Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.429/2007
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2C_429/2007 /ble

Urteil vom 4. Oktober 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Wurzburger, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Advokat R.________,

gegen

Foederatio Medicorum Helveticorum (FMH), Verbindung der Schweizer Ärztinnen
und Ärzte, handelnd durch die Einsprachekommission Weiterbildungstitel,
Elfenstrasse 18, 3000 Bern 16,
Beschwerdegegnerin,
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, Postfach, 3000 Bern 14.

Weiterbildungstitel Innere Medizin,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III, vom 15. Juni 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 3. April 2007 wies die Einsprachekommission Weiterbildungstitel der FMH
eine Einsprache von X.________ ab. Der Entscheid wurde während des
Friststillstandes über Ostern (1. bis 15. April 2007, s. Art. 22a Abs. 1 lit.
a des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren
[VwVG; SR 172.021]) eröffnet. X.________ erhob dagegen Beschwerde an das
Bundesverwaltungsgericht; sie war vom 15. Mai 2007 datiert, aber erst am 16.
Mai 2007 zur Post gegeben worden. Das Bundesverwaltungsgericht trat mit
Urteil des Einzelrichters der Abteilung III vom 15. Juni 2007 auf die
Beschwerde nicht ein, weil sie einen Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist von
30 Tagen gemäss Art. 50 Abs. 1 VwVG, für deren Berechnung es den ersten Tag
nach Ende des Friststillstandes mitzählte, erhoben worden sei.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 27. August 2007
beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben; es sei festzustellen, dass die bei
der Vorinstanz eingereichte Beschwerde vom 16. Mai 2007 rechtzeitig erfolgt
sei, gegebenenfalls unter Anwendung der Prinzipien des Vertrauensschutzes;
eventuell sei festzustellen, dass die Voraussetzungen für die
Wiederherstellung der Frist laut Art. 24 VwVG vorliegen; die Vorinstanz sei
anzuweisen, die am 16. Mai 2007 bei ihr eingereichte Beschwerde materiell zu
behandeln, eventuell sei die Sache zu neuer Behandlung an diese
zurückzuweisen.
Die Vorakten sind eingeholt, ein Schriftenwechsel ist nicht  angeordnet
worden.

2.
2.1 Gemäss Art. 37 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz [VGG; SR 173.32]) richtet
sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG, soweit das
VGG nichts anderes bestimmt. Gemäss Art. 50 Abs. 1 VwVG ist die Beschwerde
innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der (anzufechtenden) Verfügung
einzureichen. Die Beschwerdefrist, die unter anderem vom siebten Tag vor
Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern stillsteht (Art. 22a Abs. 1
lit. a VwVG), beginnt an dem auf die Mitteilung der anzufechtenden Verfügung
folgenden Tag zu laufen (Art. 20 Abs. 1 VwVG). Wird eine Verfügung während
der Dauer des Friststillstandes mitgeteilt, kann die Beschwerdefrist nicht
vor dessen Ende zu laufen beginnen; der Gesetzeswortlaut legt es nahe, dass
dies am ersten Tag nach Beendigung des Friststillstandes der Fall ist. Das
Bundesgericht hat in einem Grundsatzurteil vom 13. Januar 2006 klargestellt,
dass für die Beschwerdefrist bereits der erste Tag nach Ablauf des
Friststillstands zählt (BGE 132 II 153).
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer seine Beschwerde bei der
Vorinstanz um einen Tag verspätet erhoben hat, wenn Art. 20 Abs. 1 (in
Verbindung mit Art. 22a VwVG) im Sinne der aktuellen Rechtsprechung
angewendet wird. Er macht indessen geltend, dass in seinem Fall Gründe gegen
eine solche Rechtsanwendung sprechen würden.

2.2
2.2.1 Das Bundesgericht hat sich im erwähnten Urteil BGE 132 II 153 umfassend
mit der Frage der Fristwahrung bei Zustellungen während des Friststillstandes
auseinandergesetzt. Es hat berücksichtigt und erläutert, dass - und warum -
Art. 32 Abs. 1 des bis Ende 2006 geltenden Bundesrechtspflegegesetzes vom 16.
Dezember 1943 (OG; BS 3 531) anders ausgelegt wurde als Art. 20 Abs. 1 VwVG.
Ebenso hat es sich mit der Friststillstandsregelung des SchKG
(Betreibungsferien) befasst und einerseits aus dem Wortlaut von Art. 31 Abs.
1 SchKG und andererseits aus dem Zweck des Instituts des Friststillstandes im
Betreibungsrecht (Zustellungsverbot, vgl. Art. 56 Ziff. 2 SchKG) geschlossen,
dass sich bei Art. 20 Abs. 1 VwVG eine andere Betrachtungsweise rechtfertige.
Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass in Bezug auf Art. 20 Abs. 1 VwVG
keineswegs die Rechtsprechung geändert, sondern bloss geklärt worden ist.
Schliesslich hat das Bundesgericht berücksichtigt, dass Art. 44 Abs. 1 des
(zwischenzeitlich am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen)
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) einen von Art. 32
Abs. 1 OG abweichenden Wortlaut habe und gleich auszulegen sein werde wie
Art. 20 Abs. 1 VwVG, womit es kein Auseinanderklaffen der Fristberechnung
zwischen den Verfahren vor Bundesgericht und denjenigen vor anderen
Bundes(justiz)behörden mehr geben werde.
Der Beschwerdeführer äussert sich ausführlich zu diesem Urteil. Sollte er
damit die Rückkehr zu einer "grosszügigeren" Handhabung von Art. 20 Abs. 1
VwVG nahelegen wollen, könnte ihm nicht gefolgt werden. Es besteht kein
Anlass, die nach umfassender Abwägung verschiedenster Aspekte - nicht
geänderte, sondern - präzisierend bestätigte Praxis umzustossen. Hierzu
bedürfte es triftiger Gründe (vgl. BGE 127 II 289 E. 3a S. 292 f. mit
Hinweisen); solche vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Die
Beschwerde an die Vorinstanz ist nicht rechtzeitig erhoben worden.

2.2.2 Mit seinen Äusserungen zur - angeblich - unbefriedigenden Praxis will
der Beschwerdeführer letztlich allein begründen, warum in seinem Fall die
Wiederherstellung der Frist geboten sei. Gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG ist
Fristwiederherstellung zu gewähren, wenn die darum ersuchende Partei oder ihr
Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden ist, binnen Frist zu
handeln. Dass mangelnde Kenntnis (der Partei selber oder eines beigezogenen
Rechtsberaters) über das Verfahrensrecht nie als unverschuldetes Hindernis
gelten kann, bedarf keiner näheren Erläuterung. Bei einem Rechtsirrtum könnte
höchstens dann auf ein solches geschlossen werden, wenn es einer Partei
unmöglich war, sich entweder durch eigene Bemühungen über die Rechtslage zu
informieren oder, bei Bedarf, hierfür einen Rechtsanwalt oder sonst eine
rechtskundige Person beizuziehen. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, es
sei für ihn bzw. den von ihm zu Rate gezogenen Anwalt nicht möglich gewesen,
die für ein rechtzeitiges Handeln erforderlichen Kenntnisse zu erlangen.
Davon kann keine Rede sein:
Wie bereits dargestellt, liegt in Bezug auf Art. 20 Abs. 1 VwVG keine
Praxisänderung bzw. keine "Uminterpretation der Bestimmungen des VwVG" (s. S.
2 der Stellungnahme des Beschwerdeführers an die Vorinstanz vom 11. Juni
2007) vor; es geht auch nicht um die "Beibehaltung der an das OG angelehnten
Praxis der Bestimmung des Fristenlaufes für das VwVG, die vor dem ...
zitierten Entscheid des Bundesgerichts bestanden hat" (ebenda). Vielmehr
ergibt sich bereits aus BGE 131 V 305, dass Art. 20 Abs. 1 VwVG schon längst
mehrheitlich so verstanden wurde, wie dies die Vorinstanz tut; keineswegs
verhält es sich so, dass die vom Beschwerdeführer für richtig befundene
Auslegung als unbestritten galt. Es trifft einzig zu, dass vor dem klärenden
Urteil BGE 132 II 153 eine gewisse Unsicherheit in dieser Frage bestand. Bei
einer solchen Ausgangslage hat aber ein Rechtsanwalt mit besonderer Sorgfalt
zu prüfen, was zur Fristwahrung vorzukehren ist; er darf nicht davon
ausgehen, dass ohne weiteres die für ihn praktischere Auslegung massgeblich
ist. Offenbar hat der vom Beschwerdeführer konsultierte Anwalt denn auch -
rechtzeitig - gestützt "auf die ihm zur Verfügung stehende Literatur"
Überlegungen zur Frage des Fristenlaufs nach einem Friststillstand angestellt
(S. 5 der Stellungnahme an die Vorinstanz). Warum er dann nicht das für eine
rechtskundige Person Nächstliegende, mit (im Vergleich zur Nachforschung in
der Literatur) wenig Aufwand Verbundene getan, nämlich die neuste
Rechtsprechung konsultiert hat, ist nicht nachvollziehbar. Erstaunlich ist
übrigens die von einem Anwalt vertretene Auffassung, die Publizitätswirkung
der in der BGE-Sammlung enthaltenen Leiturteile sei zu relativieren. Unter
den gegebenen Umständen lassen sich die fehlende Rechtskenntnis und die
daraus resultierende Säumnis vorliegend auch nicht mit einer Erkrankung,
deren Natur nicht näher erläutert wird, begründen. Dass Gründe des
Vertrauensschutzes, anders als im Leiturteil BGE 132 II 153, vorliegend nicht
geltend gemacht werden können, hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt;
dies ergibt sich aus E. 5 jenes bundesgerichtlichen Urteils, dem
diesbezüglich nichts beizufügen ist.
Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie unter den gegebenen
Umständen das Vorliegen von entschuldbaren Säumnisgründen verneint hat;
inwiefern sie bei der konkreten Ausgangslage ihre Pflicht zur Untersuchung
des Sachverhaltes und zur Abnahme der angebotenen Beweismittel verletzt haben
könnte, wie der Beschwerdeführer rügt, ist nicht ersichtlich.

2.3 Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet (Art. 109 Abs.
2 lit. a BGG) und ist im vereinfachten Verfahren abzuweisen.

2.4 Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten (Art. 65 BGG)
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung
III, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. Oktober 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Der Gerichtsschreiber: