Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.187/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_187/2007 /len

Urteil vom 9. Mai 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Parteien
X.________ Versicherungs-Gesellschaft,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Gfeller,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA),
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Walter Fellmann.

Gegenstand
Regress,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts
des Kantons Zürich vom 17. April 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Personalverleihfirma Y.________ stellte A.________ an und vermittelte ihn
ab dem 27. Juli 1998 der Z.________ AG. Am 28. Juli 1998 wurde er von
B.________, einem Angestellten der Z.________ AG, angewiesen, ein Kamin zu
isolieren. Bei diesen Arbeiten stürzte A.________ vom Dachaufbau und zog sich
dabei schwere Verletzungen zu. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte B.________
später wegen fahrlässiger Körperverletzung und stellte seine grundsätzliche
Schadenersatz- und Genugtuungspflicht gegenüber A.________ fest.
Am 5. August 1998 meldete die Firma Y.________l den Unfall der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt, SUVA, welche A.________ in der Folge die gesetzlich
geschuldeten Versicherungsleistungen erbrachte.
Am 20. Oktober 1998 machte die SUVA gegenüber der X.________
Versicherungsgesellschaft als Betriebshaftpflichtversicherung der Z.________ AG
einen Regressanspruch geltend, den die X.________ Versicherungsgesellschaft
bestritt.
Am 7. März 2000 wurde über die Z.________ AG der Konkurs eröffnet. Ihre
Konkursverwaltung trat am 29. Januar 2004 die Ersatzansprüche der Z.________ AG
gegenüber der X.________ Versicherungsgesellschaft, resultierend aus dem Unfall
vom 28. Juli 1998, unter anderem an die SUVA ab.

B.
Am 8. März 2005 belangte die SUVA (Klägerin) die X.________
Versicherungsgesellschaft (Beklagte) beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf
Zahlung von Fr. 317'833.90 nebst Zins zu 5 % auf Fr. 169'471.60 seit dem 11.
August 2000 und auf Fr. 148'362.30 seit dem 28. Januar 2005. Zur Begründung
brachte die Klägerin vor, die Z.________ AG hafte als Geschäftsherrin nach Art.
55 OR, aus Art. 41 OR oder aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für
den A.________ aus dem Unfall vom 28. Juli 1998 erwachsenen Schaden. Die
Beklagte habe als Betriebshaftpflichtversicherung der Z.________ AG für diesen
Schaden einzustehen. Die Beklagte bestritt die Haftung der Z.________ AG für
den Unfall und lehnte deren Deckungsanspruch gestützt auf Art. 7 lit. b der
Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) ab. Diese Bestimmung lautet:

"Von der Versicherung ausgeschlossen sind:
[...]
b) Ansprüche aus Personenschäden, von denen eine durch den Versicherungsnehmer
aufgrund eines Arbeiterstellungsvertrages (Arbeitsmiete bzw. Dienstmiete)
beschäftigten Person in Ausübung ihrer arbeitsvertraglichen oder geschäftlichen
Verrichtung für den versicherten Betrieb betroffen wird. Der Ausschluss ist
dabei auf den Teil des Schadens beschränkt, für den der Versicherungsnehmer
nicht ersatzpflichtig wäre, wenn er die Prämie für die obligatorische
Versicherung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten selber bezahlt hätte.
[...]. "
In einem aussergerichtlichen Teilvergleich einigten sich die Parteien darüber,
dass die umstrittene klägerische Forderung der Höhe nach Fr. 182'330.--
betrage.
Mit Urteil und Beschluss vom 17. April 2007 verpflichtete das Handelsgericht
die Beklagte, der Klägerin Fr. 182'330.-- zu bezahlen und schrieb die Klage im
Mehrbetrag als durch Rückzug erledigt ab.
Auf eine gegen dieses Urteil gerichtete Beschwerde der Beklagten trat das
Kassationsgericht des Kantons Zürich am 27. Februar 2008 nicht ein.

C.
Die Beklagte erhob Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil und
der Beschluss des Handelsgerichts vom 17. April 2007 seien aufzuheben, die
Sache sei an die Vorinstanz zum Neuentscheid zurückzuweisen, eventuell sei die
Klage vollumfänglich abzuweisen. Zudem stellte die Beschwerdeführerin ein
Gesuch um aufschiebende Wirkung, das mit Verfügung vom 9. April 2008
gutgeheissen wurde.
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Handelsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde ist insoweit zulässig, als sie unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von der mit
ihren Anträgen unterliegenden Partei (Art. 76 Abs. 1 BGG) eingereicht wurde und
der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- erreicht ist.

1.2 Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen Entscheide letzter kantonaler
Instanzen zulässig (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Letztinstanzlichkeit setzt voraus,
dass die vor Bundesgericht erhobenen Rügen mit keinem kantonalen Rechtsmittel
hätten geltend gemacht werden können (Urteil 4A_385/2007 vom 28. November 2007
E. 1.1). Das Urteil des Handelsgerichts konnte grundsätzlich mit kantonaler
Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden. Diese ist jedoch unzulässig, soweit
der angefochtene Entscheid dem Weiterzug an das Bundesgericht unterliegt und
dieses mit freier Kognition prüfen kann, ob der geltend gemachte Mangel
vorliegt und nicht die Verletzung von Art. 8, 9, 29 oder 30 BV oder von Art. 6
EMRK geltend gemacht wird (§ 258 Abs. 1 und 2 ZPO/ZH).

1.3 Da das Bundesgericht die Anwendung von Bundeszivilrecht im
Beschwerdeverfahren mit freier Kognition prüft, ist die kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde bezüglich der Rügen der Verletzung dieses Rechts
ausgeschlossen und das angefochtene Urteil insoweit letztinstanzlich.

1.4 Die Rügen der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV
hätten mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden können. Auf
diese Rügen ist daher mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht
einzutreten.

1.5 Soweit die Beschwerdeführerin die Feststellung der Vorinstanz kritisiert,
C.________ sei entgegen ihrer Behauptung nicht explizit auf die Bedeutung von
Art. 7 lit. b AVB hingewiesen worden, laufen ihre Vorbringen, auch soweit sie
sich auf Art. 8 ZGB beruft, auf die Rüge der willkürlichen (antizipierten)
Beweiswürdigung hinaus, welche mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde hätten
erhoben werden können (vgl. BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 601 f.; 128 III 22 E. 2d
S. 25, je mit Hinweisen). Die Beschwerde in Zivilsachen ist insoweit
unzulässig.

1.6 Betreffend die Rüge der unterlassenen Einvernahme von C.________ zur Frage,
ob er als Vertreter der Z.________ AG vor dem Abschluss der
Betriebshaftpflichtversicherung speziell auf Art. 7 lit. b AVB hingewiesen
wurde, ist der Beschwerdeführerin im Übrigen entgegenzuhalten, dass sie gemäss
dem angefochtenen Urteil den betreffenden Sachverhalt nicht hinreichend konkret
behauptet hat. Diese Feststellung wird in der Beschwerde nicht widerlegt,
weshalb insoweit eine Verletzung des Beweisführungsanspruchs nicht hinreichend
begründet wird. Auf die Rüge wäre daher auch aus diesem Grund nicht
einzutreten, und dem Antrag auf Einvernahme von C.________ vor Bundesgericht
ist nicht stattzugeben (vgl. 99 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Das Handelsgericht ging davon aus, zwischen A.________ und der Z.________
AG als Einsatzbetrieb habe ein so genanntes faktisches Arbeitsverhältnis
bestanden. Die daraus resultierenden Fürsorgepflichten habe B.________ als
Hilfsperson der Z.________ AG verletzt, was zum Unfall von A.________ geführt
habe. Die Z.________ AG sei daher für den eingetretenen Schaden haftbar, weil
sie für das Verhalten ihrer Hilfsperson gemäss Art. 101 Abs. 1 OR wie für
eigenes Verhalten einzustehen habe. Zudem bejahte das Handelsgericht eine
ausservertragliche Haftung der Z.________ AG gestützt auf Art. 55 OR. Alsdann
nahm es an, das Haftungsprivileg des Arbeitgebers nach Art. 44 Abs. 2 aUVG
komme nach der Rechtsprechung auf den Einsatzbetrieb bei Berufsunfällen von
Temporärangestellten nicht zur Anwendung.

2.2 Die Beschwerdeführerin anerkennt das Vorliegen eines faktischen
Arbeitsverhältnisses zwischen A.________ und der Z.________ AG, rügt jedoch,
das Handelsgericht habe deshalb der Z.________ AG das Haftungsprivileg des
Arbeitgebers nach Art. 44 Abs. 2 aUVG zugestehen müssen. Demnach hafte sie nur
für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, weshalb zu klären sei, ob ein solches
Verschulden vorgelegen habe.

2.3 Gemäss Art. 44 Abs. 2 aUVG steht dem obligatorisch versicherten
Arbeitnehmer aus einem Berufsunfall nur ein Haftpflichtanspruch gegen seinen
Arbeitgeber zu, wenn dieser den Unfall absichtlich oder grobfahrlässig
herbeigeführt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts beinhaltet Art.
44 Abs. 2 aUVG sowohl ein Haftungs- wie auch ein Regressprivileg (BGE 127 III
580 E. 1 mit Hinweisen). Die Frage, ob der Begriff des Arbeitgebers im Sinne
von Art. 44 Abs. 2 aUVG auch den Einsatzbetrieb eines Temporärarbeitnehmers
erfassen könne, wurde vom Bundesgericht eingehend geprüft und verneint, da es
annahm, das Haftungsprivileg gemäss Art. 44 Abs. 2 aUVG gelte nur für
Arbeitgeber, die gestützt auf einen Arbeitsvertrag gemäss Art. 91 Abs. 1 UVG
verpflichtet sind, für den Arbeitnehmer die Prämien der obligatorischen
Unfallversicherung zu bezahlen (BGE 123 III 280 E. 2 mit zahlreichen
Hinweisen).

2.4 Gemäss dieser Rechtsprechung hat das Handelsgericht bundesrechtskonform
angenommen, die Z.________ AG könne sich als Einsatzbetrieb nicht auf das
Arbeitgeberprivileg gemäss Art. 44 aUVG berufen. Demnach musste das
Handelsgericht entgegen der Annahme der Beschwerdegegnerin nicht abklären, ob
die Z.________ AG den vorliegenden Arbeitsunfall absichtlich oder
grobfahrlässig herbeiführte.

3.
Den Ausführungen des Handelsgerichts zu einer zusätzlichen ausservertraglichen
Geschäftsherrenhaftung der Z.________ AG nach Art. 55 OR kommt keine
entscheiderhebliche Bedeutung zu. Auf die dagegen gerichtete Kritik der
Beschwerdeführerin ist daher nicht einzutreten.

4.
4.1 Vor dem Handelsgericht war umstritten, ob die Beschwerdeführerin ihre
Haftung gegenüber der Z.________ AG gemäss Art. 7 lit. b ihrer AVB
rechtswirksam ausgeschlossen hatte.

4.2 Das Handelsgericht führte bezüglich des Sinnes von Art. 7 lit. b AVB aus,
der erste Satz schliesse die Haftung des Einsatzbetriebes gegenüber
Temporärangestellten aus. Die im zweiten Satz vorgesehene Beschränkung dieses
Ausschlusses auf jenen Teil des Schadens, für den der Versicherungsnehmer nicht
ersatzpflichtig wäre, wenn er die Prämie für die obligatorische Versicherung
von Berufsunfällen und Berufskrankheiten selber bezahlt hätte, d.h. wenn der
Temporärangestellte ein Arbeitnehmer des Versicherungsnehmers gewesen wäre,
nehme Bezug auf das ehemalige Haftungsprivileg des Arbeitgebers nach Art. 44
Abs. 2 aUVG. Diese im Zeitpunkt des Unfalls von A.________ massgebliche
Bestimmung beschränke den Haftpflichtanspruch des Arbeitnehmers aus einem
Berufsunfall gegen den Arbeitgeber auf von diesem absichtlich oder
grobfahrlässig herbeigeführte Unfälle. Die Haftung setze somit ein ihm oder bei
juristischen Personen einem Organ im Sinne von Art. 55 ZGB vorwerfbares grobes
Verschulden voraus. Liege ein solches Verschulden vor, so gewähre die
Versicherung Deckung.

4.3 Die Beschwerdeführerin geht mit dem Handelsgericht davon aus, Art. 7 lit. b
AVB sei dahingehend zu verstehen, dass die Deckung des Versicherungsnehmers für
Ansprüche aus Personenschäden von Temporärangestellten (nur) zum Tragen kommt,
wenn ein haftungsrelevantes Verhalten der Versicherungsnehmerin oder eines
ihrer Organe als grobfahrlässig oder vorsätzlich qualifiziert werden kann.

5.
Unter den Parteien ist hauptsächlich umstritten, ob sich die
Versicherungsnehmerin Art. 7 lit. b AVB in der vom Handelsgericht ermittelten
Bedeutung entgegenhalten lassen müsste.

5.1 Geltungsgrund für die AVB bildet deren Übernahme durch die Parteien, wobei
es nicht darauf ankommt, ob der Versicherungsnehmer die betreffenden
Bedingungen des Versicherers tatsächlich gelesen hat. Die Geltung
vorformulierter AVB wird namentlich durch die so genannte
Ungewöhnlichkeitsregel eingeschränkt. Danach sind von der global erklärten
Zustimmung zu den AVB alle ungewöhnlichen Klauseln ausgenommen, auf deren
Vorhandensein die schwächere oder weniger geschäftserfahrene Partei nicht
gesondert aufmerksam gemacht worden ist. Der Versicherer, der die AVB in den
Vertrag eingebaut hat, muss nach dem Vertrauensgrundsatz davon ausgehen, dass
ein unerfahrener Versicherungsnehmer ungewöhnlichen Klauseln nicht zustimmt.
Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich aus der Sicht des Zustimmenden im Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses. Die Beurteilung erfolgt bezogen auf den Einzelfall;
auch eine branchenübliche Klausel kann für einen Branchenfremden ungewöhnlich
sein. Nach Massgabe des Vertrauensgrundsatzes sind die persönlichen
Vorstellungen des Versicherungsnehmers soweit massgebend, als sie für den
Versicherer erkennbar sind; es genügt nicht, dass der Versicherungsnehmer in
der Branche unerfahren ist. Neben der subjektiven Voraussetzung muss die
fragliche Klausel auch objektiv beurteilt einen geschäftsfremden Inhalt
aufweisen, d.h. zu einer wesentlichen Änderung des Vertragscharakters führen
und in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus fallen.
Je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers
beeinträchtigt, desto eher ist sie als ungewöhnlich zu qualifizieren (BGE 119
II 443 E. 1a S. 445 f.; Urteil 5C.220/2000 vom 11. Dezember 2000 E. 2a mit
Hinweisen). Entsprechend kann eine Haftungsbeschränkung der Versicherung als
ungewöhnlich qualifiziert werden, wenn der durch Bezeichnung und Werbung
beschriebene Deckungsumfang erheblich reduziert wird, so dass gerade die
häufigsten Risiken nicht mehr gedeckt sind (Urteil 5C.134/2004 vom 1. Oktober
2004 E. 4.2).

5.2 Das Handelsgericht erwog, die in Art. 7 lit. b AVG vorgesehene
Haftungsbeschränkung verstosse gegen die Ungewöhnlichkeitsregel und sei daher
gegenüber der Z.________ AG unwirksam. Die Betriebshaftpflichtversicherung
werde zum Zweck geschlossen, den Betrieb vor Haftungsrisiken zu schützen, die
mit seiner unternehmerischen Tätigkeit verbunden sind und an die Substanz gehen
können. Dazu gehöre auch die Haftung für Unfälle von Temporärangestellten, für
welche dem Einsatzbetrieb das Haftungsprivileg nach Art. 44 Abs. 2 a UVG gerade
nicht zustehe. Die Absicherung gegen dieses Haftungsrisiko gehöre mithin zu den
berechtigten Deckungserwartungen des Versicherungsnehmers im Rahmen einer
Betriebshaftpflichtversicherung. Deren Ausschluss laufe der Natur einer solchen
Versicherung entgegen. Überraschend sei auch die durch Art. 7 lit. b AVB nicht
ausgeschlossene Deckung für vorsätzlich oder grobfahrlässig verursachte Schäden
von Temporärangestellten. Erwartungsgemäss schliesse ein Versicherer gerade die
vorsätzlich und grobfahrlässige Herbeiführung des versicherten Ereignisses von
der Deckung aus. So sehe Art. 14 des Versicherungsvertragsgesetzes vor, dass
der Versicherer bei Absicht bzw. Vorsatz nicht hafte und bei grober
Fahrlässigkeit seine Leistungen kürzen könne. Sinnwidrig und ungewöhnlich sei
es daher, dem Versicherungsnehmer für schwere Sorgfaltspflichtverletzungen
Versicherungsschutz zu gewähren, bei minder schweren Verfehlungen aber die
Haftung abzulehnen. Die Klausel sei somit objektiv von ihrem Inhalt her wie
auch subjektiv für die Z.________ AG als einem kleinen oder mittleren
Unternehmen ungewöhnlich gewesen. Die jahrelange Anwendung der Klausel in der
Versicherungsbranche sei bezüglich der Ungewöhnlichkeit nicht erheblich, da
diese aus der Sicht des einzelnen Versicherungsnehmers zu beurteilen sei, der
die Usanzen in dieser Branche nicht kenne. Als schwächere Partei sei die
Z.________ AG befugt gewesen, die Ungewöhnlichkeit der Klausel geltend zu
machen.
Darüber hinaus nahm das Handelsgericht an, die Geltung von Art. 7 lit. b AVB
sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Sinngehalt dieser Bestimmung für die
Z.________ AG nicht erkennbar gewesen sei. Von ihr habe das juristische
Spezialwissen bezüglich des Haftungsprivilegs des Arbeitgebers nach Art. 44
Abs. 2 aUVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung, das für die Erfassung des
Sinnes der Klausel unabdingbar gewesen sei, nicht erwartet werden können.

5.3 Die Beschwerdeführerin rügt, der in Art. 7 lit. b AVB vorgesehene
Haftungsausschluss für leichtes Verschulden bzw. für das Verschulden von
Hilfspersonen falle nicht unter die Ungewöhnlichkeitsregel. Die Z.________ AG
habe sich diesen Haftungsausschluss bereits aufgrund seiner verbreiteten
Verwendung und Bekanntheit entgegenhalten müssen. Zudem habe das Handelsgericht
der Struktur und inhaltlichen Abstufung dieser Bestimmung keine Rechnung
getragen. So sei zumindest der erste Satz von Art. 7 lit. b AVB auch für eine
Partei ohne juristisches Fachwissen verständlich. Dieser sehe einen kompletten
Ausschluss der Haftung für Schäden vor, die ein Temporärarbeiter bei seiner
Tätigkeit für den Einsatzbetrieb erleide. Sollte ein Versicherungsnehmer den
zweiten Satz dieser Klausel nicht verstehen, so müsste er von einem viel
weitergehenden Deckungsausschluss ausgehen, als wenn er beide Sätze erfasse.
Schliesse eine Versicherungsnehmerin eine Betriebshaftpflichtversicherung in
der Meinung ab, alle Ansprüche aus Schäden, die ein Temporärarbeitnehmer bei
der Tätigkeit in ihrem Betrieb erleide, seien nicht gedeckt, sei zwingend davon
auszugehen, sie würde die Versicherung erst recht abschliessen, wenn sie auch
den zweiten Satz verstanden hätte, weil darin der Deckungsausschluss wieder
beschränkt werde. Im Ergebnis stehe damit der Geltung von Art. 7 lit. b AVB die
Ungewöhnlichkeitsregel nicht entgegen.
5.4
5.4.1 Mit ihren Mutmassungen darüber, ob die Z.________ AG Art. 7 lit. b AVB
möglicherweise nur teilweise verstanden hat, lässt die Beschwerdeführerin
ausser Acht, dass der Versicherungsnehmer sich die von ihm global übernommenen
Allgemeinen Versicherungsbedingungen - unabhängig davon, ob er sie tatsächlich
gelesen und verstanden hat - grundsätzlich so anrechnen lassen muss, wie sie
nach Treu und Glauben zu verstehen sind. Dieser Sinn ist vorliegend nicht
umstritten (vgl. E. 4 hiervor). Indem die Beschwerdeführerin die Z.________ AG
bei einem möglicherweise erfolgten unrichtigen, sich zu ihren Lasten
auswirkenden Verständnis behaften will, verkennt sie die Bedeutung des
normativen Konsenses.
5.4.2 Entscheidend ist, ob der gemäss vertrauenstheoretischer Vertragsauslegung
aus Art. 7 lit. b AVB folgende Haftungsausschluss für die Z.________ AG -
mangels eines besonderen Hinweises - ungewöhnlich und überraschend war. Dabei
ist in objektiver Hinsicht zu beachten, dass in der Baubranche die
Beschäftigung von Temporärangestellten häufig vorkommt und das damit für den
Einsatzbetrieb verbundene Haftungsrisiko erheblich ist. Ein gänzlicher
Ausschluss diese Risikos widerspricht daher den berechtigten
Deckungserwartungen eines Bauunternehmens beim Abschluss einer
Betriebshaftpflichtversicherung. Art. 7 lit. b AVB sieht denn auch nur einen
teilweisen Haftungsausschluss vor. Dass dabei die Deckung für Haftung ohne oder
für leichtes Verschulden ausgeschlossen ist, bei schwerem Verschulden aber
Bestand hat, ist gemäss den zutreffenden Ausführungen des Handelsgerichts als
ungewöhnlich bzw. überraschend zu qualifizieren. Weil dem Einsatzbetrieb -
anders als dem gewöhnlichen Arbeitgeber - gemäss Art. 44 Abs. 2 aUVG gerade
kein Haftungsprivileg zustand, ist der Einsatzbetrieb im Streitfall gegenüber
der Versicherung gezwungen, sich grobfahrlässigen Verhaltens zu berühmen, um
den Deckungsanspruch zu begründen, wogegen die Versicherung zu ihrer Entlastung
die gehörige Erfüllung der Sorgfaltspflichten der Gegenpartei zu behaupten hat.
Dass eine Partei bei regelkonformem oder bloss leicht fahrlässigem Verhalten
schlechter gestellt ist als bei schwerem Verschulden, widerspricht den
Grundwerten der Rechtsordnung. Die zu einem derartigen Ergebnis führende
Regelung in Art. 7 lit. b AVB war daher von der Z.________ AG nicht zu erwarten
und wurde vom Handelsgericht zu Recht als ungewöhnlich qualifiziert.
5.4.3 An der Ungewöhnlichkeit von Art. 7 lit. b AVB vermag entgegen der Ansicht
der Beschwerdeführerin auch nichts zu ändern, dass diese Klausel in der
Versicherungsbranche üblich war, weil auch branchenübliche Klauseln für einen
Branchenfremden ungewöhnlich sein können. Die Z.________ AG verfügte gemäss den
Feststellungen des Handelsgerichts über keine besonderen Kenntnisse der
Versicherungsbranche, weshalb die Ungewöhnlichkeit auch in subjektiver Hinsicht
gegeben ist. Demnach hat das Handelsgericht bundesrechtskonform angenommen,
Art. 7 lit. b AVB verstosse im vorliegenden Fall gegen die
Ungewöhnlichkeitsregel und sei daher gegenüber der Z.________ AG unwirksam.

5.5 Nach dem Gesagten ist nicht entscheiderheblich, ob das Handelsgericht die
Wirksamkeit von Art. 7 lit. b AVB auch deshalb verneinen durfte, weil diese
Bestimmung für Personen ohne juristische Spezialkenntnisse kaum verständlich
ist. Auf die dagegen vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin ist daher
mangels Beschwer nicht einzutreten. Dasselbe gilt bezüglich der Ausführungen
der Beschwerdeführerin zur Unklarheitsregel.

6.
Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin
kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. Mai 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Gelzer