Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.485/2007
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2C_485/2007/aka

Urteil vom 5. Dezember 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Uebersax.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Guido Hensch,

gegen

Departement des Innern des Kantons Solothurn, Ambassadorenhof, 4500
Solothurn,
Beschwerdegegner, handelnd durch das Amt für öffentliche Sicherheit des
Kantons Solothurn, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn.

Ausweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom
24. Juli 2007.

Erwägungen:

1.
1.1 Der nigerianische Staatsangehörige X.________, geb. 30. März 1968,
heiratete am 8. Januar 1999 die Schweizerin Y.________ und erhielt in der
Folge die Aufenthaltsbewilligung im Kanton Solothurn. Im Sommer 2003 geriet
X.________ in Strafuntersuchung und verbrachte rund vier Monate in
Untersuchungshaft. Am 11. Dezember 2003 wurde ihm die
Niederlassungsbewilligung erteilt. Am 15. April 2005 trennten sich die
Eheleute X.________-Y.________. Mit Urteil vom 1. September 2005 bestrafte
das Obergericht des Kantons Solothurn X.________ wegen Verstosses gegen das
Betäubungsmittelgesetz und Geldwäscherei mit einer Zuchthausstrafe von zwei
Jahren. Den Vollzug der gleichzeitig ausgesprochenen Landesverweisung schob
es bedingt auf. Am 19. Januar 2006 wies das Bundesgericht eine dagegen
erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Urteil
6S.440/2005).
Am 22. August 2006 beantragte die Ehefrau Y.________ beim Richteramt
Solothurn-Lebern die Scheidung. An der Verhandlung vom 16. November 2006
wandte sich X.________ gegen die Scheidung. Am 24. April 2007 verfügte das
Departement des Innern des Kantons Solothurn die Ausweisung von X.________
auf den Tag seiner Entlassung aus dem Strafvollzug. Dagegen führte X.________
Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn.
Mit Urteil vom 16. Mai 2007 bestrafte des Obergericht des Kantons Zürich
X.________ wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu weiteren
24 Monaten Freiheitsstrafe. Am 13. August 2007 wies das Bundesgericht eine
dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen ab, soweit es darauf eintrat
(Urteil 6B_361/2007).
Am 24. Juli 2007 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn die bei
ihm hängige Beschwerde gegen den Ausweisungsentscheid ab und setzte
X.________ eine neue Ausreisefrist an.

1.2 Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom
13. September 2007 an das Bundesgericht beantragt X.________, das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2007 aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. In prozessualer
Hinsicht wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das
bundesgerichtliche Verfahren ersucht.
Das Departement des Innern des Kantons Solothurn, Amt für Ausländerfragen,
schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht stellt das
Begehren auf Abweisung, soweit auf die Beschwerde einzutreten sei.
Schliesslich beantragt auch das Bundesamt für Migration die Abweisung der
Beschwerde.

1.3 Mit Verfügung vom 18. September 2007 hat der Präsident der
II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde auf
Gesuch von X.________ hin die aufschiebende Wirkung erteilt.

2.
2.1 Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über eine
ausländerrechtliche Ausweisung steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht gemäss Art. 82 ff. BGG offen.
Insbesondere greift der Ausschlussgrund nach Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG
nicht, da es sich hier um eine Ausweisung gestützt auf Art. 10 des
Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der
Ausländer (ANAG; SR 142.20) und weder um eine solche in Anwendung von Art.
121 Abs. 2 BV noch um eine Wegweisung (namentlich gemäss Art. 12 ANAG)
handelt. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als zulässig.

2.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG,
insbesondere die Verletzung von Bundesrecht, geltend gemacht werden. An die
Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ist das Bundesgericht
hingegen gebunden, wenn wie hier kein besonders qualifizierter Mangel
vorliegt (vgl. dazu Art. 97 BGG sowie BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 BGG).

3.
3.1 Nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer unter anderem dann aus
der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder
Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll jedoch nur
ausgesprochen werden, wenn sie nach den gesamten Umständen verhältnismässig
ist (vgl. Art. 11 Abs. 3 ANAG). Dabei sind vor allem die Schwere des
Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und
die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Art.
16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über
Aufenthalt und Niederlassung [ANAV; SR 142.201]).
Nach der Rechtsprechung kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles
an. Dabei sind umso strengere Anforderungen an die Anordnung einer Ausweisung
zu stellen, je länger ein Ausländer in der Schweiz war. Zu berücksichtigen
ist auch, in welchem Alter er eingereist ist. Bei schweren Straftaten,
insbesondere bei Gewalt-, Sexual- und schweren Betäubungsmitteldelikten, und
erst recht bei Rückfall bzw. wiederholter Straffälligkeit besteht ein
gewichtiges öffentliches Interesse an einer Ausweisung. Ausgangspunkt und
Massstab für die Schwere des Verschuldens und die fremdenpolizeiliche
Interessenabwägung bilden die vom Strafrichter verhängten Strafen (vgl. BGE
129 II 215 E. 3.1 S. 216; 125 II 521 E. 2 S. 523 f.; 122 II 433 E. 2 und 3
S. 435 ff.).
3.2 Der Beschwerdeführer wurde mittlerweile bereits zum zweiten Mal wegen
schwerer Betäubungsmitteldelikten bestraft. Insgesamt wurde er zu vier Jahren
Freiheitsstrafe (zweimal zwei Jahre) verurteilt. Wie die Vorinstanz für das
Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, führte jedenfalls das erste
Strafurteil aus, beim Beschwerdeführer sei von einem schweren Verschulden
auszugehen, was angesichts der erheblichen Menge eingeführter Drogen und der
rein finanziellen Motive auch ohne weiteres einleuchtet. Die Begründung des
zweiten Strafurteils lag der Vorinstanz noch nicht vor. Der Beschwerdeführer
reiste erst im Alter von über 30 Jahren in die Schweiz ein und lebte bis zur
Straffälligkeit lediglich rund vier Jahre hier. Inzwischen hat sich diese
Anwesenheitsdauer, nicht zuletzt wegen der Strafverfahren und des
Strafvollzugs, auf rund acht Jahre verlängert. Dennoch hat der
Beschwerdeführer keine intensiven Bindungen zur Schweiz. Seine familiäre
Beziehung, deretwegen er ursprünglich hierher übersiedelte, ist nach den
insoweit nicht unhaltbaren und damit verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz (vgl. E. 2.2) gescheitert und wird demgemäss nicht mehr gelebt.
Dass sich der Beschwerdeführer im Strafvollzug und allenfalls im Rahmen eines
begleiteten Wohnprojektes wohl verhalten hat bzw. gute Arbeitsleistungen
erbringt, belegt keine besondere Beziehung zur Schweiz oder eine geglückte
Integration. Seine wiederholte Straffälligkeit spricht denn auch eher für das
Gegenteil.
Im Übrigen erscheint der Beschwerdeführer uneinsichtig, wenn er vor
Bundesgericht erneut behauptet, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben, und
deswegen die ergangenen - immerhin zwei voneinander unabhängigen -
Strafurteile noch immer für verfehlt erachtet, und dies, obwohl beide
Verurteilungen vom Bundesgericht geprüft und als bundesrechtskonform
beurteilt worden sind. Sodann kann der Beschwerdeführer entgegen seiner
Auffassung daraus, dass ihm im Dezember 2003 die Niederlassungsbewilligung
erteilt wurde, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Damals war er noch nicht
von seiner schweizerischen Ehefrau getrennt, und die Ausländerbehörden hatten
zwar Kenntnis vom laufenden Strafverfahren, hielten ihm aber die
Unschuldsvermutung zugute. Überdies handelte es sich damals lediglich um ein
(das erste) Strafverfahren und war die Schwere des Verschuldens noch nicht
bekannt. Dass der Beschwerdeführer schliesslich zunächst den Strafvollzug
antreten bzw. vollenden musste, bevor er die Schweiz zu verlassen hatte,
ergibt sich aus Art. 14 Abs. 8 ANAV; danach besteht insbesondere die
bisherige ausländerrechtliche Bewilligung im Strafvollzug bis zur Entlassung
fort unter Vorbehalt von Ausweisungs- und Heimschaffungsverfügungen, die aber
frühestens mit der Entlassung wirksam werden. Widersprüchliches
Behördenverhalten ist somit nicht erkennbar.

3.3 Insgesamt erweist sich die Ausweisung als verhältnismässig, weshalb der
angefochtene Entscheid vor Bundesrecht standhält.

4.
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren
nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen.
Angesichts der Aussichtslosigkeit der gestellten Begehren ist das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (unter Einschluss der Verbeiständung) abzuweisen
(vgl. Art. 64 BGG). Damit wird der unterliegende Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Dezember 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Uebersax