Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.470/2007
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2C_470/2007 / zga

Urteil vom 19. Februar 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jean-Marc von Gunten,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern.
.

Mehrwertsteuer, Ausfuhrnachweis (4. Quartal 1998),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG mit Sitz in W.________/ZH bezweckt im Wesentlichen die
Konstruktion, die Erstellung und den Betrieb von Sport- und Freizeitanlagen
aller Art, die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der
Erstellung und dem Betrieb von Anlagen und Handel mit einschlägigen Waren.
Sie ist seit dem 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen
eingetragen.

Anlässlich einer Revision für den Zeitraum 1997 bis 2002 (2. Quartal) stellte
die Eidgenössische Steuerverwaltung im Oktober 2002 fest, dass für eine
Lieferung von Dieselmotoren ins Ausland im Wert von Fr. 670'291.-- kein
zollamtlicher Ausfuhrbeleg vorhanden war. Mit Ergänzungsabrechnung vom 31.
Oktober 2002 stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung der X.________ AG
die auf dieser Lieferung für das 4. Quartal 1998 geschuldete Mehrwertsteuer
im Betrag von Fr. 40'909.80 in Rechnung. Nachdem die Steuerpflichtige
verschiedene Unterlagen, nicht aber den zollamtlichen Ausfuhrbeleg
eingereicht hatte, hielt die Eidgenössische Steuerverwaltung mit formellem
Entscheid vom 10. Februar 2003 an der Steuerforderung fest. Eine Einsprache
der Steuerpflichtigen wurde am 21. Juni 2005 abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht wies die von der Steuerpflichtigen gegen den
Einspracheentscheid gerichtete Beschwerde am 11. Juli 2007 ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 11. September
2007 beantragt die Steuerpflichtige dem Bundesgericht, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juli 2007 aufzuheben und festzustellen,
dass sie den Betrag von Fr. 40'909.80 samt Zins nicht schulde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

C.
Mit Verfügung vom 14. September 2007 wies der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch der
Steuerpflichtigen um aufschiebende Wirkung ab.

Erwägungen:

1.
Die strittige Ergänzungsabrechnung betrifft das 4. Quartal 1998, weshalb noch
ausschliesslich die Bestimmungen der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die
Mehrwertsteuer (MWSTV) anwendbar sind (Art. 93 und 94 des Bundesgesetzes vom
2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [Mehrwertsteuergesetz, MWSTG; SR
641.20]).

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Vorinstanz habe Bundesrecht
dadurch verletzt, dass sie "den richtig festgestellten Sachverhalt
widersprüchlich gewürdigt und im Resultat falsch angewendet" habe.

2.2 Nach den Feststellungen der Vorinstanz liess die Firma A.________ (USA)
im Rahmen eines Auftrages der ägyptischen Regierung Teile für einen
Freifallsimulator von der Beschwerdeführerin in der Schweiz bauen. Diese
bestellte dazu im Oktober 1997 bei der B.________ AG, Langenthal,
Antriebseinheit und Dieselmotoren. Letztere wurden gemäss einem
Speditionsauftrag an die C.________ AG, Kloten, im Mai 1998 bei der
B.________ AG abgeholt und über Basel nach Rotterdam versandt. Von dort
sollen die zwei Container nach Harmans/USA und weiter nach Ägypten verschifft
worden sein. Dort liess die Beschwerdeführerin den Simulator aufstellen und
nahm daran auch Unterhalts- und Garantiearbeiten vor. Die Vorinstanz
erachtete es als zwar wahrscheinlich, dass die Teile somit ins Ausland
transportiert wurden. Die Beschwerdeführerin verfüge aber weder über ein
schweizerisches zollamtliches Ausfuhrdokument noch über ein ausländisches
zollamtliches Einfuhrdokument. Der Ort und der Zeitpunkt der Lieferung an die
A.________ seien damit nicht bewiesen. Der Nachweis für die direkte Ausfuhr
sei nicht erbracht.

2.3 Diese Feststellungen sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
nicht offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine Verletzung des
Willkürverbotes (Art. 9 BV) wird nicht gerügt, weshalb dies hier nicht zu
prüfen ist (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Welche
Anforderungen an den Beweis einer steuerbefreienden Tatsache zu stellen sind,
ist eine Rechtsfrage, was die Beschwerdeführerin zu verkennen scheint.

3.
3.1 Nach Art. 15 Abs. 2 MWSTV ist - dem im grenzüberschreitenden Waren- und
Dienstleistungsverkehr geltenden Bestimmungslandprinzip folgend - der Export
von Lieferungen und Dienstleistungen von der Steuer befreit, d.h. er
berechtigt zum entsprechenden Vorsteuerabzug (Art. 15 Abs. 1 MWSTV).

3.2 Die Steuerbefreiung setzt einen genügenden zollamtlichen Nachweis voraus
(Art. 16 Abs. 1, Satz 1 MWSTV). Dieser muss zweifelsfrei erstellt sein
(Urteil 2A.546/2003 vom 14. März 2005 E. 2.6). Das Eidgenössische
Finanzdepartement bestimmt, wie der Steuerpflichtige den Nachweis zu führen
hat (Art. 16 Abs. 2 MWSTV). Es hat von dieser Kompetenz keinen Gebrauch
gemacht. In seinem Kommentar vom 22. Juni 1994 zur Mehrwertsteuerverordnung
hat es jedoch bereits dargelegt, dass der einwandfreie bzw. rechtsgenügende
Nachweis der Ausfuhr von Gegenständen grundsätzlich nur mit zollamtlich
gestempelten Dokumenten möglich ist. Entsprechende strenge Anforderungen
stellen die Wegleitungen 1994 und 1997 der Eidgenössischen Steuerverwaltung
für Mehrwertsteuerpflichtige: Die Steuerbefreiung der Ausfuhr tritt nur ein,
wenn das zollamtlich gestempelte Exemplar des jeweils erforderlichen
Ausfuhrdokuments vorgelegt wird; besonders betont wird, dass alle
Ausfuhrnachweise originalgestempelt sein müssen (je Rz. 533 und 536). Das
Erfordernis des zollamtlichen Nachweises für die Ausfuhr von Gegenständen
wurde auch in Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über
die Mehrwertsteuer beibehalten.

3.3 Die Beschwerdeführerin räumt selber ein, dass sie die zollamtliche
Einfuhr in das Bestimmungsland Ägypten nicht nachweisen könne. Eine solche
könne unmöglich beigebracht werden, da der Empfänger der Ware, die ägyptische
Armee, keine solchen zollamtlichen Formalitäten erfüllen müsse.

3.4 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass Art. 16 MWSTV
einen strengen zollamtlichen Nachweis für die Ausfuhr verlangt (Urteil
2A.557/1999 vom 10. November 2000 E. 5d). Die besonders strengen
Anforderungen an einen zweifelsfreien Ausfuhrnachweis werden damit begründet,
dass es im Allgemeinen nicht möglich ist, eine Kontrolle beim Empfänger im
Ausland vorzunehmen; im europäischen Warenverkehr sind denn auch die zu
Unrecht steuerbefreiten Exporte zahlreich; nachträgliche, infolge einer
Steuerkontrolle erstellte Belege können daher nicht berücksichtigt werden
(BGE 133 II 153 E. 7.2).
3.5 Soweit sich die Doktrin dazu äussert, verlangt auch sie für den Nachweis
der Ausfuhr von Gegenständen das Vorliegen von zollamtlich gestempelten
Dokumenten (Alois Camenzind/Niklaus Honauer, Handbuch zur neuen
Mehrwertsteuer [MWST], Bern 1995, N. 626; Heinz Keller, in: Schweizerisches
Steuerlexikon, Hrsg. Klaus A. Vallender/Heinz Keller/Felix Richner/Conrad
Stocker, Band 2 Bundessteuern, Zürich 1999, S. 82 Ziff. 2.9.1; Stephan
Kuhn/Peter Spinnnler, MWST Ergänzungsband, Muri/Bern 1994, S. 33 f.).
3.6 Die Vorinstanz hat demnach kein Bundesrecht verletzt, indem sie in
Übereinstimmung mit Rechtsprechung und Lehre den Nachweis für die
steuerbefreite Ausfuhr im Sinne von Art. 16 MWSTV nur dann als erbracht
annimmt, wenn diese durch entsprechende schweizerische oder allenfalls
ausländische zollamtliche Dokumente belegt ist. Es stellt weder einen
überspitzten Formalismus dar, noch ist es unverhältnismässig, wenn sie andere
Dokumente, auch wenn diese die Ausfuhr grundsätzlich belegen könnten, dazu
nicht genügen lässt. Nur eine strenge Handhabung der gesetzlichen
Formvorschriften vermag in diesem Bereich den Grundsätzen der
Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit zu genügen. Dies auch deshalb, weil die
Ausfuhr von Gegenständen allgemein bekannten strengen Formvorschriften
unterliegt, die besonders von damit vertrauten Exporteuren und Speditionen
ohne unverhältnismässigen Aufwand leicht eingehalten werden können. Es ist
deshalb bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die von der
Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigungen, auch wenn sie zum Teil von
einer staatlichen ägyptischen Behörde ausgestellt worden sind, als
privatrechtliche Erklärungen bezeichnet, die nicht als zollamtliche Papiere
im Sinne von Art. 16 Abs. 1 MWSTV qualifiziert werden können. Unter diesen
Umständen verletzt die (rechtliche) Folgerung, die Beschwerdeführerin habe
den ihr obliegenden Nachweis für die Ausfuhr der Motoren nicht
rechtsgenüglich erbracht, kein Bundesrecht.

3.7 Auch der von der Beschwerdeführerin angerufene Art. 45a der Verordnung
vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTGV; SR
641.201) ändert an diesem Ergebnis nichts. Diese Bestimmung ist zwar gemäss
Praxismitteilung "Behandlung von Formmängeln" der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 31. Oktober 2006 auf alle pendenten Fälle anzuwenden.
Sie bringt Erleichterungen nur mit Bezug auf die Form, wie der zollamtliche
Nachweis zu erbringen ist, hebt aber die Pflicht zu einem amtlichen Nachweis
nicht auf, da dieser im Gesetz selber vorgesehen ist. In diesem Sinne stellt
bereits die Praxismitteilung klar, dass - wenn kein zollamtlicher Nachweis
einer in- oder ausländischen Zollbehörde vorliege - eine entsprechende
Erklärung des Leistungsempfängers einen solchen nicht zu ersetzen vermöge;
der Nachweis der Ausfuhr sei in diesem Fall nicht erbracht, weshalb keine
Steuerbefreiung eintrete.

Vorliegend sind jedenfalls Zeit und Ort der Lieferung der Beschwerdeführerin
an die Firma A.________ nicht nachgewiesen.

3.8 Unter diesen Umständen spielt es keine Rolle, ob die Beschwerdeführerin
das Fehlen der zollamtlichen Ausfuhrbestätigung nach Ablauf von zwei Jahren
seit der Ausfuhr im Sinne von Randziffer 542 der Wegleitung 1997 unverzüglich
gemeldet hat. Die Vorinstanz durfte deshalb diese Frage ohne Verletzung von
Bundesrecht offen lassen.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die
Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. Februar 2008

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Küng