Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.423/2007
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2C_423/2007 /leb

Verfügung vom 27. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern,
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.

Ausschaffungshaft (Art. 13b ANAG),

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 22. Juni 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Am 7. September 2004 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern
X.________ wegen Erpressung, mehrfacher Freiheitsberaubung und mehrfacher
Vergewaltigung zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/2 Jahren. Am 1. Juni 2007
wies das Amt für Migration des Kantons Luzern ihn auf Ende des Strafvollzugs
hin aus der Schweiz aus. Am 21. Juni 2007 nahm es X.________ zur Sicherung
dieser Massnahme in Ausschaffungshaft, welche der Haftrichter am
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern am 22. Juni 2007 prüfte und am 3.
September 2007 bis zum 4. Oktober 2007 verlängerte. Mit Beschwerde vom
23. August 2007 beantragte X.________, die Verfügung vom 22. Juni 2007
aufzuheben und ihn aus der Haft zu entlassen. Am 19. September 2007 wies das
Bundesgericht die gegen den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Luzern bezüglich seiner Ausweisung eingereichte Beschwerde ab
(2C_453/2007). Am 20. September 2007 wurde X.________ nach Sri Lanka
ausgeschafft.

2.
Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist legitimiert, wer
vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt
ist und über ein aktuelles schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder
Änderung verfügt (Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 252 E. 1.3). Fällt das
aktuelle Interesse im Verlaufe des Verfahrens dahin, wird die Sache als
erledigt erklärt; fehlte es schon bei Beschwerdeeinreichung, ist auf die
Eingabe nicht einzutreten (vgl. BGE 118 Ia 488 E. 1a; 118 Ib 1 E. 2 S. 7; 111
Ib 56 E. 2). Der Ausländer hat nach seiner Ausschaffung oder Freilassung
grundsätzlich kein praktisches Interesse mehr daran, dass der Haftentscheid
nachträglich auf seine Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht hin geprüft wird.
Für das Bundesgericht besteht in solchen Fällen regelmässig auch keine
Veranlassung, ausnahmsweise auf dieses Erfordernis zu verzichten (vgl. das
Urteil 2C_78/2007 vom 19. April 2007, E. 2.1 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer ist am 20. September 2007 ausgeschafft worden, womit das
aktuelle Interesse an seiner Haftbeschwerde nachträglich dahingefallen und
das vorliegende Verfahren deshalb abzuschreiben ist (vgl. Art. 32 Abs. 2
BGG).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer hat beantragt, ihm die unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung zu bewilligen. Das Bundesgericht gewährt diese, falls die
betroffene Partei nicht über die für die Prozessführung erforderlichen Mittel
verfügt, ihre Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheinen und sich die
Rechtsvertretung zur Wahrnehmung ihrer Rechte als notwendig erweist (Art. 64
Abs. 1 und 2 BGG). Die Abteilung entscheidet über das Gesuch in der Besetzung
mit drei Richtern; vorbehalten bleiben Fälle, welche im vereinfachten
Verfahren nach Art. 108 BGG erledigt werden; der Instruktionsrichter kann die
unentgeltliche Rechtspflege als Einzelrichter selber gewähren, falls keine
Zweifel daran bestehen, dass deren Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 64
Abs. 3 BGG). Da die vorliegende Beschwerde nicht im Verfahren nach Art. 108
BGG erledigt wird (Nichteintreten auf offensichtlich unzulässige,
offensichtlich nicht hinreichend begründete oder querulatorische Beschwerden)
und die Gewährung der unentgeltliche Rechtspflege bzw. Verbeiständung zu
verweigern ist, muss über das Gesuch in der ordentlichen Besetzung zu Dritt
entschieden werden.

3.2
Die vorliegende Eingabe hatte keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg und war
deshalb zum Vornherein aussichtslos:
3.2.1 Der Beschwerdeführer ist im Juni 2007 aus der Schweiz ausgewiesen
worden; zur Sicherung dieser Massnahme durfte er in Ausschaffungshaft
genommen werden, obwohl er noch versuchte, über ein
Fristwiederherstellungsgesuch den Ausweisungsentscheid, den er ursprünglich
akzeptiert hatte, anzufechten: die Ausschaffungshaft setzt praxisgemäss
lediglich einen erstinstanzlichen und keinen rechtskräftigen Weg- oder
Ausweisungsentscheid voraus (BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer ist hier schwer straffällig geworden und bereits einmal
untergetaucht (vgl. die Ausschreibung zur Fahndung für den Strafvollzug),
womit er den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG (SR 142.20; BGE 130 II
56 E. 3.1 S. 58 f.) erfüllte; im Übrigen lagen auch die Haftgründe von Art.
13a lit. e (ernsthafte Gefährdung von Personen an Leib und Leben) und lit. g
(Verurteilung wegen eines Verbrechens) ANAG vor (jeweils i.V.m. Art. 13b Abs.
1 lit. b ANAG).

3.2.2 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Ausweisungsentscheid sei
rechtsfehlerhaft gewesen und ihm nicht richtig eröffnet worden, verkannte er,
dass die Bewilligungs- und Wegweisungsfrage grundsätzlich nicht Gegenstand
des Haftprüfungsverfahrens bildete (vgl. BGE 130 II 56 E. 2; 128 II 193 E.
2.2; 125 II 217 E. 2 S. 220), weshalb auch auf sein Begehren im vorliegenden
Verfahren, durch eine vorsorgliche Massnahme den Vollzug der Ausweisung
auszusetzen, nicht weiter eingegangen werden konnte.

3.2.3 Der Beschwerdeführer berief sich schliesslich auch zu Unrecht auf die
familiäre Beziehung zu seiner Tochter, die bei seiner früheren Gattin lebt:
Nach der Rechtsprechung besteht ein Anspruch auf die Erteilung bzw. eine
Erneuerung einer Aufenthaltsbewilligung zwischen dem besuchsberechtigten
Ausländer und dem in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Kind in Anwendung
von Art. 8 EMRK nur, soweit zwischen ihnen in wirtschaftlicher und affektiver
Hinsicht eine besonders enge Beziehung gelebt wird und das bisherige
Verhalten des Ausländers zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat (vgl. BGE 120
Ib 1 E. 3c S. 5, 22 E. 4a/b S. 25 f.). Hiervon konnte, soweit der Haftrichter
dies zu beurteilen hatte, vorliegend zum Vornherein keine Rede sein (vgl. zur
entsprechenden Problematik bei einem Haftfall: Urteil 2C_62/2007 vom 10.
April 2007, E. 2.2.). Im Übrigen bestanden kaum ernsthafte Chancen auf eine
Fristwiederherstellung gegen den Ausweisungsentscheid, nachdem nicht nur die
entsprechende Beschwerde verspätet eingereicht, sondern auch die Frist für
die Einreichung des Gesuchs um Wiederherstellung der Frist verpasst worden
war.

4.
Da das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung somit
abzuweisen gewesen wäre, würde der unterliegende Beschwerdeführer dem
mutmasslichen Verfahrensausgang entsprechend kostenpflichtig (Art. 66 BGG);
aufgrund der Umstände (Bedürftigkeit und Ausreise des Betroffenen)
rechtfertigt es sich indessen dennoch, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr
abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 32 und Art. 64 Abs. 3 BGG:

1.
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis
abgeschrieben.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Diese Verfügung wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration des Kantons
Luzern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. September 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:   Der Gerichtsschreiber: