Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.369/2007
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
2C_369/2007 /zga

Urteil vom 3. April 2008
II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, Karlen, Bundesrichterin Aubry Girardin,
Gerichtsschreiber Merz.

Parteien
Eidgenössische Oberzolldirektion, 3003 Bern,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Henzer.

Gegenstand
Art. 124 aZV (Feststellung des hinterzogenen Zollbetrags),

Beschwerde gegen das Urteil
des Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
vom 12. Juni 2007.

Sachverhalt:

A.
A.________ stellte der X.________ GmbH in den Jahren 1996 und 1997 wiederholt
fiktive Rechnungen über Blumenverkäufe aus. Sie dienten dazu, das
Einfuhrkontingent der X.________ GmbH zu erhöhen.

Die Zollkreisdirektion Basel verfügte am 28. August 2000 gestützt auf Art. 12
des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR
313.0), dass A.________ wegen Widerhandlungen gegen die Zollgesetzgebung einen
Zollbetrag von Fr. 205'976.95 zu bezahlen habe. Die Oberzolldirektion hiess am
11. Mai 2006 die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde gut. Sie stellte
gestützt auf Art. 124 der - am 1. Mai 2007 aufgehobenen - Verordnung vom 10.
Juli 1926 zum Zollgesetz (aZV; AS 42 339 und BS 6 514) zugleich fest, dass
durch die ihm vorgeworfenen Widerhandlungen ein Zoll von Fr. 202'488.--
"betroffen" werde. Dieser Betrag diene zur Bemessung einer allfälligen Busse im
Verwaltungsstrafverfahren sowie einer allfälligen solidarischen Mithaftung
gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR. Das Bundesverwaltungsgericht hiess am 12. Juni
2007 die von A.________ dagegen ergriffene Beschwerde gut, hob den Entscheid
der Oberzolldirektion auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an diese
Instanz zurück.

B.
Die Oberzolldirektion beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 20. Juli 2007, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2007 aufzuheben und festzustellen, dass
durch die A.________ vorgeworfenen Widerhandlungen ein Zoll von Fr. 202'488.--
hinterzogen wurde.

C.
A.________ stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Mai 2007 ist das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) in Kraft
getreten. Der zu beurteilende Sachverhalt betrifft allerdings die Jahre 1996
und 1997, so dass vorliegend in der Sache noch das alte Zollgesetz vom 1.
Oktober 1925 (aZG; AS 42 287 und BS 6 465) Anwendung findet. Unabhängig davon
ist aber organisations- und verfahrensrechtlich auf das neue Recht abzustellen,
soweit das jeweilige Verfahren nicht bereits vor Inkrafttreten des neuen
Gesetzes hängig war (Art. 132 ZG; vgl. auch Art. 132 Abs. 1 BGG).

1.2 Streitgegenstand bildet die Bestimmung des Zollbetrags, der durch die dem
Beschwerdegegner vorgeworfenen Widerhandlungen hinterzogen wurde. Die
Vorinstanz beanstandet dabei, dass die Beschwerdeführerin nicht auf das in den
Zolldeklarationen angegebene Einfuhrgewicht abgestellt habe. Da demnach nicht
die Gewichtsbemessung als solche umstritten ist, findet der Ausschlussgrund von
Art. 83 lit. l BGG keine Anwendung (vgl. zum inhaltlich identischen Art. 100
Abs. 1 lit. h des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 [OG]: BGE
119 Ib 103 E. 1b S. 107; 106 Ib 218 E. 1 S. 219 f.).

1.3 Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erging als Rückweisungsentscheid.
Dieser ist als Zwischenentscheid zu behandeln, da das Verfahren nicht
abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der Umsetzung des
oberinstanzlich Angeordneten (z.B. rechnerische Festlegung der Zollschuld)
dient (vgl. Urteile 2C_538/2007 vom 21. Februar 2008, E. 2.2, und 9C_684/2007
vom 27. Dezember 2007, E. 1.1). Hiegegen ist die Beschwerde an das
Bundesgericht nur unter den in Art. 93 BGG erwähnten Voraussetzungen zulässig.
Nach der Rechtsprechung zum neuen Bundesgerichtsgesetz bewirkt ein
Rückweisungsentscheid in der Regel keinen irreversiblen Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da der Rechtsuchende ihn später zusammen mit dem neu
zu fällenden Endentscheid wird anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG).
Anders verhält es sich allerdings für die Verwaltung, wenn diese durch den
Rückweisungsentscheid gezwungen wird, eine ihres Erachtens rechtswidrige
Verfügung zu treffen. Die Verwaltung kann deshalb bereits diesen Entscheid
anfechten und braucht nicht den Endentscheid abzuwarten (vgl. zum Ganzen: BGE
133 V 477 E. 4 und 5 S. 480 ff.).

1.4 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG sind unter anderem zur Beschwerde berechtigt
die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es
vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die
Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. Die Zollverwaltung
ist dem Eidgenössischen Finanzdepartement unterstellt. Nach Art. 5 in
Verbindung mit Art. 19 der Organisationsverordnung vom 11. Dezember 2000 für
das Eidgenössische Finanzdepartement (OV-EFD; SR 172.215.1) ist die
Zollverwaltung in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Beschwerde an das
Bundesgericht berechtigt. Gemäss Art. 116 Abs. 2 ZG wird die Zollverwaltung im
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesgericht durch die
Oberzolldirektion vertreten. Diese verfügt damit im Sinne von Art. 89 Abs. 2
lit. a BGG über die Befugnis, im Namen der Zollverwaltung Beschwerde an das
Bundesgericht zu führen. Das galt im Übrigen bereits altrechtlich gemäss der
früheren Rechtslage (vgl. Urteil 2A.428/ 2001 vom 7. Januar 2002, E. 1b).

1.5 Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, ist auf
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.

2.
2.1 Nach dem angefochtenen Entscheid hat der Beschwerdegegner der X.________
GmbH durch Ausstellung fiktiver Rechnungen über Inlandseinkäufe dazu verholfen,
ihr Einfuhrkontingent zu erhöhen und hiedurch 8'504 Kilogramm Schnittblumen zum
Kontingentszollansatz (KZA) einzuführen, obwohl dabei richtigerweise der
wesentlich höhere Ausserkontingentszollansatz (AKZA) hätte angewendet werden
müssen. Bei der Bestimmung der erwähnten Menge habe die Zolldirektion Basel
allerdings Durchschnittsgewichte für Rosen, Nelken und andere Blumen
herangezogen, anstatt auf die in den Einfuhrdeklarationen angegebenen Mengen
abzustellen. Deshalb sei die Beschwerde von A.________ gutzuheissen und die
Sache zur entsprechenden Neubeurteilung zurückzuweisen.

2.2 Die Oberzolldirektion wirft dem Bundesverwaltungsgericht eine
offensichtlich unzutreffende Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG
vor. Aus den Akten gehe nämlich hervor, dass sie sich bei der Ermittlung der
Warenmenge, die zum KZA anstatt AKZA verzollt wurde, auf die Zolldeklarationen
und nicht auf die effektiven Einfuhrmengen bzw. Durchschnittsgewichte gestützt
habe. Denn die vom Beschwerdegegner ausgestellten fiktiven Rechnungen stünden
in keinem Zusammenhang mit dem Umstand, dass die X.________ GmbH in den
Zolldeklarationen falsche Gewichtsangaben gemacht habe. Die Ausführungen im
angefochtenen Urteil stiessen damit ins Leere, weil ihnen im Entscheid vom 11.
Mai 2006 schon entsprochen worden sei.

2.3 Die Oberzolldirektion hat im erwähnten Entscheid tatsächlich ausdrücklich
festgehalten, dass sie den hinterzogenen Zollbetrag nicht aufgrund von
Durchschnittsgewichten, sondern anhand der deklarierten Mengen berechnet hat.
Sie hat dies auch in ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz vom 22. September
2006 bestätigt und auf die entsprechenden Belege in den Akten verwiesen. Unter
diesen Umständen hätte die Vorinstanz die Behauptung der Oberzolldirektion
näher prüfen müssen und nicht ohne ein Wort der Begründung vom Gegenteil
ausgehen dürfen. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung ist daher
offensichtlich unvollständig.

3.
Die Beschwerde erweist sich demnach als begründet, und es ist der angefochtene
Entscheid im angefochtenen Umfang aufzuheben. Da die Akten sehr umfangreich,
ihr Zustand und ihre Ordnung zudem mangelhaft sind, ist die Sache zur
Überprüfung der Behauptung der Beschwerdeführerin an die Vorinstanz
zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Eine Rückweisung ist auch aus Gründen des
Rechtsschutzes angezeigt: Da dem Beschwerdegegner - im Unterschied zur
Oberzolldirektion - gegen das jetzt angefochtene Urteil vom 12. Juni 2007 der
Rechtsweg an das Bundesgericht mit Blick auf Art. 93 BGG nicht offen stand (s.
E. 1.3 hievor), wird er gegen den Endentscheid auch noch Rügen vorbringen
können, die sich gegen den jetzt nicht angefochtenen Teil des Urteils vom 12.
Juni 2007 richten.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68
Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 12. Juni 2007 im angefochtenen Umfang aufgehoben.

Die Sache wird zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. April 2008
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Merkli Merz