Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.462/2007
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2C_462/2007 /ble

Urteil vom 11. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Gerichtsschreiber Feller.

Martin Ruch,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonsrat Schaffhausen, Beckenstube 11,
8200 Schaffhausen.

Teilrevision des Gesetzes über die direkten Steuern,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Beschluss des
Kantonsrats Schaffhausen vom 20. August 2007.

Der Präsident zieht in Erwägung:

1.
Der Kanton Schaffhausen plant eine Teilrevision seines Gesetzes vom 20. März
2000 über die direkten Steuern (Steuergesetz; StG). Der Zweck der Änderung
wird umschrieben mit "Senkung der Unternehmensbesteuerung zur Verbesserung
der Wettbewerbs- und Entwicklungsfähigkeit der Betriebe und Unternehmen".
Grundlage bilden der Bericht und Antrag des Regierungsrats vom 20. März 2007
sowie die Vorlage der Spezialkommission 2007/4 Steuergesetz
(Unternehmensbesteuerung) vom 16. Juli 2007. Der Kantonsrat nahm die Beratung
an seiner Sitzung vom 20. August 2007 auf. Gegenstand der Beratung bildete
auch der Antrag von Kantonsrat Fehr auf Änderung von Art. 38 Abs. 1 StG in
dem Sinn, dass der Steuersatz für Einkommensteile über Fr. 500'000.--
einheitlich 13 Prozent betrage, d.h. dass auf den ab dieser Einkommenshöhe
degressiv ausgestalteten Steuertarif zu verzichten sei. Der Rat stimmte einem
Ordnungsantrag auf Abbruch der Diskussion über diesen in der Vorlage nicht
enthaltenen Punkt zu, und der Antrag, die heutige Degression zu streichen,
wurde abgelehnt. Anschliessend wurde die Beratung über andere
Gesetzesbestimmungen fortgesetzt; aus zeitlichen Gründen konnte sie nicht zu
Ende geführt werden, und die Fortsetzung der Diskussion wurde auf eine
spätere Sitzung verschoben.
Martin Ruch gelangte am 3. September 2007 mit einer als ordentliche
Beschwerde und Verfassungsbeschwerde bezeichneten Eingabe ans Bundesgericht.
Er beantragt unter Hinweis auf das Urteil 2P.43/2006 vom 1. Juni 2007, womit
das Bundesgericht die Verfassungswidrigkeit des degressiven Steuertarifs im
Kanton Obwalden festgestellt hat, der Entscheid des Kantonsrats vom 20.
August 2007 sei aufzuheben; das degressive Steuersystem sei ausser Kraft zu
setzen und ausserdem seien die verfassungswidrigen Steuernormen aufzuheben
bzw. die degressiven Steuertarife selbst als unbeachtlich zu bezeichnen.
Zugleich ersucht er um Erlass vorsorglicher Massnahmen bzw. um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung.
Auf Aufforderung vom 5. September 2007 hin, den angefochtenen Entscheid
einzureichen, hat der Beschwerdeführer am 7. September 2007 das Protokoll der
12. Sitzung des Kantonsrats Schaffhausen vom 20. August 2007 nachgereicht.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer ficht nicht einen Entscheid an. Vielmehr richtet
sich seine Beschwerde gegen kantonale Gesetzesbestimmungen; sie richtet sich
gegen einen Erlass. Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art.
82 lit. b BGG). Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur
Beschwerden gegen Entscheide und kommt bei der Anfechtung von Erlassen
(abstrakte Normenkontrolle) nicht zur Anwendung.
Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein
kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG). Im Kanton
Schaffhausen können zwar Vorschriften verwaltungsrechtlicher Natur in
Erlassen des Kantons beim Obergericht angefochten werden; nicht vorgesehen
ist aber die Anfechtbarkeit  von Gesetzen (Art. 51 des Schaffhauser Gesetzes
vom 20. September 1971 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen
[Verwaltungsrechtspflegegesetz]), sodass vorliegend der Beschwerdeführer zur
Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit von Normen des Steuergesetzes
unmittelbar ans Bundesgericht gelangen kann.
Schliesslich ist die Beschwerde innert 30 Tagen nach der nach dem kantonalen
Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht
einzureichen (Art. 101 BGG). Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung von
Bestimmungen des kantonalen Steuergesetzes, die ab einer bestimmten
Einkommens- bzw. Vermögenshöhe für natürliche Personen einen degressiven
Steuertarif vorsehen (namentlich Art. 38 Abs. 1 und 49 Abs. 2 StG). Diese
Bestimmungen sind am 30. November 2003 von den Schaffhauser Stimmbürgern
angenommen und bereits vor mehreren Jahren in Kraft gesetzt worden. Die Frist
zu ihrer Anfechtung ist längst abgelaufen. Der Beschwerdeführer ist indessen
der Ansicht, der Lauf der Beschwerdefrist sei durch die Beratungen des
Kantonsrats vom 20. August 2007 neu ausgelöst worden.

2.2
2.2.1 Ein anfechtbarer Hoheitsakt liegt - frühestens - dann vor, wenn das
normgebende Organ über das neu zu schaffende Gesetz oder über die Änderung
eines bestehenden Erlasses definitiv Beschluss gefasst hat. Die Beratungen im
Schaffhauser Kantonsrat über die Gesetzesrevision sind am 20. August 2007
nicht abgeschlossen worden, wie sich aus dem vom Beschwerdeführer
eingereichten Protokoll ergibt; über ein allfälliges Fortschreiten oder gar
den Abschluss des Gesetzgebungsprozesses hat er bisher nicht berichtet. Es
fehlt mithin noch an einem formell beschlossenen Erlass und damit an einem
möglichen Objekt einer Beschwerde. Insofern liegt selbst nicht der Fall einer
verfrühten Beschwerde vor, deren Behandlung bis zum Vorliegen des
Erwahrungsbeschlusses (nach der Volksabstimmung oder nach unbenütztem Ablauf
der Referendumsfrist) auszusetzen wäre (vgl. hierzu die unter der Herrschaft
des am 31. Dezember 2006 ausser Kraft gesetzten Bundesrechtspflegegesetzes
vom 16. Dezember 1943 [OG; BS 3 531] ergangene Rechtsprechung: BGE 130 I 82
E. 1.2 S. 84 f., 306 E. 1 S. 309; 124 I 145 E. 1b S. 148; 121 I 187 E. 1a S.
189 mit Hinweisen); auch für diese Konstellation wird vorausgesetzt, dass
mindestens ein vom Parlament definitiv beschlossenes Gesetz vorliegt. Schon
aus diesem Grunde erweist sich die Beschwerde als unzulässig.

2.2.2 Angefochten wird nicht ein neues Gesetz, sondern die partielle Änderung
des bestehenden Steuergesetzes. Primär kann in einem solchen Fall die
Aufhebung von konkret revidierten Gesetzesbestimmungen beantragt werden.
Normen, die sich nicht im Änderungstext finden und unverändert fortbestehen,
können dem Bundesgericht im Zusammenhang mit der Anfechtung des
Änderungsgesetzes bloss unter der Voraussetzung zur Prüfung unterbreitet
werden, dass ihnen im Rahmen des modifizierten Gesetzes eine gegenüber ihrem
ursprünglichen Gehalt veränderte Bedeutung zukommt, sie einen anderen
Rechtssinn erhalten und im Gesamtzusammenhang in einem anderen Licht
erscheinen (s. zur abstrakten Normenkontrolle nach dem
Bundesrechtspflegegesetz BGE 122 I 222 E. 1b/aa S. 224 f.; 110 Ia 7 E. 1d S.
12; 108 Ia 126 E. 1b und c S. 130 f.). Vorliegend ergibt sich schon aus der
Zweckumschreibung des Revisionsvorhabens (Senkung der Unternehmensbesteuerung
zur Verbesserung der Wettbewerbs- und Entwicklungsfähigkeit der Betriebe und
Unternehmen), aber auch aus der Vorlage der Spezialkommission Steuergesetz
vom 16. Juli 2007 und schliesslich aus den Beratungen im Kantonsrat, dass
nicht eine Neuregelung der Besteuerung der natürlichen Personen angestrebt
wird. Insbesondere betrifft keine der geänderten Normen auch nur indirekt die
Gestaltung des Steuertarifs. Inwiefern die vom Beschwerdeführer
beanstandeten, seit längerem in Kraft stehenden gesetzlichen Normen durch die
veränderten Bestimmungen im beschriebenen Sinn eine neue Bedeutung erhalten
sollen, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt und ist nicht
ersichtlich. Unter diesem Gesichtswinkel ist die Beschwerde offensichtlich
unzulässig (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).

2.3 Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde im vereinfachten Verfahren, ohne
Schriftenwechsel oder weitere Instruktionsmassnahmen, nicht einzutreten. Mit
diesem Urteil wird das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos.

2.4 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt der Präsident

im Verfahren nach Art. 108 BGG:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Kantonsrat Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. September 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: