Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.575/2007
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2007


2C_575/2007 /leb

Urteil vom 29. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Postfach, 8090 Zürich,
Bezirksgericht Zürich, Haftrichter,
Postfach, 8026 Zürich.

Durchsetzungshaft (Art. 13g ANAG),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung des
Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom 25. September 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägungen:

1.
1.1 X.________ (geb. 1959) stammt nach eigenen Angaben aus Tschetschenien
(Russland). Das Bundesamt für Flüchtlinge wies sein Asylgesuch am 20.
Dezember 2001 ab und hielt ihn an, die Schweiz zu verlassen. Mehrere
Wiedererwägungsgesuche hiergegen blieben ohne Erfolg: Der
Wegweisungsentscheid wurde letztmals am 27. Oktober 2005 für rechtskräftig
und vollstreckbar erklärt. Auf eine hiergegen gerichtete Beschwerde trat die
Schweizerische Asylrekurskommission am 16. Dezember 2005 nicht ein.

1.2 X.________ befand sich vom 5. August 2002 bis zum 4. September 2002 in
Ausschaffungshaft. In der Folge wurde er wiederholt festgenommen und in den
Strafvollzug versetzt (Hehlerei, Ladendieb-stähle, ANAG-Vergehen usw.). Aus
diesem ist er (letztmals) am 9. Februar 2007 entlassen worden. Ab diesem
Datum befand er sich wiederum in Ausschaffungshaft. Der Haftrichter am
Bezirksgericht Zürich prüfte diese am 12. Februar 2007 und genehmigte sie bis
zum 8. Mai 2007.

1.3 Am 2. Mai 2007 lehnte der Haftrichter die Verlängerung der
Ausschaffungshaft ab, bewilligte indessen eine Durchsetzungshaft bis zum 2.
Juni 2007. Diese erstreckte er am 24. Mai, 25. Juli sowie 25. September 2007
jeweils um zwei Monate. X.________ ist gegen den letzten
Verlängerungsentscheid am 16. Oktober 2007 (Postaufgabe) mit dem Antrag an
das Bundesgericht gelangt, er sei aus der Haft zu entlassen.

2.
Die Eingabe, die als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu
behandeln ist (vgl. Art. 82 ff. BGG), erweist sich aufgrund der eingeholten
Akten als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
2.1
2.1.1 Hat ein Ausländer seine Pflicht zur Ausreise aus der Schweiz innerhalb
der ihm angesetzten Frist nicht erfüllt und kann die rechtskräftige Weg- oder
Ausweisung wegen seines persönlichen Verhaltens nicht vollzogen werden, so
darf er, um der Ausreisepflicht Nachachtung zu verschaffen, in
Durchsetzungshaft genommen werden, sofern die Anordnung der Ausschaffungshaft
nicht zulässig ist oder keine andere, mildere Massnahme zum Ziel führt (Art.
13g Abs. 1 ANAG [SR 142.20]). Die Durchsetzungshaft ist erstmals für einen
Monat möglich. Sie kann hernach mit der Zustimmung der zuständigen kantonalen
richterlichen Behörde - bis zu einer Maximaldauer von 18 Monaten - jeweils um
zwei Monate verlängert werden (Art. 13g Abs. 2 ANAG). Die Vorbereitungs-,
Ausschaffungs- und Durchsetzungshaft dürfen zusammen auf jeden Fall die
Höchstdauer von 24 Monaten nicht überschreiten (Art. 13h ANAG).

2.1.2 Zweck der Durchsetzungshaft ist es, die ausreisepflichtige Person in
jenen Fällen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, in denen nach Ablauf der
Ausreisefrist der Vollzug der rechtskräftig gegen sie angeordneten Weg- oder
Ausweisung - trotz der behördlichen Bemühungen - ohne ihre Kooperation nicht
möglich erscheint. Sie soll das letzte Mittel darstellen, wenn und soweit
keine andere Zwangsmassnahme mehr zum Ziel führt, den illegal anwesenden
Ausländer - auch gegen seinen Willen - in seine Heimat verbringen zu können
(BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 99 f.). Ihre konventionsrechtliche Rechtfertigung
findet die Durchsetzungshaft einerseits in Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK (Haft
zur Erzwingung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung) und
andererseits in Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK (Haft zur Sicherung eines
schwebenden Ausweisungsverfahrens). Nach dem Willen des Gesetzgebers kann
selbst eine Haftdauer von 18 Monaten im Einzelfall diesen Bestimmungen
entsprechend verhältnismässig sein (vgl. BGE 133 II 97 E. 2.2 S. 100).

2.2 Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete bzw. wiederholt verlängerte
Durchsetzungshaft widerspricht diesen Vorgaben (zurzeit) nicht:
2.2.1 Der Beschwerdeführer ist seit anfangs 2002 rechtskräftig verpflichtet,
die Schweiz zu verlassen, ohne dass er dieser Aufforderung nachgekommen wäre.
Sämtliche rechtlichen Bemühungen, seine Anwesenheit zu legalisieren, blieben
ohne Erfolg. Auch nach den jeweiligen Entlassungen aus dem Strafvollzug kam
er seinen Mitwirkungspflichten nicht nach, sondern verblieb er widerrechtlich
im Land, was zu weiteren strafrechtlichen Verurteilungen führte. Soweit er
sich ins Ausland begab (Deutschland), wurde er ohne Weiterungen wieder den
schweizerischen Behören übergeben. Diese bemühen sich darum, für ihn bei der
russischen Botschaft einen Laissez-passer erhältlich zu machen, was nur
möglich ist, wenn er das von den russischen Behörden hierfür verlangte
Papierersatzformular ausfüllt und bei der Papierbeschaffung mit ihnen
kooperiert. Der Beschwerdeführer hat sich während Jahren geweigert, dies zu
tun, bzw. erklärt, auf keinen Fall nach Russland bzw. Tschetschenien
zurückzukehren, und alles daran gesetzt, die entsprechenden Bemühungen zu
erschweren. Die Möglichkeit einer Rückkehr in seine Heimat hängt allein von
seinem Verhalten ab (wahrheitsgemässes Ausfüllen des Papierersatzformulars),
weshalb die Fortsetzung der Ausschaffungshaft nicht (mehr) möglich und die
Anordnung bzw. Fortsetzung der Durchsetzungshaft rechtmässig ist.

2.2.2 Was der Beschwerdeführer hiergegen einwendet, überzeugt nicht: Soweit
er geltend macht, allenfalls nach Deutschland zu seiner Mutter und seinem
volljährigen Sohn ziehen zu können, hat sich das Bundesamt für Migration
diesbezüglich erfolglos an die deutschen Behörden gewandt. Eine legale
Ausreise ist zurzeit somit nur nach Russland möglich. Die Schweiz darf
zwischenstaatlich nicht bewusst zu einer illegalen Einreise in einen
Drittstaat Hand bieten, weshalb der Beschwerdeführer vergeblich versichert,
bei einer Haftentlassung die Schweiz sofort zu verlassen und nach Spanien,
Italien oder Frankreich zu reisen (vgl. BGE 133 II 97 E. 4.2.2 S. 103).
Entgegen seinen Vorbringen ist er seinen Mitwirkungspflichten auch seit
Anordnung der Durchsetzungshaft nicht entscheidend nachgekommen: Zwar hat er
erklärt, nunmehr bereit zu sein, der russischen Vertretung vorgeführt zu
werden; dies macht jedoch nur Sinn, wenn er das hierzu erforderliche Papier
wahrheitsgemäss ausfüllt, was er nach dem derzeitigen Stand der Abklärungen
nicht getan hat (angeblicher Name Y.________, geb.1960) und auch nach wie vor
offenbar nicht bereit ist, zu tun.

2.2.3 Die angefochtene Fortsetzung der Durchsetzungshaft erweist sich unter
diesen Umständen als verhältnismässig: Der Beschwerdeführer befindet sich bei
Ablauf der vorliegend umstrittenen Verlängerung seit sieben Monaten in
Durchsetzungshaft, was etwas mehr als einem Drittel der möglichen
Maximaldauer entspricht. Er hat sich bis jetzt ausgesprochen renitent
verhalten; soweit er auf die Gesamtdauer seiner bisherigen Inhaftierungen
Bezug nimmt, verkennt er, dass es dabei - abgesehen von den drei Monaten
Ausschaffungshaft im Jahr 2007 und rund einem Monat im Jahr 2002 - um
Strafvollzug oder Untersuchungshaft ging. Der Beschwerdeführer hat es in der
Hand, seine Durchsetzungshaft zu verkürzen bzw. zu beenden, indem er das
Papier zur Ausstellung eines Laissez-passers ausfüllt und mit den Behörden
für seine Rückkehr nach Russland wirkungsvoll kooperiert. Soweit er
befürchtet, dort verfolgt zu werden, übersieht er, dass diese Frage im
Asylverfahren rechtskräftig beurteilt worden ist und nicht Gegenstand der
haftrichterlichen Prüfung bilden kann (vgl. zur Problematik des
innerstaatlichen Zufluchtsorts tschetschenischer Asylsuchender zudem das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-4434/2006 vom 1. Juni 2007, E. 4.9).
Den von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Problemen kann im Rahmen des
Haftvollzugs Rechnung getragen werden.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer beantragt, ihm für das Verfahren vor Bundesgericht
die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und für die Prüfung seiner
Beschwerde keinen Kostenvorschuss zu erheben. Das Gesuch kann als
gegenstandslos abgeschrieben werden, nachdem die Beschwerde materiell
beurteilt worden ist und das Bundesgericht in Verfahren der vorliegenden Art
- besondere Umstände vorbehalten - regelmässig davon absieht, dem Betroffenen
Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG); im Übrigen wäre das Gesuch
wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen gewesen (vgl. Art. 64 Abs. 1
BGG).

3.2 Das Migrationsamt des Kantons Zürich wird eingeladen, dafür besorgt zu
sein, dass dem Beschwerdeführer das vorliegende Urteil korrekt eröffnet und
nötigenfalls verständlich gemacht wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos
abgeschrieben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt des Kantons Zürich
und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: