Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.394/2007
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2C_394/2007 /leb

Urteil vom 15. August 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Uebersax.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Migrationsdienst des Kantons Bern,
Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
Haftgericht III Bern-Mittelland,
Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.

Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des
Haftgerichts III Bern-Mittelland vom 7. August 2007.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der algerische Staatsangehörige X.________, geb. 1973, reiste nach
eigenen Angaben am 30. November 1993 in die Schweiz ein und stellte am 1.
Juni 1994 ein Asylgesuch. Am 5. August 1994 lehnte das Bundesamt für
Migration das Gesuch ab und wies X.________ aus der Schweiz weg. Dieser
Entscheid wurde rechtskräftig. Am 15. Mai 1999 wurde X.________ in seine
Heimat zurückgeführt. In der Folge verfügte das Bundesamt eine Einreisesperre
auf unbestimmte Dauer gegen X.________. Dieser reiste im Jahr 2002 dennoch
wieder illegal in die Schweiz ein und wurde am 8. September 2003 erneut nach
Algerien zurückgeführt.

X. ________ kehrte indes - nach eigenen Angaben im Mai 2005 - nochmals in die
Schweiz zurück. Am 8. Oktober 2005 wurde er im Kanton Bern polizeilich
angehalten und in Ausschaffungshaft genommen. Am 12. Dezember 2005 wurde er
daraus wieder entlassen, nachdem eine Rückführung nach Algerien an seinem
Widerstand gescheitert war.

Vom 25. Januar bis zum 6. August 2007 befand sich X.________ wegen
verschiedener Straftaten im Strafvollzug. Am 30. Juli 2007 ordnete der
Migrationsdienst des Kantons Bern die Ausschaffungshaft auf den Tag der
Haftentlassung an. Am 6. August 2007 wurde X.________ nach der Haftentlassung
direkt dem Migrationsdienst des Kantons Bern zugeführt und in
Ausschaffungshaft gesetzt. Am 7. August 2007 prüfte der Haftrichter 1 am
Haftgericht III Bern-Mittelland die Ausschaffungshaft und bestätigte sie bis
zum 5. November 2007.

1.2 Mit handschriftlicher Eingabe vom 10. August 2007 in englischer Sprache
wendet sich X.________ an das Bundesgericht und ersucht darum, seinen Fall
nochmals zu prüfen. Die Eingabe ist als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG mit dem sinngemässen Antrag auf
Haftentlassung entgegenzunehmen. Gegenstand des Haftprozesses und damit auch
des bundesgerichtlichen Verfahrens bildet allerdings nur die Frage der
Zulässigkeit der Haft; die dieser zugrundeliegende Wegweisung kann das
Bundesgericht hingegen nur dann überprüfen, wenn sie offensichtlich
rechtswidrig ist (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG sowie BGE 121 II 59 E. 2c).

2.
2.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen
bzw. in dieser belassen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b des
Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung (ANAG; SR
142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher,
nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid
vorliegt, dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht
möglich, jedoch absehbar ist (BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen). Zudem muss
einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II
369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung
rechtlich und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130
II 56 E. 1 mit Hinweisen) und die Papierbeschaffung mit dem nötigen Nachdruck
verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; BGE 130 II 488
E. 4; 124 II 49 ff.). Die Haft soll als Ganzes verhältnismässig sein (BGE 130
II 56 E. 1 S. 58; 126 II 439 E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383).

2.2 Der Haftrichter stützte die Ausschaffungshaft auf den asylrechtlichen
Wegweisungsentscheid vom 5. August 1994. Dieser wurde jedoch mit der
Rückführung des Beschwerdeführers in seine Heimat am 15. Mai 1999 vollzogen
und kann nicht mehr Grundlage der Ausschaffungshaft bilden (vgl. das Urteil
des Bundesgerichts 2A.133/2002 vom 26. März 2002, E. 3.2). Das führt indessen
nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Haftentscheids. Der
Migrationsdienst des Kantons Bern hat nämlich in seiner als Haftanordnung
bezeichneten Verfügung vom 30. Juli 2007 ausdrücklich bestimmt, dass der
Beschwerdeführer in seinen Heimatstaat zurückzuführen sei, womit zumindest
sinngemäss eine formlose Wegweisung angeordnet wurde, die ihm zusammen mit
dem Haftentscheid eröffnet wurde (vgl. das Urteil des Bundesgerichts
2A.343/2002 vom 18. Juli 2002, E. 2). Unter den gegebenen Umständen könnte
sogar in der Haftanordnung selbst eine formlose Wegweisung des
Beschwerdeführers erblickt werden, wozu der Migrationsdienst ohne weiteres
befugt war (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2A.133/2002 vom 26. März 2002,
E. 3.2).

Die Wegweisung ist auch nicht offensichtlich unzulässig, wird diese doch
weder durch die angeblichen, auf ordentlichen strafrechtlichen Zusammenhängen
beruhenden Schwierigkeiten mit der algerischen Polizei noch durch die
behauptete private Fehde aufgrund eines tödlichen Verkehrsunfalls, an dem der
Beschwerdeführer beteiligt gewesen sein soll, in Frage gestellt. Im Übrigen
sind die vom Beschwerdeführer angerufenen angeblich schwierigen
Lebensumstände in seiner Heimat für die hier einzig zu prüfende Haftfrage
nicht von Bedeutung.

2.3 Beim Beschwerdeführer sind mehrere Haftgründe erfüllt. Bereits wegen der
trotz gültiger Einreisesperre erfolgten Einreise besteht ein Haftgrund, da
der Beschwerdeführer nicht sofort weggewiesen bzw. wieder ausgeschafft werden
konnte (Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. c ANAG;
Nichtbeachtung einer Einreisesperre). Aufgrund verschiedener Straftaten, für
die der Beschwerdeführer strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden
ist, unter anderem Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz,
Körperverletzung und Tätlichkeiten, Nötigung, Freiheitsberaubung und
Entführung, liegt auch der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung
mit Art. 13a lit. e ANAG (ernsthafte Bedrohung oder erhebliche Gefährdung von
Personen) vor. Erfüllt ist ebenfalls der Haftgrund der so genannten
Untertauchensgefahr (Art. 13b lit. c ANAG), nachdem der Beschwerdeführer
während seiner mehrfachen Anwesenheiten in der Schweiz unter verschiedenen
Identitäten aufgetreten ist, bereits mehrmals untergetaucht ist, sich
zumindest einmal gegen einen Ausschaffungsversuch zur Wehr gesetzt und auch
sonst behördliche Anordnungen missachtet hat; überdies kann auch seine
Straffälligkeit als Indiz für Untertauchensgefahr gewertet werden (vgl. BGE
122 II 49 E. 2a, 148 E. 2b/aa S. 152; 119 Ib 193 E. 2b S. 198); zudem gab der
Beschwerdeführer an, in einen Drittstaat ausreisen zu wollen, ohne dass
ersichtlich wäre, wie er dies legal tun könnte, was ebenfalls für
Untertauchensgefahr spricht (dazu BGE 125 II 369 E. 3b/aa S. 375). Dass der
Beschwerdeführer sein bisheriges Fehlverhalten angeblich bereut, ändert
nichts daran, dass er damit die genannten Haftgründe gesetzt hat.

2.4 Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit ist zu prüfen, ob der
Beschwerdeführer wieder in Haft genommen werden durfte, nachdem er seit
seiner letzten Einreise in die Schweiz bereits einmal vom 8. Oktober bis zum
12. Dezember 2005 in Ausschaffungshaft gewesen war. Nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine erneute Inhaftierung jedenfalls
dann grundsätzlich zulässig, wenn die gesetzlich mögliche Höchstdauer der
Haft noch nicht erreicht wurde und der Haftgrund nach wie vor besteht (BGE
125 II 465 E. 3b S. 468), wie dies vorliegend zutrifft. Gemäss den dem
Bundesgericht vorliegenden Akten sind nunmehr offenbar die für eine
Ausschaffung erforderlichen Reisepapiere beim Bundesamt für Migration
vorhanden. Das rechtfertigt nicht nur eine neue Inhaftierung des
Beschwerdeführers, sondern belegt auch die Verhältnismässigkeit der
Ausschaffungshaft und die Durchführbarkeit der ihr zugrundeliegenden
Wegweisung.

2.5 Nachdem die übrigen Voraussetzungen der Ausschaffungshaft ebenfalls
erfüllt sind, hält der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht stand.

3.
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist ohne
weiteren Schriftenwechsel im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG
abzuweisen.

Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr ist beim offensichtlich bedürftigen
Beschwerdeführer praxisgemäss abzusehen (vgl. Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsdienst des Kantons
Bern und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für
Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. August 2007

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: