Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.708/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_708/2007 / aka

Urteil vom 19. Mai 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Matter.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Nidwalden,
Postgebäude, 6371 Stans.

Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern 2004 sowie direkte Bundessteuer 2004,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom
3. September 2007.

Sachverhalt:

A.
X.________ ist Teilhaber der Kollektivgesellschaft X.________ & Y.________. Im
Jahre 2004 bezog er aus dem Verkauf von 51 Antiquitäten (Bilder, Spiegel, Möbel
und Kleingegenstände) durch das Auktionshaus Z.________ einen Erlös von Fr.
57'237.--. Diesen Betrag erfasste das Kantonale Steueramt Nidwalden für die
direkte Bundessteuer sowie die Kantons- und Gemeindesteuern 2004 vollumfänglich
als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, ohne den Abzug von
Gestehungskosten zuzulassen. Dagegen erhob X.________ vergeblich Einsprache und
sodann Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden.

B.
Am 10. Dezember 2007 hat X.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt sinngemäss, das
Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3. September 2007 aufzuheben; sein
steuerbares Einkommen sei ohne die Fr. 57'237.-- festzusetzen; eventuell seien
die Gestehungskosten zu berücksichtigen.

C.
Das Kantonale Steueramt Nidwalden schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Verwaltungsgericht sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

I. Prozessuales

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 82
ff. des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG, SR
173.110) in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) sowie Art. 73 des Bundesgesetzes
vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone
und Gemeinden (StHG, SR 642.14) grundsätzlich zulässig.

1.2 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Eine diesen
Anforderungen genügende Begründung ist hier nur teilweise zu erkennen. Soweit
eine solche fehlt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.3 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Sachverhaltsfeststellungen
der Vorinstanz können nur berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig
sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105
Abs. 2 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer macht zunächst eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs
(Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. Er beanstandet erstmals vor Bundesgericht, dass
seine Wohnsituation nicht in Augenschein genommen und er zu diesem Punkt nicht
persönlich angehört worden sei. Die Rüge ist neu und somit nicht zulässig. Sie
wäre auch unbegründet: Der Beschwerdeführer hat sich in allen Verfahrensstadien
zum Sachverhalt und zu den massgeblichen Rechtsproblemen zur Genüge äussern
können (vgl. BGE 132 II 485 E. 3.4 S. 495). Weiter hätte ein Augenschein an
seinem Domizil höchstens vor dem Verkauf der Antiquitäten Sinn gemacht. Dazu
kommt, dass sich ein Recht auf mündliche Anhörung im Veranlagungs- oder im
Rechtsmittelverfahren der direkten Bundessteuer weder aus Art. 29 Abs. 2 BV
noch aus dem Gesetz ergibt (vgl. u.a. BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.; StE 2004
A 21.13 Nr. 6 E. 2.3.2). Zwar ist nach Art. 204 Abs. 2 des Steuergesetzes des
Kantons Nidwalden vom 22. März 2000 (StG/NW, GS 521.1) die steuerpflichtige
Person an sich berechtigt, ihre Einsprache mündlich zu vertreten. In diesem
Sinne wurde der Beschwerdeführer vom Gemeindesteueramt aufgefordert, mögliche
Termine für eine Besprechung vorzuschlagen, leistete dieser Aufforderung
offenbar aber keine Folge. Unter den gegebenen Umständen kann das
Nichtzustandekommen einer mündlichen Besprechung nicht den Steuerbehörden
vorgeworfen werden.
II. Direkte Bundessteuer

3.
In materieller Hinsicht fragt sich vorab, ob der Erlös aus dem
Antiquitätenverkauf als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu
qualifizieren ist, wie die kantonalen Behörden angenommen haben.

3.1 Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen
Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 DBG). Steuerbar sind gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG alle
Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und
Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen
selbständigen Erwerbstätigkeit. Unter diesen Begriff fällt allgemein jede
Tätigkeit, bei der ein Unternehmer auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit
und Kapital, in einer frei gewählten Organisation und mit der Absicht der
Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Eine solche Tätigkeit kann
haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder temporär ausgeübt werden. Ob eine
selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist stets nach den gesamten Umständen
des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. u.a. BGE 125 II 113 E. 5b S. 120 f.; 122 II
446 E. 5a S. 452 f., mit Hinweisen). Entscheidende Bedeutung kommt der
Gewinnabsicht zu, die als subjektives Kriterium nur aufgrund äusserer Umstände
festgestellt werden kann (vgl. BGE 122 II 446 E. 3c S. 450). Sie fehlt
namentlich dann, wenn eine Tätigkeit aus blosser Liebhaberei betrieben wird
(vgl. StR 63/2008 S. 36 E. 2.3).

3.2 Unter Würdigung sämtlicher Umstände sind die Vorinstanzen hier zu Recht von
einer Gewinnabsicht und damit von einer selbständigen (Neben-)Erwerbstätigkeit
des Beschwerdeführers ausgegangen. Dafür sprechen namentlich die Anzahl der
verkauften Antiquitäten, das professionelle Vorgehen (Einschalten eines
Auktionshauses) und die speziellen beruflichen Kenntnisse des
Beschwerdeführers, der sich auch in der Kollektivgesellschaft und damit im
Rahmen seines Hauptberufes vorwiegend mit Antiquitäten befasst. Unbeachtlich
ist dagegen, ob sich die Kunstgegenstände vor ihrem Verkauf in Räumlichkeiten
der Gesellschaft befanden oder in der Familienwohnung des Beschwerdeführers.
Letzteres war hier schon aus Platzgründen nur beschränkt möglich, stünde
indessen einer Erwerbsabsicht und damit einer selbständigen Erwerbstätigkeit
noch nicht entgegen. Insoweit ist der angefochtene Entscheid nicht zu
beanstanden.

4.
Weiter ist zu prüfen, ob die kantonalen Behörden sich zu Recht auf den
Standpunkt gestellt haben, vom so erfassten Einkommen könne der
Beschwerdeführer mangels eines rechtsgenüglichen Nachweises keinerlei
Gestehungskosten in Abzug bringen.

4.1 Bei selbständiger Erwerbstätigkeit werden die geschäfts- oder berufsmässig
begründeten Kosten abgezogen (Art. 27 Abs. 1 DBG). Als steuermindernde Tatsache
sind sie grundsätzlich vom Pflichtigen nachzuweisen (vgl. u.a. StE 2007 B
23.45.2 Nr. 7 E. 6.1). Dabei ist auch dessen Verhalten in Betracht zu ziehen.
Hat er im Rahmen des Zumutbaren bei der Sachverhaltsermittlung mitgewirkt, soll
bei Unmöglichkeit des strikten Nachweises notorisch steuermindernder Tatsachen
(wie hier der Gestehungskosten der verkauften Gegenstände), nicht
ausschliesslich nach der Beweislastregel entschieden werden. Vielmehr soll der
unzweifelhaft entstandene mutmassliche Aufwand geschätzt und mitberücksichtigt
werden (vgl. u.a. Urteil 2C_196/2007 vom 16. Mai 2007 E. 3.2).

4.2 Hier ist der Beschwerdeführer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen des
Zumutbaren nachgekommen. Er hat den Steuerbehörden die von ihnen angeforderten
Verkaufsbelege (d.h. die massgeblichen Auktionsabrechnungen) unverzüglich
eingereicht. Einkaufbelege sind dagegen von ihm nie verlangt worden. Er hätte
zwar im Einsprache- bzw. Beschwerdeverfahren sachdienliche Beweismittel zur
Untermauerung seines Eventualstandpunktes vorlegen können. Da er aber seine
Antiquitäten gemäss eigenen, glaubwürdigen Angaben im Laufe der letzten zwanzig
Jahre an Flohmärkten und bei anderen ähnlichen Gelegenheiten erstanden hatte,
dürfte er kaum (mehr) im Besitz von entsprechenden Kaufbelegen sein. Denn er
selbst war nie davon ausgegangen, es handle sich diesbezüglich um eine
selbständige Erwerbstätigkeit, für welche er nach Art. 125 Abs. 2 DBG
ausweispflichtig sei. Wenn die Vorinstanzen den Beschwerdeführer die Folge der
Unmöglichkeit eines strikten Nachweises tragen lassen, haben sie unter den hier
massgeblichen, besonderen Umständen ein notorisch gegebenes Sachverhaltselement
- die Gestehungskosten - ungerechtfertigt ausser Acht gelassen und die
Besteuerungsgrundlage offensichtlich unzureichend ermittelt (Art. 97 Abs. 1
BGG; vgl. auch oben E. 1.3). Auf jeden Fall hätten übrigens die
Sozialversicherungsbeiträge von Amtes wegen gewinnschmälernd berücksichtigt
werden müssen.

4.3 Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, den mutmasslichen Aufwand des
Beschwerdeführers selbst zu schätzen, verfügt es doch weder über die
entsprechenden Erfahrungszahlen noch kennt es die Preisentwicklung der letzten
Jahre im Antiquitätenhandel. Diese Schätzung wird im Rahmen einer
Neuveranlagung zu erfolgen haben.
II. Kantons- und Gemeindesteuern

5.
Die massgeblichen kantonalrechtlichen Bestimmungen (Art. 21 Abs. 1 und Art. 30
Abs. 1 StG/NW) stimmen mit den Beurteilungsgrundlagen bei der direkten
Bundessteuer überein (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 StHG). In
Bezug auf die Kantons- und Gemeindesteuern 2004 ergibt sich daraus ebenfalls
eine Qualifizierung des Verkaufserlöses als Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit und eine Berücksichtigung der mutmasslichen Gestehungskosten
des Beschwerdeführers.
III. Kosten und Entschädigung

6.
Nach dem Gesagten erweist sich der Eventualantrag der Beschwerde als begründet
und ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das angefochtene
Urteil ist insofern aufzuheben und die Sache an die kantonalen Behörden
zurückzuweisen, an das Verwaltungsgericht zur Neuverlegung der Kosten des
kantonalen Verfahrens und an die Steuerverwaltung zur Neuveranlagung im Sinne
der Erwägungen.

Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens dem Kanton Nidwalden, der Vermögensinteressen verfolgt, aufzuerlegen
(Art. 65 f. BGG). Dem nicht anwaltlich verbeiständeten Beschwerdeführer ist
keine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird sowohl hinsichtlich der direkten Bundessteuer als auch
bezüglich der Kantons- und Gemeindesteuern im Sinne der Erwägungen
gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 3. September 2007 wird
aufgehoben. Die Sache wird zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
des kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht und zur Neuveranlagung im
Sinne der Erwägungen an das Kantonale Steueramt Nidwalden zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden dem Kanton Nidwalden auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden
und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Mai 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Matter