Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.79/2007
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2C_79/2007 /leb

Urteil vom 12. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

A. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Fürsprecher Thomas Biedermann,

gegen

Amt für Landwirtschaft,
Hauptgasse 72, 4500 Solothurn,
Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn, Rathaus, Barfüssergasse
24, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Postfach 157, 4502 Solothurn.

Tierhaltung,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 15. Februar 2007.

Sachverhalt:

A.
Am 17. Juni 2003 hatte das Amt für Landwirtschaft des Kantons Solothurn
gegenüber der Bäuerin A.________ (geb. 1958) verschiedene Massnahmen zum
Zweck der Verbesserung ihrer Tierhaltung verfügt, darunter eine Reduktion des
Viehbestandes. Mit Urteil des Amtsgerichtspräsidenten von Dorneck-Thierstein
vom 25. Februar/1. März 2005 wurde A.________ zudem wegen mehrfacher
Übertretung des Tierschutzgesetzes zu einer Busse von Fr. 1'500.--
verurteilt.

Gestützt auf die Feststellungen, welche die kantonale Tierschutzbehörde am 7.
März 2006 bei einer erneuten Kontrolle auf dem Landwirtschaftsbetrieb von
A.________ gemacht hatte, unterwarf das kantonale Amt für Landwirtschaft mit
Verfügung vom 28. März 2006 deren Tierhaltung erneut einer Reihe von
Einschränkungen. Neben der angeordneten Reduktion des Rindvieh- und
Ponybestandes wurde A.________ lediglich noch die Haltung eines einzigen,
kastrierten Hundes gestattet (Ziffer 7 der Verfügung vom 28. März 2006).
Einer allfälligen Beschwerde gegen diese Verfügung entzog das Amt für
Landwirtschaft die aufschiebende Wirkung.

Mit Verfügung vom 27. April 2006 weigerte sich das
Volkswirtschaftsdepartement, die aufschiebende Wirkung der dort angehobenen
Beschwerde wieder herzustellen. Dies tat jedoch später das Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn, an welches sich A.________ im Rahmen des kantonalen
Rechtsmittelzuges gewandt hatte (Urteil vom 9. Juni 2006).

B.
Am 18. Oktober 2006 hiess das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons
Solothurn die Beschwerde gegen die Verfügung vom 28. März 2006 teilweise gut.
Es hob deren Ziff. 6 (Verpflichtung zum Beizug einer Fachperson zwecks
Überprüfung des "Managements für die auf dem Hof verbleibenden Tiere") auf
und wies das Amt für Landwirtschaft an, die Ausführungen zur Pony- und
Hengsthaltung sowie zum Aufgabenbereich der beizuziehenden Fachperson zu
präzisieren. Im Übrigen wies das Departement die Beschwerde ab, darunter
namentlich auch die Anträge von A.________ betreffend Belassung eines
Bestandes von sieben Hunden.

Hiegegen wandte sich A.________ erneut ans Verwaltungsgericht des Kantons
Solothurn. Ihre Beschwerde richtete sich noch gegen die "Reduktion des
Bestandes auf einen Hund sowie gegen die Verlegung von Verfahrens- und
Parteikosten".

Mit Urteil vom 5. Februar 2007 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab.

C.
Mit Eingabe vom 21. März 2007 führt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, die Auflage, wonach
der Hundebestand auf einen kastrierten Hund zu reduzieren sei, aufzuheben.

Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn beantragt, die
Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht
des Kantons Solothurn stellt denselben Antrag. Das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement hat sich unter Beilage einer Stellungnahme des
Bundesamtes für Veterinärwesen vernehmen lassen, ohne einen konkreten Antrag
zu stellen.

D.
Mit Verfügung vom 30. April 2007 hiess der Abteilungspräsident das mit der
Beschwerdeeinreichung gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung gut.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil ist am 15. Februar 2007, d.h. nach Inkrafttreten des
Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ergangen, weshalb für das vorliegende
Verfahren die Vorschriften des neuen Gesetzes massgebend sind (vgl. Art. 132
Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid (Art. 86
Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG) über eine Angelegenheit des öffentlichen
Rechts (Art. 82 lit. a BGG), welche unter keinen der in Art. 83 BGG genannten
Ausschlussgründe fällt, weshalb das Rechtsmittel der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist. Die Beschwerdeführerin,
die als Partei (Rechtsmittelklägerin) am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen hat, ist durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und
hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung; sie ist
demzufolge zur Beschwerde berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG).

2.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt
zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich
unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
(Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG). Es prüft die Verletzung von
Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als
eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art.
106 Abs. 2 BGG).

3.
Die Beschwerdeführerin - deren prekäre persönliche Verhältnisse in dem bei
den Akten liegenden Strafurteil des Amtsgerichtspräsidenten von
Dorneck-Thierstein vom 25. Februar 2005 (S. 23) dargestellt werden (vgl. auch
vorne "A") - hat sich sowohl in der Nutztierhaltung wie auch in der Haltung
ihrer zahlreichen Hunde (zuletzt um die 40 Tiere) schwerwiegende Versäumnisse
zuschulden kommen lassen. Streitpunkt des angefochtenen kantonalen Urteils
sowie des vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahrens bildet aber nur noch
die Reduktion des Hundebestandes auf ein einziges, kastriertes Tier. Die für
die Nutztierhaltung getroffenen Anordnungen sind hier nicht weiter zu
erörtern.

4.
4.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die verfügte Auflage, wonach ihr nur
noch die Haltung eines einzigen, kastrierten Hundes gestattet sein solle, sei
bundesrechtswidrig. Im angefochtenen Urteil werde mit keinem Wort erwähnt,
gestützt auf welche gesetzliche Grundlage die Reduktion des Tierbestandes
verfügt werden dürfe. Eine solche Reduktion verstosse ausserdem gegen die
Eigentumsgarantie, da der Eingriff weder im öffentlichen Interesse liege noch
verhältnismässig sei.

4.2
4.2.1 Das Eigentum ist gewährleistet (Art. 26 Abs. 1 BV). Einschränkungen von
Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Sie müssen durch ein
öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter
gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Der Kerngehalt der Grundrechte ist
unantastbar (Art. 34 Abs. 1 - 4 BV).

4.2.2 Gemäss Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes vom 9. März 1978
(TschG, SR 455) schreitet die zuständige Behörde unverzüglich ein, wenn
feststeht, dass Tiere stark vernachlässigt oder völlig unrichtig gehalten
werden. Sie kann das Halten von Tieren Personen verbieten, die wegen
Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht "oder aus anderen Gründen"
hierzu unfähig sind (Art. 24 lit. b TschG). Unfähigkeit der Tierhaltung ist
gegeben, wenn sich der Halter nicht an die grundsätzlichen Verhaltensgebote
und -verbote des Tierschutzgesetzes zu halten vermag (Urteil 2A.1999 vom 3.
Juni 1999, E. 3b). Danach sind Tiere namentlich so zu behandeln, dass ihren
Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung getragen wird (Art. 2 TschG);
ausserdem hat, wer ein Tier hält oder betreut, dieses unter anderem
angemessen zu nähren und zu pflegen (Art. 3 TschG); ferner ist das starke
Vernachlässigen von Tieren verboten (Art. 22 TschG).

4.3 Dass die gesetzliche Grundlage für das verfügte partielle
Hundehalteverbot im angefochtenen Entscheid nicht ausdrücklich genannt wird,
vermag dessen Bundesrechtskonformität nicht in Frage zu stellen. Die zur
Anwendung gelangte Gesetzesbestimmung - Art. 24 TschG - wurde zumindest in
vorangegangenen Verfahren genannt (vgl. etwa Verfügung vom 28. März 2006 S.
5) und ist der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Rechtsvertreter durchaus
bekannt. Soweit sich die Beschwerdeführerin zur Begründung der behaupteten
Rechtsverletzungen auf das Informationsblatt 800.103.02 des Bundesamtes für
Veterinärwesen beruft ("Einschreiten bei stark vernachlässigten
Tieren/Tierhalteverbot"), übersieht sie, dass es sich dabei um Empfehlungen
bzw. Anweisungen an die Vollzugsbehörden handelt, die sich zwar an den
Bestimmungen der Tierschutzgesetzgebung orientieren, selber aber keine
verbindlichen Rechtsnormen darstellen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Auflage, Rz. 123 ff.). Dass für die
Anordnung eines Tierhalteverbotes zuerst eine entsprechende Androhung an den
Halter ergangen sein muss, kann sich, je nach den konkreten Umständen, aus
dem Gebot der Verhältnismässigkeit ergeben, doch ist ein solches Vorgehen vom
Gesetz nicht zwingend vorgeschrieben. Ein Halteverbot kann, wo sich dies
aufdrängt, auch ohne vorherige Androhung ergehen.

4.4 Aus den vorliegenden Akten ergibt sich, dass gegen die Beschwerdeführerin
schon im Jahre 2003 - damals allerdings nur wegen Mängeln in der Viehhaltung
- tierschutzrechtliche Einschränkungen verfügt werden mussten. Im Frühjahr
2006 lebten auf dem Hof der Beschwerdeführerin gemäss den Feststellungen der
Behörde 40 - 45 Hunde in zum Teil stark vernachlässigtem Zustand. Sie waren
zum grossen Teil schlecht genährt und verhaltensauffällig (vgl. Entscheid des
Volkswirtschaftsdepartements vom 18. Oktober 2006, S. 8). Es gab zudem auch
Klagen von Passanten über Belästigungen durch freilaufende Hunde (vgl. E-Mail
der Kantonstierärztin vom 18. April 2006). Zwar hat die Beschwerdeführerin in
der Zwischenzeit 37 Hunde mit entsprechenden Verzichtserklärungen an die
Tierschutzorganisation beider Basel abgegeben. Sie kann sich aber mit der
Reduktion auf ein einziges Tier nicht abfinden und möchte den gegenwärtigen
Bestand von 7 Hunden (bzw. Rüden, die sich nicht vermehren könnten, vgl. S. 4
der Beschwerdeergänzung an das Departement vom 12. Mai 2006) beibehalten,
u.a. auch zur besseren Bewachung des Hofes. Im Rahmen der Gewährung des
rechtlichen Gehörs machte sie geltend, da sie nur um gehörlose Menschen herum
lebe, nähmen ihr die übriggebliebenen Hunde die Angst, "so abgelegen allein
hörend zu leben". Zwei Hunde hätten überdies schon ein Alter von 8 Jahren
erreicht, weshalb es ein Anliegen sei, "die jüngeren Lieblinge auch zu
behalten".

Diese Einwendungen sind verständlich, vermögen aber gegenüber den
Überlegungen der Tierschutzbehörden nicht aufzukommen. Die Beschwerdeführerin
hat durch ihr bisheriges Verhalten gezeigt, dass sie nicht eine grössere
Anzahl Hunde artgerecht zu halten vermag. Wer es zu derart gravierenden
Missständen hat kommen lassen, wie sie im Frühjahr 2006 festgestellt wurden,
muss in Kauf nehmen, dass ihm die Eignung zur Hundehaltung grundsätzlich
abgesprochen wird. Dem geltend gemachten persönlichen Bedürfnis der
Beschwerdeführerin wird ausreichend Rechnung getragen, wenn ihr wenigstens
die Haltung noch eines einzigen (kastrierten) Hundes gestattet wird. Damit
kann auch leichter sichergestellt werden, dass Passanten nicht mehr belästigt
werden. Diese Einschränkung erscheint objektiv nicht unverhältnismässig,
begnügen sich doch auch viele andere Landwirtschaftsbetriebe mit einem
einzigen Hofhund.

4.5 Von einem ungerechtfertigten Eingriff in die Eigentumsgarantie kann nicht
gesprochen werden. Das verfügte partielle Hundehaltungsverbot beruht auf
gesetzlicher Grundlage, liegt im öffentlichen Interesse und erweist sich nach
dem Gesagten auch als verhältnismässig.
Soweit die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht erneut geltend macht, die
Eigentumsverhältnisse seien nicht abgeklärt worden, übersieht sie, dass sie
aufgrund der bestehenden Verhältnisse jedenfalls zulässigerweise als Halterin
der vorhandenen Tiere betrachtet werden durfte und alsdann auch Adressatin
eines entsprechenden Halteverbots sein kann.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten abzuweisen.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht
geschuldet (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Amt für Landwirtschaft, dem
Volkswirtschaftsdepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
sowie dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: