Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.458/2007
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2C_458/2007 /zga

Urteil vom 8. November 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Gerold Meier,

gegen

Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, Postfach, 8201 Schaffhausen,
Obergericht des Kantons Schaffhausen,
Postfach 568, 8201 Schaffhausen.

Familiennachzug,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 29. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
Der irakische Staatsangehörige Z.________ (geb. 1973) stellte am 8. Februar
1999 in der Schweiz ein Asylgesuch, welches am 15. Februar 2001 abgewiesen
wurde. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte ihn am 5. Oktober 2001 wegen
mehrfacher Vergewaltigung, mehrfacher sexueller Nötigung, Freiheitsberaubung
und Hausfriedensbruch zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/2 Jahren und verwies
ihn für die Dauer von zehn Jahren des Landes. Die Haupt- und die Nebenstrafe
wurden unbedingt ausgesprochen.

Am 4. Juni 2004 verfügte das Bundesamt für Migration gegen Z.________ eine
Einreisesperre von unbestimmter Dauer. Diese wurde damit begründet, dass sein
Verhalten zu Klagen Anlass gegeben habe (mehrfache Vergewaltigung); seine
Anwesenheit sei daher unerwünscht.

Am 15. März 2005 wurde Z.________ von der Staatsanwaltschaft Zürich wegen
Verweisungsbruchs zu drei Monaten Gefängnis unbedingt verurteilt, weil er die
Schweiz nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug nicht weisungsgemäss
verlassen hatte.

Am 12. August 2005 heiratete Z.________ die Schweizer Bürgerin X.________
(geb. 1977). Diese stellte am 18. August 2005 für ihren Ehemann ein Gesuch um
Familiennachzug, welches das Ausländeramt des Kantons Schaffhausen am 16.
Januar 2007 abwies. Ihre dagegen gerichteten Rechtsmittel wurden sowohl vom
Regierungsrat als auch vom Obergericht des Kantons Schaffhausen abgewiesen.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt X.________
dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen
vom 29. Juni 2007 aufzuheben und ihrem Ehemann den Aufenthalt in der Schweiz
zu bewilligen.

Der Regierungsrat, dieser mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde, und
das Obergericht des Kantons Schaffhausen haben unter Hinweis auf ihre
Entscheide auf eine Stellungnahme verzichtet.

Das Bundesamt für Migration beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen der
Vorinstanzen ebenfalls, die Beschwerde abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Beschwerdeführerin ist Schweizer Bürgerin. Ihr ausländischer Ehegatte
hat daher grundsätzlich Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG; SR 142.20]). Ein
analoger Anspruch ergibt sich überdies aus dem in Art. 8 Ziff. 1 EMRK und
Art. 13 Abs. 1 BV garantierten Schutz des Familienlebens, wenn die Beziehung
zum Ehegatten tatsächlich gelebt wird (BGE 129 II 193 E. 5.3.1. S. 211, mit
Hinweisen).

1.2 Der Anspruch erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt (Art. 7 Abs. 1,
Satz 3 ANAG). Ausgewiesen werden kann ein Ausländer aus der Schweiz oder aus
einem Kanton, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich
bestraft wurde (Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG).

Die Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn die nach Art. 11 Abs. 3
ANAG bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK gebotene Interessenabwägung diese Massnahme als
angemessen, d.h. als verhältnismässig, erscheinen lässt. Dabei sind
namentlich die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer der
Anwesenheit sowie die dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile
zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1.
März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
[ANAV; SR 142.201]; BGE 125 II 521 E. 2a).

2.
2.1 Der Ehemann der Beschwerdeführerin ist zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/2
Jahren verurteilt worden. Sowohl diese Strafe als auch die zugleich verhängte
zehnjährige Landesverweisung wurden unbedingt ausgesprochen. Er erfüllt mit
dieser Verurteilung den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG. Es
bleibt zu prüfen, ob die Verweigerung des Nachzugs mit Blick darauf
verhältnismässig ist.

2.2 Ausgangspunkt und Massstab sowohl für die Schwere des Verschuldens als
auch für die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung ist die vom Strafrichter
verhängte Strafe (BGE 129 II 215 E. 3.1).
2.3 Da die Ehe der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Antrages auf
Familiennachzug erst wenige Tage bestand, kommt die so genannte
Zweijahresregel zur Anwendung: Beim ausländischen Ehegatten eines Schweizer
Bürgers, der erstmals um eine Aufenthaltsbewilligung ersucht oder nach bloss
kurzer Aufenthaltsdauer deren Erneuerung beantragt, nimmt das Bundesgericht
in ständiger Rechtsprechung an, dass die Grenze, von der an in der Regel
selbst dann keine Bewilligung mehr erteilt wird, wenn dem schweizerischen
Ehepartner die Ausreise nicht oder nur schwer zumutbar erscheint, bei einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren liegt. Es bedarf in solchen Fällen
aussergewöhnlicher Umstände, um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
noch zu rechtfertigen. Bei den zwei Jahren handelt es sich allerdings nur um
einen Richtwert und nicht um eine feste Grenze (BGE 130 II 176 E. 4.1 S. 185
mit Hinweisen).

2.4 Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die ausführlichen Erwägungen des
Beschlusses des Regierungsrats vom 6. März 2007 erklärt, dass dieser die
gebotene Interessenabwägung korrekt vorgenommen habe. Dies ist
bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Der Regierungsrat hat in seinem
Beschluss gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichts
umfassend dargelegt, aus welchen Gründen der Nachzug des Ehemannes der
Beschwerdeführerin verweigert werden durfte. Auf diese zutreffenden
Ausführungen kann verwiesen werden.

Was die Beschwerdeführerin vorbringt, erschöpft sich im Wesentlichen in einer
Kritik am Urteil des Bezirksgerichts Zürich. Die entsprechenden Argumente
hätten indessen im Rechtsmittel gegen dieses Urteil erhoben werden müssen.
Darauf hat der Ehemann der Beschwerdeführerin jedoch verzichtet, indem er das
bereits eingelegte Rechtsmittel wieder zurückgezogen hat (Beschwerde S. 3).
Die Vorinstanzen haben kein Bundesrecht verletzt, wenn sie unter Würdigung
der konkreten Situation der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes zum
Schluss gekommen sind, es lägen - insbesondere mit Blick auf das schwere
Verschulden des Ehemannes, der keine Einsicht oder Reue zeige - keine
ausserordentlichen Gründe vor, die ein (ausnahmsweises) Abweichen von der
Zweijahresregel nahelegen würden.
Der Einwand, der Ehemann könne nicht in den Irak ausreisen, ist nicht
stichhaltig, nachdem das Bundesamt für Flüchtlinge bereits bei der Abweisung
des Asylgesuches am 15. Januar 2001 festgestellt hat, seine Wegweisung in den
Nordirak sei möglich, zulässig und zumutbar. Mit Schreiben vom 16. September
2005 an die Beschwerdeführerin hat es erklärt, dass es am Vollzug der
Wegweisung festhalte. Es darf somit mit den Vorinstanzen davon ausgegangen
werden, dass die Zumutbarkeit der Rückkehr in den Irak nach wie vor gegeben
ist. Was die Beschwerdeführerin diesbezüglich vorbringt (u.a. Blutrache),
wurde im Wesentlichen bereits im Asylentscheid als unglaubwürdig beurteilt.

Unbegründet ist die Kritik der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe ihre
Interessen nicht gewürdigt. Das Obergericht verweist insoweit auf den
Beschluss des Regierungsrates, der die der Familie entstehenden Nachteile
eingehend berücksichtigt hat.

Die Verweigerung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an den Ehemann
der Beschwerdeführerin erweist sich unter Berücksichtigung aller Umstände als
verhältnismässig.

3.
Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass ihr im vorinstanzlichen Verfahren
die unentgeltliche Rechtspflege nicht gewährt worden sei. Die Vorinstanz hat
mit ausführlich begründeter Verfügung vom 5. April 2007 das Gesuch der
Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit desselben abgewiesen. Es erscheint
fraglich, ob auf die Beschwerde insoweit einzutreten ist, da die
Beschwerdeführerin sich nicht mit dieser Verfügung auseinandersetzt. Die
Frage kann aber offen bleiben, da angesichts der Umstände des vorliegenden
Falles (rechtskräftiger negativer Asylentscheid, drei rechtskräftige
strafrechtliche Verurteilungen, grösster Teil des Lebens in Irak verbracht;
kurze Ehedauer) und unter Berücksichtigung der einschlägigen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Abweisung des genannten Gesuches nicht
als bundesrechtswidrig bezeichnet werden kann.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Nach dem bereits Gesagten
erweist sich die vorliegende Beschwerde ebenfalls als aussichtslos, weshalb
der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
auch vor Bundesgericht nicht gewährt werden kann (Art. 64 Abs. 1 BGG). Bei
diesem Ausgang hat sie die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem
Obergericht des Kantons Schaffhausen sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. November 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: