Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.641/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_641/2007 /zga

Urteil vom 25. April 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

Parteien
X.________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Marcel Muff,

gegen

Oberzolldirektion, Abteilung LSVA, Gutenbergstrasse 50, 3003 Bern.

Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
Gegenstand
LSVA (Solidarhaftung für Anhänger),

Beschwerde gegen das Urteil
des Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
vom 28. September 2007.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG mit Sitz in A.________ führt Warentransporte durch und
betreibt eine Reparaturwerkstätte für Lastwagen und Personenwagen. Auf das
Unternehmen sind acht verschiedene Sattelanhänger mit einem zulässigen
Gesamtgewicht zwischen 24 t und 36 t immatrikuliert.

In der Zeit vom 3./6. - 28. April 2006 führte die Z.________ Transporte als
Subunternehmerin der X.________ AG mit einem eigenen Zugfahrzeug für die
letztgenannte Gesellschaft verschiedene Fahrten durch, teilweise unter
Verwendung der soeben erwähnten Anhänger. Die Oberzolldirektion stellte ihr
hierfür die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) im Betrag von
insgesamt Fr. 8'374.45 in Rechnung. Die Z.________ Transporte erwies sich
jedoch in der Folge als zahlungsunfähig: Das bei ihr durchgeführte
betreibungsrechtliche Inkasso endete mit der Ausstellung eines Verlustscheins
über Fr. 8'694.--.

B.
Nach getroffener Feststellung, dass die Z.________ Transporte für ihre Fahrten
die Sattelanhänger der X.________ AG eingesetzt hatte, auf deren Verwendung
eine Schwerverkehrsabgabe von Fr. 4'866.40 angefallen war, machte die
Oberzolldirektion diesen Betrag am 8. Februar 2007 bei der X.________ AG
geltend. Diese stellte sich indessen im Wesentlichen auf den Standpunkt, sie
sei nicht Halterin der fraglichen Sattelanhänger und könne deshalb für die in
Rechnung gestellte Abgabe nicht belangt werden.

C.
Mit Verfügung vom 20. März 2007 erklärte die Oberzolldirektion - soweit die
besagten Anhänger betreffend - die X.________ AG für die bei der Z.________
Transporte erfolglos eingeforderte Schwerverkehrsabgabe als solidarisch haftbar
und setzte den von der X.________ AG geschuldeten Betrag gemäss Rechnung Nr.
5084642 auf Fr. 4'866.40 fest.

Eine gegen diese Verfügung erhobene Einsprache blieb erfolglos, und mit Urteil
vom 28. September 2007 wies das Bundesverwaltungsgericht eine gegen den
Einspracheentscheid vom 11. Mai 2007 gerichtete Beschwerde ebenfalls ab.

D.
Mit Eingabe vom 13. November 2007 führt die X.________ AG beim Bundesgericht
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das
genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sowie die vorangegangene
Verfügung der Oberzolldirektion aufzuheben und festzustellen, dass für die
Abgabeforderung gemäss Rechnung Nr. 5084642 keine Haftung der
Beschwerdeführerin bestehe.

Die Oberzolldirektion beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das
Bundesverwaltungsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.

E.
Mit Verfügung vom 16. November 2007 hat der Abteilungspräsident das
gleichzeitig mit der Beschwerdeeinreichung gestellte Gesuch um aufschiebende
Wirkung abgewiesen.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf öffentliches Recht des Bundes
und unterliegt der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss
Art. 82 ff. BGG. Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die
Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin vom angefochtenen Entscheid
besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Überprüfung.
Sie ist damit zur Beschwerde berechtigt (vgl. Art. 89 BGG).

Hingegen kann mit dem genannten Rechtsmittel einzig der Entscheid des
Bundesverwaltungsgerichts angefochten werden (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG).
Soweit damit auch die Aufhebung der Verfügung der Oberzolldirektion vom 20.
März 2007 verlangt wird, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen, und es
kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz
abweichenden Begründung abweisen. Das Bundesgericht prüft, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind.

1.3 Das Bundesgericht legt sodann seinem Urteil den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser
sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und
Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz werden vorliegend nicht
angefochten. Ebenso wenig streitig ist die Berechnung des eingeforderten
Abgabebetrages.

2.
2.1 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1997 über eine
leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (Schwerverkehrsabgabegesetz, SVAG, SR
641.81) soll der Schwerverkehr mit dieser Abgabe die ihm zurechenbaren
Wegekosten und Kosten zulasten der Allgemeinheit langfristig decken, soweit er
für diese nicht bereits durch andere Leistungen oder Abgaben aufkommt. Die
Abgabe wird auf den im In- und Ausland immatrikulierten (in- und ausländischen)
schweren Motorfahrzeugen und Anhängern für den Güter- oder den
Personentransport erhoben (Art. 3 SVAG). Sie ist für mitgeführte Anhänger vom
Halter des Zugfahrzeuges zu deklarieren und zu bezahlen (Art. 17 Abs. 3 der
Verordnung vom 6. März 2000 über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
[Schwerverkehrsabgabeverordnung, SVAV, SR 641. 811]). Abgabepflichtig ist
gemäss Art. 5 Abs. 1 SVAG der Halter des Fahrzeuges, bei ausländischen
Fahzeugen zusätzlich der Fahrzeugführer. Art. 5 Abs. 2 SVAG ermächtigt darüber
hinaus den Bundesrat ausdrücklich, für die Abgabe "weitere Personen als
solidarisch haftbar" zu erklären.

2.2 Von dieser Kompetenz hat der Bundesrat in Art. 36 SVAV Gebrauch gemacht.
Neben dem Halter des Fahrzeuges sind für die Abgabe sowie für allfällige Zinsen
und Gebühren u. a. solidarisch haftbar "die Halterin oder der Halter eines
Anhängers, wenn die Halterin oder der Halter des Zugfahrzeuges zahlungsunfähig
ist: im Umfang des Gesamtgewichts des Anhängers für die mit diesem
zurückgelegten Kilometer" (Art. 36 Abs.1 lit. b SVAV in der hier noch
anwendbaren Fassung vom 6. März 2000 [AS 2000 1170 1183]).

2.3 Die Haltereigenschaft wird zunächst in Art. 78 Abs. 1 der Verordnung vom
27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum
Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV, SR 741.51) näher
umschrieben. Sie beurteilt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Als
Halter gilt namentlich, wer die tatsächliche und dauernde Verfügungsgewalt über
das Fahrzeug besitzt und es in seinem Interesse oder auf seine Kosten gebraucht
oder gebrauchen lässt.

Halter im Sinne des Strassenverkehrsrechts ist nach konstanter Rechtsprechung
nicht notwendigerweise der Eigentümer des Fahrzeugs oder wer formell im
Fahrzeugausweis eingetragen ist, sondern derjenige, auf dessen eigene Rechnung
und Gefahr der Betrieb des Fahrzeugs erfolgt und der zugleich über dieses und
allenfalls über die zum Betrieb erforderlichen Personen die tatsächliche,
unmittelbare Verfügung besitzt (BGE 129 III 102 E. 2.1 S. 103 mit zahlreichen
Hinweisen auf frühere Entscheide und Literatur). Dabei hat das Bundesgericht
eine Zeitdauer von vier Monaten, während welcher ein Betroffener über das
Fahrzeug im Wesentlichen frei verfügen konnte, für die Begründung der
Haltereigenschaft als ausreichend erachtet (BGE 129 III 102 E. 2.3 S. 106).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, die Vorinstanz wende
einen rein formellen Halterbegriff an und halte fest, dass gemäss Art. 5 SVAG
immer diejenige Person Halter sei, auf deren Namen das Fahrzeug oder der
Anhänger immatrikuliert sei. Im Bereich der leistungsabhängigen
Schwerverkehrsabgabe müsse indessen ein anderer Halterbegriff zur Anwendung
kommen. Da es nicht um die Einhaltung administrativer Ordnungsvorschriften,
sondern um die korrekte fiskalrechtliche Belastung des abgabepflichtigen
Transportunternehmers gehe, dürfe kein formeller, rein administrativrechtlicher
Halterbegriff angewendet werden. Abgabepflichtig könne nur derjenige
Transportunternehmer sein, der durch das Zurücklegen einer bestimmten Strecke
mit einem schweren Motorfahrzeug oder einem Anhängerzug die öffentlichen
Strassen in Anspruch nehme. Dies sei in der vorliegenden Konstellation der
Subunternehmer: Er habe die Verfügungsmacht über das Fahrzeug und den Anhänger,
er lege die Kosten verursachende Strecke selbst (oder durch sein bei ihm
angestelltes Fahrpersonal) zurück und er verwirkliche damit den die Abgabe
auslösenden Tatbestand. Jede andere Auslegung verstosse gegen das
Legalitätsprinzip sowie gegen das Willkürverbot und sei somit
verfassungswidrig.

3.2 Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin besteht kein Anlass, für die
Erhebung der Schwerverkehrsabgabe auf einen anderen als den üblichen, in Art.
78 VZV umschriebenen und in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
konkretisierten Halterbegriff (vgl. E. 2.3) abzustellen. Gemäss unbestrittener
(vgl. E. 1.3) Sachdarstellung wurden die Anhänger vorliegend in der Zeit
zwischen dem 3./6. April und dem 28. April 2006 von der Subunternehmerin der
Beschwerdeführerin verwendet. Nach eigener Darlegung stellte die X.________ AG
ihre auf sie immatrikulierten Anhänger "regelmässig" der Z.________ Transporte
zur Ausführung einzelner Transportleistungen zur Verfügung, welche diese
Leistungen "als Subunternehmer (Zwischenfrachtführer) für die
Beschwerdeführerin erbrachte" (vgl. S. 4 der Beschwerdeschrift). Gemäss der
erwähnten Rechtsprechung (E. 2.3) blieb die X.________ AG damit aber Halterin
ihrer jeweils nur vorübergehend einem Subunternehmer als Transporteur
überlassenen Anhänger; die Haltereigenschaft ging - entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin - nicht auf den Subunternehmer über.

Der Einwand, die Beschwerdeführerin sei zur Zeit der zur Diskussion stehenden
Transporte gar nicht Halterin der betreffenden Anhänger gewesen und könne schon
deshalb nicht für die darauf entfallende Schwerverkehrsabgabe belangt werden,
ist damit unbegründet.

3.3 Zu prüfen bleiben die Rügen der Verletzung des Legalitätsprinzips und des
Willkürverbots.

Aus naheliegenden praktischen Gründen auferlegt Art. 17 Abs. 3 SVAV bei
Fahrzeugen mit Anhängern die Deklarations- und Zahlungspflicht der
Schwerverkehrsabgabe dem Halter des Zugfahrzeuges. Für diese Regelung kann sich
der Verordnungsgeber auf die in Art. 10 SVAG übertragene Vollzugskompetenz
stützen. Aber auch die hier zur Anwendung gelangte Regelung von Art. 36 Abs. 1
lit. b SVAV, wonach bei Zahlungsunfähigkeit des Halters des Zugfahrzeuges der
Halter des Anhängers für die mit diesem zurückgelegten Kilometer im Umfang des
Gesamtgewichtes des Anhängers solidarisch haftet, ist durch das Gesetz (Art. 5)
klarerweise gedeckt: Einerseits darf die Beschwerdeführerin schon als Halterin
des Anhängers für die mit ihrem Fahrzeug erbrachten Fahrleistungen belangt
werden (Art. 5 Abs. 1 SVAG), und andererseits ist der Verordnungsgeber
ausdrücklich ermächtigt, neben einer primär als Halter ins Recht zu fassenden
Person auch noch andere Personen solidarisch haftbar zu erklären (Art. 5 Abs. 2
SVAG, vgl. vorne E. 2.2). Eine Verletzung des Legalitätsprinzips liegt damit
nicht vor. Die Ausdehnung der solidarischen Haftbarkeit auf den Halter eines
durch Dritte benützten Anhängers ist entgegen den Vorbringen der
Beschwerdeführerin aber auch keineswegs sachwidrig und willkürlich: Wie die
Vorinstanz zutreffend erwogen hat, ist die Solidarschuldnerschaft "für den
letztlich davon Betroffenen fraglos unangenehm, aber nichts Ungewöhnliches",
und muss sich in der vorliegenden Konstellation der Halter eines Anhängers
durch geeignete zivilrechtliche Massnahmen vor allfälligen Verlusten selbst
schützen (E. 2.2.2 des angefochtenen Entscheides).

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 65 und 66 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet
(Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. April 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Klopfenstein