Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.456/2007
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2C_456/2007

Urteil vom 21. November 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________, Neumattstrasse 23, 3123 Belp,
Beschwerdeführer,

gegen

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 7. August 2007.

Erwägungen:

1.
Der kroatische Staatsangehörige X.________, geboren 27. Januar 1974,
heiratete am 10. Juni 2000 in seiner Heimat eine Landsfrau, welche damals
über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte und später die
Niederlassungsbewilligung erhielt. Am 28. März 2001 reiste X.________, der
bereits früher mehrmals mit einer L-Bewilligung in der Schweiz geweilt haben
will, zu seiner Ehegattin ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung zwecks
Verbleibs bei ihr. Die Eheleute haben zwei gemeinsame Kinder (geboren 26.
April 2001 bzw. 12. Juli 2002). Seit 1. September 2004 leben sie getrennt;
die Obhut über die Kinder obliegt der Mutter, X.________ ist ein Besuchsrecht
eingeräumt.
Am 31. August 2006 lehnte der Migrationsdienst des Kantons Bern das Gesuch
von X.________ um Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung ab, unter
gleichzeitiger Anordnung der Wegweisung aus dem Kantonsgebiet. Eine
Beschwerde an die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern blieb
erfolglos, gleich wie das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege. Mit Urteil vom 7. August 2007 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern die gegen den Direktionsentscheid erhobene Beschwerde in Bezug
auf die Bewilligungsfrage ab; es hiess sie bezüglich der Verweigerung der
unentgeltlichen Rechtspflege im Verfahren vor der Direktion gut. Das auch für
das verwaltungsgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege wies es wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab; entsprechend
auferlegte es X.________ die verwaltungsgerichtlichen Kosten von Fr. 300.--
im Umfang seines Unterliegens (drei Viertel, Fr. 225.--). Mit am 8. September
2007 zur Post gegebener, fälschlicherweise vom 7. November 2007 datierter
Beschwerde beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des
Verwaltungsgerichts sei aufzuheben, soweit seinen dort gestellten Anträgen
nicht stattgegeben wurde und ihm Kosten auferlegt worden seien, und es sei
die Aufenthaltsbewilligung zu erneuern. Auch für das bundesgerichtliche
Verfahren wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht.
Die Polizei- und Militärdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
beantragen, gleich wie das Bundesamt für Migration, Abweisung der Beschwerde.

2.
2.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist auf dem
Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend
Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen
Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Da der Beschwerdeführer
längst getrennt von seiner niedergelassenen Ehefrau lebt und die Ehe offenbar
mittlerweile rechtskräftig geschieden ist, hat er keinen Bewilligungsanspruch
aus Art. 17 Abs. 2 ANAG.
Die beiden Töchter des Beschwerdeführers haben ebenfalls die
Niederlassungsbewilligung und insofern ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in
der Schweiz. Da er die familiäre Beziehung zu ihnen pflegt, hat er gestützt
auf Art. 8 EMRK einen (bedingten) Rechtsanspruch auf eine ausländerrechtliche
Bewilligung. Gegen den die Bewilligungserneuerung verweigernden Entscheid ist
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig.

2.2
2.2.1 Der nicht sorgeberechtigte Elternteil kann die Beziehung zu seinen
Kindern nur in einem beschränkten Rahmen, nämlich durch Ausübung des ihm
eingeräumten Besuchsrechts, leben; hierzu ist nicht unabdingbar, dass er sich
dauernd im gleichen Land wie die Kinder aufhält und dort über eine
Anwesenheitsberechtigung verfügt. Es ist daher im Allgemeinen zulässig, dem
Ausländer, der gegenüber einem in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten
Kind ein Besuchsrecht hat, die Aufenthaltsbewilligung zu verweigern; den
Anforderungen von Art. 8 EMRK ist Genüge getan, wenn ein Besuchsrecht im
Rahmen von Kurzaufenthalten vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei
allerdings dessen Modalitäten entsprechend aus- bzw. umzugestalten sind. In
ausländerrechtlicher Hinsicht hat das Bundesgericht daraus die Konsequenz
gezogen, dass die Aufenthaltsbewilligung nur dann erteilt oder erneuert
werden muss, wenn einerseits zwischen dem Ausländer und seinem in der Schweiz
ansässigen Kind in wirtschaftlicher und in affektiver Hinsicht eine besonders
enge Beziehung besteht, die sich wegen der Distanz zwischen der Schweiz und
dem Land, in das der Ausländer bei Verweigerung der Bewilligung auszureisen
hätte, praktisch nicht aufrechterhalten liesse, und wenn andererseits das
bisherige Verhalten des Ausländer zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat (BGE
120 Ib 1 E. 3 S. 4 ff., 22 E. 4 S. 24 ff.; Urteil 2A.501/2006 vom 14.
November 2006 E. 2.3.2). Was das Erfordernis der besonderen Intensität der
Beziehung betrifft, kann dieses regelmässig nur dann als erfüllt gelten, wenn
ein grosszügig ausgestaltetes Besuchsrecht eingeräumt ist und dieses
kontinuierlich, spontan und reibungslos ausgeübt wird (Urteil 2A. 501/2006 E.
2.3.2 mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht hat seinem Entscheid diese
Kriterien zugrundegelegt.

2.2.2 Das Verwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus: Dem
Beschwerdeführer steht ein Besuchsrecht an jedem ersten und dritten
Wochenende pro Monat sowie während vierzehn Tagen während der Sommerferien
und vierzehn Tagen während der Winterferien zu. Was das Besuchsrecht während
der Ferien betrifft, hat er dieses offenbar wahrgenommen. Zusätzlich reiste
er im Januar/Februar 2006 mit der Tochter Ines zwecks Behandlung ihres
Augenleidens nach Kroatien. Gestützt auf die Akten, namentlich auf die
Schilderungen der Ehefrau, und in Berücksichtigung von behördlichen
Interventionen bzw. Berichten (E. 3.1.2 - 3.1.4 des angefochtenen
Entscheids), kommt das Verwaltungsgericht hingegen zum Schluss, dass im
Alltag keine regelmässigen intensiven persönlichen Kontakte stattfänden, die
über das hinausgingen, was in der - nicht speziell grosszügig gestalteten -
Besuchsregelung vorgesehen sei; seine gegenteilige Behauptung habe der
Beschwerdeführer, trotz Aufforderung hierzu durch die Polizei- und
Militärdirektion, durch nichts belegt. Der Beschwerdeführer kritisiert diese
tatsächlichen Feststellungen; damit ist er vorliegend aber nicht zu hören:
Gemäss Art. 105 Abs.1 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Damit im Einklang steht Art. 97
Abs. 1 BGG, wonach die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden kann,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen. Werden Sachverhaltsrügen erhoben,
muss in der Beschwerdeschrift aufgezeigt werden, dass und inwiefern die
bemängelten Feststellungen nicht bloss unzutreffend, sondern offensichtlich
falsch (also willkürlich) getroffen worden seien und welche
(verfahrensrechtliche) Norm im Sinne von Art. 95 BGG bei der
Sachverhaltsermittlung konkret missachtet worden sei (BGE 133 II 249 E. 1.4.3
S. 254 f.). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des
Beschwerdeführers nicht, beschränkt er sich doch darauf, den Sachverhalt aus
seiner Sicht darzustellen. Da von einem offensichtlichen Mangel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, das heisst von einem dem Gericht ins Auge springenden
Mangel bei der Sachverhaltsermittlung (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255)
nicht die Rede sein kann, besteht sodann weder Handhabe für noch Bedarf nach
einer Sachverhaltskorrektur von Amtes wegen.

2.2.3 Steht mithin für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die
Kontaktpflege zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Töchtern nicht über
das hinausgeht, was im Rahmen eines Besuchsrechts üblich ist, fehlt es an der
erforderlichen besonders intensiven (affektiven) Vater-Tochter-Beziehung.
Dass es an einer engen Beziehung in wirtschaftlicher Hinsicht fehlt, bedarf
keiner weiteren Erläuterung; es genügt der Hinweis auf E. 3.2 des
angefochtenen Urteils (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG). Ebenso liegt nicht ein
völlig klagloses Verhalten vor (E. 3.3 des angefochtenen Urteils). Damit hat
das Verwaltungsgericht nicht Recht verletzt, wenn es annahm, es sei mit Art.
8 EMRK vereinbar, dass der Beschwerdeführer ausreisen und die Beziehung zu
seinen Töchtern vom Ausland her pflegen müsse.

2.3 Hinsichtlich der Bewilligungsverweigerung erweist sich die Beschwerde als
offensichtlich unbegründet.

2.4 Das Verwaltungsgericht hat das Gesuch des Beschwerdeführers um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege für das dortige Verfahren wegen
Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abgewiesen. Der Beschwerdeführer
bemängelt vorerst, dass das Verwaltungsgericht über das Gesuch erst im
Endurteil befunden habe; inwiefern darin eine Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG zu erblicken sei, legt er nicht dar (Art. 42 Abs. 2 BGG, s. auch
Art. 106 Abs. 2 BGG). Welcher Nachteil ihm durch die Vorgehensweise des
Verwaltungsgerichts entstanden sein könnte, bleibt im Übrigen unersichtlich,
hätte er doch auch im Falle eines Beschwerderückzugs nach vorgängigem
negativem Armenrechtsentscheid mit der Auferlegung einer minimalen
Gerichtsgebühr rechnen müssen.
Die Voraussetzungen, unter denen die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren
sei, erläutert der Beschwerdeführer nicht im Einzelnen. Er rügt bloss als
willkürlich, dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde als aussichtslos
bezeichnet habe, wobei es aber 18 Seiten benötigt habe, um zu diesem Schluss
zu kommen. Dies genügt zur Darlegung einer Rechtsverletzung schon darum
nicht, weil der Beschwerdeführer sich mit der einschlägigen Argumentation des
angefochtenen Entscheids (E. 6.2) mit keinem Wort auseinandersetzt. Auch was
das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, es hätte ihm wegen
seines Teilobsiegens eine Parteientschädigung zugesprochen werden müssen,
legt er nicht dar, aus welcher Norm oder aus welchem Rechtsgrundsatz sich die
Pflicht zur Ausrichtung einer Parteientschädigung an eine ohne Anwalt
auftretende obsiegende Partei ergebe. Schliesslich bleibt unerfindlich,
inwiefern das Dispositiv des angefochtenen Urteils unklar sein soll. Dessen
Ziffern 1 und 2 sind insgesamt vollständig und unmissverständlich; offenbar
hat der Beschwerdeführer den zweiten Satz von Ziffer 1 des Dispositivs
übersehen.

2.5 Soweit die Beschwerde eine formgerechte Begründung enthält, erweist sie
sich als im Sinne von Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG offensichtlich unbegründet;
sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 109 BGG) abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.6 Die Beschwerde erschien von vornherein aussichtslos, sodass das für das
Verfahren vor Bundesgericht gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Damit sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG), dem Verfahrensausgang
entsprechend (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG), dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und
dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. November 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: