Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.572/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_572/2007 /bru

Urteil vom 23. Januar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller,
nebenamtlicher Bundesrichter Locher,
Gerichtsschreiber Küng.

Parteien
X._______
Beteiligungs- und Finanz-Aktiengesellschaft,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Augusto Arnold,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Wallis.

Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuer
sowie direkte Bundessteuer 2001,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Wallis vom
20. September 2007.

Sachverhalt:
A.
Die X._______ Beteiligungs- und Finanz-Aktiengesellschaft (nachfolgend
X._______ AG), früher mit Sitz in A._______/VS und seit dem 8. Mai 2003 in
B._______/GR, bezweckt den Erwerb, den Verkauf und die Verwaltung von
Immobilien sowie von Beteiligungen und nimmt Finanzierungen vor. Sie verfügt
über ein Aktienkapital von 1 Million Franken.

Im Jahre 1997 erwarb die X._______ AG eine Kühlhausliegenschaft in C._______
zum Preise von 3 Millionen Franken. Im Folgejahr nahm sie hierauf eine
steuerlich anerkannte Abschreibung von Fr. 200'000.-- vor und wies das Kühlhaus
per Ende 1998 mit Fr. 2'800'000.-- aus.

Im Geschäftsjahr 2000 erlitt die X._______ AG einen Verlust von Fr. 718'836.95,
wodurch eine Unterbilanz entstand. Um diese zu beseitigen, wertete sie die
Liegenschaft auf Weisung der Kontrollstelle um Fr. 720'000.-- auf und bildete
eine entsprechende Aufwertungsreserve ("Réserve de réévaluation imm."). Im
Geschäftsjahr 2001 wies sie einen Gewinn von Fr. 276'583.90 aus, den sie
teilweise mit dem Geschäftsverlust 2000 verrechnete, so dass sich dieser per
31. Dezember 2001 auf Fr. 442'253.-- reduzierte.

Entgegen ihrer Selbstschatzung wurde die X._______ AG für die Steuerperiode
2001 am 4. November 2002 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 276'500.-- für
die Staats- und Gemeindesteuer sowie für die direkte Bundessteuer (steuerbares
Kapital Fr. 1'492'000.--) veranlagt. Dabei wurde berücksichtigt, dass der
Verlustvortrag von Fr. 718'836.95 bereits im Jahre 2000 mit dem
Aufwertungsgewinn von Fr. 720'000.-- verrechnet werden konnte, wurde doch in
dieser Steuerperiode nur ein Gewinn von Fr. 1'163.-- besteuert. Die Einsprache
der Steuerpflichtigen gegen diese Veranlagung wurde am 27. November 2003
abgewiesen. Ihre dagegen gerichtete Beschwerde wies die Steuerrekurskommission
des Kantons Wallis mit Urteil vom 17. Juni 2005 ab. Auch der nachfolgenden
Beschwerde an das Kantonsgericht des Kantons Wallis war kein Erfolg beschieden.
B.
Mit Eingabe vom 11. Oktober 2007 erhebt die X._______ AG gegen das Urteil des
Kantonsgerichts des Kantons Wallis vom 20. September 2007 "Beschwerde" beim
Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die
Feststellung, dass in der Steuerperiode 2001 kein steuerbarer Gewinn vorliege.
Die Kantonale Steuerverwaltung und das Kantonsgericht Wallis sowie die
Eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:
1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 82
ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990
über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) sowie Art. 73 des Bundesgesetzes
vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone
und Gemeinden (StHG, SR 642.14), beide in der Fassung gemäss Anhang Nr. 57 bzw.
58 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG,
SR 173.32), zulässig. Es kann mit ihr die Verletzung von Bundesrecht gerügt
werden (Art. 95 BGG), und das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Die Beschwerdeführerin ist gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf die frist- und
formgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (Art. 100
BGG).
1.2 Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Rechtsschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2
BGG). Die Vorbringen müssen sachbezogen sein, damit aus der Beschwerdeschrift
ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid
beanstandet wird (Urteil 2C_416/2007 vom 29. August 2007 E. 3.2, mit
Hinweisen). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten und von
kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Eine den
Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG genügende Begründung
ist hier kaum zu erkennen, weshalb auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten insoweit nicht einzutreten ist.

1.3 Streitgegenstand ist das durch die Verfügung geregelte Rechtsverhältnis.
Objekt des Beschwerdeverfahrens kann demnach nur sein, was bereits Gegenstand
des erstinstanzlichen Verfahrens war. Rechtspositionen, über welche die
Verwaltung als erstinstanzlich verfügende Behörde nicht befunden hat, sind aus
Gründen der funktionellen Zuständigkeit durch die übergeordneten Instanzen
nicht zu beurteilen (Urteil 2A.706/2006 vom 1. März 2007 E. 1.3, mit
Hinweisen).

Hier rügt die Beschwerdeführerin vorab die bereits in der Steuerperiode 2000
erfolgte Verlustverrechnung. Diese Veranlagung ist allerdings längst in
Rechtskraft erwachsen und bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Beschwerdeführerin hält allerdings dafür, diese Veranlagung sei
"offensichtlich rechtswidrig und dementsprechend nichtig". Weil die Nichtigkeit
eines Entscheides jederzeit und von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden von
Amtes wegen zu beachten ist und dieser Mangel selbst im Rechtsmittelverfahren
geltend gemacht werden kann (BGE 133 II 366 E. 3.1 S. 367 mit Hinweis), ist
diese Rüge hier gleichwohl zu prüfen (vgl. auch Yvo Hangartner, Die Anfechtung
nichtiger Verfügungen und von Scheinverfügungen, AJP 12 [2003], S. 1053 ff.,
insbesondere S. 1054).
2.
2.1 Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur
Nichtigkeit (BGE 133 II 366 E. 3.2 S. 367; vgl. auch Yvo Hangartner, a.a.O., S.
1054 mit Hinweisen). Weil - wie im Folgenden darzulegen sein wird - die
Veranlagung der Beschwerdeführerin in der Steuerperiode 2000 in keiner Weise zu
beanstanden ist, kann hier von Nichtigkeit keine Rede sein.
I. Direkte Bundessteuer
2.2
2.2.1 Gegenstand der Gewinnsteuer der juristischen Personen ist nach Art. 57
DBG der Reingewinn. Der steuerbare Reingewinn wird gemäss Art. 58 Abs. 1 DBG
ermittelt auf Grund des Saldos der Erfolgsrechnung unter Berücksichtigung des
Saldovortrages des Vorjahres (lit. a). Er wird erhöht um alle vor Berechnung
des Saldos der Erfolgsrechnung ausgeschiedenen Teile des Geschäftsergebnisses,
die nicht zur Deckung von geschäftsmässig begründetem Aufwand verwendet werden
(lit. b), sowie um die der Erfolgsrechnung nicht gutgeschriebenen Erträge, mit
Einschluss der Kapital-, Aufwertungs- und Liquidationsgewinne (lit. c). Das
Gesetz knüpft an die handelsrechtliche Bilanz an, welche grundsätzlich auch
steuerrechtlich verbindlich ist, sofern die handelsrechtlichen Vorschriften
beachtet wurden. Die Verbindlichkeit der Jahresrechnung (Art. 662a OR) entfällt
nur insoweit, als sie gegen zwingende Vorschriften des Handelsrechts verstösst
oder steuerliche Korrekturvorschriften zu beachten sind (Urteil 2A.549/2005 vom
16. Juni 2006 E. 2.1, in: StPS 24, 100, S. 103 f. mit Hinweis; vgl. auch Peter
Brülisauer/Stephan Kuhn, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht [I/2b],
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Basel/Genf/München 2000, Rz.
1 zu Art. 58 DBG; Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, Therwil/Basel
2004, Rz. 2 zu Art. 58 DBG; Felix Richner/Walter Frei/Stefan Kaufmann,
Kommentar zum DBG, Zürich 2004, Rz. 1 zu Art. 58 DBG; Robert Danon, Commentaire
(Romand) de la loi sur l'impôt fédéral direct, Basel 2008, N 33 ff. zu Art.
57-58 LIFD).
2.2.2 Andererseits können gemäss Art. 67 Abs. 1 DBG vom Reingewinn der
Steuerperiode Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen
Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren
Reingewinnes dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten. Dabei sind
Verluste stets mit dem nächstmöglichen Gewinn zu verrechnen; Verzögerungen sind
unzulässig (Urteil 2A.587/2002 vom 11. März 2003 E. 1.1 StR 58, 365 S. 366).
Dieser Grundsatz der ungesäumten Verlustverrechnung ist auch in der Literatur
unbestritten (Peter Brülisauer/Stephan Kuhn, a.a.O., Rz. 9 zu Art. 67 DBG;
Peter Locher, a.a.O., N 10 zu Art. 67 DBG; Felix Richner/ Walter Frei/Stefan
Kaufmann, a.a.O., Rz. 6 zu Art. 67 DBG; Robert Danon, a.a.O., Rz. 6 zu Art. 67
LIFD).
2.2.3 Wohl ist gemäss Art. 670 Abs. 1 Satz 2 OR der Aufwertungsbetrag in der
Handelsbilanz - erfolgsneutral - als Aufwertungsreserve unter den Passiven
auszuweisen. Die diese Bestimmung korrigierende Vorschrift von Art. 58 Abs. 1
lit. c DBG sieht jedoch vor, dass jede Aufwertungsbuchung erfolgswirksam zu
erfolgen hat. Somit konnte der Verlust sofort verrechnet werden, was im Jahre
2000 denn auch - zu Recht - von Amtes wegen geschah. Damit besteht in der
Steuerperiode 2001 kein verrechenbarer Verlust mehr, und der in diesem
Geschäftsjahr ausgewiesene Gewinn von Fr. 276'584.-- ist demzufolge
ungeschmälert zu besteuern.

II. Kantons- und Gemeindesteuern
2.3 Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Abs. 2 StHG entsprechen den zitierten
Bestimmungen des DBG. Dasselbe gilt für Art. 81 Abs. 1 und Art. 88 Abs. 1 des
Steuergesetzes vom 10. März 1976 des Kantons Wallis (StG/VS). Es gilt sonach
mit Bezug auf die kantonalen Steuern dasselbe wie das zur direkten Bundessteuer
Gesagte.
3.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor
Bundesgericht zu tragen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist keine
auszurichten (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung und dem
Kantonsgericht des Kantons Wallis sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Januar 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Küng