Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.652/2007
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2C_652/2007/leb

Urteil vom 22. November 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Amt für Ausländerfragen Zug (KAFA), Aabachstrasse 1, 6301 Zug,
Beschwerdegegner,
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichterin, Postfach 760, 6301 Zug.

Verlängerung der Durchsetzungshaft,

Beschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug,
Haftrichterin,
vom 31. Oktober 2007.

Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1976) stammt aus Algerien. Er ersuchte unter dem Namen
Y.________ in der Schweiz zweimal erfolglos um Asyl. Mehrere
Ausschaffungsversuche durch die schweizerischen Behörden scheiterten an
seiner Weigerung, freiwillig nach Algerien zurückzukehren und die für ihn
gebuchten Flüge anzutreten. X.________ befand sich anfangs 2006 für zwei
Monate in Ausschaffungshaft; am 3. Oktober 2007 wurde er in Mulhouse
angehalten und in die Schweiz verbracht.

1.2 Am 4. Oktober 2007 nahm das Kantonale Amt für Ausländerfragen Zug
X.________ in Durchsetzungshaft. Der Haftrichter am Verwaltungsgericht des
Kantons Zug prüfte diese am 8. Oktober 2007 und bestätigte sie bis zum 3.
November 2007. Am 31. Oktober 2007 verlängerten die Behörden des Kantons Zug
die Haft bis zum 3. Januar 2008. X.________ beantragt mit Schreiben vom 13.
November 2007 vor Bundesgericht sinngemäss, er sei aus der Haft zu entlassen.

2.
Seine Eingabe, die als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
zu behandeln ist (vgl. Art. 82 ff. BGG), erweist sich aufgrund der
eingeholten Unterlagen als offensichtlich unbegründet und kann ohne
Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
2.1
2.1.1 Hat ein Ausländer seine Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb
der ihm angesetzten Frist nicht erfüllt und kann die rechtskräftige Weg- oder
Ausweisung wegen seines persönlichen Verhaltens nicht vollzogen werden, so
darf er, um der Ausreisepflicht Nachachtung zu verschaffen, in
Durchsetzungshaft genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft
nicht zulässig ist oder keine andere, mildere Massnahme zum Ziel führt (Art.
13g Abs. 1 ANAG [SR 142.20]). Die Durchsetzungshaft ist erstmals für einen
Monat möglich. Sie kann hernach mit der Zustimmung der zuständigen kantonalen
richterlichen Behörde - bis zu einer Maximaldauer von 18 Monaten - jeweils um
zwei Monate verlängert werden (Art. 13g Abs. 2 ANAG). Die Vorbereitungs-,
Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft dürfen zusammen die Höchstdauer von 24
Monaten nicht überschreiten (Art. 13h ANAG).

2.1.2 Zweck der Durchsetzungshaft ist es, die ausreisepflichtige Person in
jenen Fällen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, in denen nach Ablauf der
Ausreisefrist der Vollzug der rechtskräftig gegen sie angeordneten Weg- oder
Ausweisung - trotz der behördlichen Bemühungen - ohne ihre Kooperation nicht
möglich erscheint. Sie soll das letzte Mittel darstellen, wenn und soweit
keine andere Zwangsmassnahme mehr zum Ziel führt, den illegal anwesenden
Ausländer - auch gegen seinen Willen - in seine Heimat verbringen zu können
(BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 99 f.). Ihre konventionsrechtliche Rechtfertigung
findet die Durchsetzungshaft einerseits in Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK (Haft
zur Erzwingung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung) und
andererseits in Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK (Haft zur Sicherung eines
schwebenden Ausweisungsverfahrens). Nach dem Willen des Gesetzgebers kann
selbst eine Haftdauer von 18 Monaten im Einzelfall verhältnismässig sein
(vgl. BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 100).

2.2 Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete Durchsetzungshaft entspricht
diesen Vorgaben und verletzt kein Bundesrecht:
2.2.1 Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren wiederholt rechtskräftig aus
der Schweiz weggewiesen worden und hätte diese seit Oktober 2005 verlassen
müssen. Das algerische Konsulat hat viermal einen Laissez-Passer ausgestellt,
doch mussten die Flugbuchungen dreimal annulliert werden, da sich der
Beschwerdeführer der Rückkehr physisch widersetzte. Im Hinblick auf eine
Rückkehrhilfe von Fr. 2'000.-- erklärte er sich im Frühjahr 2007 bereit, nach
Algerien auszureisen, worauf erneut die hierfür erforderlichen Vorkehren
getroffen wurden. Drei Tage vor dem auf den 28. April 2007 gebuchten Flug
liess der Beschwerdeführer indessen ausrichten, dass er es sich anders
überlegt habe. In der Folge war er unbekannten Aufenthalts, bis er am 4.
Oktober 2007 von den französischen Behörden an die Schweiz rücküberstellt
wurde. Der Beschwerdeführer hat somit bisher alles daran gesetzt, seine
Ausschaffung nach Algerien zu vereiteln. Die Möglichkeit der Rückkehr in
seine Heimat hängt allein von seiner Bereitschaft hierzu ab, weshalb eine
Ausschaffungshaft nicht (mehr) möglich und die Anordnung bzw. Fortsetzung der
Durchsetzungshaft rechtens ist (zu Algerien: BGE 133 II 97 E. 3.3).
2.2.2 Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Soweit
er kritisiert, zu wenig Geld als Rückkehrhilfe zugesichert erhalten zu haben,
verkennt er, dass diese Frage nicht Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens
bildet. Dasselbe gilt für seine Ausführungen, wonach er in der Schweiz -
während seines illegalen Aufenthalts - jeweils zu wenig Nothilfeleistungen
erhalten habe. Sein Angebot, gegen eine "Rückkehrhilfe" von Fr. 5'000.--
heute bereit zu sein, freiwillig nach Algerien zurückzukehren, entbehrt
jeglicher (rechtlicher) Grundlage, nachdem er die ihm ursprünglich gebotene
Rückkehrhilfe ausgeschlagen hat. Es liegt hierin keinerlei akzeptable und
wirkungsvolle Kooperationsbereitschaft, welche geeignet wäre, die
Rechtmässigkeit der Durchsetzungshaft in Frage zu stellen. Es ist nicht an
ihm, seine Rückkehrbereitschaft im vorliegenden Zusammenhang an irgendwelche
Bedingungen zu knüpfen; dies gilt auch bezüglich der Haftumstände, die den
gesetzlichen Minimalanforderungen genügen, selbst wenn ihm die Nahrung nicht
gefällt und er das Vollzugslokal als zu eng empfindet.

2.2.3 Der Beschwerdeführer hat es jederzeit in der Hand, seine
Durchsetzungshaft zu verkürzen bzw. zu beenden, indem er sich bereit erklärt,
auf einem Linienflug freiwillig in seine Heimat zurückzukehren, und
diesbezüglich auch tatsächlich mit den Behörden kooperiert. In diesem Fall
könnte die Haft innert rund drei Wochen beendet werden, andernfalls sind
Haftverlängerungen bis zu maximal 18 Monaten möglich; auch ist eine
(allenfalls zusätzliche) Ausschaffungshaft nicht ausgeschlossen, sollten die
Verhandlungen mit den algerischen Behörden über die zwangsweisen
Rückschaffungen inzwischen Erfolg zeitigen (vgl. BGE 133 II 97 E. 3.3.). Für
alles Weitere wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen
Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG).

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es rechtfertigt sich aufgrund
der Umstände (Bedürftigkeit, absehbarer Vollzug der Wegweisung), von der
Erhebung von Kosten dennoch abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Das
Kantonale Amt für Ausländerfragen Zug wird ersucht, dafür besorgt zu sein,
dass das vorliegende Urteil dem Beschwerdeführer korrekt eröffnet und
nötigenfalls verständlich gemacht wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Haftrichterin, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: