Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.497/2007
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2C_497/2007

Urteil vom 15. Januar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Karlen,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwältin Dr. iur. Corinne Saner,

gegen

Migrationsamt des Kantons Aargau,
Bahnhofstrasse 86/88, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Rekursgerichts im Ausländerrecht des Kantons
Aargau vom 10. August 2007.

Sachverhalt:

A.
Der tunesische Staatsangehörige X.________ (geb. 1969) heiratete am 9.
September 1999 die Schweizer Bürgerin Y.________ (geb. 1980), worauf er eine
Aufenthaltsbewilligung erhielt. Nachdem die Eheleute bereits seit Juli 2002
getrennt gelebt hatten, verweigerte das Departement des Innern des Kantons
Solothurn am 19. Oktober 2004 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von
X.________. Die von diesem dagegen erhobene Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit rechtskräftigem Entscheid vom
17. Januar 2005 ab. Die Ehe wurde am 1. März 2005 geschieden. Das Bundesamt
für Migration verfügte am 17. März 2005, X.________ habe die Schweiz bis zum
20. April 2005 zu verlassen.

Am 27. Juni 2006 brachte Z.________ (geb. 1987) die Tochter A.________ zur
Welt. Anerkannter Vater des Kindes ist X.________, der damalige Lebenspartner
der Mutter. Diese teilte am 6. November 2006 dem Migrationsamt des Kantons
Aargau mit, die Beziehung mit dem Vater sei gescheitert, worauf es am 29.
Januar 2007 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an X.________
verweigerte. Dessen dagegen erhobene kantonalen Rechtsmittel blieben ohne
Erfolg.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. September
2007 beantragt X.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Rekursgerichts
im Ausländerrecht des Kantons Aargau vom 10. August 2007 aufzuheben und ihm
eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Das kantonale Migrationsamt schliesst sinngemäss auf Abweisung der
Beschwerde.

Das kantonale Rekursgericht im Ausländerrecht und das Bundesamt für Migration
beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

C.
Am 19. September 2007 erkannte der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen
Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer hat sein Gesuch um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung am 11. Juli 2006 eingereicht. Gemäss Art. 126 Abs. 1
des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 16. Dezember
2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) bleibt somit in
materieller Hinsicht das bisherige Recht anwendbar.

1.2 Nach Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem
Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das
Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 des
Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der
Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem
Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Damit besteht
kein Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung, es sei denn, der Ausländer
oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen können sich hierfür auf eine
Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen (BGE 130 II 281
E. 2.1, mit Hinweisen).

1.3 Nicht zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren, ob die Vorinstanz zu Recht
das Vorliegen eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles im Sinne von
Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der
Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21) verneint hat (angefochtener Entscheid E.
3 und 4). Diese Verordnung begründet keine Rechtsansprüche, weshalb die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen entsprechende
abschlägige kantonale Entscheide ausgeschlossen ist (vgl. Art. 83 lit. c
Ziff. 5 BGG).

2.
2.1 Als Vater einer einjährigen Tochter, welche Schweizer Bürgerin ist, kann
sich der Beschwerdeführer indessen auf Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV
berufen. Diese Bestimmungen gewährleisten das Recht auf Achtung des Privat-
und Familienlebens. Es kann diese Garantien verletzen, wenn einem Ausländer,
dessen Kind mit Schweizer Bürgerrecht hier weilt, die Anwesenheit untersagt
und damit ein Familienleben vereitelt wird (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 mit
Hinweisen).

2.2 Der nicht sorgeberechtigte Ausländer kann die familiäre Beziehung zu
seinen Kindern von vornherein nur in einem beschränkten Rahmen, nämlich durch
Ausübung des ihm eingeräumten Besuchsrechts leben. Hierzu ist nicht
unabdingbar, dass er dauernd im gleichen Land wie das Kind lebt und dort über
eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Ein solches Besuchsrecht gegenüber einem
in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten Kind verschafft dem
ausländischen Elternteil daher im Allgemeinen noch keinen Anspruch auf
dauernde Anwesenheit; den Anforderungen von Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV
ist Genüge getan, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von Kurzaufenthalten vom
Ausland her ausgeübt werden kann, wobei allenfalls dessen Modalitäten
entsprechend auszugestalten sind. Ein weiter gehender Anspruch kann bestehen,
wenn in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge
Beziehung zu den Kindern besteht, diese Beziehung wegen der Distanz zum
Heimatland des Ausländers praktisch nicht aufrecht erhalten werden könnte und
das bisherige Verhalten des Ausländers in der Schweiz zu keinerlei Klagen
Anlass gegeben hat (vgl. Urteile 2A.450/2006 vom 21. Dezember 2006 E. 3.1,
2A.423/2005 vom 25. Oktober 2005 E. 4.3, 2A.563/2002 vom 23. Mai 2003 E.
2.2).
2.3 Der Beschwerdeführer lebt nicht im Familienverband mit seiner Schweizer
Tochter. Er bezahlt nach eigenen Angaben zwischen Fr. 45.-- und Fr. 200.--
pro Monat an deren Unterhalt (von Dezember 2006 bis Mai 2007 insgesamt Fr.
1'200.-- sowie Fr. 160.-- für Arztrechnungen). Zudem besucht er sie ein- bis
zweimal pro Woche während jeweils ein bis zwei Stunden. Zwischen ihm und der
Kindesmutter besteht keine Beziehung mehr.

Die Vorinstanz ist gestützt auf diese unbestrittenen Feststellungen zum
Schluss gekommen, der Beschwerdeführer habe weder in affektiver noch in
wirtschaftlicher Hinsicht eine besonders enge Beziehung zu seiner Tochter; er
sei auch nicht massgeblich an deren Betreuung beteiligt. Es seien keine
Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine
überdurchschnittlich intensive Beziehung zu seiner Tochter pflege.

Die Vorinstanz hat insoweit keine offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellungen getroffen (Art. 97 BGG). Zu beachten ist
insbesondere das Alter des Kindes. Dieses ist noch im Säuglingsalter, in dem
eine Vater-Kind-Beziehung weniger deutlich fassbar ist (vgl. Urteil
2A.563/2002 vom 23. Mai 2003 E. 2.4: Kind unter drei Jahren). Kleinkinder
sind durch die Ausreisepflicht des getrennt lebenden Vaters daher von
vornherein weniger betroffen (vgl. Urteil 2A.423/2005 vom 25. Oktober 2005 E.
5.4). Besuche im Umfang von zwei bis vier Stunden pro Woche sind sodann nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichts sogar bei einem fünfjährigen Kind noch
als lockerer Kontakt zu betrachten (vgl. Urteil 2A.118/2005 vom 21. April
2005 E. 2.2.2). Die monatlichen Unterhaltszahlungen von bis zu Fr. 200.--
lassen - selbst unter Berücksichtigung des geringen Einkommens des
Beschwerdeführers - auch nicht auf eine besonders enge wirtschaftliche
Beziehung zur Tochter schliessen.

Was der Beschwerdeführer vorbringt, lässt insgesamt nicht auf eine das
übliche Mass übersteigende Vater-Tochter-Beziehung schliessen. Die dazu unter
anderem erforderliche Wahrnehmung wesentlicher Betreuungsaufgaben ist weder
dargetan noch aus den Akten ersichtlich.

2.4 Bei dieser Sachlage kommt dem Umstand, dass der Beschwerdeführer sein
Besuchsrecht von Tunesien aus nur beschränkt und mit Schwierigkeiten wird
ausüben können, keine entscheidende Bedeutung zu.

2.5 Nicht zu beanstanden ist auch die von der Vorinstanz vorgenommene
rechtliche Würdigung. Sie ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass
kein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte
Familienleben vorliegt. Es kann auf ihre zutreffenden Ausführungen verwiesen
werden (angefochtenes Urteil E. 4.3. und E. 5). Die Verweigerung der
Aufenthaltsbewilligung rechtfertigt sich somit unter dem Gesichtswinkel von
Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV und verletzt auch in keinerlei
anderer Hinsicht Bundesrecht.

3.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Da die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers angesichts der Umstände und
der auf eine Rechtskontrolle beschränkten Kognition des Bundesgerichts (Art.
95 und Art. 97 Abs. 1 BGG) als von vornherein aussichtslos zu bezeichnen
sind, kann ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht
gewährt werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Rekursgericht im Ausländerrecht des
Kantons Aargau und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Januar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Küng