Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.376/2007
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2C_376/2007 /ble

Urteil vom 12. September 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Sven Oliver Dogwiler,

gegen

Migrationsamt des Kantons Zürich,
Postfach, 8090 Zürich,
Bezirksgericht Zürich, Haftrichter,
Postfach, 8026 Zürich.

Fortsetzung der Ausschaffungshaft
gemäss Art. 13b Abs. 2 ANAG,

Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung des
Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom 21. Juni 2007.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
Der Nigerianer X.________ (geb. 1982) reiste im Februar 2004 ohne Pass und
Visum in die Schweiz ein und stellte am 16. Februar 2004 ein Asylgesuch. Er
behauptete, aus Sierra Leone zu stammen, und machte geltend, dort an Leib und
Leben gefährdet zu sein. Mit Verfügung vom 20. Februar 2004 trat das
Bundesamt für Flüchtlinge auf dieses Asylgesuch nicht ein und wies X.________
aus der Schweiz weg. Eine hiegegen erhobene Beschwerde wies die
Schweizerische Asylrekurskommission mit Urteil vom 29. März 2004 ab, soweit
sie darauf eintrat. Der behördlichen Anweisung, die Schweiz zu verlassen,
leistete X.________ daraufhin keine Folge.
Mit Verfügung vom 4. April 2007 nahm das Migrationsamt des Kantons Zürich
X.________ in Ausschaffungshaft, welche vom Bezirksgericht Zürich
(Haftrichter) am 5. April 2007 geprüft und bis zum 2. Juli 2007 bewilligt
wurde. Während der Haft gab X.________ weiterhin an, in Jamaika geboren und
Staatsangehöriger von Sierra Leone zu sein. Am 21. Juni 2007 prüfte das
Bezirksgericht Zürich (Haftrichter) den vom Migrationsamt am 20. Juni 2007
gestellten Antrag auf Verlängerung der Ausschaffungshaft und bewilligte diese
bis zum 2. Oktober 2007. X.________ hatte sich geweigert, an der
Haftrichterverhandlung teilzunehmen.

2.
Mit Eingabe vom 27. Juli 2007 führt X.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit den Anträgen,
die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich (Haftrichter) vom 21. Juni 2007
aufzuheben und ihn - den Beschwerdeführer - aus der Haft zu entlassen.
Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.
Das Migrationsamt des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bezirksgericht Zürich (Haftrichter) hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Der Beschwerdeführer erklärte mit Eingabe vom 16. August 2007 den Verzicht
auf eine weitere Stellungnahme.

3.
Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen bzw.
in dieser belassen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes
vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung (ANAG; SR 142.20) erfüllt
sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht
notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid
vorliegt, dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht
möglich, jedoch absehbar ist (BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen). Zudem muss
einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II
369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung
rechtlich und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130
II 56 E. 1 mit Hinweisen) und die Papierbeschaffung mit dem nötigen Nachdruck
verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; BGE 130 II 488
E. 4; 124 II 49 ff.). Die Haft soll als Ganzes verhältnismässig sein (BGE 130
II 56 E. 1 S. 58; 126 II 439 E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383).

4.
4.1 Der Beschwerdeführer ist rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden.
Auch das Vorliegen eines Haftgrundes (Art. 13b Abs. 1 lit. d ANAG,
Nichteintretensentscheid gemäss Art. 32 Abs. 2 lit. a AsylG) ist klarerweise
gegeben. Der Umstand allein, dass der Vollzug der Wegweisung nicht leicht
fällt, lässt diesen nicht bereits als in absehbarer Zeit undurchführbar
erscheinen (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 4.1.3 S. 61
mit Hinweisen). Gerade wegen solcher Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber die
Haftdauer erhöht und die Möglichkeit der Haftverlängerung - inzwischen bis zu
maximal achtzehn (für Minderjährige zwölf) Monaten (vgl. Art. 13b Abs. 2 ANAG
in der seit dem 1. Januar 2007 gültigen Fassung vom 16. Dezember 2005 [AS
2006 4745 ff.]) - geschaffen (Urteil 2C_1/2007 vom 5. Februar 2007 E. 4.3.1;
BGE 130 II 56 E. 4.1.2 S. 60 mit Hinweisen).

4.2 Eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes wird den kantonalen Behörden
vorliegend zu Recht nicht vorgeworfen. Sie haben nach Anordnung der
Ausschaffungshaft am 3. April 2007 die gebotenen Massnahmen zur
Papierbeschaffung eingeleitet und seither mit dem nötigen Nachdruck
weiterverfolgt.

4.3 Zutreffend ist, dass für eine Aufrechterhaltung der Ausschaffungshaft nur
so lange Raum besteht, als der allfällige zwangsweise Vollzug dieser
Massnahme rechtlich und tatsächlich möglich ist (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG,
vgl. E. 3). Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer lässt in diesem
Zusammenhang geltend machen, aufgrund seiner Weigerung, zur Abklärung der
Identität und der Beschaffung von Papieren Hand zu bieten (sowie aufgrund des
von ihm angekündigten gewaltsamen Widerstandes) sei seine geplante
Ausschaffung nach Nigeria innert der bewilligten Verlängerung der Haftdauer
bis zum 2. Oktober 2007 bzw. innert absehbarer Zeit gar nicht möglich. Wegen
Unmöglichkeit des Vollzuges der Ausschaffung seien die Voraussetzungen für
die Anordnung der Ausschaffungshaft nicht mehr gegeben.
Der zuständige Haftrichter besitzt bei der Beurteilung der Frage, ob der
Vollzug der Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich erscheint (Art.
13c Abs. 5 lit. a ANAG), einen gewissen Beurteilungsspielraum, der vorliegend
nicht überschritten wurde. Wohl war aufgrund der Auskunft des Bundesamtes für
Migration vom 16. April 2007 damit zu rechnen, dass die Ausstellung von
Reisepapieren durch die nigerianischen Behörden aufgrund des renitenten
Verhaltens des Beschwerdeführers auf Schwierigkeiten stossen würde. Die für
die Haftrichterverhandlung vom 21. Juni 2007 beim Bundesamt eingeholte
telefonische Auskunft (vgl. S. 3 des Protokolls der Haftrichterverhandlung)
liess aber die für Anfang September 2007 vorgesehene Vorführung vor eine
nigerianische "Abklärungsdelegation" nicht als zum vornherein sinnlos
erscheinen. Die Verlängerung der Ausschaffungshaft bis zum 2. Oktober 2007
ist damit nicht bundesrechtswidrig.

4.4 Die in der Beschwerdeschrift erhobenen Einwendungen lassen zudem ausser
Acht, dass die Unmöglichkeit der Papierbeschaffung nicht bereits durch die
blosse Erklärung, in Zukunft gegen alle behördlichen Massnahmen Widerstand
leisten zu wollen, belegt werden kann. Dies zeigt gerade die nachträgliche
Entwicklung des vorliegenden Falles: Der Beschwerdeführer hat sich zwar
geweigert, zur Haftrichterverhandlung vom 21. Juni 2007 zu erscheinen, doch
anerkannte er gemäss den eingereichten Akten in der Folge am 24. Juli 2007
schriftlich seine - von ihm bisher bestrittene - nigerianische Herkunft, was
für die für den 14. August 2007 vorgesehene Befragung durch nigerianische
Botschaftsvertreter eine neue Ausgangslage schuf. Welche Resultate die ins
Auge gefassten weiteren Abklärungsmassnahmen brachten, ist vorliegend ohne
Belang. Es kann jedenfalls nicht gesagt werden, dass im Zeitpunkt des
angefochtenen Verlängerungsentscheides vom 21. Juni 2007, auf den es hier
ankommt, für eine Aufrechterhaltung der Ausschaffungshaft für weitere drei
Monate wegen erkennbarer Unmöglichkeit des zwangsweisen Vollzuges dieser
Massnahme kein Raum mehr bestand. Darüber, ob und allenfalls ab wann bei
Scheitern der dahingehenden Bemühungen anstelle der Ausschaffungshaft
gestützt auf Art. 13g ANAG eine so genannte Durchsetzungshaft anzuordnen ist,
hätten vorab die kantonalen Behörden zu befinden.

5.
Die gegen den Haftverlängerungsentscheid vom 21. Juni 2007 erhobene
Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet. Sie ist im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung
abzuweisen.
Diesem Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG); seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann mangels ernsthafter Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht
entsprochen werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Praxisgemäss wird hingegen in
Fällen der vorliegenden Art auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet
(Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 109 BGG:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsamt des Kantons Zürich
und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, sowie dem Bundesamt für Migration
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. September 2007

Im Namen der II. Öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts:

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: