Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.622/2007
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2C_622/2007 / bru

Urteil vom 14. Dezember 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

Amt für Justiz Nidwalden,
Beschwerdeführer,

gegen

X._______,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Johann Burri.

Familiennachzug (Gerichtskosten, Parteientschädigung),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden,
Verwaltungsabteilung, vom 1. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
X. _______ stammt aus Serbien und verfügt seit dem 4. November 1999 im Kanton
Nidwalden über eine Niederlassungsbewilligung. Am 5. Mai 2006 ersuchte er das
kantonale Amt für Justiz erfolglos darum, ihm den Nachzug seiner zweiten
Ehefrau und des gemeinsamen Sohns sowie dreier Kinder aus erster Ehe zu
gestatten. Die Justiz- und Sicherheitsdirektion des Kantons Nidwalden
bestätigte den negativen Entscheid auf Beschwerde hin am 23. Mai 2007. Am 13.
September 2007 kam das Amt für Justiz wiedererwägungsweise auf seine
Verfügung zurück, worauf das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden das bei
ihm hängig gemachte Beschwerdeverfahren am 1. Oktober 2007 als gegenstandslos
abschrieb. Es auferlegte die Gerichtskosten von Fr. 600.-- dem Amt für Justiz
und verpflichtete dieses, den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer mit Fr.
3'186.25 zu entschädigen.

B.
Das Amt für Justiz Nidwalden beantragt vor Bundesgericht, den Kostenspruch
des Verwaltungsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass weder
Gerichtskosten zu erheben noch Parteientschädigungen zuzusprechen seien. Das
Amt macht geltend, in Missachtung des Willkürverbots (Art. 9 BV) zu Unrecht
als unterliegend bezeichnet und in offensichtlicher Verletzung des kantonalen
Verfahrensrechts mit Kosten belastet worden zu sein.

C.
Das Bundesgericht hat darauf verzichtet, die Akten einzuholen und einen
Schriftenwechsel durchzuführen.
Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in
einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen der
Ausschlussgründe von Art. 83 BGG fällt. Die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist deshalb zulässig (Art. 82 ff.
BGG), falls das Amt für Justiz Nidwalden hierzu legitimiert (vgl. 89 BGG) und
seinen gesetzlichen Begründungsanforderungen (vgl. Art. 42 BGG) nachgekommen
ist.

2.
2.1 Zu Recht beruft sich das Amt nicht auf eine besondere Beschwerdebefugnis
im Sinne von Art. 89 Abs. 2 BGG: Es ist weder Träger von speziellen, für
Gemeinden und vergleichbare Körperschaften geschaffenen Verfassungsgarantien
(Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG), noch ist es gestützt auf eine besondere
bundesgesetzliche Norm ermächtigt, vorliegend an das Bundesgericht zu
gelangen (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG). Die Befugnis, kantonale Entscheide im
Bereich des Ausländerrechts mittels Behördenbeschwerde anzufechten, steht
ausschliesslich dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
sowie dem Bundesamt für Migration (BFM) zu, indessen nicht auch den
kantonalen Bewilligungsbehörden (vgl. Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG; Art. 14 Abs.
2 OV-EJPD [SR 172.213.1]; BGE 129 II 1 E. 1.1 S. 3 f.; zum BGG bestätigt in
Urteil 2C_411/2007 vom 6. November 2007, E. 1).

2.2
2.2.1 Das kantonale Amt für Justiz beruft sich für seine Legitimation auf das
allgemeine Beschwerderecht im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG. Danach ist zur
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten befugt, wer vor der
Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs.
1 BGG; BGE 133 II 400 E. 2.2 S. 404). Diese Regelung ist zwar in erster Linie
auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf
stützen, falls es durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie
ein Privater betroffen wird (BGE 133 II 400 E. 2.4.2 mit Hinweisen). Darüber
hinaus können Gemeinwesen zur Beschwerde gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG
legitimiert sein, soweit sie in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen
Interessen berührt sind (zur Fortführung der bisherigen Praxis: BGE 133 II
400 E. 2.4.2). Das kann bei vermögensrechtlichen Interessen der Fall sein -
etwa als Subventionsempfänger (BGE 122 II 382 E. 2b S. 383), als Gläubiger
von Kausalabgaben (BGE 119 Ib 389 E. 2e S. 391; 125 II 192 E. 2a/bb S. 195),
als lohnzahlungspflichtiger öffentlicher Arbeitgeber (BGE 124 II 409 E. 1e S.
417 f.) oder als Erbringer von Fürsorgeleistungen (ZBl 98/1997 S. 414 ff.) -,
aber auch bei Eingriffen in spezifische eigene öffentliche Sachanliegen (vgl.
Bernhard Waldmann, in: Niggli/Uebersax/ Wiprächtiger, Basler Kommentar zum
BGG, Basel 2008, Rz. 43 f. zu Art. 89; Hansjörg Seiler, in: Seiler/von
Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz, Rz. 35 zu Art. 89). Das allgemeine
Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft indessen keine
Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung; insbesondere ist die im
Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht berechtigt, gegen den sie
desavouierenden Entscheid an das Bundesgericht zu gelangen (BGE 131 II 58 E.
1.3 S. 62; 127 II 31 E. 2e S. 38 mit Hinweisen). Zur Begründung des
allgemeinen Beschwerderechts genügt auch nicht jedes beliebige, mit der
Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe direkt oder indirekt verbundene
finanzielle Interesse des Gemeinwesens (BGE 133 II 400 E. 2.4.2 S. 407; 133 V
188 E. 4.4.2 S. 194; 131 II 58 E. 1.3 S. 62; 124 II 409 E. 1e/bb S. 418; 123
II 425 E. 3c S. 428; Waldmann, a.a.O., Rz. 44 zu Art. 89 BGG).

2.2.2 Das Amt für Justiz wäre vorliegend - unbestrittenermassen - in der
Sache selber nicht legitimiert gewesen, den kantonalen Rechtsmittelentscheid
anzufechten: Es fehlt an einer Norm, die es als Behörde hierzu ermächtigen
würde. Durch die Pflicht, eine einzelne ausländerrechtliche Bewilligung zu
erteilen, wird auch der Kanton nicht in relevanter Weise in schutzwürdigen
eigenen Hoheitsinteressen betroffen. Wer jedoch in der Sache selber nicht
legitimiert ist, Beschwerde zu führen, kann grundsätzlich auch den damit
verbundenen Kostenentscheid nicht beanstanden. Durch die Pflicht zur Tragung
von Verfahrens- und Parteikosten in einem einzelnen Rechtsmittelverfahren
wird das Gemeinwesen regelmässig nicht derart belastet, dass ihm - trotz
fehlender Legitimation bzw. unabhängig von der Legitimation in der Sache
selber - ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung der Kostenregelung
einzuräumen wäre.

2.2.3 Inwieweit dies in besonderen Fällen ausnahmsweise anders sein könnte,
braucht hier nicht weiter geklärt zu werden: Die Beschwerde des Amtes für
Justiz scheitert schon daran, dass es seine Befugnis, den Kanton Nidwalden
als Partei des Rechtsmittelverfahrens vor Bundesgericht zu vertreten, in der
Beschwerdeschrift nicht dartut und eine solche auch nicht ohne weiteres als
ersichtlich gelten kann; es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der
Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und
inwiefern ein Beschwerdeführer zur Beschwerde zuzulassen ist; es obliegt in
Zweifelsfällen diesem, die entsprechenden Grundlagen hierfür zu liefern (BGE
133 II 400 E. 2 S. 404). Die Befugnis, öffentlich-rechtliche Korporationen
prozessual zu vertreten, steht praxisgemäss, soweit nichts Abweichendes
bestimmt ist, nur der obersten vollziehenden Behörde zu (Matthias Suter, Der
neue Rechtsschutz in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor dem
Bundesgericht, Diss. St. Gallen 2007, S. 29, mit Hinweisen). Gemäss Art. 65
Abs. 1 der Kantonsverfassung von Nidwalden (SR 131.216.2) vertritt der
Regierungsrat den Kanton nach aussen. Es wäre deshalb Sache des
beschwerdeführenden Amtes gewesen, darzulegen, aufgrund welcher kantonalen
Vorschriften es sich als zuständig erachtet, für den Kanton zu handeln. Nur
das Gemeinwesen als solches kann im Rahmen von Art. 89 Abs. 1 BGG an das
Bundesgericht gelangen, nicht eine einzelne Behörde oder ein Verwaltungszweig
ohne eigene Rechtspersönlichkeit (BGE 127 II 32 E. 2f S. 38). Auf die
vorliegende Eingabe ist deshalb schon mangels hinreichender Substantiierung
der Beschwerdevoraussetzungen nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG;
BGE 133 II 249 E. 1.1, 353 E. 1, 400 E. 2).

3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Kanton Nidwalden die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen: Sein Amt für Justiz hat in Verfolgung
von Vermögensinteressen gehandelt, wobei der Kanton sich dessen Vorgehen
verfahrensrechtlich anrechnen lassen muss (Art. 66 Abs. 4 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet, da dem Beschwerdegegner kein
weiterer Aufwand entstanden ist (vgl. Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Kanton Nidwalden auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Verwaltungsabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Dezember 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Hugi Yar