Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.256/2007
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4A_256/2007 /len

Urteil vom 8. November 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Hürlimann.

Paritätische Berufskommission Bauhauptgewerbe Kanton Luzern,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Zgraggen.

Landesmantelvertrag; Aufhebung eines Beschlusses,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer
als Appellationsinstanz,
vom 23. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin) ist eine ausländische Unternehmung,
deren Zweck gemäss Handelsregisterauszug ihrer schweizerischen
Zweigniederlassung der Bau von Wasser- und Abwasserleitungen, Erdgas- und
Ölleitungen, Strassenbau sowie weiteren Tätigkeiten auf dem Gebiet der
Konstruktion und Wartung von Bauten und Anlagen ist. Im Rahmen eines
öffentlichen Ausschreibungsverfahrens im Frühjahr 1999 wurde sie von der
B.________ AG beauftragt, die Transitgasleitung des internationalen
Erdgastransportsystems in einem bestimmten Abschnitt neu zu erstellen. Einen
Teil der dafür notwendigen Tiefbauarbeiten vergab die Beschwerdegegnerin der
C.________ AG und der D.________ AG. Auf Verlangen von nicht berücksichtigten
Baufirmen und Verbandsmitgliedern beauftragte die Paritätische
Berufskommission Bauhauptgewerbe Kanton Luzern (Beschwerdeführerin), ein
Verein im Sinn von Art. 60 ZGB, den Lohnbuchrevisor E.________ mit
Lohnbuchkontrollen bei der Beschwerdegegnerin. Am 15. Oktober 1999 reichte
dieser einen ersten Kontrollbericht ein, dem am 26. April 2000 eine
erweiterte Lohnbuchkontrolle folgte. Mit Beschluss vom 10. Oktober 2000
stellte die Beschwerdeführerin gestützt auf die Lohnbuchkontrollen fest, dass
die Beschwerdegegnerin ihren Mitarbeitern von April bis November 1999
insgesamt Fr. 1'048'877.75 brutto an geldwerten Leistungen vorenthalten sowie
gegen verschiedene Bestimmungen des Landesmantelvertrags für das
Bauhauptgewerbe 1998-2000 (LMV 2000) vom 13. Februar 1998 verstossen haben
soll, und auferlegte ihr eine Konventionalstrafe in der Höhe von Fr.
786'000.-- sowie die Kontroll-, Neben- und Verfahrenskosten im Betrag von
insgesamt Fr. 39'896.10.

B.
Die Beschwerdegegnerin focht diesen Entscheid mit Klage vom 28. Oktober 2000
beim Amtsgericht Luzern-Stadt an mit dem Begehren, der Entscheid der
Beschwerdeführerin sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die
Beschwerdegegnerin dem LMV 2000 nicht unterstehe. Eventualiter sei
festzustellen, dass sie den LMV 2000 nicht verletzt habe. Eventualiter sei
festzustellen, dass zwei Meldungen betreffend Samstagsarbeit (Art. 27 LMV
2000) auf Grund falscher Auskünfte der Beschwerdeführerin nicht erfolgt und
deshalb nicht der Beschwerdegegnerin anzulasten seien. Eventualiter sei eine
Expertise über die Berechnungsgrundlagen für einen Bruttolohnvergleich im
Bauhauptgewerbe betreffend den Heimatstaat der Beschwerdegegnerin und der
Schweiz durch das schweizerische Sekretariat für Staatswirtschaft (SECO) zu
erstellen.
Mit Urteil vom 26. Juli 2006 stellte das Amtsgericht Luzern-Stadt in
teilweiser Gutheissung der Klage fest, dass die Beschwerdegegnerin den LMV
2000 hinsichtlich der Überstundenregelung nicht verletzt hat. Im Übrigen
wurde die Klage abgewiesen und der Entscheid der Beschwerdeführerin vom 10.
Oktober 2000 bestätigt. Die Beschwerdegegnerin wurde daher verpflichtet, der
Beschwerdeführerin eine Konventionalstrafe in der Höhe von Fr. 786'000.--
zuzüglich Verfahrenskosten von Fr. 39'896.10 zu bezahlen.

C.
Die Beschwerdegegnerin erhob am 28. August 2006 Appellation und beantragte
dem Obergericht des Kantons Luzern, das Urteil des Amtsgerichts Luzern-Stadt
vom 26. Juli 2006 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die
Beschwerdegegnerin dem LMV 2000 nicht unterstehe. Eventualiter sei
festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin den LMV 2000 betreffend Art. 27
(Meldepflicht), Art. 41 (Unterschreitung der Basisbruttolöhne) sowie
betreffend Art. 24 und 43 (Lohnklasseneinteilung) nicht verletzt habe. In
ihrer Appellationsbegründung ergänzte sie ihre Anträge mit dem Begehren, dass
eventualiter die auferlegte Konventionalstrafe mindestens auf die Hälfte,
d.h. auf Fr. 400'000.-- herabzusetzen sei.
Mit Urteil vom 23. Mai 2007 hob das Obergericht des Kantons Luzern den
Beschluss der Beschwerdeführerin vom 10. Oktober 2000 auf und stellte fest,
dass die Beschwerdegegnerin dem LMV 2000 nicht untersteht.

D.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 3. Juli 2007 beantragt die
Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons
Luzern vom 23. Mai 2007 sei aufzuheben und das Urteil des Amtsgerichts
Luzern-Stadt vom 26. Juli 2006 sei zu bestätigen. Sie rügt die unrichtige
Feststellung des Sachverhalts nach Art. 97 BGG sowie die Verletzung von Art.
1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von
Gesamtarbeitsverträgen vom 28. September 1956 (SR 221.215.311; im Folgenden:
AVEG). In prozessualer Hinsicht verlangt sie die Erteilung der aufschiebenden
Wirkung.
Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Antwort, die Beschwerde sei
abzuweisen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 23. Mai
2007 sei zu bestätigen. Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden könne.

E.
Mit Verfügung vom 9. Juli 2007 erteilte das Bundesgericht der Beschwerde
superprovisorisch aufschiebende Wirkung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Mit vorliegendem Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung
gegenstandslos.

1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung
der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit
Hinweisen).

1.3 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge
nach Art. 97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes
wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um
die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger
Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind
strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde
gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in
Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von
den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten
gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese Feststellungen
willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen
Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen
mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen
Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden. Vorbehalten bleiben
offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem
Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f. mit
Hinweisen).
Der sinngemäss erhobene Vorwurf der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe
eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen, genügt den
Begründungsanforderungen nicht. Soweit die Beschwerdeführerin in ihren
Ausführungen von einem anderen als dem im Urteil festgestellten Sachverhalt
ausgeht, ohne überhaupt eine Sachverhaltsrüge zu erheben, ist sie ebenso
wenig zu hören.

1.4 Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur
soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt (im gleichen Sinne schon die Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde:
BGE 128 I 354 E. 6c S. 357 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist darzutun,
inwiefern die erwähnte Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von
Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Die von der
Beschwerdeführerin hier vorgetragene blosse Behauptung, erst der angefochtene
Entscheid habe Anlass zur Nachreichung von Dokumenten gegeben, ist
unzureichend. Die neu ins Recht gelegten Schriftstücke sind daher
unbeachtlich.

2.
Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, Art. 1 Abs. 1 AVEG verletzt
zu haben, als es zum Schluss kam, die Beschwerdegegnerin sei dem LMV 2000
nicht unterstellt, weil es an einem direkten Konkurrenzverhältnis fehle.

2.1 Bei einem Branchen- bzw. Industrievertrag unterstehen diejenigen
Arbeitnehmer dem GAV, die in einem bestimmten Wirtschaftszweig tätig sind
(Urteil 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.1). Die Frage, welchem
Wirtschaftszweig ein Unternehmen zuzurechnen ist, beantwortet sich nach der
Tätigkeit, die ihm das Gepräge gibt; entscheidend ist nicht der
Handelsregistereintrag, sondern die tatsächliche Tätigkeit (Urteile
4C.191/2006 vom 17. August 2006 E. 2.2; 4C.409/1995 vom 15. Mai 1996 E. 2b).
Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit gilt der GAV für den ganzen Betrieb und
somit auch für berufsfremde Arbeitnehmer, wobei regelmässig gewisse
Funktionsstufen und besondere Anstellungsverhältnisse ausgenommen werden.
Allerdings kann ein Unternehmen mehrere Betriebe umfassen, welche
unterschiedlichen Branchen angehören, oder es können innerhalb ein und
desselben Betriebes mehrere Teile bestehen, welche eine unterschiedliche
Zuordnung rechtfertigen, weil sie eine genügende, auch nach aussen erkennbare
Selbständigkeit aufweisen. In diesen Fällen können dann auf die einzelnen
Teile des Unternehmens unterschiedliche Gesamtarbeitsverträge zur Anwendung
gelangen. Massgebliches Zuordnungskriterium bei einem Industrievertrag ist
somit die Art der Tätigkeit, die dem Betrieb oder dem selbständigen
Betriebsteil - und nicht dem Unternehmen als wirtschaftlichem Träger
allenfalls mehrerer Betriebe - das Gepräge gibt (Urteile 4C.45/2002 vom 11.
Juli 2202 E. 2.1.1;           4C.350/2000 vom 12. März 2001 E. 3b).

2.2 Gemäss Art. 1 Abs. 1 AVEG kann der Geltungsbereich eines zwischen
Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags auf Antrag aller
Vertragsparteien durch Anordnung der zuständigen Behörde auf Arbeitgeber und
Arbeitnehmer des betreffenden Wirtschaftszweiges ausgedehnt werden, die am
Vertrag nicht beteiligt sind. Die Allgemeinverbindlicherklärung will
einheitliche Mindestarbeitsbedingungen für die auf dem gleichen Markt tätigen
Unternehmen schaffen und damit verhindern, dass ein Unternehmen durch
schlechtere Arbeitsbedingungen einen Wettbewerbsvorteil erlangen kann (Urteil
4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.2.2), der als unlauter gilt (vgl. zu Art. 7
UWG etwa Baudenbacher/Glöckner, in: Baudenbacher, Lauterkeitsrecht, Kommentar
zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb [UWG], N. 3 und N. 11 f. zu Art. 7
UWG). Es ist bei der Allgemeinverbindlicherklärung in verfassungskonformer
Auslegung von Art. 1 Abs. 1 AVEG darauf zu achten, dass direkte Konkurrenten
in ihrer Wirtschaftsfreiheit gleichmässig eingeschränkt werden und im
wirtschaftlichen Wettbewerb gleich lange Spiesse erhalten (vgl. Art. 28 und
Art. 94 Abs. 4 BV). Zum selben Wirtschaftszweig sind nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung Betriebe zu zählen, die zueinander
insofern in einem direkten Konkurrenzverhältnis stehen, als sie Erzeugnisse
oder Dienstleistungen gleicher Art anbieten (Urteile 4C.191/2006 vom 17.
August 2006 E. 2.2; 4P.49/2006 vom 24. April 2006 E. 3.3; 4C.391/2001 vom
30. April 2002 E. 3.1; 4C.45/2002 vom 11. Juli 2002 E. 2.1.2;
4C.409/1995 vom 15. Mai 1996 E. 2a).

2.3 Beim LMV 2000 handelt es sich um einen Branchenvertrag (Urteil
4C.350/2000 vom 12. März 2001 E. 3a), den der Bundesrat mit Beschluss vom 10.
November 1998 für allgemeinverbindlich erklärt hat (BBl 1998 S. 5643); gemäss
Art. 2 Abs. 5 des Beschlusses gelten bestimmte allgemeinverbindlich erklärte
Bestimmungen auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland. Nach den
Feststellungen der Vorinstanz bestand die Tätigkeit des Betriebsteils der
Beschwerdegegnerin in der Schweiz im Verlegen einer Erdgasleitung, im
Speziellen eines Teils der Erdgashochdruckleitung, die die Erdgasfelder
Nordeuropas mit Italien verbindet und auch der Erdgasversorgung der Schweiz
dient. Die Beschwerdegegnerin untersteht nach eigenen Angaben in ihrem
Heimatstaat dem Gesamtarbeitsvertrag des Metallgewerbes. Das Obergericht
hielt auf Grund der zu beurteilenden Tätigkeiten sowohl eine Unterstellung
des Betriebs unter den vom Bundesrat für allgemeinverbindlich erklärten
Landes-Gesamtarbeitsvertrag für das Metallgewerbe als auch eine Unterstellung
unter den LMV 2000 für denkbar. Es liess jedoch die Frage offen, welcher GAV
letztlich zur Anwendung kommt. Die Unterstellung unter den LMV 2000 verneinte
es mit der Begründung, die Beschwerdegegnerin stehe mit keinem
schweizerischen Betrieb in einem direkten Konkurrenzverhältnis, da es in der
Schweiz keine Unternehmung gebe, die über das erforderliche technische
Fachwissen für die Errichtung der nationalen Transitgasleitung verfüge.
Umfasse das Angebot des einheimischen Baugewerbes lediglich einen Teilbereich
des Pipelinebaus, gewissermassen in einer Hilfsfunktion, vermöge es mit dem
Angebot der Beschwerdegegnerin in Bezug auf die Gesamtleistung nicht zu
konkurrieren, weshalb eine Unterstellung der Beschwerdegegnerin unter den LMV
2000 nicht gerechtfertigt erscheine.

2.4 Der Vorinstanz ist insoweit Recht zu geben, als ein Betrieb, der eine auf
dem einheimischen Markt konkurrenzlose Tätigkeit anbietet, mit Bezug auf
diese Tätigkeit keinem allgemeinverbindlich erklärten GAV untersteht, da ein
unlauterer Wettbewerbsvorteil gar nicht erlangt werden kann. Entgegen der
Ansicht der Vorinstanz führt dies jedoch nicht dazu, dass die Unterstellung
des Betriebs in jedem Fall ausgeschlossen ist. Führt das Unternehmen nämlich
neben der konkurrenzlosen Spezialtätigkeit Arbeiten aus, die auch von anderen
Unternehmen angeboten werden, und beschäftigt es insoweit auch nicht
spezialisierte Arbeitnehmer, ist eine Konkurrenzsituation zu bejahen. So wird
etwa in der Praxis ein Konkurrenzverhältnis auch angenommen, wenn eine
zunächst ausschliesslich für das eigene Personal zuständige Betriebskantine
beginnt, im Interesse einer besseren Auslastung Speisen an andere Kantinen
abzugeben (vgl. die Auskunft des BIGA vom 2. April 1970, publ. in ARV 1971 S.
21 f.). Der Zweck der Allgemeinverbindlicherklärung, unlautere
Wettbewerbsvorteile zu verhindern, kann nur erreicht werden, wenn die Regeln
des entsprechenden GAV grundsätzlich von sämtlichen Anbietern auf einem
bestimmten Markt eingehalten werden müssen. Sobald daher ein Betrieb in nicht
offensichtlich untergeordnetem Umfang in einem Markt auftritt, für den ein
allgemeinverbindlich erklärter GAV gilt, kommen - unbesehen einer
konkurrenzlosen Spezialtätigkeit - die allgemeinen Grundsätze für die
Unterstellung zur Anwendung (vgl. oben E. 2.1). Die fehlende Konkurrenz auf
dem Gebiet der Spezialisierung hat allein zur Folge, dass die entsprechenden
Tätigkeiten ausser Betracht bleiben. Die Unterstellung unter einen
allgemeinverbindlich erklärten GAV ist damit ausschliesslich nach den
Tätigkeiten zu beurteilen, die von einem Unternehmen im Blick auf seine
Angebote am Markt - das heisst im Wettbewerb - ausgeübt werden; fallen diese
unter verschiedene Wirtschaftszweige, ist festzustellen, welche Aktivität dem
Betrieb bzw. dem Betriebsteil das Gepräge gibt. Das hat die Vorinstanz
verkannt, wenn sie wegen der konkurrenzlosen Spezialangebote unbesehen der
Leistungen, die die Beschwerdegegnerin in Konkurrenz mit Mitbewerbern anbot,
die Unterstellung unter den LMV 2000 verneinte.

2.5 Nach den Feststellungen der Vorinstanz führte die Beschwerdegegnerin über
ihre konkurrenzlose Spezialtätigkeit im Rohrleitungsbau hinaus auch
Bauarbeiten aus, die von einheimischen Unternehmen ebenfalls angeboten
werden. Die Beschwerdegegnerin bestreitet nicht, dass diese Arbeiten ihrer
Art nach unter den LMV 2000 fallen. Den tatsächlichen Feststellungen im
angefochtenen Entscheid lässt sich jedoch nicht entnehmen, welchen Umfang und
welche Bedeutung diese Arbeiten im Vergleich zu allfälligen anderen
Tätigkeiten im Betrieb der Beschwerdegegnerin aufwiesen, mit denen sich diese
im Wettbewerb behaupten musste. Dem angefochtenen Entscheid lässt sich auch
nicht entnehmen, ob die fraglichen Bauarbeiten von Hilfskräften ausgeführt
wurden oder ob sie allenfalls von den Spezialisten selber erbracht wurden.
Träfe dies zu, weil sich die Arbeiten etwa nicht vernünftig von den
Spezialwissen erfordernden Aufgaben trennen lassen und dementsprechend der
Beizug nicht spezialisierter Arbeitskräfte für den Betrieb unrentabel wäre,
läge in Bezug auf diese Arbeiten grundsätzlich keine direkte
Konkurrenzsituation vor. Auf der Grundlage der Feststellungen im
angefochtenen Entscheid lässt sich nicht beurteilen, ob die Vorinstanz die
Unterstellung des Betriebs der Beschwerdegegnerin in der Schweiz unter den
allgemeinverbindlich erklärten LMV 2000 im Ergebnis zutreffend verneint hat.
Die Sache ist deshalb zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom
23. Mai 2007 ist aufzuheben und die Sache ist gestützt auf Art. 107 Abs. 2
BGG an die Vorinstanz zurückzuweisen. Angesichts des offenen Ausgangs des
kantonalen Verfahrens rechtfertigt es sich, praxisgemäss die Gerichtsgebühr
den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und die Parteikosten für das
bundesgerichtliche Verfahren wettzuschlagen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist.
Das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 23. Mai 2007 wird
aufgehoben und die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 9'000.-- wird den Parteien je zur Hälfte
auferlegt.

3.
Die Parteikosten werden wettgeschlagen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. November 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Corboz Hürlimann