Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.234/2007
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007


4A_234/2007/len

Urteil vom 10. September 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Hatzinger.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Neese,

gegen

Y.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Francesco Naef.

Garantieerklärung,

Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons
Zug, Zivilrechtliche Abteilung, vom 22. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
A.a Die Y.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) betreibt u.a. Handel mit
Eisenerz; die X.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) betätigt sich u.a.
im Rohstoffhandel. Nach Darstellung der Klägerin unterzeichnete A.________ am
22. Juli 1998 in Moskau namens der Beklagten eine Garantieerklärung. Danach
habe sich die Beklagte verpflichtet, den der Klägerin zustehenden Kaufpreis
aus einem an eine Firma mit Domizil in Nikosia/Zypern erfolgten Verkauf von
Eisenerz nach vorherigem schriftlichen Ersuchen und unter Verzicht auf
Einreden und Einwendungen bis zum Maximalbetrag von USD 854'437.50 zu
bezahlen. Nach Inanspruchnahme aus dieser Garantie verweigerte die Beklagte
jegliche Zahlung.

A.b Am 20. Oktober 2000 gelangte die Klägerin an das Kantonsgericht Zug und
forderte von der Beklagten gestützt auf die Garantie vom 22. Juli 1998 den
Betrag von USD 825'212.25 zuzüglich Zins. Die Beklagte beantragte Abweisung
dieser Klage und verlangte von der Klägerin widerklageweise ca. 3 Mio. US
Dollar. Die Widerklage blieb insofern erfolglos, als das Bundesgericht mit
Urteil vom 24. Januar 2003 in Gutheissung einer entsprechenden Berufung der
Klägerin die örtliche Zuständigkeit der zugerischen Gerichte verneinte. Die
Klage wies das Kantonsgericht am 25. April 2005 ab. Gegen dieses Urteil
reichte die Klägerin beim Obergericht Berufung ein.

B.
Mit Urteil vom 22. Mai 2007 hob das Obergericht in Gutheissung der Berufung
den angefochtenen Entscheid auf und wies die Sache zur weiteren Entscheidung
an das Kantonsgericht zurück. Das Obergericht schloss aufgrund einer
Gerichtsexpertise und einem zweiten Gutachten, die Echtheit der
Garantieerklärung könne nicht festgestellt werden. Indem das Kantonsgericht
die Befragung der von der Klägerin offerierten Zeugin und Verfasserin der
Garantie abgelehnt habe, habe sie das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt.
Das Obergericht führte diese Befragung selber durch und kam aufgrund der
seiner Ansicht nach glaubhaften und überzeugenden Aussagen der Zeugin zum
Ergebnis, die Garantieerklärung sei echt; damit würden sich weitere von der
Klägerin beantragte Zeugeneinvernahmen erübrigen.

C.
Die Beklagte hat am 21. Juni 2007 beim Bundesgericht Beschwerde in
Zivilsachen eingereicht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts
aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beschwerdeführerin rügt eine
Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) durch die Vorinstanz aufgrund
willkürlicher Beweiswürdigung.
Antragsgemäss hat der Abteilungspräsident mit Verfügung vom 12. Juli 2007 der
Beschwerde aufschiebende Wirkung gewährt.
Das Obergericht beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdegegnerin
beantragt zur Hauptsache, auf die Beschwerde nicht einzutreten; "im
Nebensächlichen" sei diese abzuweisen, eventualiter nach Annahme bestimmter
Beweise.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Weil der angefochtene Entscheid nach dem Datum des Inkrafttretens des
Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110), dem 1. Januar 2007
(AS 2006, 1242), ergangen ist, untersteht die Beschwerde diesem Gesetz (Art.
132 Abs. 1 BGG).

2.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 132 III 291 E. 1).

2.1 Die Beschwerde (in Zivilsachen) ist zulässig gegen Endentscheide, d.h.
Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Der vorliegend
angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab; das Obergericht wies
die Sache an das Kantonsgericht zurück zur weiteren Entscheidung und
insbesondere zur Prüfung der übrigen von der Beklagten gegen ihre
Zahlungsverpflichtung erhobenen Einwände. Es liegt demnach kein Endentscheid
vor.

2.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich, wie die Beschwerdeführerin
zutreffend erkannt hat, um einen selbständig eröffneten Zwischenentscheid
(Art. 93 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 132 III 785 E. 2). Da dieser weder die
Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren zum Gegenstand hat (Art. 92 BGG),
ist die Beschwerde nur zulässig, wenn eine der folgenden zwei Voraussetzungen
erfüllt ist: Erstens, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Diese Voraussetzung wird
von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht und ist vorliegend auch
nicht ersichtlich. Zweitens, wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen
Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und
Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1
lit. b BGG; vgl. BGE 122 III 254 E. 2a). Diese Voraussetzung übernimmt die
Vorschrift von Art. 50 OG (vgl. Botschaft zur Totalrevision der
Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4334). Die diesbezügliche Rechtsprechung
behält demnach Geltung.

3.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin könnte das Bundesgericht,
selbst wenn es deren Willkürrüge gutheissen würde, in Bezug auf den
Verfahrensgegenstand - die Echtheit der Garantieerklärung - keinen sofortigen
Endentscheid fällen; es wäre nicht selber in der Lage, in einem vom
angefochtenen Entscheid abweichenden Urteil abschliessend und endgültig über
den streitigen Anspruch zu befinden (vgl. BGE 127 III 433 E. 1c/aa; 122 III
254 E. 2a), sondern es müsste den vorliegenden Fall an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung zurückweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdegegnerin
beantragte in den kantonalen Verfahren insbesondere auch die Befragung
mehrerer Zeugen zur Frage der Echtheit der Garantie. Die Vorinstanz befragte
indes nur eine Zeugin und verzichtete aufgrund deren glaubhaften und
überzeugenden Aussagen auf weitere Zeugeneinvernahmen. Wäre diese
Beweiswürdigung willkürlich, könnte das Bundesgericht die Klage nicht mit der
Begründung abweisen, die Echtheit der Garantieerklärung sei nicht bewiesen
worden, da die anderen von der Beschwerdegegnerin offerierten Zeugen nicht
einvernommen worden sind. Dies wäre eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
der Klägerin, würde eine Abweisung der Klage doch dazu führen, dass
grundsätzlich taugliche Beweisanträge nicht berücksichtigt würden; dass die
Anträge nach Massgabe der anwendbaren Verfahrensvorschriften nicht
rechtzeitig und formrichtig gestellt worden sind (vgl. BGE 123 III 485 E. 1
a.E. mit Hinweis), wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
Auf die Beschwerde kann somit nicht eingetreten werden.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66
Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 7'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. September 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: