Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.143/2007
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4A_143/2007 /len

Urteil vom 6. Juli 2007

I. zivilrechtliche Abteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Hürlimann.

Erben des A.A.________:
1. B.A.________,
4. E.A.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Cesare Jermini und Rechtsanwältin
Andrea Boog,
2. C.A.________,
3. D.A.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mosimann,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

F.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph M. Niederer.

Garantievertrag; Sistierung des Verfahrens,

Beschwerde in Zivilsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug,
Justizkommission,
vom 16. März 2007.

Sachverhalt:

A.
B. A.________ (Beschwerdeführerin 1), C.A.________ (Beschwerdeführerin 2),
D.A.________ (Beschwerdeführerin 3) und E.A.________ (Beschwerdeführerin 4)
sind Ehefrau und Töchter des am 3. April 2005 verstorbenen A.A.________ und
dessen Erbinnen. Sie sind alle in Zug wohnhaft. F.________ (Beschwerdegegner)
verzeichnet ebenfalls Domizil in Zug. Ausserdem verfügt er in Italien über
Adressen an Arbeitsorten und eine Familienadresse in Mailand.

A.a Am 27. Juni 2005 reichte der Beschwerdegegner beim Friedensrichteramt der
Stadt Zug das Gesuch um Durchführung einer Sühneverhandlung gegen die
Beschwerdeführerinnen ein mit dem Begehren, diese seien solidarisch zu
verpflichten, ihm den Betrag von CHF 2'443'062.-- nebst Verzugszinsen zu 5 %
seit 1. Oktober 2004 und Betreibungskosten von CHF 410.-- zu bezahlen. Der
Friedensrichter stellte am 8. November 2005 den Weisungsschein aus und
verpflichtete die Beschwerdeführerinnen wegen unentschuldigten Ausbleibens
zur Zahlung einer Entschädigung von insgesamt CHF 1'104.20 an den
Beschwerdegegner.

A.b Am 15. November 2005 reichte der Beschwerdegegner beim Kantonsgericht Zug
Klage ein mit folgenden Begehren:
"1.Die Beklagten seien solidarisch zu verpflichten, dem Kläger
CHF 2'984'662.00 zuzüglich Verzugszinsen zu 5 % seit 1. Oktober 2004 zu
bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage.

2. Eventualiter seien die Beklagten solidarisch zu verpflichten, dem Kläger
per 30. Juni 2006 CHF 1'084'462.00 zuzüglich Verzugszinsen zu 5 % seit 1.
Oktober 2004 zu bezahlen. Ferner sei diesfalls festzustellen, dass per 30.
Juni 2006 sowie per 30. Juni 2007 eine weitere Entschädigung von je CHF
950'100.00 besteht. Alles unter Vorbehalt der Nachklage...."
A.cAm 21. November 2005 stellte das Kantonsgericht Zug die Klage dem
Vertreter der Beschwerdeführerinnen zu. Diese beantragten in ihrer
Klageantwort vom 6. März 2006, das Verfahren sei auszusetzen, bis das
Tribunale Ordinario di Milano über seine Zuständigkeit entschieden habe, denn
eine im Sinne von Art. 21 des Übereinkommens über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen vom 16. September 1988 (SR 0.275.11; LugÜ) identische Klage
sei dort bereits am 19. Oktober 2005 angebracht worden.

A.d Das Verfahren in Mailand wurde mit Eingabe vom 6. Oktober 2005 von den
Beschwerdeführerinnen 1 und 4 gegen den Beschwerdegegner eingereicht. Sie
verlangten damit im Wesentlichen die Feststellung, dass ihr Erblasser
A.A.________ und sie als seine Erbinnen dem Beschwerdegegner aus
vertraglichen Beziehungen in der Zeit zwischen dem 20. Dezember 1999 bis zum
Ableben von A.A.________ nichts schuldeten. Diese Klageschrift wurde dem
Beschwerdegegner am 19. Oktober 2005 an einem seiner italienischen
Arbeitsorte und ausserdem am 28. Oktober 2005 an die von den
Beschwerdeführerinnen angegebene Wohnadresse in Mailand zugestellt. Die
Klageschrift wurde dem Beschwerdegegner überdies am 24. November 2005 auf dem
Rechtshilfeweg an seine Wohnadresse in Zug zugestellt.

B.
Mit Beschluss vom 18. Oktober 2006 wies das Kantonsgericht Zug den Antrag auf
Sistierung des Verfahrens ab und forderte die Beschwerdeführerinnen auf,
innert 20 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses eine einlässliche,
schriftliche Klageantwort einzureichen. Das Kantonsgericht gelangte zum
Schluss, nach Zuger Prozessrecht sei die Klage des Beschwerdegegners am 15.
November 2005 im Sinne von Art. 21 LugÜ rechtshängig gemacht worden, während
die Rechtshängigkeit der von zwei der Beschwerdeführerinnen beim Tribunale
Ordinario di Milano eingereichten Klage erst mit deren Zustellung an den
Beschwerdegegner auf dem Rechtshilfeweg am 24. November 2005 eingetreten sei.
Das Obergericht des Kantons Zug wies mit Urteil vom 16. März 2007 die
Beschwerde der Erbinnen des A.A.________ gegen den Beschluss des
Kantonsgerichts vom 18. Oktober 2006 ab. Das Obergericht liess die Frage
offen, ob die Zustellung der von den Beschwerdeführerinnen angebrachten Klage
an einen der Arbeitsorte oder an die von ihnen als Familienwohnort
bezeichnete Adresse des Beschwerdegegners in Mailand die Rechtshängigkeit vor
dem italienischen Gericht begründet habe. Es gelangte zum Schluss, dass zwei
der Beschwerdeführerinnen die Klage in Mailand rechtsmissbräuchlich
angebracht hatten, nachdem sie zunächst eine Verschiebung der auf den
2. August 2005 angesetzten Verhandlung vor dem Friedensrichter Zug erreicht
hatten mit der Begründung, sie wollten eine Einigung erzielen, nur um nach
der Verschiebung der Verhandlung auf den 8. November 2005 dieser Verhandlung
unentschuldigt fernzubleiben.

C.
Gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zug vom 16. März 2007 haben
die Erbinnen des A.A.________ Beschwerde in Zivilsachen eingereicht, wobei
jeweils zwei Beschwerdeführerinnen durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten
sind.

C.a Die Beschwerdeführerinnen 1 und 4 stellen folgende Anträge:
"1.Das Urteil der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug vom 16.
März 2007 im Verfahren JZ 2006/110 sei vollumfänglich aufzuheben.

2. Das Sistierungsgesuch der Beklagten betreffend das Verfahren A1 2005 120
sei gutzuheissen und das Kantonsgericht Zug sei anzuweisen, das Verfahren
auszusetzen, bis das Tribunale Ordinario di Milano über seine Zuständigkeit
im Fall Nr. 69959/2005 entschieden hat.

3. Eventuell sei das Sistierungsgesuch der Beklagten zur Neubeurteilung im
Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts an die Justizkommission des
Obergerichts des Kantons Zug zurückzuweisen.

4. Subeventuell sei das Sistierungsgesuch der Beklagten zur Neubeurteilung im
Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts an das Kantonsgericht Zug
zurückzuweisen. (...)"
Weiter stellen sie folgendes Gesuch um aufschiebende Wirkung:
"Eine mögliche Frist zur Einreichung einer einlässlichen schriftlichen
Klageantwort im Verfahren A1 2005 120 sei den Beklagten bis zum Entscheid
über die vorliegende Beschwerde abzunehmen. Den Beklagten sei nach
allfälligem negativem Entscheid über das Aussetzungsbegehren bzw. nach
allfälliger Wiederaufnahme des Verfahrens A1 2005 120 Frist zur einlässlichen
materiellen Klagebeantwortung anzusetzen."
Sie sehen eine Verletzung von Art. 21 LugÜ darin, dass die Vorinstanz von
einem rechtsmissbräuchlichen forum running ausgehe, und machen geltend, ihre
in Italien hängig gemachte Klage sei früher eingereicht worden.

C.b Die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 stellen in ihrer gleichentags
abgefassten Beschwerde wörtlich dieselben Anträge. Sie betonen, dass ihre
Miterbinnen in Mailand eine identische Klage anhängig gemacht haben und
stellen ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen in Abrede. Gegen die Begründung
der ersten Instanz wenden die Beschwerdeführerinnen ein, die Zustellung in
Italien und damit die Rechtshängigkeit dort sei früher erfolgt. Sie vertreten
den Standpunkt, sie sähen sich nach dem Entscheid der Vorinstanz in der
unzumutbaren Lage, sich vor zwei Instanzen in derselben Sache gegen die
Forderungen des Klägers verteidigen zu müssen, in Zug als Direktbeklagte, in
Mailand als vom Kläger mit seiner Widerklage zitierte Litisdenunziaten;
ausserdem könne ihnen selbst kein Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden.

D.
Der Beschwerdegegner stellt in der Antwort die Rechtsbegehren, die Beschwerde
sei abzuweisen und das Gesuch um aufschiebende Wirkung sei abzuweisen.
Das Obergericht des Kantons Zug verzichtet auf Vernehmlassung und beantragt
unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde.
Gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht keine
Einwände.

E.
Der Beschwerde wurde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung erteilt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit dem Entscheid in vorliegender Sache wird das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos.

2.
Der angefochtene Entscheid ist am 16. März 2007 gefällt worden und damit nach
Inkrafttreten des BGG am 1. Januar 2007. Das neue Recht ist gemäss Art. 132
BGG auf das vorliegende Verfahren anwendbar.

2.1 Streitgegenstand ist eine privatrechtliche Angelegenheit. Die Beschwerde
in Zivilsachen ist gemäss Art. 72 BGG das massgebende Rechtsmittel. Als
Vorinstanz hat ein oberes kantonales Gericht entschieden (Art. 75 Abs. 2
BGG). Angefochten ist ein selbständig eröffneter Vorentscheid, der die
Sistierung des Verfahrens nach Art. 21 LugÜ und damit eine Frage der
Zuständigkeit zum Gegenstand hat (BGE 123 III 414 E. 2b S. 418 f.). Es geht
demnach um einen Entscheid im Sinne von Art. 92 BGG, gegen den die Beschwerde
zulässig ist.

2.2 Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Der gemäss Art.
74 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- ist gegeben,
da eine weit höhere Forderung eingeklagt ist (Art. 51 lit. c BGG). Die
Beschwerdeführerinnen sind mit ihrem Begehren auf Aussetzung des Verfahrens
vor der Vorinstanz unterlegen und damit formell zur Beschwerde legitimiert
(Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Sie haben ein schutzwürdiges Interesse daran,
ihre Sache vor dem zuständigen Gericht auszutragen und sind durch den
angefochtenen Entscheid materiell beschwert (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Auf
die beiden fristgerecht (Art. 100 i.V.m. Art. 46 und 48 BGG) eingereichten
Beschwerden ist grundsätzlich einzutreten.

2.3 Mit der Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht (Art.
95 lit. a BGG) und von Völkerrecht (Art. 95 lit. b BGG) gerügt werden. In der
Begründung der Rechtsschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Danach muss die
Begründung nach geltendem Recht wie schon bisher in der Rechtsschrift selbst
enthalten sein und sind Verweise auf andere Rechtsschriften, insbesondere im
kantonalen Verfahren eingereichte, unbeachtlich (vgl. BGE 131 III 384 E. 2.3
S. 387 f.; 130 I 290 E. 4.10 S. 302, je mit Verweisen). Genügt die
Rechtsschrift der Anforderung von Art. 42 Abs. 2 BGG, wendet das
Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft
allerdings die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge
in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.
Die Vorinstanz hat die von den Beschwerdeführerinnen gestützt auf Art. 21
LugÜ beantragte Sistierung des vom Beschwerdegegner eingeleiteten
Forderungsprozesses mit der Begründung verweigert, die negative
Feststellungsklage sei von zwei der Beschwerdeführerinnen in Mailand
rechtsmissbräuchlich eingereicht worden.

3.1 Nach Art. 21 LugÜ setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von
Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts
feststeht, wenn bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen
desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden. Die
negative Feststellungsklage, welche die Beschwerdeführerinnen 1 und 4 in
Mailand gegen den Beschwerdegegner angebracht haben, betrifft unbestritten
denselben Anspruch (vgl. BGE 123 III 414 E. 5 S. 422).

3.2 Die Beschwerdeführerinnen 1 und 4 haben beim Tribunale Ordinario di
Milano am 6. Oktober 2005 negative Feststellungsklage gegen den
Beschwerdegegner eingereicht. Die Klage wurde dem Beschwerdegegner im Oktober
an einem Arbeitsort bzw. an der von den Beschwerdeführerinnen angegebenen
Familienadresse in Italien zugestellt, auf dem Weg der Rechtshilfe am 24.
November 2005 an seinem Wohnort in Zug. Für die Rechtshängigkeit und damit
die Priorität im Sinne von Art. 21 LugÜ war nach der Rechtsprechung des EuGH
zum Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom
27. September 1968 (EuGVÜ) die Prozesshandlung entscheidend, die nach dem
massgebenden nationalen Recht eine Fortsetzungslast oder Bindungswirkung in
dem Sinne zur Folge hatte, dass die klagende Partei im Falle eines
Klagerückzugs nicht leicht zu nehmende Nachteile in Kauf zu nehmen hatte. Das
Bundesgericht ist dieser Praxis für den wörtlich gleich formulierten Art. 21
LugÜ gefolgt und hat für die Schweiz entschieden, dass sich der massgebende
Zeitpunkt der Rechtshängigkeit unbesehen der Regelung von Art. 9 Abs. 2 IPRG
nach dem kantonalen Prozessrecht bestimmt (BGE 123 III 414 E. 6 S. 423 ff.
und dort zitierte Urteile des EuGH). Entscheidend für die Übernahme der
Praxis des EuGH war das Ziel des LugÜ, im Bereich der Zuständigkeit und der
Anerkennung sowie Vollstreckung eine gemeinsame, einheitliche Ordnung für
alle Rechtssuchenden der Mitgliedstaaten von EG und EFTA herzustellen und
insofern einen einheitlichen Rechtsraum zu verwirklichen (BGE 123 III 414 E.
4 S. 420 f.). Zur Beurteilung der Priorität ist danach entscheidend, mit
welcher Prozesshandlung nach dem massgebenden italienischen Recht einerseits
und dem massgebenden zugerischen Recht anderseits die erforderliche
Bindungswirkung eintritt.

3.3 Nach dem Prozessrecht des Kantons Zug wird der Rechtsstreit gemäss den
Erwägungen der Vorinstanz mit der Einreichung der Klageschrift im Doppel
nebst Weisungsschein beim Gerichtspräsidenten rechtshängig. Der
Beschwerdegegner hat danach die Klage gegen die Beschwerdeführerinnen am 15.
November 2005 im Sinne von Art. 21 LugÜ bei den Gerichten des Kantons Zug
anhängig gemacht. Die Vorinstanz hat offen gelassen, ob die Rechtshängigkeit
der von den Beschwerdeführerinnen 1 und 4 in Mailand gegen den
Beschwerdegegner eingereichten Klage schon im Oktober 2005 und damit früher
eingetreten ist. Denn sie hat die Priorität der vom Beschwerdegegner bei den
Gerichten des Kantons Zug eingereichten Forderungsklage wegen
rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Beschwerdeführerinnen 1 und 4 bejaht.
Nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid hat der Beschwerdegegner
das Gesuch um Einleitung des Sühneverfahrens beim zuständigen
Friedensrichteramt am 27. Juni 2005 gestellt, worauf die Parteien auf den 2.
August 2005 zum Sühneversuch geladen wurden. Der Vertreter der
Beschwerdeführerinnen 2 und 3, der damals sämtliche Beschwerdeführerinnen
vertrat, ersuchte darauf am 28. Juli 2005 um Verschiebung der
Aussöhnungsverhandlung mit der Begründung, die Beschwerdeführerin 3 befinde
sich seit einiger Zeit in Peru und kehre erst anfangs September 2005 wieder
zurück. Um den Zweck des Vermittlungsversuchs zu erreichen, seien die
Beschwerdeführerinnen interessiert, ihre Rechte und Pflichten an der
Verhandlung auszuüben und allenfalls zu einer Einigung mit dem
Beschwerdegegner beizutragen. Gestützt auf diese Ausführungen verschob der
Friedensrichter die Verhandlung auf den 8. November 2005. Dieser Verhandlung
blieben die Beschwerdeführerinnen unentschuldigt fern. In der Zwischenzeit
hatten die Beschwerdeführerinnen 1 und 4 jedoch am 6. Oktober 2005 beim
Gericht in Mailand die negative Feststellungsklage eingereicht, deren
Priorität sie zur Begründung ihres Sistierungsgesuchs behaupten.

3.4 Die Vorinstanz stellte in Würdigung der Beweise fest, dass die
Beschwerdeführerinnen das Verschiebungsgesuch beim Friedensrichteramt Zug zum
Zwecke einreichten, den Beschwerdeführerinnen 1 und 4 die frühere Einleitung
der Klage in Mailand zu ermöglichen. Die Einwände der Beschwerdeführerinnen
gegen diesen beweismässigen Schluss aus ihrem Vorgehen beschränken sich auf
eine Darstellung aus ihrer Sicht. Die Feststellungen der Vorinstanz sind
jedoch keineswegs offensichtlich unrichtig (Art. 97 BGG) und die Noven der
Beschwerdeführerinnen unzulässig (Art. 99 BGG). Eine gehörig begründete Rüge
im Sinne von Art. 106 Abs. 2 BGG lässt sich ihren Ausführungen nicht
entnehmen. Es ist von der verbindlichen Feststellung auszugehen, dass das
Verschiebungsgesuch beim Friedensrichteramt Zug nur gestellt wurde, um die
prioritäre Zuständigkeit des Gerichts in Mailand zu erreichen. Die Vorinstanz
hat dieses Verhalten zutreffend als rechtsmissbräuchlich qualifiziert. Der
Beschwerdegegner ist daher so zu stellen, wie wenn er die Forderungsklage
gegen die Beschwerdeführerinnen nach der ursprünglich auf den 2. August 2005
anberaumten Friedensrichterverhandlung beim Kantonsgericht innert nützlicher
Frist prosequiert hätte. Dies wäre spätestens Ende August 2005 der Fall
gewesen und damit vor Einreichung der negativen Feststellungsklage der
Beschwerdeführerinnen 1 und 4 beim Tribunale Ordinario di Milano im Oktober
2005. Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, dass das Gericht im Kanton Zug
zuerst angerufen wurde, während das Gericht in Mailand im Sinne von Art. 21
LugÜ später angerufen wurde.

3.5 Die Berücksichtigung des rechtsmissbräuchlichen Vorgehens der
Beschwerdeführerinnen 1 und 4 zur Bestimmung der Priorität nach Art. 21 LugÜ
stellt das Ziel dieses Übereinkommens nicht in Frage. Denn der Zweck, durch
harmonisierte Vorschriften einen einheitlichen Rechtsraum für alle
Rechtssuchenden in den Mitgliedstaaten der EU und der EFTA herzustellen,
lässt sich mit dem geltenden LugÜ nicht mehr durchwegs erreichen, nachdem die
EuGVÜ für die Mitgliedstaaten der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001
vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im
Folgenden: EuGVo) ersetzt worden ist (vgl. dazu Jan Kropholler, Europäisches
Zivilprozessrecht, 8. Aufl. 2005, N. 6 ff. der Einleitung; Reinhold
Geimer/Rolf A. Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. 2004, N.
18 ff. der Einleitung zur EuGVo). Zur Wiederherstellung der Einheit soll das
LugÜ revidiert und den Bestimmungen der EU-Verordnung angeglichen werden
(vgl. den Entwurf vom 12. Oktober 2006 in Gerhard Walter, Internationales
Zivilprozessrecht der Schweiz, 4. Aufl. 2007, S. 577 ff., "E-LugÜ"). Eine
Änderung ist insbesondere für die Sistierung des Verfahrens für den Fall
vorgesehen, dass bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen
desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden (Art.
27 EuGVo, Art. 27 E-LugÜ). Die Prioritätsfrage wird in Art. 30 EuGVo
einheitlich geregelt und soll auch in Art. 30 E-LugÜ entsprechend definiert
werden (Walter, a.a.O., S. 592). Gemäss dieser Bestimmung gilt ein Gericht
nach der hier massgebenden Alternative als angerufen zu dem Zeitpunkt, zu dem
das verfahrensleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei
Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der
Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Massnahmen zu treffen, um die
Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken (Art. 30 Ziffer 1
EuGVo, vgl. dazu Geimer/Schütze, a.a.O., N. 4 ff. zu Art. 30 EuGVo;
Kropholler, a.a.O., N. 3 zu Art. 30 EuGVo). Die Priorität der Klage dürfte
sich danach künftig für die Schweiz im Sinne von Art. 9 Abs. 2 IPRG nach der
ersten, für die Klageeinleitung massgebenden Verfahrenshandlung bestimmen,
wobei die Einleitung des Sühneverfahrens genügt (vgl. Paul Volken, Zürcher
Kommentar, 2. Aufl. 2004, N. 68 ff. zu Art. 9 IPRG; Bernard Dutoit, Droit
international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre
1987, 4. Aufl. 2005, N. 3bis zu Art. 9 IPRG).

3.6 Nach dem Gesagten wurde das Gericht im Kanton Zug im Sinne von Art. 21
LugÜ zuerst angerufen. Die Beschwerden sind deshalb abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Damit kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen für eine
Sistierung des Verfahrens nach Art. 21 LugÜ für die Klage des
Beschwerdegegners gegen die Beschwerdeführerinnen 2 und 3 überhaupt erfüllt
sind.

4.
Die Frist für die einlässliche materielle Klageantwort ist antragsgemäss neu
festzusetzen. Den Beschwerdeführerinnen wird daher eine Frist von 20 Tagen ab
Zustellung des vorliegenden Urteils angesetzt zur Einreichung der
Klageantwort beim Kantonsgericht.

5.
Die Beschwerdeführerinnen haben gemäss Art. 66 Abs. 1 BGG die Gerichtskosten
unter solidarischer Haftung und zu gleichen Teilen zu tragen. Sie haben nach
Art. 68 Abs. 2 BGG dem Beschwerdegegner die Parteikosten zu ersetzen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Den Beschwerdeführerinnen läuft eine Frist von 20 Tagen ab Zustellung dieses
Entscheides zur Einreichung der Klagebeantwortung beim Kantonsgericht des
Kantons Zug.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- wird den Beschwerdeführerinnen mit je
Fr. 2'500.-- unter solidarischer Haftung für den gesamten Betrag auferlegt.

4.
Die Beschwerdeführerinnen haben den Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt 12'000.--, intern mit je
Fr. 3'000.-- unter solidarischer Haftung für den gesamten Betrag zu
entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug,
Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juli 2007

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: