Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.523/2007
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2C_523/2007

Urteil vom 5. Februar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Uebersax.

A. X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonale Steuerverwaltung Obwalden,
St. Antonistrasse 4, 6061 Sarnen 1.

Steuerveranlagung 2001 (direkte Bundessteuer
und Staatssteuer),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden
vom 16. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Der deutsche Staatsangehörige A. X.________ lebt seit Jahren im Kanton
Obwalden, seine Ehefrau B. X.________, ebenfalls deutsche Staatsangehörige,
hingegen in Hamburg, wo sie ihre invalide 90-jährige Mutter pflegt. Mit
definitiven Veranlagungsverfügungen der Steuerverwaltung des Kantons Obwalden
vom 30. Januar 2003 wurde A. X.________ für die Staats- und Gemeindesteuern
2001 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 14'900.-- sowie für die direkte
Bundessteuer 2001 mit einem solchen von Fr. 19'600.-- veranlagt. Für die
Festlegung des satzbestimmenden Einkommens auf Fr. 53'100.-- bei den Staats-
und Gemeindesteuern bzw. auf Fr. 64'900.-- bei der direkten Bundessteuer
berücksichtigte die Steuerverwaltung auch das Einkommen der Ehefrau, wobei
sie dieses nach Ermessen bestimmte, da A. X.________ dazu trotz mehrmaliger
Mahnung keine Angaben gemacht hatte. Dagegen erhobene Einsprachen wies die
Steuerverwaltung mit zwei parallelen Entscheiden vom 8. März 2004 ab.

B.
Am 11. Mai 2005 hiess die Steuerrekurskommission des Kantons Obwalden bei ihr
eingereichte Rechtsmittel (Rekurs im Hinblick auf die kantonalen Steuern,
Beschwerde betreffend der direkten Bundessteuer) von A. X.________ teilweise
gut, hob die Einsprache- und Veranlagungsentscheide auf und wies die Sache
zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an die Steuerverwaltung zurück.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, es sei unzulässig, das
Einkommen der im Ausland lebenden Ehefrau zur Ermittlung des Steuersatzes des
in der Schweiz steuerpflichtigen Ehemannes heranzuziehen.

C.
Mit Urteil vom 16. August 2007 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Obwalden eine dagegen von der kantonalen Steuerverwaltung erhobene Beschwerde
gut, hob den Entscheid der Steuerrekurskommission auf und bestätigte die
beiden Einspracheentscheide der Steuerverwaltung vom 8. März 2004 sowohl
hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteuern als auch betreffend die direkte
Bundessteuer.

D.
Mit als Beschwerde bezeichneter und nicht näher spezifizierter Eingabe an das
Bundesgericht beantragt A. X.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts
aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid und neuer Steuerveranlagung an
dieses zurückzuweisen. Zur Begründung führt er insbesondere aus, das
Einkommen seiner von ihm getrennt in Deutschland lebenden Ehefrau dürfe für
die Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens nicht berücksichtigt werden.
Die Kantonale Steuerverwaltung Obwalden hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung stellt hinsichtlich der direkten
Bundessteuer ebenfalls Antrag auf Abweisung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen
Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die nicht näher
bezeichnete Beschwerde ist demnach sowohl hinsichtlich der kantonalen Steuern
als auch der direkten Bundessteuer als solche in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten entgegenzunehmen (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d
BGG). Eine Ausnahme gemäss Art. 83 BGG liegt nicht vor, weshalb sich die
Beschwerde als zulässig erweist.

1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG,
insbesondere ein Verstoss gegen Bundesrecht, geltend gemacht werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
prüft jedoch, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde
alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor
Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S.
254, mit Hinweisen).

1.3 Nach Art. 99 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.
Der Beschwerdeführer reichte mit der Beschwerdeschrift mehrere Beilagen ein,
die sich nicht in den Akten der kantonalen Instanzen befinden. Er behauptet
allerdings, diese schon spätestens der Steuerrekurskommission eingereicht zu
haben. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, denn am Ergebnis ändert
sich dadurch so oder so nichts.

2.
2.1 Bei der direkten Bundessteuer gilt für verheiratete Personen grundsätzlich
die Ehegattenbesteuerung. Sofern sie in rechtlich und tatsächlich
ungetrennter Ehe leben, wird ihr Einkommen gemäss Art. 9 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11) ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet. Zivilrechtlich
können Ehegatten ihren Wohnsitz je selbständig bestimmen (vgl. Art. 23 ZGB),
was auch bei der Festsetzung des Steuerdomizils zu berücksichtigen ist (vgl.
ASA 71 S. 558, E. 2a). Eine getrennte bzw. selbständige Besteuerung von jedem
Ehepartner erfordert jedoch nach Art. 9 Abs. 1 DBG, dass die Gatten in
rechtlich oder tatsächlich getrennter Ehe leben.

2.2 Im vorliegenden Fall wohnt der beschwerdeführende Ehemann in der Schweiz,
seine Ehefrau in Deutschland. Es ist nicht strittig, dass die Ehegatten zur
Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung getrennt zu besteuern sind.
Umstritten sind aber die Faktoren zur Festlegung des Steuersatzes. Nach der
Praxis sind diese gemeinsam zu bestimmen, solange die Ehegatten in rechtlich
und tatsächlich ungetrennter Ehe leben. Die Rechtslage unterscheidet sich bei
den Steuerfaktoren somit nicht von der Situation, bei der beide Ehegatten der
schweizerischen Steuerhoheit unterworfen sind: Zwar unterliegt nur der in der
Schweiz lebende Gatte der hiesigen Steuerhoheit, zur Festlegung des
satzbestimmenden Einkommens sind aber die Einkünfte des im Ausland lebenden
Gatten heranzuziehen (Kreisschreiben Nr. 14 der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 12. Juli 1994 in ASA 63 S. 288 mit Verweis auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung seit - schon - ASA 19 S. 24). Als Ausgleich
dafür ist diesfalls der Tarif für Verheiratete anwendbar.

2.3 Damit steuerrechtlich von einer massgeblichen rechtlichen oder
tatsächlichen Trennung der Ehegatten auszugehen ist, müssen kumulativ die
folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Beide Ehegatten haben gestützt auf
Art. 23 ZGB einen eigenen Wohnsitz bzw. verfügen über getrennte Wohnstätten.
Sodann müssen die Ehegatten die eheliche Gemeinschaft aufgehoben haben;
besteht diese, wenn auch nur mit sporadischem Gemeinschaftsleben, weiter,
gilt die Ehe steuerrechtlich nicht als getrennt. Eine jeweils selbständige
Besteuerung der Ehegatten setzt demnach eine dauernde Trennung und damit eine
Aufhebung des gemeinsamen Haushalts bzw. ein Getrenntleben im Sinne von Art.
137 und Art. 175/176 ZGB oder ein Einvernehmen darüber voraus, dass die
eheliche Gemeinschaft aufgehoben wird. Solange die Ehegatten (wie etwa bei
einer "Wochenendehe") nur über getrennte Wohnsitze bzw. Wohnstätten verfügen,
an der ehelichen Gemeinschaft aber festhalten, liegt demnach keine getrennte
Ehe im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DBG vor. Erforderlich ist schliesslich, dass
keine Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Lebensunterhalt besteht
bzw. dass sich die Unterstützung des einen an den anderen Ehegatten in
ziffernmässig bestimmten Beiträgen erschöpft (ASA 71 S. 558, E. 2b; vgl. auch
das Kreisschreiben Nr. 14 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. Juli
1994 in ASA 63 S. 284 ff.; Bernhard Greminger, in: Martin Zweifel/Peter
Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a,
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Art. 1-82,
Basel/Genf/München 2000, Art. 9 N 1 ff.).
2.4 Vorliegend behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, dass seine Ehe
nicht mehr gelebt werde. Zwar führt er aus, er lebe seit einigen Jahren von
seiner Ehefrau faktisch getrennt, weil diese ihre pflegebedürftige Mutter
betreuen müsse. Er macht aber nicht geltend, die Ehe sei gescheitert; die
angegebene Begründung spricht denn auch gegen die endgültige Aufgabe der
ehelichen Gemeinschaft. Die Vorinstanz gelangte ihrerseits zum Schluss, der
Beschwerdeführer habe nicht dargetan, dass es an der Gemeinschaftlichkeit der
Mittel fehle; mit seinen geringen Mitteln sei er gar nicht in der Lage,
seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, so dass er zur Finanzierung
seiner Lebensbedürfnisse auf das Einkommen der Ehefrau angewiesen sei. Der
Beschwerdeführer wendet dagegen ein, er habe durchaus über genügende Mittel
verfügt, insbesondere weil er einen Vorschuss auf künftige
Rentennachzahlungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung erhalten habe
und weil seine Ehefrau ein eigenes Einkommen aus Berufstätigkeit sowie aus
der Pflege ihrer Mutter erzielt habe. Woher die Einkünfte der Ehegatten
stammen, ist vorliegend aber weitgehend unmassgeblich. Entscheidend ist
vielmehr, dass die örtliche Trennung der Ehegatten durch äussere familiäre
Umstände und nicht durch die Aufgabe der ehelichen Gemeinschaft begründet
ist. Etwas anderes behauptet auch der Beschwerdeführer nicht.

2.5 Im Übrigen hat der Beschwerdeführer dem Bundesgericht eine
Lohnbestätigung der Y.________ AG eingereicht. Ob es sich dabei um ein
unzulässiges Novum handelt, ist unklar (vgl. E. 1.3). Würde es sich aber um
ein zu beachtendes Aktenstück handeln, so wäre nicht nur der Lohnbezug zu
berücksichtigen, sondern auch, dass der Beschwerdeführer gemäss dem
Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung an dieser Unternehmung beteiligt
ist. Dem öffentlichen Handelsregister lässt sich entnehmen, dass seine
Ehefrau, obwohl in Hamburg wohnhaft, bis zum 2. Juni 2005 und insbesondere
während der hier fraglichen Steuerperiode zeichnungsberechtigt war. Daraus
ergäbe sich eine gewisse wirtschaftliche Verknüpfung der Ehegatten, die
klarerweise über die Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen hinausginge.

2.6 Unter diesen Umständen verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn das
Einkommen der im Ausland wohnenden Ehefrau zur Satzbestimmung bei der
direkten Bundessteuer beigezogen wird. Da der Beschwerdeführer keine Auskunft
über die Einkünfte seiner Ehegattin erteilte, schätzte die Steuerverwaltung
diese nach Ermessen. Dagegen und gegen die Höhe der Schätzung wird in der
Beschwerde nichts vorgebracht, weshalb darauf auch nicht zurückzukommen ist.

3.
3.1 Für die kantonalen Staats- und Gemeindesteuern gilt grundsätzlich dieselbe
Rechtslage. Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR
642.14) sieht gleichermassen wie Art. 9 Abs. 1 DBG vor, dass Einkommen und
Vermögen von Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe
leben, ohne Rücksicht auf den Güterstand zusammengerechnet werden. Aus den
Materialien zur Steuerharmonisierungsvorlage geht hervor, dass Ehegatten wie
bei der direkten Bundessteuer (nur) dann getrennt veranlagt werden, wenn die
eheliche Gemeinschaft aufgehoben wird (BBl 1983 III 29 f.). Solange die
Ehegatten jedoch die eheliche Gemeinschaft aufrecht erhalten, liegt eine
ungetrennte Ehe vor (vgl. ASA 73 S. 420, E. 2.4; ASA 71 S. 558, E. 2b/bb;
vgl. auch BGE 121 I 14 E. 5c S. 19; Maja Bauer-Balmelli/Markus Nyffenegger,
in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen
Steuerrecht, Bd. I/1, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], 2. Aufl., Basel/Genf/München 2002,
Art. 3 N 22).

3.2 Ist für die Staats- und Gemeindesteuern nach denselben Grundsätzen zu
verfahren wie für die direkte Bundessteuer, ergibt sich aufgrund der gleichen
Zusammenhänge, dass die eheliche Gemeinschaft des Beschwerdeführers mit
seiner Ehefrau nicht aufgehoben ist. Der angefochtene Entscheid verstösst
somit auch nicht insoweit gegen Bundesrecht, als er bei der Festsetzung des
satzbestimmenden Einkommens für die kantonalen Steuern die Einkünfte der
Ehefrau mitberücksichtigt.

4.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig, wobei seinen angespannten finanziellen Verhältnissen bei der
Festlegung der Gerichtskosten Rechnung getragen werden kann (Art. 65 und 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden
und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Februar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax