Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.577/2007
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2C_577/2007 /leb

Urteil vom 30. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

A. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, dieser
substituiert durch lic.iur. Markus Jakob,

gegen

Amt für Migration Basel-Landschaft,
Postfach 251, 4402 Frenkendorf,
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht,
Postfach, 4410 Liestal.

Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b Abs. 1 ANAG,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, vom 13. September 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Mit Verfügung vom 25. Juni 1997 wies das damalige Bundesamt für Flüchtlinge
(BFF) das am 1. April 1996 gestellte Asylgesuch des aus Bangladesh stammenden
A.________ (geb. 1975) ab und wies diesen aus der Schweiz weg. Eine hiegegen
gerichtete Beschwerde wies die Schweizerische Asylrekurskommission am 16.
Oktober 1997 ab. In der Folge galt A.________ als verschwunden. Vom 4. April
bis zum 4. Juli 2001 befand er sich ein erstes Mal in Ausschaffungshaft. Eine
weitere Haftanordnung vom 6. Februar 2002 wurde mit Urteil des
basel-landschaftlichen Einzelrichters für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
vom 8. Februar 2002 aufgehoben, im Wesentlichen mit der Begründung, der
Haftgrund der Untertauchensgefahr habe sich nicht erhärten lassen. Am 25.
Februar 2005 wurde A.________ wieder als verschwunden gemeldet. In der
Zwischenzeit war das Bundesamt für Flüchtlinge auf sein erneutes Asylgesuch
nicht eingetreten und hatte ihn wiederum aus der Schweiz weggewiesen
(Verfügung vom 22. April 2002). Abklärungen vor Ort in Dhaka ergaben, dass
seine Angaben zur Identität falsch waren.

Am 10. September 2007 wurde A.________ von der Kantonspolizei Basel-Stadt
angehalten. Die beiden Polizeibeamten waren im Auftrag der
Fremdenpolizeibehörden im Hotel X.________ in Basel vorstellig geworden. Der
dort angetroffene A.________ entzog sich zunächst der Polizeikontrolle und
flüchtete, konnte aber später an einer Strassenverzweigung gestellt werden,
nachdem er vorerst davongerannt war. In der Folge wurde er den Behörden des
Kantons Basel-Landschaft übergeben und vom dortigen Amt für Migration in
Ausschaffungshaft genommen. Mit Urteil vom 13. September 2007 prüfte der
Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht die Haft und genehmigte
sie bis zum 10. Dezember 2007.

2.
Mit Eingabe vom 17. Oktober 2007 führt A.________ gegen das genannte Urteil
beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
den Anträgen, das Urteil aufzuheben und ihn aus der Haft zu entlassen.
Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.

Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht
durchgeführt worden.

3.
Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, wenn
die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung (ANAG; SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist
erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch
rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt, dessen Vollzug (z.B.
wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE
130 II 56 E. 1 mit Hinweisen). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG
genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381;
124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein
(Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen) und die
Papierbeschaffung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3
ANAG, Beschleunigungsgebot; BGE 130 II 488 E. 4; 124 II 49 ff.). Die Haft
soll als Ganzes verhältnismässig sein (BGE 130 II 56 E. 1 S. 58; 126 II 439
E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383). Sie darf höchstens drei Monate dauern; stehen
dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung besondere Hindernisse entgegen, so kann
die Haft mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um höchstens 15
Monate, für Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren um höchstens neun Monate
verlängert werden (Art. 13b Abs. 2 ANAG).

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, vor dem Hintergrund seiner über
zehnjährigen Anwesenheit in der Schweiz und der ebenso lange bestehenden
Unmöglichkeit des Vollzugs seiner Wegweisung erweise sich die angeordnete
Ausschaffungshaft als unverhältnismässig. Er habe sich hier integriert; sein
gesamtes soziales Umfeld befinde sich in der Schweiz und er unterhalte keine
Kontakte zu Bangladesh mehr.
Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Wegweisung nun
innert vernünftiger Frist vollzogen werden könne: Die einzigen Hinweise auf
seine angebliche andere Identität stammten aus anonymen Schreiben, welche den
Behörden längst bekannt gewesen seien. Trotzdem seien diese "über drei Jahre
lang nicht tätig" geworden (vgl. S. 5 der Beschwerdeschrift).

4.2 Der Beschwerdeführer ist rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen
worden. Aus dem Umstand, dass die erste Wegweisungsverfügung schon vor 10
Jahren ergangen ist, kann er nichts zu seinen Gunsten ableiten. Er hat durch
die lange Dauer seiner illegalen Anwesenheit in der Schweiz kein
Aufenthaltsrecht erworben. Die Wegweisungsverfügung ist nach wie vor in
Kraft, und es bestehen keine Umstände, welche sie als offensichtlich
rechtswidrig bzw. nichtig erscheinen liessen, so dass sie der Haftrichter
hätte in Frage stellen können (vgl. BGE 128 II 193 E. 2.2.2 S. 198).

Beim Beschwerdeführer besteht zudem der Haftgrund der Untertauchensgefahr im
Sinne von Art. 13b Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 13f ANAG (vgl. BGE
130 II 377 E. 3.2.2 und 3.3.3; 56 E. 3.1 S. 58 f.). Er galt während längerer
Zeit als verschwunden und bestreitet nicht, dass er es unterlassen hatte, den
Behörden seinen Wohnsitz mitzuteilen (vgl. S. 5 der Beschwerdeschrift). Zudem
ist er nicht bereit, bei Vorliegen der Reisepapiere freiwillig in sein
Heimatland zurückzukehren (Anhörungsprotokoll vom 12. September 2007, S. 2).
Der Haftgrund der Untertauchensgefahr wird auch durch seinen Fluchtversuch
aus dem Hotel X.________ in Basel anlässlich einer Kontrolle bestärkt (vgl.
vorne E. 1).

4.3 Der Umstand allein, dass sich der Vollzug einer Wegweisung schwierig
gestaltet, lässt die Ausschaffung nicht bereits als undurchführbar erscheinen
(Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 4.1.2 und 4.1.3 mit
Hinweisen). Die Behörden sind gestützt auf das Beschleunigungsgebot (Art. 13b
Abs. 3 ANAG) jedoch gehalten, sich auch ohne Mitwirkung des Betroffenen um
die Papierbeschaffung zu bemühen.

Die seitens der kantonalen Behörden ins Feld geführten neuen Erkenntnisse
über die wahre Identität des Beschwerdeführers stammen offenbar aus einem
anonymen Schreiben an die Fremdenpolizeibehörden aus dem Jahre 2005. Man kann
sich zwar fragen, warum die Behörden dieser Spur nicht früher nachgegangen
sind. Von einem Verstoss gegen das Beschleunigungsgebot kann aber nicht
gesprochen werden, zumal der Beschwerdeführer erst im September 2007 (wieder)
in Ausschaffungshaft genommen worden ist. Nach der Beurteilung der kantonalen
Behörde besteht eine gewisse Aussicht, dass die Papiere für den
Beschwerdeführer nunmehr innert absehbarer Zeit beschafft werden können. Die
bis zum 10. Dezember 2007 angeordnete Ausschaffungshaft hält daher vor
Bundesrecht stand. Sie erweist sich insbesondere nicht als
unverhältnismässig: Der Beschwerdeführer hat es in der Hand, die Haft zu
verkürzen, indem er mit den Behörden kooperiert (vgl. Urteil 2C_580/2007 vom
23. Oktober 2007, E. 2.1).

5.
Die im Sinne von Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG offensichtlich unbegründete
Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung
abzuweisen.

Diesem Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG); seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung kann - zumal sich   sein Hauptargument gegen
die Ausschaffungshaft (nämlich die lange  Dauer der Anwesenheit in der
Schweiz) bei näherer Betrachtung als offensichtlich nicht stichhaltig erweist
- mangels ernsthafter Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht entsprochen
werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Es rechtfertigt sich indessen, keine Kosten
zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration
Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft (Einzelrichter für
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: