin und dem entstandenen Schaden. Diese Begründung wird von
der Beschwerdeführerin in verschiedener Hinsicht beanstandet.

2.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG
erhoben werden. Dabei ist es Sache des Beschwerdeführers, die Beschwerde
hinreichend zu begründen (Art. 42 Abs. 1 BGG). Andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht legt seiner
Beurteilung den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2
BGG). Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
anfechten will, muss substantiiert darlegen, inwiefern die Voraussetzungen
einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind. Andernfalls kann ein
Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht,
nicht berücksichtigt werden (BGE 130 III 138 E. 1.4 S. 140).

2.2 In tatsächlicher Hinsicht räumt die Beschwerdeführerin ein, dass eine
Kontrollpflicht bezüglich der Abrechnungen der Beschwerdegegnerin im Hinblick
auf die Geltendmachung eines möglichen Vorsteuerabzugs bestehe. Allerdings
habe sie diese Kontrollpflicht gar nicht wahrnehmen können, da sie von der
Beschwerdegegnerin "trotz mehrmaliger Aufforderungen" gar nie
mehrwertsteuerkonforme Belege erhalten habe. Diesbezüglich kann dem
angefochtenen Urteil jedoch nicht entnommen werden, dass die
Beschwerdeführerin die Gegenpartei mehrmals aufgefordert hätte,
mehrwertsteuerkonforme Dokumente vorzulegen. Da das Bundesgericht wie erwähnt
grundsätzlich an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden ist
(Art. 105 Abs. 1 BGG), kann die Beschwerdeführerin mit ihrer ergänzenden
Sachdarstellung nicht gehört werden. Daran ändert auch der Hinweis nichts,
dass die Beschwerdegegnerin neun mal schriftlich aufgefordert worden sei,
mehrwertsteuerkonforme Abrechnungen im Hinblick auf den Vorsteuerabzug
vorzulegen. Allein mit dem Hinweis auf diese neun Schreiben ist nicht
dargetan, weshalb die Feststellung des Kantonsgerichtes, es sei der
Beschwerdeführerin zumutbar gewesen, postwendend nach Erhalt der jeweiligen
Abrechnungen mehrwertsteuerkonforme Belege einzufordern, was sie nicht getan
habe, verfassungswidrig sein soll.

2.3 Wenn in tatsächlicher Hinsicht aber fest steht, dass die
Beschwerdeführerin ihre Kontrollpflicht nicht wahrgenommen hat, ist der
rechtliche Schluss der Vorinstanz nicht zu beanstanden, wonach sich die
Beschwerdeführerin diese Unterlassung als erhebliches Selbstverschulden
anrechnen lassen muss, welches den Kausalzusammenhang zwischen einer
allfälligen Sorgfaltspflichtverletzung der Beschwerdegegnerin und dem
entstandenen Schaden unterbricht. Diese rechtliche Würdigung des
Sachverhaltes durch die Vorinstanz wird von der Beschwerdeführerin denn auch
mit keinem Wort kritisiert.

3.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit überhaupt darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die
Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und
Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis,
Zivilgerichtshof I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. November 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
Klett Mazan