Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.215/2007
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2007


4A_215/2007 /zga

Urteil vom 20. Juli 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiberin Sommer.

X. ________,
Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Fritz Keller,

gegen

Z.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Heidi
Pfister-Ineichen.

Urheberrecht,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil
des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer,
vom 1. Mai 2007.

Sachverhalt:

A.
X. ________ (Beschwerdeführer 1) ist Eigentümer der Parzelle Nr. 000,
Grundbuch A.________. Sein Cousin Y.________ (Beschwerdeführer 2) ist
Eigentümer der angrenzenden Parzelle Nr. 111, Grundbuch A.________. Die
Z.________ AG (Beschwerdegegnerin) schloss am 30. April/12. Mai 2003 mit dem
Beschwerdeführer 1 betreffend das Grundstück Nr. 000 und am 19./26. August
2003 mit dem Beschwerdeführer 2 betreffend das Grundstück Nr. 111 eine
Reservations- und Entwicklungsvereinbarung ab. Inhalt und Ziel der beiden
gleichlautenden Vereinbarungen war die Realisierung eines Wohnbauprojekts
durch die Beschwerdegegnerin als Totalunternehmerin auf den Grundstücken der
Beschwerdeführer. Die Beschwerdegegnerin verpflichtete sich, auf eigene
Kosten und eigenes Risiko die Planung (sowie nach Möglichkeit die spätere
Bauausführung als Total-/Generalunternehmerin) zu übernehmen. Die
Beschwerdeführer verpflichteten sich, ihre Grundstücke an von der
Beschwerdegegnerin zu suchende Investoren bzw. Wohnungskäufer zum Preis von
Fr. 120.-- pro m2 zu verkaufen. Die Vereinbarungen wurden auf eine feste
Dauer von fünf Jahren (mit Verlängerungsmöglichkeit) abgeschlossen, unter
Vorbehalt des Kündigungsrechts gemäss Ziffer 5. In Ziffer 8 wurde folgende
Klausel zum Schutz des geistigen Eigentums aufgenommen:
"8. Geistiges Eigentum
...
Sollte gemäss Pkt. 5 dieser Vereinbarung Herr X.________ (Y.________)  vom
Recht der Vereinbarungsauflösung Gebrauch machen, und liegt zu diesem
Zeitpunkt bereits auch schon ein rechtskräftiger Gestaltungsplan vor, so darf
Herr X.________ (Y.________) in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer
darüber verfügen. Wenn das Projekt allerdings - bedingt durch diese
Vorleistungen - in der Folge von einem anderen TU/GU oder einem sonstigen
Dritten realisiert wird, verpflichtet sich der Eigentümer zu einer
Entschädigungszahlung an Z.________ AG in Höhe von CHF 150'000.--."
Am 9. Februar 2004 kündigten die beiden Beschwerdeführer die jeweilige
Vereinbarung auf den 10. Mai 2004. Die Beschwerdegegnerin liess am
7. September 2005 die Beschwerdeführer separat für je eine Forderung von Fr.
150'000.-- nebst Zins betreiben. Die Beschwerdeführer erhoben
Rechtsvorschlag.

B.
In der Folge reichte die Beschwerdegegnerin gegen die Beschwerdeführer beim
Amtsgericht Sursee je eine Klage ein auf Bezahlung von Fr. 150'000.-- nebst
Zins zu 5% seit 7. September 2005 und Aufhebung des Rechtsvorschlags. Sie
machte geltend, einen vertraglichen Entschädigungsanspruch nach Ziffer 8 der
Vereinbarungen zu haben. Zusätzlich habe sie einen Anspruch aus Verletzung
ihrer Urheberrechte, der auch dann bestehe, wenn die Voraussetzungen von
Ziffer 8 der Vereinbarungen als nicht gegeben erachtet würden.
Die Verfahren wurden zuständigkeitshalber an das Obergericht des Kantons
Luzern überwiesen und vereinigt. Dieses verpflichtete mit Urteil vom 1. Mai
2007 die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit, der
Beschwerdegegnerin Fr. 150'000.-- nebst Zins zu 5% seit 7. September 2005 zu
bezahlen und hob die Rechtsvorschläge in den entsprechenden Betreibungen auf.
Die Voraussetzungen für einen vertraglichen Entschädigungsanspruch nach
Ziffer 8 der Vereinbarungen betrachtete es als gegeben. Daher prüfte es nicht
mehr, ob die Beschwerdegegnerin einen ausservertraglichen Anspruch gestützt
auf Art. 62 URG geltend machen könne. Es hielt sodann dafür, die
Beschwerdeführer hätten sich gemeinschaftlich verpflichtet, die Entschädigung
von Fr. 150'000.-- zu bezahlen. Diese sei nicht je separat geschuldet.

C.
Die Beschwerdeführer beantragen mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 1. Mai 2007 aufzuheben und die Klagen
abzuweisen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Begehren der
Beschwerdeführer und die Bestätigung des angefochtenen Urteils. Die
Vorinstanz stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei.

D.
Mit Präsidialverfügung vom 6. Juli 2007 wurde das Gesuch der Beschwerdeführer
um Erteilung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110)
ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der
angefochtene Entscheid am 1. Mai 2007 ergangen ist, richtet sich das
Verfahren nach dem BGG (Art. 132 Abs. 1 BGG).

2.
Streitig ist die Auslegung von Ziffer 8 der Vereinbarungen, insbesondere die
Frage, ob die Entschädigung an die wörtliche Voraussetzung geknüpft sei, dass
im Zeitpunkt der Vereinbarungsauflösung ein rechtskräftiger Gestaltungsplan
vorliegt.

2.1 Der Inhalt eines Vertrags bestimmt sich in erster Linie durch subjektive
Auslegung, das heisst, nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen
(Art. 18 Abs. 1 OR). Wenn dieser unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des
mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des
Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und
Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und
mussten (BGE 132 III 24 E. 4 S. 27 f.; 131 III 606 E. 4.1 S. 611; 130 III 66
E. 3.2 S. 71, je mit Hinweisen). Das Bundesgericht überprüft diese
objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an
Feststellungen des kantonalen Richters über die äusseren Umstände sowie das
Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1
BGG; BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67 mit Hinweisen).

2.2 Die Vorinstanz hielt zunächst fest, dass der Gestaltungsplan der
Beschwerdegegnerin am 17. November 2003 dem Gemeinderat von A.________ zur
Genehmigung eingereicht worden sei, der die Genehmigung mit Entscheid vom 5.
Mai 2004 erteilt habe. Der Entscheid sei am 14. Mai 2004 zugestellt worden
und nach unbenutztem Ablauf der Beschwerdefrist von 20 Tagen in Rechtskraft
erwachsen. Die Kündigung der Vereinbarungen durch die Beschwerdeführer sei am
9. Februar 2004 auf den 10. Mai 2004 erfolgt. Im Zeitpunkt des Eintritts der
Wirksamkeit der Kündigung habe demnach der Gemeinderat von A.________ den
Gestaltungsplan zwar bereits genehmigt gehabt. Dieser sei aber noch nicht
rechtskräftig gewesen, weil die Frist zur Einreichung eines Rechtsmittels
noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Einen übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien stellte die Vorinstanz
nicht fest, sondern nahm eine Auslegung nach dem Vertrauensprinzip vor. Dabei
gelangte sie zum Ergebnis, die Abmachung könne vernünftigerweise nur so
verstanden werden, dass im fraglichen Zeitpunkt ein Gestaltungsplan vorliegen
müsse, der genehmigungsfähig sei, d.h. in Übereinstimmung mit den
gesetzlichen Vorschriften erstellt und von der zuständigen Behörde auch
genehmigt worden sei. Bereits am 2. Juli 2003 habe eine Vorprüfung des
Gestaltungsplans durch den Gemeinderat stattgefunden, weshalb bei Einreichung
des Gestaltungsplans am 17. November 2003 und nach Ablauf der Planauflage am
29. Dezember 2003 mit einem baldigen Entscheid habe gerechnet werden können.
Im Zeitpunkt der Vertragsauflösung habe der Gemeinderat den Gestaltungsplan
genehmigt gehabt. Dieser sei mit Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft
erwachsen. Darüber hinaus zu verlangen, dass im massgeblichen Zeitpunkt auch
die Rechtsmittelfrist abgelaufen sein musste, wäre eine rein grammatikalische
oder formalistische Auslegung, die unzulässig sei.
Die Vorinstanz rief dabei in Erinnerung, dass nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung auch ein klarer Wortlaut für die Vertragsauslegung nicht
allein massgebend und eine reine Buchstabenauslegung nicht statthaft ist (BGE
131 III 606 E. 4.2 S. 611; 127 III 444 E. 1b). Die Vorinstanz erachtete es
als fraglich, ob die Parteien den in der Vertragsklausel verwendeten
Fachausdruck im juristisch-technischen Sinn der formellen Rechtskraft, die in
erster Linie an ein zeitliches Element anknüpfe, verstanden hätten. Ohnehin
komme dem Umstand, dass die Parteien einen bestimmten Rechtsbegriff
verwendeten, keine entscheidende Bedeutung zu, vielmehr seien Sinn und Zweck
der Vereinbarung zu ergründen. Eine strenge wörtliche Auslegung rechtfertige
sich nur gegenüber Personen, die im Umgang mit diesen Begriffen erfahren
seien (BGE 131 III 606 E. 4.2 S. 612; 129 III 702 E. 2.4.1 S. 707 f.; 125 III
305 E. 2b S. 308 f.). Zum letzteren Punkt stellte die Vorinstanz fest, dass
dies vorliegend nicht der Fall sei.

2.3 Die Beschwerdeführer rügen einzig, die Feststellung, dass die
Beschwerdegegnerin im Umgang mit dem Begriff "rechtskräftiger
Gestaltungsplan" nicht erfahren sei, sei willkürlich. Es sei
gerichtsnotorisch, dass die Beschwerdegegnerin eine der grösseren
Generalunternehmungen der Schweiz sei. Sie verfüge über einen Rechtsdienst.
Letzteres wollen die Beschwerdeführer mit einem Schreiben vom 31. Mai 2007
belegen, das sie dem Bundesgericht einreichen. Dieses kann jedoch nicht
berücksichtigt werden. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen im
bundesgerichtlichen Verfahren nur soweit vorgebracht werden, als erst der
Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was wiederum
näher darzulegen ist. Die Beschwerdeführer machen dazu jedoch keine
Ausführungen, weshalb ihr Vorbringen und das Schreiben vom 31. Mai 2007
ausser Betracht bleiben müssen. Mit dem Hinweis, bei der Beschwerdegegnerin
handle es sich um eine der grösseren Generalunternehmungen der Schweiz,
vermögen sie die gerügte Feststellung der Vorinstanz nicht als geradezu
willkürlich auszuweisen. Beim Begriff "rechtskräftig" geht es um einen
juristischen Terminus, der in seinem exakten Sinn, namentlich in Bezug auf
seine Anknüpfung an den Ablauf der Fristen für ordentliche Rechtsmittel,
einer Generalunternehmung nicht a priori geläufig sein muss. Willkür ist
nicht aufgezeigt, und die von der Vorinstanz vorgenommene Auslegung wird von
den Beschwerdeführern nicht weiter angefochten.

3.
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'500.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 6'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I.
Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. Juli 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: